Vom ewigen Alltagstrott, Jungs, komplizierten Gedanken und allerlei anderen Dingen

Autor: himbaereis
veröffentlicht am: 28.08.2009




Wir saßen noch eine ganze Weile auf den Stühlen und redeten über Gott und die Welt. Ich leerte das Buffet weiter und war rundum glücklich.
Blödmann war wirklich unterhaltsam und man konnte super mit ihm diskutieren. Es gab aber auch wirklich viel zu diskutieren. Denn abgesehen von der Musik, hatten wir eigentlich gar keine Gemeinsamkeiten. Er konnte nicht verstehen, warum ich Fußball liebte und ich konnte mir einfach nicht vorstellen, was an Handball, Volleyball und Judo Spaß machen sollte.Aber ich erfuhr eine ganze Menge über ihn.
Er liebte Sport und war mit seinen Kumpels dabei, eine Band zu gründen. Einen Namen hatten sie schon. Sie wollten sich 'Aborted Start' nennen. Also Fehlstart.
Ich war total begeistert.
Dann musste ich irgendwann noch mal mit ihm tanzen. Aber das ging eigentlich ganz gut.Alles in allem verlief der restliche Abend sehr ereignislos.
Weit nach Mitternacht fuhren wir dann auch endlich zurück nach Hause.
Ich muss wohl in der Limousine eingeschlafen sein, denn ich kann mich absolut nicht mehr daran erinnern, wie ich ins Bett kam. Wahrscheinlich hat mein Vater mich in Reggies Zimmer geschleppt. Hoffentlich hat er sich dabei keinen Bruch gehoben.

Aber immerhin wachte ich heute komplett entkleidet und abgeschminkt auf. Reggie war wirklich ein Engel.
Wie spät war es eigentlich?
Mit geschlossenen Augen tastete ich nach meinem Handy. Als ich dann auf das Display schaute, bekam ich einen riesen Schreck. Es war bereits Nachmittag!
Schnell sprang ich auf, suchte mir irgendwelche Sachen zusammen und lief dann in die Küche um zu schauen, wo sich der Rest meiner Familie aufhielt. Außerdem hatte ich Hunger.Leider fand ich in der Küche niemanden. Aber wenn ich schon mal hier war, konnte ich ja mal dem Kühlschrank einen Besuch abstatten.
Voller Vorfreude inspizierte ich den Inhalt. Ich schnappte mir dann eine Banane, eine Scheibe Käse und noch irgendwas Anderes, was schmackhaft aussah.
Kauend lief ich durch den Rest dieses Riesenhauses und fand schließlich Gina im Garten.

'Hey Gina!'
'Ach, Nina. Schön dich zu sehen. Hast du gut geschlafen?'
'Wie auf Wolken. Sag mal, weißt du wo sich der Rest meiner Familie aufhält?'
'Ich glaube deine Eltern wollten an den Strand und Sascha ist mit Reggie irgendwo in der Stadt unterwegs.'
'Aber Shane ist noch hier. Wenn du willst, kann er dir die Stadt etwas zeigen. Na ja', sie lächelte 'zumindest das, was man hier so sehen kann. Soll ich ihn rufen?'
'Ach nein, ich werde mich allein umsehen. Einen Stadtplan brauche ich aber nicht oder?' Frech grinste ich sie an.
Sie grinste zurück.
'Ich würde dir raten einen mitzunehmen. Nicht das du dich am Ende verläufst!'
'Na dann...mache ich mich lieber gleich los, damit ich vor Einbruch der Dunkelheit wieder zurück finde. Bis später Gina.'
'Viel Spaß Nina, bis später.'

Ich ging wieder in Reggies Zimmer, kramte aus den Tiefen meines Koffers ein Top und einen Rock hervor, suchte noch Zahnputzzeug und was man halt noch so braucht, und ging ins Bad.

20 Minuten später besuchte ich noch mal meinen Freund den Kühlschrank und ging dann los um mir Coral Bay mal wieder anzusehen. Mal gucken, ob man mich hier noch erkannte. Im letzten Jahr, hatte ich ein paar von Reggies Freundinnen kennengelernt und mit denen verstand ich mich dann auch recht gut.

