Mein Engel... - Teil 9

Autor: Demre
veröffentlicht am: 20.11.2010


*Hallo ihr lieben :)
freu mich natürlich über Kommentare und auch über kritik, schließlich will ich mich verbessern :)
liebe grüße



Es war das widerlichste Geräusch das es gab, als der Lehrer nur so zum Spaß die Kreide an der Tafel quietschen ließ. Dabei hatte er einen beinah, gelangweilten Gesichtsaudruck, während die Schüler sich mit verzerrter Miene die Ohren zu hielten. Selbst Thomas, der in der hinteren Reihe eingeschlafen war erschrak und fiel vom Stuhl. Wahrscheinlich war das die Absicht des Lehrers gewesen, dachte ich schlecht gelaunt und vergrub das Gesicht in meiner Jacke, die ich auf meinem Platz zu einem Kissen geformt hatte. Der Lehrer war einfach Humorlos. Machte Witze, bei denen niemand lachte und triezte andere Schüler öfters. Ich konnte ihn einfach nicht ausstehen, obwohl ich eigentlich gute Noten in seinem Physik Unterricht hatte. Das ist die Natur, dachte ich Lehrer sind unausstehlich, aber je schlimmer sie sind, desto leichter wird ihr Unterricht. Zumindestens war das bei mir so.
Frau Harper war die strengste und normalste Englischlehrerin und bei ihr brachte ich keine Noten nach Hause; die besser waren, als eine vier. Obwohl ich Englisch ganz gut verstehen konnte. Das lag nur an dieser doofen Grammatik.
Dieses Mal ging ich in der Pause nicht zum Essen. Denn es gab mehrere Gründe die besagten, das es nicht so gut war. Erstens, ich hatte keinen Hunger. Wir war schon beinah schlecht und wenn ich noch irgendetwas in meinen Magen stopfen würde, würde ich auf der stelle brechen. Zweitens, das Essen war heute nicht besonders lecker, das verriet mir im nachhinein ein Junge aus unserer Klasse und letzter, wichtigster Punkt. Cian. Ich konnte die Gefahr nicht eingehen, ihn zu sehen, denn ich würde mich automatisch an den Traum erinnern und genau dass, würde mich zum sabbern und schwärmen bringen. Also keine so gute Idee.
So saß ich in der Pause in einer Ecke und hörte Musik. Dabei schloss ich die Augen und dachte an einen sonnigen Strand und an ein, wunderschönes blaues Meer.
So gegen Schulschluss, kam ein Junge Namens Alex zu mir, er war ein guter Kumpel, obwohl ich in der letzten Zeit nichts mit ihm unternommen hatte. Er gab morgen Abend eine Geburtstagsfeier im Bürgerhaus, wo man einen Saal mieten konnte. Er bestand drauf, dass ich kam, deswegen konnte ich ihn auch nicht enttäuschen. Das einzige, was mich ein wenig traurig machte, war die Tatsache, dass Jeff nicht kam. Er wollte mit seinem Vater in eine Ausstellung über Medizin, den Schwerpunkt, den Jeff später studieren wollte und außerdem mochte er Alex nicht so gern. Aber er bestand darauf, das ich ging und später sagte auch Ella zu mir, dass sie kommen würde.
Also war das beschlossene Sache.
Den Rest des Tages verbrachte ich damit ein wenig die Wohnung sauber zu machen, erledigte schon einmal meine Hausaufgaben für Montag und saß ein weile vor dem Fenster und hörte Musik. Morgen musste ich Einkaufen gehen und Bügeln sollte ich auch mal. Die Wäsche stapelte sich schon. Um 19.00 Uhr war dann auch schon die Feier, und irgendwie freute ich mich ein wenig. Es wäre eine perfekte Ablenkung . Von allem eigentlich.
Und mit diesem Gedanken schlief ich dann irgendwann ein und träumte zum Glück dieser Nacht nichts.

Das Klopfen an der Zimmertür wurde immer lauter und ging mir gehörig auf die Nerven. Schließlich wollte ich schlafen, verdammt! Es war Samstag, keine Schule, keine Veranstaltungen. Ich konnte also in Ruhe weiter schlafen. Klopf. Klopf. Verdammt! Welcher Blödmann war das.
