Allem zum Trotz - Teil 5

Autor: Allegra
veröffentlicht am: 07.08.2012


Kapitel 5


Gwen:

Die leise Melodie der im Wind wiegenden Blätter sang mich in den Schlaf.
Ich träumte von einer grünen Wiesen mit kleinen weißen Blumen gespickt. Das saftige Grün verlief im Horizont mit dem Blau des Himmels zusammen. Die Sonne konnte ich zwar nicht sehen, doch ihre Anwesenheit war nicht zu verkennen auch die nicht vorhanden Vögel sangen ihre Lieder in mein Ohr. Unter meinen nackten Füssen spürte ich das feine Gras. Für einen Augenblick schloss ich meine Augen und streckte mein Gesicht dem Himmel entgegen. Eine sanfte warme Brise strich über meine Haut und verfing sich im einem Haar.
-Gwen. - hörte ich jemanden sanft meinen Namen rufen und meine Augen gingen auf. Diese Stimme würde ich unter tausenden erkennen. Ich sah mich um, doch Alex war nirgendwo zu sehen. -Gwen. - rief er erneut und ich drehte mich um. Augenblicklich stieß ich an seine Brust und erschrak. Alex schlang seine Arme um mich und ich legte meinen Kopf auf seine breite Brust. Tief atmete ich seinen Duft ein. -Da bist du ja. - sagte er dann und ich hob den Kopf. Von oben sah er mich mit seinen schwarzen Augen an und ein von mir so geliebtes Lächeln umspielte seine Lippen.
-Hast du mich gesucht? - fragte ich und lächelte ihn an. Er nickte nur.
-Mein ganzes Leben lang. - antwortete er flüsternd und beugte sich zu mir runter. Seine Lippen legten sich sanft auf meine. Mein Herz blieb stehen und ich konnte mich nicht mehr rühren. Es fühlte sich genauso an, wie ich es mir schon tausendmal vorgestellt hatte, wenn nicht noch besser. Alex` Lippen streiften über meine Wange zu meinem Hals runter. Ein Schmerz durchzog mich. Schreiend sprang ich von Alex zurück und hielt mir die schmerzende Stelle an meinem Hals fest. Über meine Finger floss eine schwarze dickflüssige Substanz. Erschrocken sah ich Alex an. Mein Blut lief ihm über das Kinn und sein Gesicht war zu einer Grimasse verzogen. Die roten Augen funkelten mich böse und gierig an, zweite spitze Zähne jagten mir Angst an.
Die Wiese verschwand und es wurde Dunkel um uns herum. Die warme Brise wurde zu einem reisenden Wind, der an meinen Kleidern und an meinem Haar riss.
-Mein Leben lang. - zischte Alex und schritt in angriffsbereite Stellung auf mich zu. Ich ging einen Schritt zurück und stürzte.
Schreiend fuhr ich aus dem Schlaf und fasste mir automatisch an den Hals. Ich fühlte den Schmerz, doch ich blutete nicht. Was für ein Traum? - dachte ich und atmete durch. Schnell rieb ich mir das Gesicht, um den Schlaf und auch den hässlichen Traum zu verjagen.
-Gweneth. - hörte ich meine Mutter von unten rufen. -Essen ist fertig. - teilte sie mir mit.
-Bin gleich da. - rief ich zurück und begab mich erstmal ins Badezimmer, um mein Gesicht zu waschen. Der Schreck saß mir noch immer in den Knochen.
Als ich in die Küche kam und meinen Platz einnahm, saß meine ganze Familie schon beisammen und aß. Schnell schaufelte ich das Essen in mich hinein.
-Wie war die Schule? - wollte meine Mutter wissen und sah mich fragend an.
-Gut. - sagte ich mit vollem Mund.
-Geht es noch einwenig ausführlicher? - hackte sie nach und ich sah sie böse an.
-Wir hatten fünf Stunden und ich war noch beim Nachsitzen. - erzählte ich eilig.
-Irgendwelche Klausuren? - meine Mutter ließ einfach nicht los. Ich seufzte ungeduldig.
-Nein. - sagte ich nur.
-Warum ist dein T-Shirt schmutzig? - wollte meine Bruder Chris wissen, der mich die ganze Zeit gemustert hatte. Verwirrt sah ich an mir runter. Ich hatte tatsächlich vergessen mich umzuziehen.
-Ich habe etwas Cola verschüttet. - sagte ich nur dazu und aß weiter.
-Wie ist denn das passiert? - fragte er weiter und ich verdrehte die Augen. Warum mussten alle in meiner Familie so neugierig sein?
-Ein Fußball hat mich getroffen und ich habe dabei Cola auf mein T-Shirt verschüttet. - sagte ich etwas ungehalten. Mein Bruder sah mich gekränkt an und widmete sich wieder seinem Teller zu.
-Gweneth. - ermahnte mich mein Vater über meinen schroffen Ton und sah mich missbillig an.
-Er wollte es doch wissen. - verteidigte ich mich.
-Rede nicht so mit deinem Bruder. - rügte mich Dad. Dazu hatte ich nichts zu sagen.