Ich wanderte die Robinson Street am Stand lang und guckte. Es war alles wie in meiner Erinnerung. Ruhig und sonnig.
Aber es war irgendwie auch schrecklich langweilig. Die Straßen waren wie leergefegt. Vereinzelt standen ein paar Autos herum...aber mehr war hier auch nicht mehr los. Was Reggie und Sascha hier bloß wollten...?Eine dunkle Vorahnung beschlich mich...aber ich ignorierte sie so gut es ging. Sie wollten doch nicht etwa...Nein Nina! Doch nicht jetzt. Reggie war doch kein billiges Flittchen, das sich von meinem Bruder flachlegen ließ. Nein Reggie hatte Stil.
Obwohl sie den mit meinem Bruder ja nun wirklich nicht bewiesen hatte...aber na ja. Wie sagt Mama immer so schön...wo die Liebe hinfällt.
Hoffentlich steht sie dann auch wieder auf.

Irgendwann fand ich mich an einem verlassenem Stückchen Strand wieder. Weit und breit keine Menschenseele.
Ich glaube hier werde ich die nächsten Tage zubringen.
Hier würde ich meine Ruhe haben und wieder klare Gedanken fassen können.
Ich setzte mich in den Schatten eines großen Steines, legte den Kopf auf die Knie und schaute auf das Meer hinaus.
Es war der totale Wahnsinn. Obwohl eigentlich nichts weiter passierte, als dass ein paar Wellen den Sand nass machten, fesselte mich der Anblick des Wassers.
Es wirkte so klug...so unfassbar klug und unergründlich tief.

Ich kicherte in mich hinein, als ich an meinen Kindheitstraum dachte. Ich hatte mir schon immer gewünscht, eine Meerjungfrau zu sein. Mit einem tiefblauen Fischschwanz. Teilweise hatte ich jede Nacht wach gelegen und mir gewünscht, eine Meerjungfrau zu sein. Oder immer, wenn ich mal wieder etwas angestellt hatte, hatte ich mir gewünscht einfach ins Wasser zu springen und abzutauchen.
Jetzt machte sich dieser Wunsch wieder in mir breit. Einfach ins Wasser springen und nie wieder auftauchen.
Oder zumindest erst einmal lange unter Wasser bleiben.
Aber wahrscheinlich würde meine Mutter einen halben Herzkasper bekommen. Also fiel das weg. Aber es wäre dann wahrscheinlich wie in der Serie H2O. Ich liebte diese Serie abgöttisch. Sie verzauberte mich, ähnlich wie das Meer es jetzt gerade getan hatte.Aber es war bescheuert zu glauben, ich würde mich irgendwann in eine Meerjungfrau verwandeln. So schade es war, aber so etwas gab es wahrscheinlich nur im Märchen oder in dieser Serie.

Als ich aufstand, bemerkte ich, dass die Sonne schon erschreckend tief stand. Schnell rannte ich wieder zurück zum Haus. Na ja...eigentlich rannte ich nur solange, bis ich wieder auf der Straße war. Ab da lief ich ganz normal und gemächlich zurück. Pünktlich zum Abendessen war ich wieder da.

Das würden wahrscheinlich langweilige Tage hier werden. Ich hatte zwar Reggie, aber die hatte meinen Bruder. Und die beiden wollte ich mir nun wirklich nicht antun. Und Blödmann kam erst gar nicht in Frage. Eben so meine Eltern. Die konnten sich am Strand schön den Rücken verbrennen. Aber ich würde mich so wenig wie möglich mit ihnen zeigen.

'Und Nina, was hast du heute schönes gemacht?'
'Äh, was?'
'Na, wo warst du heute?'
'Ach ... ich war nur am Strand und habe mir das Meer angeguckt.'
'Achso.'
Das war mein mündlicher Beitrag zum Abendessen.
Als wir fertig gegessen hatten, schnappte ich mir meinen Ipod und eine Taschenlampe.

'Mama, hast du etwas dagegen, wenn ich noch mal zum Strand gehe?'
'Was willst du denn da?'
'Sitzen, Musik hören und das Meer anschauen.'
'Hm...eigentlich gefällt mir der Gedanke, dass meine kleine Tochter allein in der Nacht am Strand ist, nicht.'
'Mama, das hier ist ein kleiner Küstenort und nicht irgendeine Weltmetropole. Ich werde schon nicht entführt. Ich verspreche auch, dass ich pünktlich zurück nach Hause komme.''Gut, dann bist du in 3 Stunden wieder hier. Und keine Minute zu spät.'
'Danke Mama, du bist die Beste!'
Mit einem Kuss auf die Wange verabschiedete ich mich und lief glücklich zu meinem kleinen Stückchen Strand.