„Schwesterherz. Wach doch endlich mal auf, du musst etwas für mich tun.“
In Gedanken hatte ich gerade ein Messer in der Hand und stieß es Ethan tief in den Piepmatz, aber leider waren es nur träume. Mit wütendem Ausdruck öffnete ich die Tür und hob warnend die Hand. Er hatte sich schon angezogen, obwohl es erst zehn Uhr morgens war und er um diese Uhrzeit schlief. Er hatte eine Schwarze Hose an, die Haare waren ordentlich gekämmt und gegelt, nur sein weißes Hemd war noch zerknittert. „ Heiratest du und zieht endlich aus, damit ich meine Ruhe habe, oder was soll dieser Anzug.“ Ethan grinste mich nur schief an, zog das Hemd aus und drückte es mir in die Hand. Bei Ethan bewunderte ich seinen Bauch. Die meisten Männer, die ich kannte, hatten eine behaarte Brust oder wenigstens einen behaarten Rücken. Aber mein Bruder nicht. Seine Haut war makellos und fest und sein Rücken glänzte förmlich. Ich wusste das er sich nicht rasierte, es lag einfach an seinem Teint. Obwohl seine Haare schwarz waren, war der Rest von ihm beinah blond. Das war schon merkwürdig. Vielleicht hatte er das von meinem Vater geerbt. Das war gut möglich.
„ Bitte bügel dieses Hemd für mich. Ich habe eine wichtige Verabredung mit Sarah und ich darf nicht zu spät kommen.“ Er lächelte mich noch einmal an und drückte mich 20 Dollar in die Hand. War ich käuflich oder was? Egal, dachte ich schelmisch, letztendlich gab mir sonst keiner Geld.
„ Man das mit dieser Sarah scheint wirklich ernst zu sein.“, sagte ich verwundert und zog eine Augenbraue hoch. Ethan lachte nur und verschwand dann im Badezimmer.
Komischer Kautz, dachte ich lächelnd und roch an seinem weißen Hemd. Parfüm.
Am Nachmittag ging ich schnell einkaufen, ich wollte mich so früh wie möglich für die Feier fertig machen. Im Supermarkt traf ich die alte Frau Henkinz. Sie war früher mal unsere Nachbarin gewesen aber zog dann um. Sie hatte immer Kuchen für mich und meinen Bruder gebacken und uns sogar ab und zu Geld für ein Eis gegeben. Wir plauderten eine weile und so gegen vier war ich dann zu Hause und kochte Nudeln für mein Vater. Ich war schließlich nicht zu Hause und wer weiß was mein Vater essen würde. Vielleicht würde er sich auch nur betrinken.
Ich aß auch ein wenig und später bügelte ich ein paar Sachen, bis ich keine Lust mehr hatte. Dann stieg ich unter die Dusche um mich fertig zu machen.
Es war ungefähr viertel vor sieben, als ich mir die letzten Locken zu recht machte und den Lockenstab dann weg legte. Ella wollte mich abholen und wir wollten zusammen auftauchen, denn sie hatte gesagt das sie kaum welche auf dem Geburtstag kennen würde.
Im Spiegel betrachtete ich mich kurz und war eigentlich ganz zu frieden. Ich hatte ein Lila Stickleid an, das bis zu den Knien ging und schwarze Schuhe, die einen kurzen Absatz hatten. Meine Haare hatte ich offen gelassen und runde Ohrringe angelegt. Heute Abend siehst du gut aus, dachte ich ein wenig glücklich. Denn das kam sehr selten vor.
Um zehn vor sieben klingelte es dann an der Haustür und Ella stand davor. Sie hatte eine weiße Hose an und ein langes, graues Oberteil das glitzerte. Sie sah wirklich sehr schön aus.
Ich nahm meine Tasche und meine Laune verbesserte sich wirklich.

