Mein Engel... - Teil 5

Autor: Demre
veröffentlicht am: 15.10.2010


Die Sonne die vor ein paar Stunden noch geglüht hatte, ging jetzt langsam unter und trug eine sanfte Brise mit sich. Der Himmel war orange, rosa gefärbt und weiße, nebelige Wolken bedeckten einen Teil des Horizonts.
Ein Blick auf meine Uhr sagte mir das wir schon kurz nach sieben hatten, als Jeff mich vor unsere Haustür brachte.
Wir hatten ein wundervolles Anwesen, der perfekt gepflegte Rasen des Ausladenden Geländes war von hohen Hecken umgeben. Das Haus war im Stil des neunzehnten Jahrhunderts gerichtet, daher das meine Großoma, das Anwesen meinen Eltern vererbt hatte und diese es immer gepflegt hielten. Zwei Mal in der Woche kam eine Haushälterin die nachsah ob alles in Ordnung war und hin und wieder staub wischte. Für den rest der Wohnung war ich zuständig.
Haustiere hatten wir leider nicht, obwohl ich mir schon immer einen Hund gewünscht hatte. Aber mein Vater war Allergisch gegen Fell und mein Bruder konnte Tiere nicht ausstehen.
Jeff küsste mich auf die Wange, versprach mir, mich morgen um acht für die Schule abzuholen und schlenderte dann die Straße runter um selber nach Hause zu gehen.
Eine kurze Zeit lang blickte ich ihm hinterher, betrachtete seine lange Gestalt, die mit der Sonne gemeinsam unterging, bis er schließlich ganz aus meinem Blickfeld verschwand. Dann stieß ich einen langen Seufzer aus und öffnete die Tür.
Der Flur streckte sich über zwei Richtungen, einer führte zum Wohnzimmer, der andere zur Treppe, für die obere Etage. Aus dem Wohnzimmer drangen laute Stimmen herein, stimmen die ich nicht kannte. Schnurstracks ging ich hin und stieß die Tür auf. Um einen runden Tisch saßen vier dicke Männer, einer davon war mein Vater, der ein Glas Whiskey vor sich stehen hatte. Enttäuschte Wut machte sich in mir breit, Wut die ich nicht unterdrücken konnte, als ich sah was für ein batzen Geld auf dem Tisch lag. Das konnte doch nicht wahr sein!
„ Zuerst ertränkst du dein Kummer in Alkohol und jetzt verspielst du das ganze Geld oder was?“ Ich ignorierte alle anderen im Raum und konzentrierte mich nur auf den Mann, der mich zurzeit total fertig machte. Dieser hob den Blick und schaute mich aus seinen glasigen Augen an. Seine Augenbrauen hatte er zusammen gezogen, so als würde er fragen: und wer bist du, der mich das hier fragen darf? Verletzt und kaputt über diese Seite von ihm schüttelte ich den Kopf und drehte mich um. Ich wollte weg hier.
Träge trug ich mich die Treppe hoch und ignorierte das laute Gelächter aus Evans Zimmer.
„ Oh man Evan du bist der geilste überhaupt.“ Und dann hörte man nur leises Gestöhne und irgendwas das zu Bruch ging.
Oh Gott, dachte ich nur und hielt mir die Ohren zu. Evan hatte gerade Sex mit irgendeiner Schlampe. Und wahrscheinlich waren beide ganz wild aufeinander. Ohne, dass ich es verhindern konnte, rannte ich die letzten Schritte bis zu meinem Zimmer und schlug die Tür hinter mir zu. Mir doch egal ob es zu laut war. Ich bemerkte die Tränen gar nicht die mir sanft die Wangen hinunter liefen und schloss gequält die Augen. Mama warum tust du das? Warum lässt du mich im Stich!
Ich zog die Vorhänge meines Zimmers zu und zog mich bis auf die Unterwäsche aus. Dann stand ich auf und setzte mich an den PC.
Ich hatte keine Lust weinend im Bett zu liegen, weder mir hätte das was gebracht noch irgendjemand anderen.
Ich meldete mich bei Facebook an, trank einen Schluck Wasser aus dem Glas, das ich heute Morgen hingestellt hatte und schaltete mein Lieblingslied an. „Hollywood Undead.“ Die Band war überhaupt nicht mein Geschmack aber ich mochte die Lieder. Am meisten „This Love, This hate.“
Ich hatte zwei neue Nachrichten und eine Freundschaftsanfrage. Die Anfrage war von Emma. Cians Freundin. Hingerissen zwischen der Entscheidung ob ich sie annehmen sollte oder nicht, klickte ich erst mal auf die Nachrichten. Überrascht riss ich die Augen auf als ich sah von wem sie war. Aiden?!
Entweder war er besoffen gewesen als er mir geschrieben hatte, oder die Nachricht war nicht sehr freundlich.
Es war das zweite.