Dort angekommen legte ich mich auf meine Jacke, verschränkte die Arme hinter meinem Kopf, stöpselte mir die Ohren zu und schaute in den Sternenhimmel.
Es war toll, die Musik zu hören und sich dabei die Sterne anschauen zu können.
Ich bemerkte, wie ich schläfrig wurde, was eigentlich unmöglich war, denn ich hatte mehr als den halben Tag verschlafen.
Ob das immer noch der Jetlag war?
Oder ob ich einfach so gelangweilt war, dass ich müde wurde?
Weil...abgesehen von den Streitereien mit Blödmann war hier nicht besonders viel los. Letztes Jahr war es alles irgendwie lustiger. Reggie war nicht mit meinem Bruder zusammen und ich hatte sie für mich ganz allein.
Und jetzt saß ich total verlassen an einem noch verlassenerem Strand und war wieder dabei in Selbstmitleid zu versinken.
Super.
Das konnten ja wirklich heitere Ferien werden.
Irgendwann stand ich dann auf und ging wieder zurück.
Als ich gerade auf die große Straße wechseln wollte, hörte ich Reggie und Sascha.
Aber Gott sei Dank redeten sie nur und spazierten Hand in Hand auf einem Feldweg herum.Na klar. Die hatten natürlich keine Zeitbegrenzung.
Nur die kleinen Kinder kriegen eine.
Wie immer.

'Sag mal...was denkst du über Nina und Shane?'
Oho! Es ging um mich und Blödmann.
Die Zeit war vergessen.
Etwas Schlimmeres als Hausarrest konnte ich sowieso nicht bekommen...deswegen heftete ich mich die Fersen der beiden und lief in der Deckung der Dunkelheit hinter ihnen her.Blöderweise konnte ich nicht alles verstehen. Immer nur einzelne Worte.
Weil mir das aber nicht reichte, schlich ich mich so nah es ging an die zwei heran und lauschte.
'Was sollte ich über die beiden schon großartig denken. Sie kann ihn nicht ausstehen und er hat genug Köpfchen um sich von ihr nicht auf der Nase herumtanzen zu lassen.'
'Jaaaa, aber was würdest du sagen, wenn wir den beiden mal etwas auf die Sprünge helfen? Ich meine es ist offensichtlich, dass sie für einander bestimmt sind.'
Reggie hörte sich an wie meine Mutter, wenn sie ein Märchenbuch las.
Aber das, was sie da so sagte, klang ja schon mal hochinteressant. Mal gucken, was noch so kommt.
'Für einander bestimmt? Reggie, mach dich nicht lächerlich. Das klingt wie aus den Märchenbüchern für kleine Kinder.'
Das war mein Bruder. Irgendwie merkte man doch, dass ich mit ihm verwandt war.
Aber wie ich Reggie kenne, würde sie jetzt erst einmal das Kinn trotzig vorstrecken und auf ihrer Meinung beharren. Wenn sie von etwas überzeugt war, dann konnte sie keiner mehr davon abbringen.

