Zeit ist nur ein Wort - Teil 4

Autor: julia
veröffentlicht am: 17.12.2012


„Was für ein unrealistisches Stück.“, knurrte er aufgebracht die Mattscheibe der Apparatur an, die sich nun verdunkelt hatte. „So etwas könnte in Wirklichkeit niemals geschehen.“ „Ápres les „news“ à très heures!“ Conrad zuckte überrascht zusammen als sich das Bild wieder erhellte und einen Mann zeigte der in französisch die wichtigsten Nachrichten des Tages runterratterte. Kopfschüttelnd sah er sich die Bilder von gesuchten Jugendlichen an, die anscheinend die Straßen on Paris durch Vergewaltigungen, Raubüberfälle und Messerstechereien unsicher machten. „Solch eine Welt ist eure also. Soviel Kriminalität gibt es bei mir zuhause nicht.“, meinte er. Als Elisabeth jedoch keine Antwort gab, wandte er sich zu ihr um und lächelte sachte. Die junge Frau schlief tief und fest an das andere Ende de Couch gelehnt. Er bemerkte auch dass sie ihre Beine angezogen hatte und er konnte sich schon denken wieso. Schmunzelnd nahm er vorsichtig ihre kleinen zierlichen Füße und legte sie in seinen Schoß. So war es gemütlicher für sie und er hatte sie näher bei sich. Er war eben doch auch selbstsüchtig. Mit einem zarten Seufzer streckte Beth sich im Schlaf und räkelte sich genüsslich bis sie eine bequeme Position gefunden hatte. Die wollene Decke war verrutscht und gab eines ihrer wunderbaren Beine und die kleine Wölbung ihres Bauches preis. Ihre zarte Haut schimmerte im Halbdunkel des Zimmers verführerisch weich. Langsam folgte sein hungriger Blick dem sanften Schwung ihres Bauches entlang nach oben. Selbst unter der dicken Decke konnte er sehen, dass ihm ihr Busen gefiel. Es war genau richtig nicht zu viel und nicht zu wenig. Es war etwas mehr als seine Hand voll. Bei dem Gedanken ihre weiblichen Kurven in seiner Hand zu spüren, schlug sein Herz schneller und eine glühende Hitze machte sich in seinen Lenden bemerkbar. Schnell verdrängte er den Gedanken an die anziehende Frau neben ihm und versuchte sich wieder auf den Fernseher vor ihm zu konzentrieren. Gerade lief ein spannender Film über einen Mord. Doch richtig konzentrieren konnte er sich nicht darauf. Seine Gedanken kreisten vielmehr um das Wesen direkt neben ihm.
Ein leises Wimmern ließ ihn aufhorchen und sich umsehen. Da! Wieder hörte er etwas. Diesmal war es mehr ein gequältes Stöhnen. Es kam von Beth. Sie musste einen Albtraum haben. Ohne Vorwarnung krümmte sie sich. „Mah bitte, los mi go! Bitte!“, keuchte sie mit brechender Stimme. Was war hier los? Was bescherte dieser Frau nur solche Albträume? Er würde es herausfinden. Doch zuerst würde er sie aus den Klauen dieses Traumes befreien. Gerade als er die Hand ausstreckte um sie aufzuwecken, fuhr sie mit einem entsetzten Keuchen hoch. Schwer atmend blickte sie sich blinzelnd und orientierungslos um. Erst jetzt bemerkte sie ihn. Für den Bruchteil einer Sekunde konnte er einen Blick auf das maßlose Entsetzen und die markerschütternde Angst die sie sich in ihren Augen spiegelte, werfen. Sofort hatte sie sich wieder gefasst und ihre Gefühle im Griff. Was auch immer diese Frau durchgemacht hatte, es musste schrecklich gewesen sein, schoss es Conrad durch den Kopf. Wut darüber wie jemand die Hand gegen solch ein zartes Geschöpf erheben konnte, stieg in ihm auf. Er würde dieses Schwein erwischen, ganz egal wo er sich auch verkrochen hatte! Conrad hatte noch nie mit ansehen können, wie eine Frau litt, das war schon immer so gewesen, aber die Wucht der Emotionen, die er in diesem Moment empfand, überraschte ihn dennoch. Nur mühsam behielt er seine Selbstbeherrschung. Auch wenn er es nicht wahr haben wollte, war ihm doch bewusst dass ihm das Wohl dieser Frau mehr am Herzen lag als es für seine Mission gut war. Mit einem leisen