Wenn Träume nicht mehr Träume sind(2)

Autor: Caro(2)
veröffentlicht am: 15.10.2005




Sie zitterte und streichelte langsam über den Brief, sie sah diesen Brief an, als ob sie nie zuvor einen Brief erhalten hätte, dieser Brief entschied über ihre Zukunft.
Neben ihr stand ihre Freundin, die für sie wie eine Schwester war. 'Nun mach schon auf, los. Worauf wartest du noch??' sagte sie.
'Mach du ihn lieber auf...' gab sie zögernd zur Antwort.
Also öffnete ihr Freundin den Brief.
'Du, du fährst nach London!! Du hast das Basketball-Stipendium bekommen, ich wusste es, ich habs dir direkt gesagt!!'
Sie konnte es nicht glauben, Basketball war ihr Traum, mehr noch ihr Leben. Sie spielte schon seit ihrem fünften Lebensjahr - 15 Jahre Basketball und sie hatte ihr Ziel erreicht. Alles, was sie wollte ist in Erfüllung gegangen, das was die Chance ihres Lebens.
'Play the game for your live', so lautete das Motto der Londoner University. Das war jetzt nicht mehr irgendein Motto, es war ihr Motto.

Zwei Tage vor ihrer Abreise erhielt sie zwei Briefe:

Meine liebe Tochter,

ich weiß, dass ich vieles falsch gemacht habe, ich weiß, dass ich dir deine Kindheit kaputt gemacht habe und ich weiß auch, dass ich dich sehr verletzt habe. Nicht nur dich - auch deine Geschwister.
Aber in den letzten Jahren warst nur du das Opfer - das Opfer meiner Aggressionen, die ich nicht im Griff hatte.
Das alles ist mir bewusst geworden, weil Mum und ich uns trennen. Sie kann es einfach nicht mehr aushalten.
Gestern war der letzte Tag, als wir uns vor deiner Abreise gesehen haben, eigentlich wolltest du heute noch mal zu Mum und mir kommen, aber weil ich Versager dich wieder geschlagen habe waren deine letzten Worte von dir an mich: 'Ich hasse DICH, Dad!' Ich weiß, dass du es zurecht tust, aber du sollst wissen, dass ich dich mehr Liebe, als mich selbst und du sollst wissen, dass ich für dich mein Leben opfern würde.
Ich habe zuviel falsch gemacht, zu viele Fehler gemacht.
Ich werde in Therapie gehen.
Ich weiß, es ist zu spät.
Nach jedem Schlag habe ich mich gehasst, auch wenn ich nur einmal den Mut hatte mich zu entschuldigen, es tut mir Leid. Es tut mir Leid, dass du nie einem Vater hattest und, dass du für deinen Vater nur hass empfindest.
Tu mir einen Gefallen und kümmere dich in der Zeit, wo du noch da bist um Mum.Bitte, ich denke sie ist bei einer Freundin.
Ich liebe dich,

Daddy


Ihr liefen Tränen über die Wangen, kalte Tränen.
Der zweite Brief war von ihrer Freundin:

Liebe Lissi,

Liebe, Liebe habe ich in dir gefunden! Liebe, Liebe nach der ich in dir gesucht habe. Ich weiß, dass du jetzt gehst. Vor 6. Jahren haben wir uns versprochen, dass wir niemals ohne die andere gehen... jetzt gehst du. Aber wäre mein Dad nicht gestorben, dann hätte ich meine Chance wahrscheinlich auch genutzt und wäre auf das Kunstinternat in Italien gegangen. Ich bin stolz auf dich, meine kleine =) und hey, wir sind wirklich Schwestern. Deine Eltern haben mich adoptiert und wir sind wirklich Schwestern geworden und haben 2 wundervolle Jahre unter einem Dach verbracht.
Du bist meine Schwester und das weißt du- Du wirst es für immer sein.
Wir sehen uns bald wieder, dass weiß ich...
deine große Schwester,