Stille.
Reggie schien zu schmollen und wartete, dass Sascha irgendetwas Versöhnliches zu ihr sagte.'Reggie ich habe das nicht böse gemeint. Ehrlich ich wollte dich nicht beleidigen...du weißt doch, dass ich das gar nicht könnte...' Bei den weiteren Beteuerungen, hörte ich auf zu lauschen. Das der Junge zu diesem Schmalz fähig war...das hätte ich jedem, aber sicher nicht Sascha zu getraut. Alle Achtung.
Reggie schien aber darauf eingegangen zu sein, denn jetzt erzählte sie ihm wieder munter und fröhlich, was sie mit mir und Blödmann vorhatte.
'Am besten, wir organisieren einen Tag für die beiden.'
'Du willst also, dass einer von beiden den Tag nicht lebend übersteht?'
'Ach Sascha! Jetzt sei doch nicht immer so pessimistisch. Die werden sich schon nicht die Köpfe einschlagen.'
Na wenn sie sich da mal nicht zu sicher war...
'Reggie...obwohl ich Desinteresse gegenüber meiner Schwester heuchle, kenne ich sie doch gut genug um zu wissen, dass sie Shane nicht leiden kann. Warum auch immer... Auf jeden Fall würde sie ihn wahrscheinlich so provozieren, dass er die Beherrschung verliert und die ganze Sache dann eskaliert. Wenn schon denn schon, müssen wir etwas zu viert unternehmen und uns dann von Nina und Shane abseilen, wenn wir uns sicher sein können, dass die zwei sich nicht umbringen.'
Ich muss sagen...ich habe Sascha wirklich unterschätzt. Das er mich so gut kennt...
'Gut. Aber dann...was willst du mit den beiden Kindern denn unternehmen? Ponyreiten?''Na warum denn nicht? Im letzten Jahr, kurz nachdem ihr abgereist seid, sind hier Rancher hergezogen. Wir könnten also fragen, ob wir uns vier Pferde für einen Ausritt borgen können. So schwer kann das ja nicht sein.'
'Die Idee ist ja an und für sich nicht schlecht...aber versuch du mal Nina auf ein Pferd zu bekommen. Sie hat dieses Kindheitstrauma, von dem eigentlich keiner etwas wissen darf, weil es ihr so schrecklich peinlich ist.'
Ob er das jetzt ausplaudert!?
'Oh was ist denn passiert?'
'Das tut erst einmal nichts zur Sache. Jedenfalls wird das nicht einfach, Nina auf ein Pferd zu bringen.'
Da hatte er allerdings Recht. Ich hatte eine Heidenangst vor diesen Viechern. Als ich nämlich klein war, wurde ich mal fast von einem Pferd zerquetscht. Das Tierchen wollte sich nämlich wälzen und ich zur falschen Zeit am falschen Ort, spiele genau dort im Sand, wo das Pferdchen sich wälzen will.
Das Vieh kommt also munter auf mich zugetrabt und schmeißt sich auf mich drauf. Ich konnte mich im allerletzten Moment noch wegrollen aber bin dabei leider am Elektrozaun hängen geblieben. Dadurch habe ich mehrere kleine Schläge abbekommen.
Das ist der Grund für mein Pferdetrauma.
Das ‚Ponyreiten' konnten die beiden sich getrost abschminken. Da würde ich unter Garantie nicht mitmachen!
Ich hatte genug gehört.
Leise schlich ich mich zurück und joggte dann zum Haus, in dem mich meine Mutter mit bitterböser Miene empfing.
Aber die Schimpftirade, die nun auf mich losging, bekam ich gar nicht richtig mit. Ich hatte meine Ohren auf Durchzug gestellt und wartete nun ab, wann sie endlich fertig war.

'Du wirst ab jetzt nicht mehr ohne Begleitung aus dem Haus gehen!'
Ich schreckte hoch und starrte sie ungläubig an. Das konnte doch wohl nicht ihr Ernst sein! Nicht mehr allein aus dem Haus gehen? Wollte die mich verarschen?!
'Sag mal Mama, willst du mich jetzt verarschen? Ist das sowas wie gemilderter Hausarrest oder was?'
'Sieh es so wie du willst, aber du wirst nicht mehr allein aus diesem Haus gehen.''Mama, ich wurde weder entführt noch irgendwie bedroht. Ich bin lediglich zu spät gekommen. Und das nur, weil ich mich nicht vom Sternenhimmel trennen konnte! Das passiert nicht noch mal! Versprochen.'
Sie überlegt. Das sehe ich an ihren Augenbrauen. Die zucken immer so lustig, wenn sie nachdenkt. Wahrscheinlich kann auch sie eine Augenbraue hochziehen. Gibt es dafür Gene?'Gut...machen wir einen Deal. Kommst du noch ein einziges Mal auch nur fünf Minuten zu spät, wirst du nicht mehr allein aus dem Haus gehen.'
'Ach Mama...ich sag dir doch das es nicht noch mal passiert...'
'Na dann brauchst du dir doch keine Sorgen zu machen, wenn es nicht noch einmal passiert.'Ja na klar. Weil ich auch die Pünktlichkeit in Person bin. Spätestens übermorgen darf ich dann wahrscheinlich mit Mama, Papa, Reggie oder Sascha an der Hand durch Coral Bay laufen. Na super.
'Mensch Mama...wir sind doch im Urlaub. Außerdem will ich keinem von euch an der Backe kleben. Weder dir und Papa, noch Reggie und Sascha.'
'Daran habe ich schon gedacht. Deswegen wird Shane dein Aufpasser, wenn du wieder zu spät kommst. Ende der Diskussion!'







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