Liebe-so dunkel wie der tot

Autor: Elvira3
veröffentlicht am: 14.03.2010




Der nächste Schock erwartete mich an der Ecke. Mein Vater wurde schwer krank aus Sorge um Carolin. Ich sorgte mich um ihn und teilte die Zeit so ein, dass ich zwischen durch auch meiner Schwester beistehen konnte. Währenddessen war der Tod wie eine Stütze und half mir auch geistig, damit ich nicht zusammenbrach. Er war rührend besorgt um meinen Vater und Carolin, was mir seltsam erschien. Und wieder kam er mir unheimlich bekannt vor. Aber ich hatte nicht die Zeit mir darum Gedanken zu machen.Mir war bewusst, dass ich meinen letzten Geburtstag ausfallen lassen müsste. Und mir wurde schmerzlich bewusst, dass ich nur noch drei Tage am Leben war. Und so verbrachte ich Stunden bei meinem Vater und meiner Schwester. Öfters sah ich, wie meine Schwester mit Herr Tod sprach. Danach sah sie meist ruhiger aus. Doch als ich sie mal drauf ansprach, wollte sie nicht darüber sprechen. Meine Hartnäckigkeit hatte gegen eine harte Wand gestoßen.
Ich war deprimierter als je, aber ich bemerkte glücklicherweise, dass mein Vater den Tod immer noch nicht sehen konnte. Was bedeutete, dass er nicht sterbens krank war. Und so ging ich gegen Abend in meine Wohnung und legte mich auf mein Sofa. Meine Augen wollten sich schließen und so in das Nichts tauchen, aber ich schaffte es nicht. Mir schwirrte so viel im Kopf rum und desto näher der Tag kam, desto unsicherer wurde ich. Ich spürte, wie der Tod mich beobachtete. Und als ich die Augen öffnete, sah ich in sein lächelndes Gesicht. Ich lächelte unsicher zurück.
'Du bist eine so starke und mitfühlende Frau…..' Er schaute mich an, schloss aber erprobt den Mund. Es schien als hätte er etwas gesagt was nicht hätte sein dürfen. Er hatte mir ein Kompliment gemacht!! Ich ging auf ihn zu, nicht fähig zu antworten und küsste ihn. Er ließ mich gewähren. Eine Flut von Glücksgefühlen durchströmten mich. Seine Lippen waren so leicht wie Seide. Als ich mich von ihm gelöst hatte, schaute ich ihm in die Augen. Und wieder hatte ich das Gefühl ihn zu kennen.
'Erzähl mir von dir.' Sagte ich.
'Das kann ich nicht!'
'Warum nicht? Du kannst mich küssen, aber von dir erzählen möchtest du nicht!?'
'Du hast mich geküsst.' Sagte er anklagend.
Ich brachte nur ein 'oh' heraus. Natürlich würde er mir nichts erzählen. Vermutlich küsste er auch tausend andere Frauen. Ich war nichts besonderes, warum sollte er also ausgerechnet mich mögen?
'Du bist etwas besonderes! Du bist das lieblichste Geschöpf auf Erden. Nicht nachtragend, aber einfühlsam, barmherzig und freundlich.'
Er sprach es so selbstverständlich aus, dass ich es einfach glauben musste. Die Tatsache, dass er immer wusste was in mir vorging beunruhigte mich allerdings.
'Du liest doch nicht meine Gedanken? Ich brauche nämlich etwas Privatsphäre.'
'Ich bin dazu da um es dir leichter zu machen, von der Welt zu weichen. Dabei muss es dir aber auch gut gehen.'
Ich ignorierte nicht, dass er meine Frage nicht direkt beantwortet hatte.
Er hatte wieder seine alte Stellung angenommen. Barsch befahl er mir, mich schlafen zu legen. Ich tat es mit Gefallen.

Ich rannte durch einen Wald. Ich hörte Eulen rufen. Die Nacht brach herein. Sterne funkelten am Himmel und der Vollmond war der hellste Punkt an der dunklen Decke. Es wäre eine wunderschöne Nacht gewesen, wenn ich nicht verfolgt worden wäre. Dreck klebte an meiner zerrissenen Hose. Auch mein T-shirt war zerrissen und matschbesudelt. Jedes Knacken ließ mein Herz still stehen. Ich rannte und rannte. Ich musste ihn finden, bevor sie es taten! Und doch spürte ich ihre Anwesenheit immer näher kommen. Ich fiel um und rannte und fiel um und rannte. Ich bekam kaum noch Luft. Und doch musste ich vor ihnen da sein. Und da hörte ich den Schrei. Der Schrei der bei mir alles für immer auslöschte.

Ich wachte schweißgebadet auf. Immer noch hörte ich den Schrei. Und immer noch fühlte ich die Faust des Todes.
'Camille, Liebes hör auf zu schreien. Was ist denn in dich gefahren?' Kräftige Hände durchschüttelten mich. Endlich löste sich alles auf. Ich befand mich wieder in meiner Kleinen Wohnung in meinem kleinen Bett. Und endlich hörte ich den Schrei nicht mehr. Auch sah ich den Tod mit besorgter Miene vor mir stehen. Er setzte sich auf das Bett und zog mich zu ihm ran. Noch immer kam mir der Traum sehr real vor. Aber ich wusste wie kindisch ich mich benahm. Es war ein Traum und nun musste mich jemand beruhigen, als ob ich eine Fünf-jährige wäre, die Angst vor Monstern hatte. Ich schüttelte sanft seine Arme ab. Ich rückte weg und legte mich wieder hin. Langsam kam die Müdigkeit zurück. Als er Anstalten machte zu gehen hielt ich ihn mit einer Hand fest.
'Bleib bitte hier.'
Er schaute mich an und langsam fing er an zu nicken.
'Rück rüber, ich bleibe bei dir.'
Ich befolgte seine Bitte die mehr in Richtung Befehl ging. Er nahm mich behutsam in den Arm. Ich würde ihm nicht erzählen können was in mir gefahren war. Und ebenso wenig, warum ich mir seine Anwesenheit so sehr wünschte. Und warum der Schrei der seinen Stimme so glich.

