Mein Engel... - Teil 14

Autor: Demre
veröffentlicht am: 05.04.2011


Die Gardinen bauschten sich im Mittagswind auf und ließen Blätter auf den Boden fliegen, die eigentlich ordentlich auf dem Schreibtisch gestapelt waren. Es wurde kühl, leider verschwand der Herbst endgültig und ließ für den November nur Regen und Schnee zurück. Warum war es eigentlich nicht das ganze Jahr über Herbst? Ich liebte Herbst, liebte die Mischung zwischen Kalt und warm, zwischen starkem und gleichmäßigem Wind. Sommer war zu heiß, man schwitzte und bekam Kopfschmerzen und Sonnenbrand dazu, Winter war viel zu kalt, man fror wie in der Eiszeit und musste sich wie ein Geschenk in Kleidung einpacken. Frühling war auch eine gute Jahreszeit, nur meistens auch zu kalt und das einzige, das an der Jahreszeit besonders war, waren die Blumen und Pflanzen. Ich liebte Pflanzen, den Duft, die Farben. Deswegen hatte ich auch so viele Pflanzen in meinem Zimmer. Neben dem Fenster stand eine große Palmenpflanze, dessen Blätter sich über meine Kommode ausbreiteten, auf meinem Nachtisch stand ein Strauß Lilien, es waren kleine Pflanzen, dufteten aber herrlich. Ich war eigentlich schon eine sehr romantische Person, vielleicht sogar ein wenig zu übertrieben romantisch. Ein Abendessen bei romantischem Kerzenlicht, Rosen zum Valentinstag, hinreißende Worte wenn man sich verabschiedet. Aber gab es heut zu tage solche Menschen? Jungs waren selten so Gefühlsvoll, zumindestens kannte ich keine. Bis jetzt.
Bewaffnet mit einer Gießkanne Schritt ich zur ersten Pflanze und begoss sie. Ich hatte es gestern nicht gemacht und aus Angst sie würden trocknen, tat ich es lieber jetzt. Mein Bett war mit weißen Laken bezogen, die Bettdecke bestand aus rot-weißen Schlingen Mustern und ein riesen Kuschelbär nahm die Hälfte des Bettes ein.
Die andere Hälfte besetzte jemand anders, auch ziemlich groß, auf jedenfall größer als der Teddybär, und ziemlich gut aussehend. Während ich die Blumen begoss, saß Cian da und trommelte unruhig mit den Fingern auf seinen Oberschenkel. Die Schule war der reinste Chaos gewesen, ich hatte mich nicht konzentrieren können, deswegen hatten mich die Lehrer nach Hause geschickt, und zu meiner Verwunderung war Cian mitgekommen, ob er schwänzte wusste ich nicht, aber ich war auch froh das er da war. Was ich natürlich nicht zeigte. Wie ein scheues Kätzchen versteckte ich mich, tat alles nur um nicht auf dieses Bett zu gehen, obwohl Cian mich schon zwei Mal darum gebeten hatte. Es war ein komisches Gefühl, mir war unwohl obwohl ich mich in seinen Armen geborgen fühlte. Aber ich wusste nicht, was ich sagen sollte, ich traute mich nicht in sein Gesicht zu sehen, weil ich nicht wusste was für Gefühle hier wirklich vorhanden waren! Ich wusste nicht, wie Cian es aufnahm, glücklich darüber schien er nicht unbedingt zu sein. Was waren denn überhaupt seine Absichten! Ich wusste wirklich gar nichts davon und die Erinnerung an heute machte mich völlig fertig.
Gedanken verloren stellte ich die Kanne weg und bemerkte die Hand die mein Gelenk umfasste und dann zog mich Cian mit einem Ruck auf sich und ich landete auf seinem Schoss. Die Situation war mir total unangenehm, und als ich versuchte mich zu befreien, knurrte Cian beinah und packte mich fest an den Schultern.
„ Jetzt reicht es mir! Du weichst mir schon seit Stunden aus, ich will wissen was los ist. Rede mit mir, bitte Ava.“ Seine Augen blickten mich ernst, aber auch irgendwie traurig an, sodass meine innere Mauer in sich zusammen brach und ich mich entspannte. Eine Träne löste sich aus meinem Augenwinkel und lief über meiner Wange, bis Cian sie kurz vor meinem Kinn abfing und wegwischte. Es war wie ein Feuerwerk, welches sich in meinem Körper entfachte, als Cian mir über das Gesicht streichelt und mich zart auf die Stirn küsste.