Lilly


Sie fuhr zu ihrer Schwester, sie musste jetzt einfach mit ihr reden. Ihr liefen immer mehr Tränen übers Gesicht.
Sie konnte sich denken, dass Lilly jetzt bei ihrer Mum war... ihre Mum war Lillys Mum.Ihr Dad hatte gesagt ihr Mum wäre bei einer Freundin... also bei Maja, wem sonst.Sie klingelte, ein Junge in ihrem alter machte auf, es war der Sohn von Maja.'Ist Lilly da?'
'Ja klar, komm rein. Soll ich euch einen Tee kochen?'
'Danke, nein.'
Sie lächelte.
Er lächelte zurück: 'Lilly ist oben, geh doch einfach hoch.'
'Du wusstest es, du wusstest es genau! Wieso hast du mir nicht gesagt, dass Mum sich von Dad trennen will? Wieso? Wieso hast du in deinem Brief so getan, als wäre nicht?' schrie sie.'Es tut mir Leid, ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst. Ich wollte, dass du glücklich wirst und glücklich fährst. Die Londoner Basketball - University war schon immer dein Traum.'
'Ja, wenn Träume wahr werden, dann kommen gegen Träume. Und das weißt du, Lilly. Ja, es war mein Traum, seit ich 5 Jahre alt bin. Aber, es war auch mein Traum glücklich zu werden. Mein allergrößter Traum war es einen Daddy zu haben. Und ich habe ihn. Auch, wenn er soviel scheiße gebaut hat. Er ist mein Vater, mein Papa. Er hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Ohne ihn hätte ich das alles vielleicht nicht geschafft, ohne ihn wäre mein Herz nicht so, wie es ist, ohne ihn wäre ich jetzt nicht hier.
Ohne ihn hätte ich dich nicht kennen gelernt, aber vor allem wärst du ohne ihn nicht meine Schwester. Er hat dich adoptiert und uns unseren größten Wunsch war gemacht,Wir sind Schwestern und ich liebe meinen Dad!
Egal, wie scheiße er zu mir war, er hat sich verändert und er geht in Therapie. Ich hoffe Mum und er schaffen es sich neu zu entwickeln. Und keine Angst ich gehe nicht - nicht ohne dich.Mum sagt du sollst mit nach London - nur wenn du willst.
Meinst du, ich erinnere mich nicht mehr an unser versprechen??
Ich weil nicht ohne dich und ich kann nicht ohne dich. Ich werde das Stipendium annehmen und du zahlst monatlich 150€ und ich noch 50€. Ich komme noch fürs Essen auf. So muss jeder von uns 150€ monatlich bezahlen-
Lilly, meinst du wirklich ich lass dich hier alleine??'
'Danke. Es wäre wundeschön, wenn alles klappt!'
Von ihrer Mum hatte sie sich schon verabschiedet.
Ihrem Dad hatte sie noch einen Brief geschrieben:

Lieber Daddy,

ich hab dich lieb und ich wäre ohne dich nicht das, was ich bin.
Du hast viele Fehler gemacht und das weißt du. Aber, ich verzeihe dir, wenn du diese Therapie wirklich machst.
Du hast mich oft verletzt und ich möchte dir sagen:
Kämpf um Mum, dass ist mein Wunsch und Traum.
Ich wünsche mir so sehr, dass ihr einen Neuanfang schafft.Du bist für mich mein Papa und wirst es auch immer bleiben, egal wie viele Fehler du gemacht hast. Ich hoffe du weißt das.
Und jetzt warte nicht, sonst ist es vielleicht schon zu spät:
Kämpf! Kämpf um Mum, um euch! Eure Liebe - eure Zukunft!
In Liebe, deine Tochter:

Lissi


Sie gab ihrem Dad den Brief mit einem letzten Kuss, einer letzten Umarmung.Er sah sie an, ihr Vater:

'Danke, ich liebe dich.'
'Und Lilly', sagte er dann und wandte sich an sie, die neben seiner Tochter stand 'viel Erfolg!' Er gab auch ihr einen Kuss.
Und dann gingen sie - fuhren zusammen nach London.









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