Wir standen ungefähr hundert Meter entfernt, als uns die Musik entgegenkam und wir mussten sogar ein wenig kichern. Es war ein großer Raum und man hatte Tische in einen Kreis gestellt, sodass alle einen Blick auf den Dj hatten, der heute auflegen wollte. Auf den Tischen stand jeweils eine Sekt Flasche und haufenweise Bier. Schließlich wurde Alex 18. Da war das normal.
Es waren eine menge Leute dabei, die ich nicht kannte und zwei bis drei Erwachsene, die mit feiern wollten.
Mann hatte Luftschlangen auf die Tische gelegt, und kleine Plastikschilder auf denen Happy Birthday stand. Ella und ich setzten an den Tisch, der gegenüber von der Tür war, um die Leute die kamen besser sehen zu können.
Sie holte uns jeweils eine Flasche Bier, die ich etwas zögerlich entgegen nahm. Eigentlich war ich nicht der Typ, der Auf Alkohol stand, aber vielleicht konnte ich heute Abend eine Ausnahme machen.
Alex kam später an unseren Tisch und stellte uns einen Junge vor, der Vladek hieß. Ein Russe. Er sah eigentlich nicht gut aus, schien aber nett zu sein. Als es ungefähr halb acht war ging die Tür des Raums auf und trug von draußen einen Windstoß mit sich. Die erste Person die rein kam war Aiden, er sah hässlich aus, also eigentlich wie immer und hinter ihm folgte Andrew, der heute ziemlich gut aussah und sofort erblickte er die Mädchen die tanzten und grinste erfreut. Schon als ich Aiden sah, wusste ich wer folgen würde, also schloss ich die Augen und öffnete sie genau in dem Augenblick, in dem Cian rein kam. Er fuhr sich gerade durch die Haare, die der Wind durcheinander gebracht hatte, und sah sich im Raum um.
Der Abend fing ja schon gut an. Cian wandte sich an unseren Tisch, erblickte mich und sofort verfinsterte sich seine Miene.
Gott hilf mir! Aber warum sollte er mir helfen, wenn er mich sowieso in solche Situationen brachte. Er war es, der mein Leben nur erschwerte, es war seine schuld, das mein Leben so verkorkst war. Und trotzdem wusste ich den Grund nicht. Er hatte mir das wichtigste genommen, war Schuld an dem Leben meines Vater, er war Schuld an den Gedanken, den ich für Cian verschwendete! Aber warum tat er das? Warum tat er mir so weh?
„ Das wird ja ein toller Abend.“, schnurrte Ella und starrte Andrew, der mit Alex redete, auf den Arsch. Sie fand Andrew total sexy und wartete immer auf eine Gelegenheit, um mit ihm zu reden.
Aber ob er wirklich einmal Interesse gezeigt hatte wusste ich nicht, obwohl sie so ein hübsches Mädchen war.
Als schließlich all seine Freunde angekommen waren, bedankte sich Alex für die Geschenke und dafür das wir da waren und stieß dann mit uns zusammen an. Das erste Glas, des Sektes trank ich in einem Zug, bei dem zweiten nippte ich nur dran, dabei versuchte ich Cian zu ignorieren und starrte die ganze Zeit nur auf die Bühne, wo ein paar rumalberten.
Cian ging ein paar mal raus, kam rein und ging dann wieder raus, und es deprimierte mich, nicht zu wissen, was er dort machte. Rauchte er die ganze Zeit oder gab er sich die Kante mit Bier und Whiskey, den es hier gab? Ich wusste es einfach nicht und es machte mir auch Angst. Was wäre, wenn eine Schlägerei ausbrechen würde? So was passierte. Und Cian wäre bestimmt dabei.
Ein Schauer lief mir bei dem Gedanken über den Rücken. Er könnte sich verletzen, er könnte sich weh tun!
Verzweifelt trank ich noch ein Glas Sekt in einem Zug. Man der Sekt schmeckte hier echt klasse.
Als ich auf die Uhr schaute war es erst 21.00 Uhr, ich durfte bis um Mitternacht hierbleiben. Als ich aus der Toilette kam, forderte Ella und Alex mich zum tanzen auf und so schwang ein paar mal die Hüften, bevor ich mich wieder hinsetzte und mein Glas mit Sekt bereicherte. Cian kam irgendwie gar nicht mehr rein, war die ganze Zeit draußen, und als ich mit Ella mal vor die Tür ging, um Luft zu schnappen, war er nicht da.