Meine Brüder waren in ihrem Zimmer verschwunden und meine Mutter ging meine kleine Schwerster schlafen legen. Ich blieb alleine mit meinem Vater in der Küche und wurde dazu verdonnert, ihm beim Abwasch zu helfen. Als Strafe für mein Verhalten am Tisch. Dad wusch und ich trocknete schweigsam ab. Im Hintergrund lief der Fernseher.
“Heute Morgen gegen 06:00 Uhr wurde im Stadtpark Hemingway eine verstümmelte Leiche von zwei älteren Passanten entdeckt.” - verkündete die Nachrichtensprecherin trocken. “Es handelt sich um eine junge Frau Mitte 20, mehr konnte der Polizeisprecher vorläufig noch nicht sagen.” - fuhr sie fort, nachdem sie einen Blick auf ihre Dokumente geworfen hatte. “Nachdem Bericht der Augenzeugen wies die Leiche zahlreiche Schnittverletzungen auf. Die Ermittlungen laufen.” - beendete sie und ging zum Wetter über.
Erschrocken sah ich zu Dad hoch. Auch er schien dem Report aufmerksam zugehört zu haben. Sein Gesicht war wie versteinert.
-Dad? - sprach ich ihn an und er sah mich an.
-Nein. - antwortete er nur und schüttelte mit dem Kopf.
-Woher weißt du das? - wollte ich wissen.
-Unsere Leute machen das nicht. - verkündete er mir.
-Natürlich machen sie so was. - fuhr ich ihn an. - Das könnte sogar ich gemacht haben. - gab ich ihn zu verstehen und er sah mich erschrocken an. -Du weißt doch, dass ich mich nicht immer unter Kontrolle habe. - erklärte ich ihn und Tränen traten mir in die Augen. Ich wollte nicht so sein, ich wollte nicht am Tod dieser Frau verantwortlich sein. Doch es konnte nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden.
Mein Dad schüttelt mit dem Kopf.
-Wie kannst du so naiv sein? - warf ich ihn an den Kopf. -Wenn ich mich verwandle, schaltete sich mein Verstand aus und ich bin im Blutrausch. - erinnerte ich ihn und er sah mich einem Schmerz in den Augen an. In diesem Moment dachten wie wahrscheinlich an das Selbe. An den Vorfall mit dem Nachbarshund. Ich biss mich auf die Unterlippe und Tränen traten mir in die Augen. Wie ein Mörder kam ich mir vor. Das arme Tier war mir in einem meiner ersten Streifzüge über den Weg gelaufen.
-Gwen. - er legte seine Arme auf meine Schultern. -Es wird besser. - versicherte er mir. - Immerhin bist du erst seit drei Monaten 17. Du wirst es kontrollieren können. - meinte er und sah mich eindringlich an. Ich sah zurück.
-Und wenn nicht? - fragte ich leise.
-Es wird es. - versicherte er und küsste mich auf die Stirn.
-Warum habt ihr mich überhaupt bekommen? - fragte ich und schüttelte seine Hände ab.
-Sag doch so was nicht. - bat er mich und sah mich gequält an.
-Ich will kein Monster sein. - sagte ich und Tränen liefen über mein Gesicht.
-Du bist doch kein Monster. - meinte mein Vater, doch ich sah ihn bloß hassentbrannt an.
-Doch. - entgegnete ich nur. - Genauso wie ihr. - warf ich ihm an den Kopf.
-Wir sind keine Monster. Wir sind halt anders. - verkündete er mir.
-Ja, Missgeburten. - spuckte ich aus und bekam von meinem Vater eine laute Ohrfeige verpasst.
-Sag so was nie wieder. - warnte er mich. Ich schnaubte, sah ihn verächtlich an und lief aus dem Haus.