'Warum willst du mir denn was schenken? Und darf ich erfahren was es ist?'
'Du hattest Geburtstag, deshalb möchte ich dir eine Freude bereiten. Und sei nicht so ungeduldig. Es wird eine Überraschung.'
Ich freute mich auf meinen freien und letzten Tag. Meine Mutter war extra hergeflogen um sich um ihren Mann zu kümmern. Auch meiner Schwester hatte sie einen Besuch abgestattet. Und ich hatte stattdessen einen Ruhetag und stand nun völlig verdutzt in meinem Wohnzimmer das gleichzeitig in eine Küche überging.
'Hmpf….und was soll ich nun machen? Auf das Geschenk warten oder was?'
'Ach du Schrumpfkopf. Es ist natürlich kein Gegenstand. Wenn du stirbst, kannst du es ja schlecht mitnehmen. Ich möchte dir den besten Tag deines Lebens bereiten.'
'Ach wie goldig.' Ich war echt gerührt.
'Also…hopp hopp, zieh dir etwas bequemes an. Wir machen heute einen richtig schönes Tag zusammen.'
Das musste man mir nicht zwei mal sagen. Ich kramte ein T-shirt und eine Jogginghose raus und zog mich rasch an. Meine wilde Lockenmähne band ich zu einem Zopf. Als ich mich in meinem Handspiegel musterte, war ich zufrieden. Ich ging zu dem Tod und bemerkte, wie er einen Korb mit Nahrung packte.
'Gehen wir picknicken?' fragte ich spöttisch. Der Tod und picknicken. Da brat mir einer. Er schaute zu dem Korb und wieder zu mir und kniff dann seine Lippen zusammen.
'Magst du picknicken nicht? Wir können-…'
'Doch, ich liebe picknicken. Ich bin ein Naturmensch. Aber gehen Tode picknicken? Hey, wie viele gibt es überhaupt von euch?'
'Natürlich gehe ich gerne picknicken. Es gibt schon ein paar von uns. Der Herr Tod der die Mörder begleitet, der Tod der die Kinder begleitet und noch viele mehr.'
'Und wer bist du?'
'Ich begleite die einzigartigen Frauen.'
'Hm. Dann haben diese Frauen aber mächtig Glück. Ich würde nicht gerne von jemand anderem begleitet werden.'
Darauf schwieg er. Er packte wieder Obst in den Korb. Ich schmierte ein paar Brote und überreichte sie ihm. Als wir alles eingepackt hatten, gingen wir raus. Er hatte einen wirklich schönen Tag ausgewählt. Wir hatten Spätsommer. Die Sonne stand schon am Himmel und man hörte die Lerchen singen. Er nahm mich bei der hand.
'In den Park-…' ich zeigte in die Richtung in der sich der Park befand. 'geht es dir Richtung!'
'Wir gehen nicht in den Park. Ich kenne einen schönen Platz. Der wird dir gefallen.'

Als wir schließlich ankamen, war ich tatsächlich beglückt. Hier war ein See angelegt. Eine Trauerweide umspielte das Bild. Die Sonne hatte Mühe hier hindurch zu scheinen. Auch die Seerosen taten einen schönen Anblick. Früher war ich hier immer zum spielen. Mein Spielgenosse und ich hatten diesen Platz geliebt. 'Spielgenosse?' fragte ich mich.
'Spielgenosse? Ach genau. Eric.'
'Ich kenne diesen Platz.' Sagte ich zu dem Tod. Irgendetwas an seinem Blick irritierte mich. Er breitete eine Decke aus und wir setzten uns hin. Doch das Thema ließ mich nicht mehr los.'Hör mir zu. Ich kenne diesen Platz. Ich bin gerade fünf geworden als meine Mutter nach Hause kam- sie ist Fotografin- und mir und meiner Schwester erzählte, das wir nun einen Bruder hätten. Sie hatte einen Jungen adoptiert. Meine Schwester mochte ihn von Anfang an nicht, aber ich verstand mich gut mit ihm. Obwohl ich auch seine schlechten Seiten kennen lernte. Er war herrisch und besitz ergreifend. Aber er liebte die Natur wie ich. Wir taten jeden Tag etwas zusammen. Eines Tages kam er ganz stolz zu mir und erzählte mir von diesem Ort. Ich bekam ihn nie zu sehen. Er wurde auf einmal schwer krank. Er verlangte nach mir zu sehen, aber meine Mutter hatte Angst um mich. Angst das ich mich ansteckte. Sie verbot es mir in den Raum zu gehen, in dem er lag. Er wurde zunehmend verbittert. Ich war die einzige die ihn verstand. Als ich versuchte mich zu ihm zu schleichen schlug meine Mutter mich. Und einen Tag darauf starb er.'
Wieder schaute er mich auf diese mysteriöse Art an. Und dann platzte ich mit der Frage heraus, die mir schon die ganze Zeit auf der Zunge lag.
'Warum hast du mir noch eine Woche Zeit zum Leben gegeben? Was willst du wirklich von mir?'







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