Nach dem siebten Glas Sekt hörte ich auf zu zählen und lachte mit Emma nur über belangloses Zeug. In meinem Kopf vermischten sich meine Gedanken, so dass ich alles unerträgliche in meinem Leben für eine kurze Zeit vergaß. Ich vergaß den Tod meiner Mutter, ich vergaß meinen Vater, vergaß Schule, ich vergaß einfach alles. Ich wollte nur noch Spaß haben.
Ich ging mit Ella hinaus und wir setzten uns auf eine Bank, redeten, lachten und lästerten, und irgendwann drehte sich mein Kopf. Es war nicht so heftig, aber es war ein tolles Gefühl. Es schien mir, als wäre die Welt nur noch wunderschön und es gäbe keine Probleme. Außer natürlich das Cian in meinem Kopf herum spuckte. Die ganze Zeit. Es ging mir so auf die Nerven das ich noch ein paar Bier trank. Ich konnte noch klar denken, aber ich wusste das ich schon leicht angetrunken war, aber natürlich versuchte ich das zu verleugnen.
„ Du hast zu viel getrunken.“, sagte Ella irgendwann und betrachtete mich belustigt.“ Du bist total angetrunken.“ Ich saß auf einer Bank, Ella stand vor mir, und ein Junge Namens Nico stand ebenfalls vor mir. Beide redeten von irgendwelchen bescheuerten Sachen und versuchten mich zu verarschen, in dem sie mich fragten ob ich wusste wer sie waren und so Zeugs. Ich fand das richtig unfair, denn schließlich war ich nicht betrunken, und egal viel Alkohol ich in mir hatte, es war ein tolles, berauschendes Gefühl.
Nach einiger Zeit, ich hatte überhaupt kein Zeitgefühl mehr, sah ich wie Cian mit einem hübschen Mädchen redete. Sie lachten und er legte einen Arm um ihre Schulter. Betrunken sieht er nicht aus, dachte ich wütend und wandte mich von dem Schauspiel ab. Warum tat er das, dachte er überhaupt nicht an Emma, seiner blonden, hübschen Freundin? Ich schob den Gedanken beiseite und versuchte mich um andere Sachen zu kümmern, schließlich wollte ich heute Nacht spaß haben.
Nach einer Weile gingen Ella und Nico und ließen mich alleine. Langsam tat mir der Kopf weh und steckte ihn zwischen meine Beine.
„Geht es dir nicht gut?“ Ich erschrak als Vladek, der Freund von Alex mich ansprach. Er hatte sich vor mich gestellt und musterte mich besorgt. Er schien ebenfalls nicht ganz bei sich zu sein, denn er schwankte und war richtig rot im Gesicht. Natürlich ging es mir nicht gut. Cian, der mich vor ein paar Monaten noch so wild geküsst hatte, beachtete mich jetzt gar nicht mehr, anscheinend ließ ich ihn kalt. Und das war das unerträglichste. Ich wollte doch, das er mich beachtete, das er mich noch einmal so Leidenschaftlich küsste. Aber warum wollte ich das? Er war doch eigentlich ein Kotzbrocken, oder etwa nicht? Ach man, mein Kopf tat total weh. Ich hob den Blick und schaute Vladek lächelnd an. So müsste Cian sein, nett, lieb und… nett eben. Aber er war genau das Gegenteil.
„ Hast du Lust ein wenig spazieren zu gehen?“, fragte Vladek und sah dabei nicht sehr hoffnungsvoll aus. Natürlich würde ich das machen. Schon allein aus dem Grund das er total nett war. Ich nickte, immer noch lächelnd und wir gingen durch das niedrige Tor, in Richtung Hinterhof. Das Grundstück des Bürgerhauses war umzäunt und alles wirkte irgendwie kahl und leer.