Alex:

Das Gespräch mit meinen Eltern ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Ich sollte mein Braut kennen lernen. Alleine bei dem Wort `Braut` lief es mir kalt den Rücker runter. Ich wollte nicht, ich konnte nicht. Und wieder schweiften meine Gedanken ab und erneut dachte ich an Gwen. Doch lange konnte ich meinen Gedanken nicht nachhängen, mein Handy klingelte in meiner Schultasche. Einen Augenblick dachte ich daran, es einfach klingeln zu lassen und tatsächlich verstummt es. Ich schloss die Augen und beschloss ein Nickerchen zu machen. Heute war ein echt anstrengender Tag gewesen. Doch bevor ich in einen traumlosen Schlaf versinken konnte, klingelte erneut mein Handy. Mit einem Seufzer sprang ich von meinem Bett und nahm ab.
-Hi Alex. - hörte ich Joshs Stimme am anderen Ende der Leitung. -Was machst du so? - wollte er wissen.
-Nichts besonderes. - antwortete ich und ließ mich wieder auf mein Bett nieder. -Was gibt`s? - fragte ich dann.
-Hast du Lust mit mir und ein paar Leuten Eis essen zu gehen? - fragte er dann. Eigentlich hatte ich ja keine Lust, aber Zuhause fiel mir auch die Decke auf den Kopf. Ich musste einfach auf andere Gedanken kommen und nicht ständig an meine `Braut` denken.
-Klar. - willigte ich ein. -Wo treffen wir uns? - fragte ich dann. Nachdem Josh mir die Adresse des mir bekannten Eiscafes genannt hatte, legte ich auf und zog mich um.
Ich lieh mir Stans Auto aus, ohne ihn vorher zu fragen und fuhr in die Stadt. Als ich am Cafe ankam, sah ich schon meine Freunde am Tisch mit ein paar Mädchen sitzen. Eins von ihnen war Gwen.
-Oh Scheiße. - entfloh es mir nur unfreiwillig. Nachdem was heute in der Schule vorgefallen war, war ich über etwas gwenfreie Zeit dankbar. Ich machte schon auf den Absätzen kehrt, doch Vic sah mich bereits und rief meinen Namen. -Hallo zusammen. - begrüßte ich die Clique mit einem erzwungenen Lächeln. -Was geht?” - fragte ich und versuchte so gelassen zu klingen, wie es nur möglich war und den direkten Blick mit Gwen zu meiden. Es war nur ein Platz ein Tisch frei und dieser war angerechnet neben Gwen. So viel Pech kann doch keiner haben, aber eine andere Wahl hatte ich wohl nicht. -Hey. - sagte ich zu ihr, als ich mich neben sie setzte. Sie lächelte mich bloß an.
-Alex. - sprach mich Vivi an, die zwei Stühle von mir weg saß. -Wir haben dein Notizblock gefunden. - sagte sie und ich brach in Schweiß aus. `Wir` hatte sie gesagt, entging mir nicht. Hoffentlich war mit `wir` nicht sie und Gwen gemeint. -Gwen hat es mitgenommen. - zerhämmerte sie meine Hoffnung und ich sah zu Gwen rüber.
-Ich habe es bei mir Zuhause. - sagte diese dann und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. -Ich wusste ja nicht, dass du heute auch mitkommst. Wenn du willst, können wir später noch bei mir vorbeigehen und dein Heft holen. - schlug sie vor. Aus ihrem Gesichtsausdruck versuchte ich herauszulesen, ob sie die Zeichnung von ihr dort gesehen hatte, doch sie lies nichts durchsickern und sah mich nur fragend an.
-Oh. Ja, gerne. - kam ich wieder zu mir zurück.

Fortsetzung folgt ...





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