Ich legte meinen Kopf auf seine Brust, lauschte dem sanften Schlagen seinen Herzens zu, und kuschelte mich enger an ihn. Es herrschte ein Gefühlschaos in mir, man konnte es einfach nicht beschreiben.
„Ich hab Angst.“, flüsterte ich und zeichnete unsichtbare Muster auf seinen rechten Arm. Cian hob leicht mein Kinn und schaute mich fragend an. „ Ich sehe immer wieder das Gesicht dieses Mädchens vor mir, immer wieder frag ich mich, warum sie das gemacht hat, was sie dazu gezwungen hat.“ Als ich es aussprach, lief ein Zittern durch meinen Körper, das sofort von Cians warmen Armen nieder gedrückt wurde.
Ich blickte in seine Augen, in die Augen mir alles zu geben schienen. Es waren Augen voller, vertrauen, voller Zuversicht. Liebte er mich wirklich, liebte er mich so sehr, wie ich ihn liebte?
Es war wie in so Liebesfilmen. Ein Mädchen ist in einen Jungen verliebt. Sehr verliebt. Sie sieht nur ihn, denkt nur an ihn und sie will nur in sein Gesicht sehen. Ihn spüren, seine Augen auf ihren spüren. Sie will Zuneigung von diesem Jungen, Anerkennung. Sieht sie ihn, mit einem anderen Mädchen z.B. wird sie sehr eifersüchtig, aber nicht auf eine böse und naive Art, sondern auf eine verletzliche und traurige Art. Das wichtigste ist für sie diese Anerkennung. Sie will, dass er sie wahrnimmt, wirklich wahr nimmt. Und dann… dann bekommt man diese Anerkennung. Man wird von diesem Jungen beachtet und ist in diesem Moment total glücklich, bis man sich fragt, woher diese Beachtung kommt. Wenn man zuerst nicht wahrgenommen wird, wenn man wie Luft behandelt wird, dann fragt man sich, was passiert ist, das dies nicht mehr der Fall ist. Man ist verzweifelt, weil man die Gefühle nicht kennt, man weiß nicht was dieser Junge wirklich will. Man ist blind vor liebe, aber bemerkt nicht, dass der Junge nie wirklich seine Gefühle äußert. An einem Tag ist der Junge zuckersüß, an dem anderen total kalt und Rücksichtslos. Was sollte man da denken, wie sollte man in so einer Situation vorgehen?
Das fragte ich mich gerade. Ich war immer noch sehr verwirrt, immer noch Ahnungslos, was es Cian Gefühle betraf. Ich wollte Klarheit, wollte die Dinge regeln, denn entweder würde Cian dann mir gehören, weil seine Gefühle wirklich echt waren. Oder mein Herz wurde gänzlich kaputt gehen, weil er mich angelogen hatte. Und ich konnte nicht Tagelang so Ahnungslos bleiben. Entweder Cian liebte mich, oder nicht.
„ Ich bin da Ava, ich bin hier und werde da sein, falls du mich brauchst. Du bist nicht alleine.“ Er sah mich liebevoll an und strich mir über die Wangen.
„ Ich war allein.“, murmelte ich, aber blickte verträumt durchs Zimmer. „ Ich war immer alleine, habe mich immer nach jemanden gesehnt, der mich in die Arme nahm, mir sanft über die Haare strich. Ich wollte stolz auf mich sein, weil es jemanden gab der stolz auf mich war. Ich wollte meine Mama, die mir bei Klassenarbeiten immer Glück gewünscht hätte. Aber sie war nie da, ich war immer alleine.“ Ich schluchzen kam mir über die Lippen und beschämt vergrub ich die Hände im Gesicht. Es war jetzt nicht der Zeitpunkt um einem Jungen solche Deprimierenden Sachen zu erzählen. Er hatte bestimmt besseres zu tun.
Ich wand mich aus seinen Armen und stand auf um mir mein Gesicht abzuwischen. „Naja egal auch. Hast du heute was vor? Wie wäre es, wenn wir ein wenig spazieren gehen?“
Bevor er antwortete, warf er einen Blick auf die Uhr und runzelte sein Stirn.