Wir liefen ein Stück und Vladek erzählte mir Sachen über seinen besten Kumpel, der ebenfalls auf der Party war. Es war der jenige, der total besoffen war und hinfiel, als er die Treppen hochsteigen wollte. Besorgt hatte ich ihn gefragt ob es ihm gut ging, aber irgendwie kann die frage total komisch aus meinem Mund. Er hieß Danny, war total rot im Gesicht und schien bei jeder Gelegenheit aggressiv zu werden. Ella hatte mir, als wir auf der Toilette waren, erzählt das sie ihn mal geküsst hätte, als sie besoffen war. Ich fand das nicht so prickelnd. Ich würde nämlich nie einen fremden Jungen küssen, das war für mich irgendwie billig. Obwohl ich Ella mochte, konnte ich wiederum nicht verstehen warum sie sich Jungs so an den Hals warf. Jeder Mensch ist anders, dachte ich und vergrub meine Hände tiefer in meine ineinander verschränkten Arme.
Irgendwann, als wir um das Backsteinhaus herum gegangen waren, fragte Vladek mich, ob mir kalt war, und ich verneinte. Trotzdem zog er sich seine Jacke aus und legte sie mir um die Schultern. Es war eine freundliche Geste, aber trotzdem unnötig.
Ich hing meinen Gedanken nach, als der irrsinnige Satz mir über die Lippen kam und ich mich selbst darüber wunderte.
„ Ich glaub Cian mag mich nicht.“ Gott! Das hörte sich so kindisch an. Als wäre ich ein kleines Mädchen. Was ging das Vladek denn an, wer mich mochte und wer nicht! Selbst mir sollte es egal sein.
Vladek sah mich eine Zeit lang fragend an, dann blieb er stehen und kam einen Schritt näher. „ Ich kenn ihn nicht so gut, aber es ist doch egal, oder? Es gibt bestimmt sehr viele die dich mögen.“ Ich schwieg dieses mal und spürte wie flau es mir im Magen wurde. Ein dünnes Band Schweiß hatte sich auf meiner Stirn gebildet und ich versuchte mit meinem Handgelenk drüber zu wischen. Langsam wurde mir die Situation unangenehm, denn Vladek stand nur noch ein paar Zentimeter vor mir. Ich konnte nicht wirklich klar denken, denn der Alkohol schien mein Gehirn zu benebeln und dann merkte ich, wie mich ein seltsames Kichern überkam.
„Ich denke wir sollten zurück.“, sagte ich und stieß hörbar die Luft aus. Anscheinend war er nicht meiner Meinung denn er fasst mich an den Händen und stellte sich so dicht vor mich, das ich sein Atem auf meinem Gesicht riechen konnte. Es stank fürchterlich nach Bier und Zigarren. Er lachte leise. Es war ein dunkles, raues Lachen, das mich erschaudern ließ. Warum lachte er denn jetzt? Ich wollte ihn von mir stoßen, aber ich hatte nicht die Kraft dazu, denn meine Arme fühlten sich wie Gummi an und obwohl er mich nicht weiter bedrängte fühlte ich mich unwohl. Eigentlich sollte ich jetzt schreiend wegrennen, oder? Machte man das nicht, wenn ein Typ dem Mädchen zu nahe kam. Innerlich schimpfte ich über mich selber. Normalerweise sollte ich klar denken können. Ich war kein deut besser als mein Vater. Betrunken und Verzweifelt. Das war eine sehr gefährliche Kombination. Wie sollte ich hier jetzt entkommen, Es sah nicht so aus, als würde Vladek einfach gehen und mich in ruhe lassen. Dabei war er doch so ein netter Typ.
„ Ich mag dich.“, nuschelte er und fuhr mir mit seinen Fingerspitzen über die Schultern. Irgendwas musste ich doch machen. Ich dürfte mich nicht so betatschen lassen. Sollte ich schreien? Aber dann würden alle herkommen und das wollte ich auch nicht. Denn wenn Cian mich so sah, dann wäre er bestimmt nicht glücklich darüber. Warum sollte er das denn nicht, schoss es mir durch den Kopf. Schließlich will er nichts von dir. Ehe ich mich auf das Gefühl der Traurigkeit konzentrieren konnte, war sein Mund plötzlich ganz nah an meinem Ohr, streifte meinen Hals. Ich duckte mich ein wenig, ein ekelhaftes Gefühl bereitete sich in mir aus. Du kennst ihn nicht! Ava du darfst das nicht zu lassen! Und außerdem ist er nicht hübsch.