Knurren öffnete er seine Hände, die sich, wie er soeben bemerkte zur Faust geballt hatten. Als Elisabeth sich neben ihm bewegte wandte er den Blick von seinen Handflächen ab und sah zu wie sie sich erhob und mit unsicherem Schritt in die Küche ging. Kurz überlegte er ob er ihr folgen sollte, doch als ihm die Episode von vor einigen Stunden einfiel, verschwendete er keine Zeit mehr und sprang auf. Conrad würde es sich nie verzeihen können, wenn sie sich etwas antat während er in ihrer Nähe war. Kaum hatte er einen Fuß über die Türschwelle gesetzt fuhr Elisabeth herum und funkelte ihn streitsüchtig an. „Kann ich denn keine einzige Minute mehr alleine sein?! Musst du mir denn die ganze Zeit wie ein Schoßhündchen nachhecheln?!“ Wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre, hätte Conrad sich ein lautes Auflachen verkneifen müssen. Sie bezeichnete eben den Grafen von Vorarlberg und Tirol als Schoßhünchen? Das war mal ein erfrischend neuer Vergleich. Doch stattdessen nahm er sie beim Arm und drehte sie zu sich. Er konnte direkt fühlen wie unangenehm ihr seine Nähe war. Wieder konnte er beobachten wie ein Ausdruck nackter Angst innerhalb einem Augenaufschlag über ihr Gesicht glitt. Und wieder wollte das zornige Untier in ihm sein hässliches Haupt erheben und seinen Frust darüber ausleben, aber diesmal unterdrückter er diese Regung bevor sie richtig erblühen konnte um Beth vor ihm nicht noch mehr zu ängstigen. „Hör mir zu Frau. Ich habe zwar keine Ahnung was oder wer dir solche Angst und Schmerz bereitet hat. Aber ich schwöre dass ich ihn in die Finger kriegen werde und ihn dafür hängen lassen werde! Dass ist mein Eid an dich.“ Mit weit aufgerissenen Augen sah sie zu ihm auf und… und lachte. Vollends verblüfft starrte Conrad sie fassungslos an. Sie nahm ihn nicht ernst! Ihn! Wie konnte sie es wagen?! „Was soll daran so witzig sein?!“, rief er vollends entrüstet. Sofort versiegte ihr Lachen und sie sah ihm mit einem melancholischen Ausdruck in den Augen an. „Nichts. Nur mir kannst du nicht helfen. Dafür ist es bereits zwei Jahrzehnte zu spät.“ Vorsichtig entzog sie ihm ihren Arm. „Trotzdem danke für den Versuch.“ Mit diesen Worten ging sie zu einem Schrank mit hölzerner Verkleidung und zauberte eine Flasche mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit und zwei breite Gläser hervor. „Hier“, meinte sie und drückte ihm eines der Gläser in die Hand und ging schnellen Schrittes zurück ins Wohnzimmer. Immer noch quäkte der Fernseher leise vor sich hin. Mit einem Seufzer warf sie sich auf das Sofa und goss sich etwas von der Flüssigkeit ein. „Whiskey, vom Feinsten. Nimm dir wenn du magst.“ Fassungslos sah er ihr dabei zu wie sie das halbe Glas in einem Zug hinunterkippte. Verdammt noch eins! Was war das nur für eine Zeit, wo Frauen Alkohol wie Wasser tranken? Aber er musste zugeben, dass der Whiskey durchaus verführerisch roch. Ergeben setzte er sich wieder neben sie und nahm sich auch etwas von dem Zeug. Aus dem Augenwinkel nahm er wahr, wie Beth aufstand. „Ich komm gleich wieder, hol mir nur schnell was Bequemeres zum anziehen.“, sprach’s und war verschwunden. Conrad schüttelte nur den Kopf. Diese Frau war einfach zu seltsam. Ganz anders als jede aus seiner Zeit. Dort waren sie niedlich, sprachen mit leiser angenehmer Stimme und schön anzusehen. Elisabeth war bis auf ihr Äußeres nicht gerade weich zu nennen. Und so wie er sie kennen gelernt hatte, war sie mutig, hilfsbereit und unabhängig. Niemals schien sie Hilfe zu brauchen. Mit einem leisen Lachen musste er zugeben, dass ihm Elisabeth eindeutig besser gefiel als die ätherischen Wesen aus seinem Reich, wo die Meisten bei jeder Kleinigkeit in Tränen ausbrachen. Das leise Klacken der Türe unterbrach seine Gedanken