„ Tut mir leid Süße aber ich muss zu meinem Vater, er hat mich so gegen Nachmittag ins Büro gerufen. Ich lasse dich ja ungern alleine, aber mein Vater ist in solchen Sachen wirklich kalt wie Eis. Ich kann ihn nicht absagen.“
Obwohl ich es echt schade fand und ihn ungern gehen lassen würde, hatte ich schließlich keine andere Wahl. Ich konnte ihn ja nicht an mich binden, nur weil ich ihn 24 Stunden lang sehen wollte.
Ich begleitete ihn zur Tür, ein aufgesetztes Lächeln, obwohl mein Inneres sich säuerlich anfühlte. Cian gab mir einen süßen kleinen Kuss auf die Wange und ging die Wallen Street entlang, bis er schließlich um die Hecke verschwand. Ich schloss die Tür und lehnte mich gegen die Eingangstür, bis ich auf die Knie sank und Tränen meine Augen benetzen.

Es war spät nach Mitternacht, als ich mich mit einem leichten Lächeln ins Kissen vergrub und seiner sanften und süßen Stimme lauschte. Vor ungefähr 4 Stunden war Ethan nach Hause gekommen. Sturz betrunken und ein Mädchen im Arm. Ich hatte davor zum Glück mit meinem Vater zum Abend gegessen, so dass dieser sich mit vollem Magen ins Bett gelegt hatte. Er hörte Ethans lachen nicht, und auch nicht wie er an der Treppe die teure Vase umwarf. Ich war in meinem Zimmer geblieben, zu enttäuscht von Ethans benehmen, da ich zu sehr darauf gehofft hatte, das so was nie wieder passieren würde. Aber ich hatte mich getäuscht. Ich hatte aber keine Tränen vergossen, zu kalt war mein Herz gewesen und zu wütend um diese Tränen immer wieder zu verschwenden. Zum Glück hatte Cian mich angerufen, mich aufgemuntert und mir Geschichten aus seiner Kindheit erzählt, die wirklich süß waren. Gebannt und grinsend lauschte ich ihm seit Stunden, und manchmal waren wir beide Still und hörten nur dem sanften Nieseln des Regens zu.
„ Ich war ungefähr 8 oder so. Kann mich nicht mehr so genau dran erinnern. Naja, also wir hatten damals in so einem Apartment gewohnt. Die Fenster waren dicht einander gereiht, und unser Gebäude stand schräg zu dem Gebäude in dem ein Mädchen wohnte. Sie war sehr hübsch, mit blondem, langen Elfenhaftem Haar und großen grünen Augen. Das sie 15 Jahre alt war, war für mich damals unwichtig.“ Er sagte das so deprimiert, dass ich unwillkürlich lachen musste. Gott, der kleine Cian war in ein älteres Mädchen verliebt gewesen! Auch er lachte leise, bevor er streng sagte. „Lach nicht Ava. Das war damals eine unerwiderte Liebe die mich sehr traurig gemacht hatte. Ach ich war aber auch so gut aussehend.“ Ich musste wieder lachen, bevor ich vergnügt dachte: Du bist immer noch gut aussehen. Sogar hinreißend gut aussehend.
„ Naja zumindestens stand sie eines Abends am Fenster, kämmte sich die Haare und blickte raus in den Regen. Ihr Fenster war eine Etage niedriger als meine, so dass man von der Straße aus sie besser beobachten konnte. Und so mutig und Abenteuerlustig wie ich war, bin ich natürlich raus, in den strömenden Regen, der nicht aufhören wollte. Auch wenn meine Mutter mir Hausarrest gegeben hatte, mir war das egal. Ich stand da, hab sie Minuten lang beobachtet, bis meine Mutter raus kam, mich am Kragen packte und ins Haus schleifte. Ich war durch nässt bis auf die Unterhose und meine Socken waren ebenfalls voller Wasser. Naja seit dem hab ich mich nicht mehr getraut beim Regen aus dem Haus zu gehen, weil ich seit dieser Aktion eine Schlimme Erkältung hatte. Aber glaub mir, irgendwie hat es sich schon gelohnt.“
Ich grinste immer noch, stellte mir diese Szene bildlich vor und musste laut loslachen. Gott das war ja niedlich!