Naja, das war eine Nebensache, schließlich zählte das innere viel mehr. Wobei Vladeks innere vom Alkohol durchdrängt war. In mir überschlug sich alles, ich spürte wie mir Galle die Kehle hinauf kam und ich schluckte heftig. Vladeks Gesicht war rot angelaufen und er schloss die Augen, während seine Hand an meiner Hüfte liegen blieb. Und dann durchzuckte mich ein leichter Schmerz und ich stieß Vladek von mir. Obwohl ich immer noch nicht klar denken konnte, hatte mir der Schmerz geholfen mich auf das wichtigste zu konzentrieren um Vladek Einhalt zu gebieten. Meinem Kopf ging es gar nicht gut und ich spürte wie sich alles drehte, aber ich versuchte gerade zu stehen um heile nach Hause zu kommen. Mein Herz machte einen Satz als Vladek mich hart gegen den Zaun stieß, der sich hinter meinem Rücken befand und seine Augen mich wütend anstarrten. Er war immer noch Sturz betrunken, aber hinterhältig genug, um mir weh zu tun. „ Es ist mir jetzt egal. Wir bleiben hier.“ Ich war unfähig die Bedeutung dieser Worte auch nur im Ansatz zu verstehen, ich war unfähig überhaupt irgendetwas zu tun, da mein Kopf benebelt war. Langsam befürchtete ich, dass keine hilfe kommen würde. Erneut drehte sich in meinem Kopf alles und bunte Farben tanzten vor meinen Augen. Nein! Ich musste endlich etwas tun.
„ Lass mich jetzt gehen!“, sagte ich dieses mal viel lauter, zu laut für meine Ohren, jedoch klang es nicht mal wirklich unfreundlich. Schließlich waren wir beide betrunken und er wusste wahrscheinlich nicht was er tat. Bis jetzt hatte er ja auch noch nichts schlimmes gemacht. Nur etwas unangenehmes.
Gerade als ich bemerkte, wie Vladeks Miene aggressiver wurde, packte ihn jemand von hinten und warf ihn auf den Boden. Geschockt blickte ich in das Gesicht von Cian, der sich drohend über Vladek beugte, bereit ihm eine mit seiner Faust reinzuhauen. Und dann brach ein Schrei aus meiner Kehle und ich ließ mich neben Vladek in die Knie fallen. Okey, er war schon ziemlich betrunken, und nicht mehr ganz bei sinnen, aber er hatte doch nicht verdient, das man ihn wie ein Sandsack zu Boden warf. Schließlich hatte ich auch eine Menge intus.
„ Was hast du getan.“, kreischte ich hysterisch und starrte Cian immer noch verwirrt und etwas benebelt an. Er war einfach so hübsch. Und diese Augen! Auch wenn sie in diesem Moment ziemlich böse aussahen, sie strahlten dieses warme Feuer aus. Es kribbelt mir auf der ganzen Haut und mein Herz schien Tango zu tanzen. „ Bist du verrückt?“, kreischte ich erneut und schob die restlichen Gedanken weg. Jetzt sah Cian ziemlich verwirrt aus. Er starrte auf Vladek herunter, der sich mit geschlossenen Augen den Kopf rieb und noch roter im Gesicht zu sein schien. Ich half Vladek auf und langsam kam er zu sich, während Cian weiterhin nur rum stand und ziemlich betroffen aussah. Anscheinend hatte er die Situation nur falsch wahrgenommen. In dem Moment, als ich dachte jetzt würde er sich bei Vladek entschuldigen, blitzte es in seinen Augen und er hob zornig seine Faust. „ Verschwinde hier!“, bellte er Vladek an und ging warnend einen Schritt auf ihn zu. Vor Angst duckte sich Vladek, riss mir die Jacken von den Schultern und rannte um das Gebäude herum, um ins Haus zu gelangen. Ich konnte mich nicht mal entschuldigen, geschweige denn, Cian konnte das nicht tun. Was war nur los mit diesem Jungen? Was hatte Cian für ein Problem, was hatte ihn dazu bewegt?