Hey Ava ;) hab gerade dein Profilbild betrachtet. Man wäre diese kleine Schnecke Namens Jeff nicht mit drauf, dann wäre das Bild echt heiß!!! Aber jetzt hast du es versaut -.-
Ich hab darüber nach gedacht ob ich dich nicht mal ins Kino ausführe und danach können wir uns im Einkaufszentrum ja ein paar Kondome kaufen, du weißt schon für was ;D
Na wäre das nicht geil? Vielleicht rufen wie Cian dazu und er holt seine Freundin. Wäre echt lustig, naja aber daher das du mit diesem Loser Namens Jeff rumhängst bist du wahrscheinlich genauso langweilig.
Und als letztes noch: achte auf den Zwerg. Sollte Jeff mir irgendwann auf der Straße alleine begegnen, kannst du seine Körperteile zusammen kleben.
Liebe Grüße ;)

Beinnah hätte ich mein ganzes Mittagessen von Jeffs Mama von mir gegeben, konnte mich aber noch zurück halten. Man dieser Aiden war das widerlichste Wesen das mir je untergekommen war. Er war so… boah!
Irgendwann würde ich einen Nervenzusammenbruch erleben. Irgendwann…
Angewidert öffnete ich die nächste Nachricht. Sie war von Jeff.

Hey kleines.
Es ist 11. 35 Uhr und ich sitze gerade neben dir im Geschichtsunterricht. Und siehe da, du checkst nicht mal das ich mit meinem Handy spiele. :D Ava, Ava wo bist du nur immer mit deinen Gedanken?????
Man, der Lehrer nervt langsam weißt du das? Am liebsten würde ich ihm einen Stock in die Lunge stecken damit er nicht mehr reden kann. Sein gequatschte über die Todesstrafe geht mir am Ar… vorbei. Auf gut Englisch ;D
Hast du das Mädchen vor mir bemerkt. Man wenn die Hose noch ein paar Zentimeter weiter unten ist hätte man ihren ganzen Popo gesehen -.- man ist das eklig!!!
Und sie ist noch nicht mal hübsch.
Weißt du was, wenn du das ließt ist es wahrscheinlich schon vorbei, aber wir gehen heute nach der Schule Kondome kaufen :D sei ja nicht sauer, ich brauch die halt ;) weißt schon ne?????!
Man der Typ kann nicht seine klappe halten, oder? Naja egal auch er kommt gerade auf mich zu, ich sollte Schluss machen :D
Sehen uns in… ähhh etwa einer Sekunde.
Hab dich lieb schnucki ♥