„ Was ist aus dem Mädchen geworden?“, fragte ich neugierig. Aus der anderen Leitung erklang ein tiefer Seufzer.
„Ach, sie ist zwei Tage später mit so einem Typen auf dem Motorrad abgehauen. War ich traurig gewesen! Mein Traum mit dem Mädchen war dahin, und 2 Jahre lang oder so habe ich mir dann eingeredet keine Mädchen mehr zu mögen. War nicht gut für die Gesundheit.“ Auch er lachte, als er hörte wie ich vor Lachen einen Hustanfall bekommen hatte. Das war die beste Geschichte die mir je jemand erzählt hatte. Und das lag eigentlich auch nur daran, dass es Cian war, der mein Herz schneller schlagen ließ und mich mit solchen Sachen aufmunterte.
“ Danke.“, flüsterte ich und malte verträumt Herzen auf meine Decke.
„ Gerne.“, entgegnete er.
Es war das erste Mal, dass ich so richtig gut schlafen konnte, ohne irgendwelche Albträume, ohne sich über irgendetwas Gedanken machen zu müssen.

Intrige


Am nächsten Morgen stand ich später auf, als ich vorgehabt hatte. Es war viertel nach sieben, ich hatte nur noch eine halbe Stunde Zeit um mich fertig zu machen, also sprintete ich ins Bad, zog mir meine Schwarze Hose an und darüber eine blaue Bluse und packte hastig meine Sachen. Schließlich wollte ich noch etwas Essen, sonst würde mein Magen sich nach einer Zeit wie ein Luftballon anfühlen.
Das Wetter war angenehm, vom Fenster aus sah man, wie die Sonne sich weit über den Horizont erstreckte aber als ich nach dem Essen meine Tasche schulterte und vor die Haustür trat merkte ich das es trotz der Sonne um die 15-20 Grad sein müssten.
Ich zog mir meine Ballerinas an und machte zwei Schritte vorwärts, als auch schon mein Handy vibrierte. Wer rief mich den in aller frühe an?
„Hallo?“, fragte ich verunsichert, denn die Nummer war unterdrückt, also konnte es auch nicht Jeff sein.
„Hey.“, erwiderte eine Stimme gut gelaunt und abrupt breitete sich ein Grinsen auf meinem Gesicht auf. Schmetterlinge veranstalteten eine Massenparty und mein Magen rebellierte auf angenehmer weise. Warum rief er mich am frühen Morgen an, ich würde ihn doch sowieso in der Schule sehen, auch wenn ich es nicht mochte von allen angeglotzt zu werden. Obwohl meine Beziehung mit Cian noch nicht Öffentlich war, also wir noch nicht mal richtig Hand in Hand gesehen wurden, machten sich Gerüchte bereit, die ich nicht zum überlaufen bringen wollte. Es war mir schon ein wenig unangenehm die Haupt Attraktion der Schule zu sein.
„Ich habe rechts an der Straße geparkt. Würde mich freuen wenn du mal vorbeischauen könntest.“ Ohne auf meine Antwort zu warten legte er auf und ließ mich völlig verdattert zurück. Ohne wirklich darüber nach gedacht zu haben, eilte ich mit schnellen Schritten um die Hecke und machte große Augen, als ich den Anblick sah. Ein Sportwagen, wahrscheinlich neuestes Model parkte an der Seite und der Fahrer war ein gut aussehender Mann Anfang 18. Mein Herz machte mehrere Purzelbäume hintereinander, nur um dann kurz zu stocken und dann wieder ganz schnell weiter zu schlagen. Dieser Junge war wirklich verrückt, wollte mich mit einem überangestrengtem Herz ins Krankenhaus befördern! Und dafür liebte ich ihn nur noch mehr! Er war einfach hinreißen Süß und verursachte Gefühle in mir, die ich vorher nicht einmal gekannt hatte. Mit einem Grinsen im Gesicht öffnete ich die Autotür und setzte mich rein. Ein Duft von Leder und Aftershave erfüllte die Luft und ich sog genussvoll die Luft ein. Cian beugte sich zu mir und gab mir einen lagen, sanften Kuss auf die Wange.
„ Ich wusste nicht das du einen Führerschein hast, beziehungsweise ein Auto.“, begrüßte ich ihn und schaute ihn von der Seite grinsend an. Er erwiderte mein Grinsen kurz und gab dann Gas.