Mein Schädel brummte heftig und ich schüttelte schwach den Kopf, warf Cian noch einen letzten protzigen und abschätzenden Blick zu bevor ich mich zum gehen abwandte. Aber abrupt wurde ich zurück geschleudert und mein Gesicht landete auf einer warmen, nach Aftershave riechenden Brust. Ich erstarrte zuerst und schien gar nicht wirklich wahrzunehmen das dies Cian war. Denn schließlich hatte ich vergessen, wie gut er immer roch, und was für eine Wirkung das auf mich hatte. Jetzt schien mein Gehirn richtig benebelt zu sein und ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Gar keinen!
„ Lass mich los.“, brummte ich, oder war es ein nuscheln? Ich konnte es nicht ein ordnen. Aber letztendlich bewirkte es gar nichts, denn Cian hob mein Kinn und schaute mir fest und kalt in die Augen.“ Nein. Du gehst jetzt nach Hause.“ Was? Hatte er den verstand verloren oder was? Er konnte doch nicht bestimmen was ich tun sollte! Wenn ich wieder feiern wollte, dann würde ich das verdammt noch mal tun!
Ich riss mich aus seinen Armen und stürzte richtig Saal, aber kaum drei Schritte weiter, und er hatte mich eingeholt und riss mich zurück. Es war hoffnungslos und Cians raue Art ging mir langsam auf die nerven. Ich war schließlich nicht ich selbst, er sollte gefälligst freundlicher mit mir umgehen. Erst jetzt bemerkte ich die Wut in seinen Augen und fragte mich, wen sie galt.
„ Du bist Sturz betrunken.“, schnauzte er und schaute mir tief in die Augen. Was wollte dieser Idiot eigentlich damit bewirken? Das ich nur noch mehr von diesen herrlichen Augen träumte? Nur noch mehr an diesen bescheuerten Arsch dachte?
Ach man! Er sollte einfach zur Hölle fahren. Aber ich hatte einfach nicht mehr die Kraft, um mich zu widersetzen, so schaute ich ihn nur noch ein paar Minuten länger an, bevor ich mich umdrehte um nach Hause zu gehen. Ich hatte mich noch nicht mal von den anderen verabschiedet und das Cian mir jetzt folgte, machte mich nur noch wütender. Er lief schweigend neben mir her und sagte nicht mal ein Wort. Warum hatte er Vladek geschubst? Er musste doch eine Erklärung abgeben.
Nach einiger Zeit, mein nach Hause weg war einfach zu lang, platzte mir dann der Kragen und ich blieb zornig vor ihm stehen, trotzig das Kinn hochgehoben. Warum musste ich auch nur so klein sein!
„ Warum hast du Vladek so behandelt?“, fragte ich dann schließlich und kippte sogar ein wenig zur Seite, weil mein Kopf immer noch weh tat und sich meine Beine wabbelig anfühlten. Ich bemerkte das Cian eine Augenbraue hoch gehoben hatte und es sah einfach nur fantastisch aus. Es verlieh ihm eine gewisse Würze.
„ Was erwartest du denn?“, erwiderte er schließlich und kam einen Schritt auf mich zu. „ Du hast geschrien verdammt! Und als ich um die Ecke kam, stand der Typ da und ich dachte er würde dir irgendetwas antun.“
Das war’s? Das war seine bescheuerte Erklärung? Verdammt, sah ich etwa aus wie ein Kind! Ich konnte mich ja wohl selbst verteidigen und brauchte keine Hilfe von aufgeblasenen Idioten. Obwohl ich zugeben musst, das seine Sorge tief in mir etwas berührte. Es war schon irgendwie süß. Aber das würde ich natürlich nie zu geben.“ Das war unnötig. Er hat gar nichts gemacht.“, verteidigte ich Vladek und sah ich trotzig an. Er brauchte sich nicht so aufspielen. Schließlich mochte er mich nicht mal.
Cian schaute mir noch mal kurz in die Augen, bevor er sich abwandte und den Weg entlang lief, der zu meinem Haus führte. Wusste er wo ich wohnte, dachte ich verwundert und folgte ihm.