Hätte ich davor nicht Aidens widerwärtige Nachricht gelesen hätte ich jetzt aus vollem halse gelacht. Aber ich konnte nur grinsend den Kopf schütteln. Jeff war einfach klasse. Nur er kam auf so dumme Gedanken wie neben mir eine Nachricht an mich zu schreiben.
Bevor ich den Computer ausschaltete, nahm ich Emmas Freundschaftsanfrage an und schrieb Jeff zurück, dass ich ihn auch lieb hatte. Dann fuhr ich den PC runter und legte mich ins Bett.
Es war ein langer Tag gewesen. Vielleicht sollte ich jetzt einfach mal schlafen, aber keine Chance, dachte ich als es an der Tür klopfte. Ich bemerkte, das ich noch immer in Unterwäsche war, also zog ich mir die Decke über und setzte mich aufrecht hin.
„ Ja.“, brummte ich laut und deutlich. Langsam und quietschend ging die Tür auf und ein weißer haariger Kopf erschien. Mein Vater hatte sich auch umgezogen, trug jetzt eine Sporthose und ein T-Shirt mit der Aufschrift: \"Arbeit oder nicht, irgendwie verdien ich immer etwas.\"
Sein Gesichtsausdruck schien ziemlich traurig zu sein, und vielleicht auch enttäuscht. Ich wünschte diese Enttäuschung würde ihm selber gelten.
„ Darf ich rein?“, fragte er leise und mit rauer Stimme. Ich nickte nur. Schließlich konnte ich ihm den Eintritt nicht verbieten, egal wie sehr ich ihn im Moment bescheuert, und verantwortungslos fand. Mein Vater setzte sich auf den Stuhl an meinem Schreibtisch und betrachtete mein großes und gemütliches Zimmer. Dann stieß er den Atem aus wandte sich an mich.
„ Du hast das Zimmer mit deiner Mutter gestrichen. Es war vor 4 Jahren. Als ihr fertig wart, waren eure Klamotten von oben bis unten mit Farbe voll bekleckert. An dem Tag hat man euch Stundenlang schreien und lachen hören. Ihr wart so glücklich.“
Meine Sicht verschwamm langsam, als ich mich an den Tag erinnerte und Tränen stiegen mir in die Augen. Zuerst hatten wir uns mit meiner Mutter gestritten weil sie Cremefarbene Wände wollte. Ich wollte aber unbedingt Himmelblaue Farbe. Und am ende gewann ich.
„ Wir können jetzt wieder glücklich werden.“, flüsterte ich leise. Er schaute mich eine Weile schweigend an, sein Gesichtsausdruck wurde immer trauriger.
„ Du hast recht.“, sagte er schließlich und setzte sich zu mir an die Bettkante.
„ Ich weiß ich hab dich heute Abend mehr als enttäuscht. Und es tut mir furchtbar leid. Ich hab mich gehen lassen , hab euch ich Stich gelassen obwohl ich nicht das recht dazu hatte. Ich hoffe du kannst mir verzeihen.“, bei dem letzten Satz rollte ihm eine Träne die Wange runter und er wandte sich ab. In mir zog sich schmerzhaft etwas zusammen und ich konnte nicht anders als meine Hand auszustrecken und ihm über das Gesicht zu streichen.
„ Versprich mir eins.“, flüsterte ich. „ Gib mir hier und jetzt dein Wort, das du nicht mehr trinken und spielen wirst.“ Ich wusste wie viel Wert das Wort meines Vaters hatte und ich hoffte auch dieses Mal würde er sich dran halten. „ Ich gib dir mein Wort.“
Ich küsste ihn leicht auf die Wange und umarmte ihn dann fest. Er flüsterte immer wieder meinen Namen und strich mir übers Haar.
Eine Weile saßen wir so da, bis er mir eine Gute Nacht wünschte und aus dem Zimmer ging.
Ich war froh das mein Papa seinen Fehler eingesehen hatte und wenn er wieder zu sich selber kommen würde, dann könnten wir wieder alle glücklich zusammen leben, wir könnten lachend am Esstisch sitzen und uns Geschichten erzählen. Das war mein größter Wunsch.
Ich legte mich ins Bett und starrte eine Weile die Decke an. Draußen waren Autogeräusche zu hören und irgendein Hund der die ganze Zeit bellte.
Ich zog mir die Decke bis zur Nase und schaltete mein Nachtlicht aus.
Wir schaffen das auch ohne dich Mama. Das war mein letzter Gedanke bevor ich in einen tiefen Schlaf fiel.

Im Traum ging gerade die Sonne unter, und die Straßen waren Menschenleer. Irgendeine Gestalt lief durch die Gassen, barfuss und in einem Morgenmantel. Sie schien gehetzt zu sein, so als würde jemand sie verfolgen. Erst im nach hinein bemerkt ich, dass ich die Person war. Ich lief durch eine schmale Gasse und plötzlich erschien eine weiße, leuchtende Gestalt vor mir.
Ava mein Kind. Obwohl sich die Lippen meiner Mutter nicht bewegte, hörte ich die Worte in meinem Kopf. Ich wollte zu ihr laufen, wollte sie umarmen, aber meine Füße bewegten sich nicht. Und dann schrie jemand hinter mir.
„ Ava nicht. Bitte.“ Als ich mich umdrehte sah ich Cian, der auf mich zu kam, sein Gesicht war Tränen überströmt. Ein Schmerz durchzuckte meine Brust, und als ich dachte es wird schlimmer, explodierte ein Blitz im Himmel und alles um mich herum wurde schwarz.




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