„Es gibt vieles das du über mich nicht weißt.“ Dabei sah er schon beinah geheimnisvoll aus.
Während er die Straßen entlang sauste schaute ich aus dem Fenster und erwischte Cian manchmal dabei wie er zu mir herüber sah. Irgendwann hatte er dann meine Hand genommen und sie fest gedrückt. Es war wie ein kleiner Trost gewesen, den ich dankbar annahm.
Als wir am Schulhof ankamen, parkte er direkt ganz hinten auf dem Parkplatz und obwohl er wieder meine Hand nehmen wollte, weigerte sich etwas in mir. Vielleicht war es, weil ich kein Magazin sein wollte, über das man sich ausgiebig bequatschte, und es kam mir irgendwie immer noch so vor wie in einem Traum. Obwohl mein Inneres, also mein Herz schrie „Er will dich!“, widersprach mein Verstand „Er meint es nicht ernst.“ Aber als mich Cian eindringlich und sanft zugleich ansah, ignorierte ich meinen Verstand und schlang meine Hand um seine.
Wie durchquerten die Chemieräume, den Bioflur und ich spürte förmlich wie uns die Leute angafften. Was war daran so außergewöhnlich, dass sich zwei Leute mochten und zusammen sein wollten! War das vielleicht, weil wir uns mit Cian davor gar nicht ausstehen konnten, weil wir uns öfters angemotzt hatten? Aber das konnte sich doch ändern! Deswegen musste man ja nicht gleich eine riesen Szene daraus machen. Cian ignorierte das alles und wirkte total gelassen, während ich ihm mit hochrotem Kopf folgte. Auf einer Metallbank, neben dem Eingang zum Bioraum saß Ella und quatschte mit einem großen Australier, der erst vor einem Jahr hier her gekommen war. Sie hatte einen rosa Rock an und darüber eine weiße Bluse. Ihr Haare waren zu zwei Zöpfen geflochten und irgendwie erinnerte sich mich an diese kleinen 13 jährigen Kinder die so sein wollten wie Models oder wie Barbie Puppen. Als ich an mir runter schaute schämte ich mich beinah. Ich hatte wie immer eine schwarze Jeans angezogen und darüber eine Blaue Bluse die nichts besonderes hatte. Anstatt auf andere zu achten sollte ich vielleicht auch ein wenig an mir arbeiten. Würde es Cian gefallen wenn ich auch einen Minirock tragen würde? Oder High Heels? Meine Ballerinas mit den Rüchen waren jetzt nicht besonders Sexy. Bald würde es sowieso nur noch regnen ich sollte mir auch noch neue Stiefel kaufen und auch noch…
„Ava!“ Cian riss mich aus meinen Gedanken und blieb direkt vor dem Metalltisch stehen. Ella warf mir einen fragenden Blick zu, ich aber tat so als hätte ich sie nicht bemerkt. „Treffen wir uns vor der Cafeteria?“, fragte Cian und strich mir sanft über die Wange. Den ganzen Blicken bewusst nickte ich und küsste Cian auf die Wange. Es war keine Geste um das getuschele anzufachen, es war einfach ein Reflex.
Einige Minuten später saß ich in der Klasse, in der hintersten Reihe und hörte mit einem Ohr zu, während das andere dem Gezwitscher der Vögel lauschte, die frei und anmutig durch die Lüfte schwebten. Die Fenster waren groß genug um einen Ausblick auf den ganzen Park vor dem Schulgebäude zu haben. Mein Biologieheft lag aufgeschlagen auf dem Tisch und ich kritzelte weiter Tier ähnliche Figuren an die Ränder. Unser Lehrer, ein großer Mann Mitte 30 mit grauen Strähnen in den Haaren saß auf dem Tisch und betrachtete die Schüler eingehend. Er war ein netter Lehrer, nicht so spießig wie die anderen, eher gelassen und nett. Er sah auch ganz gut aus, hatte eine ziemlich korpulente Frau und einen süßen kleinen Jungen. Ich mochte seinen Unterricht. Es war leichter Gesprächsstoff und auch wenn du mal nicht aufgepasst hast, und er fragen stellte, waren sie leicht zu beantworten.