Die Nacht war angenehm, kein Wind trug eine kalte Brise mit sich, noch verdeckte Nebel die Straßen, es war ein schöner Abend. Naja, vom Wetter her betrachtet. Es waren in dieser Straße kaum Passanten, nur streuende Katzen und Vögel, die auf Bäumen saßen und laut vor sich hin sangen. Ich hatte Vögel schon immer bewundert. Die meisten sahen so schön aus und sie alle… sie alle waren frei. Es waren freie Lebewesen, die machen konnten was sie wollten. Sie konnten die Welt sehen, konnten alles nach Lust und Laune aufsuchen und betrachten, und sie konnten die Luft von oben aus spüren, sie konnten weit hoch fliegen, über Wolken, über Hochhäuser und sie konnten einfach nur frei sein. Ich wünschte ich wäre auch ein Vogel. Ich würde liebend gerne fliegen können, frei sein. Aber das war nur Hirngespinst. Denn ich würde nie wirklich frei sein.
Es war schon nach Mitternacht, als wir schließlich an meiner Haustür ankamen, und ich war einerseits froh, und andererseits traurig. Warum passierte das? Warum lief es nicht mal so, das ich glücklich in den Armen eines Jungen lag, warum musste ich sie nur immer vom weiten betrachten. Das war doch nicht fair.
„ Warum magst du mich eigentlich nicht?“, kam es mir über die Lippen und am liebsten hätte ich mich geohrfeigt. Was war nur los mit mir? Warum kam dieser Satz immer aus meinem Mund und warum genau jetzt, vor ihm? Natürlich starrte er mich verwundert an und zog eine Augenbraue hoch. Ich wollte lieber nicht wissen was er dachte. Das wäre bestimmt nicht freundlich. Als er einen Schritt auf mich zu kam, erinnerte ich mich plötzlich an den regnerischen Tag im Februar und ich wollte mich ihn an den Hals werfen. Ich wollte wieder diese Lippen auf meinen spüren, diese herrlichen Lippen.
„Ist es weil ich schwarz bin?“, fragte ich ohne auf seine belustigte Miene zu achten. Das ist es, schoss es mir durch den Kopf. Er mochte einfach keine schwarzen. Aber ich konnte doch nichts dafür! Ich hatte das doch von meiner Mutter geerbt. „ Sag mir die Wahrheit. Ist es weil ich schwarz bin?!.“ Meine Stimme wurde lauter und hörte sich rauchig an, aber nicht von Zigarreten. Schließlich verabscheute ich dieses Zeug.
Cian kam immer weiter auf mich zu und ich wisch zurück, aber am Ende spürte ich die Wand neben der Haustür an meinem Rücken und stellte fest, das ich verloren war. In meinem Kopf überschlug sich alles und mein Herz raste so schnell, das ich glaubte, es würde mir gleich aus der Brust springen.
„ Ava.“, murmelte Cian und zog meinen Namen extra in die länge, so das es sich auf einer intimen weise schön anhörte. „ Du bist doch gar nicht schwarz.“, entgegnete er und stützte die arme über meine Kopf. Na klasse, direkt in die Nacht im Februar, dachte ich schmunzelnd und blickte Cian belustigt an. „ Bist du blind? Meine Haare sind schwarz, aber wenn du lieber blonde magst, kann ich sie färben, ich mein…“, was für ein Gelaber kam mir gerade über die Lippen? Ich war wirklich nicht mehr ganz bei Sinnen. Cian presste seine Brust dicht an meine und umschloss mit einer Hand meine Handgelenke, sodass ich keine Chance hatte, auszuweichen. Ganz schlechte, dachte ich aber schloss genussvoll die Augen. Scheiß auf die Schmetterlinge im Bauch, Scheiß auf Emma und den rest. Ich konzentrierte mich nur auf Cian.
„ Ich mag dich so wie du bist.“, hörte ich Cian flüstern, bevor seine herrlichen Lippen sich auf meine pressten und mich lieb kosteten, bis meine Knie nachgaben und ich in einen endlosen Tunnel Dunkelheit stürzte.





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