und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf Beth. Zischend sog er die Luft in seine Lungen. Beinahe wäre ihm das Herz stehen geblieben. Ihre Haare waren nun trocken und umrahmten mit leichtem Schwung ihr ovales Gesicht. Ihr Oberkörper, war nur durch ein eng anliegendes schwarzes Tanktop bedeckt. Ihre Augen schimmerten lebendig, was wahrscheinlich wie Conrad schmunzelnd einfiel wohl vom Alkohol herrührte. An den Beinen trug sie eine weite weiche Stoffhose, die an der Hüfte und am Köchel enger wurde, was diese Partien nur noch betonte. Vorsichtig wagte es Conrad wieder zu atmen. Solch eine Kleidung sollte verboten werden. „Tut mir leid, dass ich dich warten ließ“, meinte sie während sie sich neben ihm platzierte. Was sich verdammt noch eins wirklich gelohnt hatte, wenn er sie betrachtete. „Was läuft gerade?“, fragte sie keck und beugte sich über ihn um an den Whiskey zu kommen. Sofort stieg ihm ihr wundervoller Geruch in die Nase. Kurz darauf wurde ihm bewusst, wann er ihn das letzte Mal so intensiv wahrgenommen hatte. Und seine Mine verfinsterte sich schlagartig. Damals hatte sie ihn auf dem Rücken getragen und war von den Jugendlichen geschlagen worden. Er wusste dass sie ihn wieder abwehren würde, wenn er sie in die Arme schließen würde. Mit einem leisen Knurren packte er die nun halbvolle Flasche und setzte sie an die Lippen. Nach einigen gierigen Schlucken setzte er sie wieder ab. Aus den Augenwinkeln sah er wie Beth ihn beobachtete. Langsam und genüsslich wandte er sich ihr zu. „Siehst du etwas das dir gefällt?“ Anstatt peinlich berührt den Blick abzuwenden, blickte sie ihn weiter unverhohlen an. Sie nickte. „Oh ja das tut es.“, meinte sie nur mit unsicherer Stimme. Sie wandte ihm ihre zarte Halsbeuge zu, schob die Haare beiseite und fuhr mit dem Zeigefinger hinter dem Ohr entlang nach unten. „Das Tattoo das du da hast, gefällt mir wirklich gut.“ Sie meinte wohl den Drachen, den er sich in Schottland hatte stechen lassen. Es war das Zeichen des Clans, in den sein Bruder eingeheiratet hatte. Es bedeutete Treue und Loyalität bis in den Tod. Sie beide hatten es an derselben Stelle, was die Verwandtschaft zwischen ihnen symbolisierte. Gerne dachte Conrad an diese Zeit zurück. Er liebte Schottland beinahe so sehr wie seine Heimat. Er würde seinen Bruder noch öfter besuchen müssen. „Woher hast du’s?“, riss ihn Beths Stimme aus den Gedanken. „Ich habe es in Schottland machen lassen. Als Zeichen von Loyalität.“ Sie nickte gedankenverloren. „Nette Symbolik“ Wieder hob sie ihr Glas und nahm einen kräftigen Schluck. „Meins hat keine solch edle Bedeutung.“, lächelte sie. Er hatte sich doch wohl verhört! Sie hatte eine Tätowierung? „Ach ja? Wo denn?“ Welcher Idiot stach Frauen Tattoos? Wie konnte er nur einer Frau Schmerzen verursachen? Sie hob die Haare an und offenbarte ein schlankes Genick. Von der linken Ecke des Haaransatzes zur rechten unteren Seite ihres Halses räkelte sich ein stolzer Phoenix in Silber und Schwarz. Die Abbildung war enorm detailgetreu und zierlich. Die Farben strahlten als hätte man die Tätowierung erst gestern gestochen. Eins musste er dem Erschaffer lassen, er musste ein echter Künstler gewesen sein. Vorsichtig strich er mit der Fingerkuppe darüber. Sofort erstarrte Beth unter seiner Berührung, ließ den Phoenix unter ihrem kinnlangen Haar verschwinden und setzte sich wieder gerade hin. „War zwar eine etwas empfindliche Stelle, gerade bei der Wirbelsäule, aber es hat sich gelohnt.“ Ein Strahlen lag in ihren Augen das es Conrad unmöglich machte etwas Schlechtes über ihre Tätowierung zu sagen. Es war ziemlich ungewöhnlich dass eine anständige Frau eine Tätowierung führte, aber irgendwie passte es zu ihr.






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