„Annährung.“, grübelte er laut und tippte sich dabei mit dem Finger auf die Wange. „ Ein ziemlich komplexes Thema oder? Was fällt euch als aller erstes ein, wenn ihr das Wort Annährung hört?“ Zuerst waren alle Finger unten, manche dachten laut vor sich hin, andere interessierte es nicht mal. Kathrin, eine kleine Blondine meldete sich und haute dabei fast ihrem Nachbar eine um die Ohren.
„Ja.“, sagte Mr. Big, der wirklich mit Nachnamen so hieß.
„Also ich würde an Menschen denken. Wenn ein Mann Annährungsversuche macht, um die Frau rumzukriegen.“ Mr. Big sah nicht wirklich sehr begeistert aus, wahrscheinlich hatte er die Antwort schon erwartet. Aber mir wäre konkret auch nichts anderes eingefallen.
„ Oder wenn die Frau sich den Mann um den Finger wickelt, wie zum Beispiel Ava das geschafft hat.“ Gelächter erklang aus der Klasse und manche lachten so laut das Mr. Big um ruhe Bittete. Ich warf Ella einen vernichtenden Blick zu und auch allen anderen, die kein anstand besaßen. Was sollte denn der Mist! Ich war ja wohl die letzte die irgendjemanden um den Finger wickeln konnte. Und von Ella hätte ich diesen Satz ja wohl gar nicht erwartet. Wie man sich in Menschen täuschen konnte. Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen und blickte den Rest der Stunde auch nicht wieder hoch.
Als es endlich viertel nach zwölf war raste ich runter zu Cafeteria. Und erst da bemerkte ich, das ich Jeff die ganze Zeit nicht gesehen hatte. Und an ihn gedacht hatte ich auch nicht! Was war ich denn für eine Freundin! Ich blickte mich um, schaute durch die Schlange die auf das Essen wartete und fragte einige Schüler ob sie ihn gesehen hätten, aber alle verneinten. Schließlich kam auch Cian zu mir und wir holten uns zusammen was zu Essen. Vielleicht hatte Jeff sich auch einfach nur erkältet, oder musste auf seinen kleinen Bruder aufpassen. Das kam auch öfters vor. Ich würde ihn heute nach der Schule mal besuchen.
Ich wollte mit meinem Teller Salat auf einen leeren Tisch zusteuern, aber Cian fasste mich an der Hand und zog mir zu einem langem Tisch, voll mit seinen ganzen Freunden und Typen die ich nicht mal ansatzweise kannte. Zwei Mädchen waren dabei, einmal eine große Brünette mit gefärbten Augenbrauen und einem Schmollmund und zu meiner Verwunderung saß auch Ella am Tisch. Sie hatte sich gerade über Andrews Teller gebeugt und grinste von einem Ohr zum anderen, als sie mich erblickte. Ohne auf irgendein Widerwort zu hören zog mich Cian auf die zwei freien Plätze, die zu meinem Pech auch noch vor Aiden waren, der ziemlich verwundert zu Cian blickte. Waren die beiden nicht zerstritten? Das letzte Mal hatte ich Aiden am See gesehen, wo der Idiot mich belästigt hatte und Cian dazwischen kam. Aber jetzt sahen sie nicht wirklich feindselig aus.
„Oh wer ehrt uns denn hier mit seiner Anwesendheit.“, bemerkte er mit vollem Mund und schluckte einmal fest. „Wie geht es ihnen den meine Liebe.“, fragte der Blondkopf mich und beugte sich so weit über den Tisch, das er fast über meinem Teller schwebte. Ich verzog eine Grimasse in seine Richtung und drehte mich so, das mein Gesicht bei Cian war. Dieser betrachtete Aiden belustigt. Verdammt er sollte den Blödmann von mir fernhalten! Und warum saßen wir an diesem Tisch? Dachte er ich fände es toll seine ganzen Drogen abhängigen Freunde kennenzulernen. Das war ja wohl total bescheuert. Ich spießte meinen Salat auf und meine Gedanken schweiften wieder zu Mordspielchen. Ich konnte Aiden ja die Gabel ins Auge pieksen und dann eine andere Gabel zwischen seine Genitalien. Würde das sehr weh tun?
„ Das ist wirklich komisch mir Ava mit einem festen Freund vorzustellen.“ Mir blieb der Mund offen stehen und ich wandte mich an die Hexe die das von sich gegeben hatte. Was hatte Ella für ein Problem? Wollte sie mich auf 180 bringen nur damit ich ihr dann diese aufgeklebten Fingernägel einzeln rausriss oder was? Was hatte ich denn getan das sie so abging?
„Keine Sorge.“, zischte ich und grinste dann höhnisch. „Du gewöhnst dich schon dran, bist doch ein schlaues Mädchen.“ Cian lachte leise und klopfte seinem Kumpel auf die Schulter. “Das ist mein Mädchen.“, hörte ich ihn sagen und musste lächeln. Sein Mädchen.
Als ich mich zum Eingang der Cafeteria umwandte bemerkte ich einen großen Jungen in brauner Strickjacke. Jeff! Ich wollte aufstehen, aber da wandte er sich schon mit einem Kopfschütteln ab und verließ den Saal. „Jeff!“, rief ich, aber er wandte sich nicht zu mir sondern ging einfach. Was hatte er denn bloß, er dachte doch wohl nicht, das ich hier mit Freude saß, oder? Als ich Anstalt machte ihm zu folgen, packte Cian mich am Arm und zog mich zu sich. Sein Blick war Mitfühlend als er sagte, das Jeff sich erstmal einkriegen sollte. Anscheinend dachte auch er das selbe wie ich. Aber Jeff wusste doch das ich Aiden verabscheute und das ich nur ungern neben ihm sitzen würde. Ich hoffte das er nicht sehr gekränkt war.
„Heute Nacht ist ne Party im Spot. Soll ziemlich radikal sein. Wollen wir hin?“ Die ersten stimmten zu und auch Andrew und Ella waren dabei, nur Cian zögerte und ich wusste, dass das an mir lag. „Und?“, fragte er mich und umfasste meine Hände. Ich wusste das ich nicht zustimmen konnte. Einerseits mochte ich Partys nicht und andererseits musste ich mit Jeff reden und höchstwahrscheinlich würde ich auch bei ihm Übernachten, da wir Wochenende hatten. Ich musste Jeff erstmal zur Vernunft bringen.
„Geh du.“, erwiderte ich. „Ich kann heute sowieso nicht.“ Er sah nicht wirklich zufrieden mit der absage aus, aber weiter auf mich einreden tat er auch nicht. Das mochte ich an Beziehungen. Wenn jeder auch mal seine Freiheiten hatte. Und vielleicht würde es mir auch helfen ein wenig über meine Gefühle nach zu denken, über Cians Gefühle.
„Pass aber auf, ja?“, flüsterte ich Cian ins Ohr, als alle aufstanden um ihre Teller zu entsorgen. Er nickte lächelnd und gab mir dann einen Kuss auf die Wange, bevor er mich an der Hand fasste und zum leeren Raum im Kunstflur zog.

Das Fenster weit runter gekurbelt und das Gesicht in Windrichtung gedreht summte ich leise das Lieb von Hurt mit und trommelte mit meinen Fingern auf meinen Schenkel. „Don\'t let go! Never give up - it\'s such a wonderful life.” Es war gerade ein wundervolles Leben, nur noch Jeff fehlte, das letzte Puzzle teil. Ich hatte Jeff nicht wieder gesehen, auch wenn ich die meiste Zeit sowieso in Raum 15 verbracht hatte. Ich hatte in Cians Armen gelegen und ihm irgendwelche Geschichten erzählt. Über meinen Bruder hatte ich ihm was erzählt und über Jeff, wie wir uns kennen gelernt hatten und so. Und jetzt saßen wir in seinem Auto und waren auf dem Weg zu mir nach Hause. Niemand sagte etwas, wir genossen nur das kühle, aber angenehme Wetter. Cian setzte mich vor meiner Haustür ab, fragte mich ein letztes Mal ob ich doch noch zu Party wollte und verabschiedete sich dann mit einem Kuss auf die Wangen. Ich wunderte mich, warum er mich eigentlich seit Tagen nicht richtig auf den Mund geküsst hatte, aber beschweren wollte ich mich nicht. Ich fand es besser wenn wir alles langsam angingen. Ich blickte noch kurz seinem Auto hinterher bevor ich mich dann abwandte und ins Haus ging.







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