Vom ewigen Alltagstrott, Jungs, komplizierten Gedanken und allerlei anderen Dingen

Autor: himbaereis
veröffentlicht am: 19.07.2009




Während er so lässig auf mich zu schlenderte, hatte ich die Gelegenheit ihn mir mal genauer anzuschauen. Der Anzug stand ihm wirklich verdammt gut. Viel zu gut.Es war aber auch wirklich zum ausflippen. Ich schwitze Blut und Wasser...und der schlendert im Sunnyboy Gang vor mir hin und her und grinst dämlich.
Wäre ich nicht so von ihm abhängig, - oh Gott! Wie das schon klingt! - dann würde ich glatt meine Manieren vergessen und ihm mit meinen Absätzen richtige Schmerzen zufügen. Aber blöderweise kann ich das erst nach dem Tanzen machen.
'Würdest du vielleicht endlich anfangen mir das Walzertanzen beizubringen!?'
'Entspann dich Eisprinzessin. Du bist viel zu verkrampft. Du musst ganz locker sein.'
'Na sicher. Erklär mir mal bitte, wie ich locker und entspannt sein soll, wenn ich gleich dich, deine Familie und mich blamiere!'
'Ich kann nicht mit dir tanzen, wenn du so angespannt bist! Entspann dich. Denk an irgendetwas schönes. Wie zum Beispiel ein Wasserfall. Entspann dich.'
'Schon mal darüber nachgedacht, Therapeut zu werden? Hör auf mir was von Wasserfällen zu erzählen und fang endlich an zu tanzen!'
'Du kannst es nicht abwarten oder?'
'Nein, ich kann meine Blamage nicht abwarten. Aber vielleicht hilfst du mir ja endlich sie ein wenig zu verringern. Also hör auf deine Reden zu schwingen und tanz endlich mit mir! Und wehe, du bildest dir was darauf ein!'
Er enthielt sich einer Antwort und grinste mich nur breit an. Dann kam er auf 10cm Entfernung an mich heran.
'Aha. Super. Jetzt stehst du vor mir und ich kann nichts mehr sehen. Weiter?'
'Du bist echt anstrengend. Hat dir das schon mal jemand gesagt?'
'Nein, aber danke. Ich finde dich auch blöd. Du bist arrogant und unhöflich. So. Damit hätten wir das nun auch geklärt. Können wir jetzt tanzen?'
Obwohl ich wirklich gemein zu ihm war, erschütterte ich sein Grinsen kein bisschen.
'Na dann kleine Eisprinzessin. Tanzen wir. Ich führe. Im Prinzip musst du mir nur elegant folgen und nett lächeln. Mich anlächeln. In Anbetracht der Tatsache, dass du mich nicht magst, könnte das zwar schwer für dich werden, aber dabei kann ich dir leider nicht helfen.'Wahnsinn. Woher nahm er nur die Gelassenheit sich beleidigen zu lassen und mich anschließend auf die Palme zu bringen?
Ich schnaubte verächtlich, zwang mich aber dennoch dazu, seine Hände zu nehmen, die Walzerhaltung zu machen, das Gesicht nicht zu verziehen und ihm nicht weh zu tun.
Nur das hochgucken und lächeln wollte noch nicht so recht gelingen.
'Du müsstest mich schon anlächeln und auch anschauen.'
Na klar. Wie aufs Stichwort.
'Ja, ist ja gut.'
Ich nahm also die meiner Meinung nach korrekte Position (mit lächeln und hochschauen) ein.'Du musst dich entspannter hinstellen. Außerdem nicht so krampfig lächeln. Dann legst du mir die Hand an die Schulter und hältst meine Hand mit deiner anderen Hand fest. So schwer ist das wirklich nicht. Dann fange ich an zu laufen und du läufst mir im Prinzip nur hinterher. Das müsstest du hinkriegen.'
So wie er das sagte, konnte das wirklich nicht so schwer sein. Und da ich mich nicht wie ein 10jähriges Mädchen verhalten wollte, ergriff ich seine Hand und seine Schulter und bekam Gänsehaut, als er seinen Arm um meine Taille legte.
Plötzlich zog er mich näher an sich heran.
'Hey, du sollst mich nicht zerquetschen!'
'Tut mir leid, kleine Eisprinzessin, aber so muss das sein. Ich hab mir den Tanz nicht ausgedacht.'
Als ich also mit nicht einmal 5cm Abstand vor Blödmann stand, musste ich ja wohl oder übel weiter atmen. Und was ich da atmete, gefiel mir außerordentlich gut.
Junge, der Typ roch gut.
Der roch sogar richtig gut.
Zugegeben, ich habe eine Schwäche für Parfüm. Aber...Wow. Ich bin noch nie einem so gut riechenden Jungen begegnet.
Eigentlich will ich mir das nicht so wirklich eingestehen. Es ist schon blöd. Auf der einen Seite fange ich an, Sympathie für ihn zu entwickeln...weil er so absolut toll riecht und auf der anderen Seite hasse ich ihn, weil er mich zu Boden gebracht hat.
'Hey, bist du noch bei der Sache?'
'Was? Äh, ja klar.'
'Du wirkst etwas...wie soll ich sagen...weit weg?'
'Nein, nein. Ich bin da. Wie mache ich mich?'
'An und für sich, nicht schlecht. Aber du bist viel zu krampfig.'
Er holte sein Handy aus der Anzugtasche, sah auf die Uhr und drückte dann wild auf den Tasten herum. Dann ertönten mir wohlbekannte Klänge.
Der hatte allen Ernstes ‚Kiss the Rain' auf dem Handy.
'Vielleicht kannst du dich dabei besser entspannen. Das ist Moderne Klassik. Yiruma.''Ich weiß.', unterbrach ich ihn unwirsch.
'Das Stück ist eines seiner bekanntesten. Es heißt ‚Kiss the Rain'.' Während ich das sagte, sah ich ihm direkt in die Augen, um seine Reaktion abzuwarten.
Grinsend sah ich dann, wie sein sonst so unerschütterliches Grinsen verschwand und einem Ausdruck der Überraschung wich.
'Woher...'
'Tja, es gibt halt doch Menschen, die sich durchaus für Moderne Klassik begeistern können. Ich liebe die Musik von Yiruma. Du hast Recht, dabei kann ich mich wirklich entspannen.'Oh.
Mein.
Gott.
Unterhalte ich mich gerade wirklich mit Blödmann? Beim Walzertanzen? Über meine Lieblingsmusik?
Ich fass es einfach nicht. Obwohl ich nach wie vor den Drang verspüre, ihm Schmerzen zuzufügen, unterhalte ich mich mit ihm.
Er musterte mich immer noch mit einem ziemlich ungläubigen Gesichtsausdruck.
'Nenn mal deine Lieblingsstücke!'
''Love, Dreams, If I Could See You Again, A River Flows in You'. Hast du jetzt gedacht ich bluffe nur?'
'Ehrlich gesagt schon. Es ist wirklich ungewöhnlich, dass du Yiruma kennst. Woher kennst du seine Musik?'
'Ich bin Twilight Fan. Und ursprünglich wurde ein Stück von ihm für Bellas Lullaby vorgeschlagen aber dann doch umgeändert. Aber das Stück ist wirklich wunderschön. Deshalb hab ich nach weiteren Stücken von ihm gesucht und nach und nach meine Lieblingsstücke wie auch ‚Kiss the Rain' gefunden.'
'Bemerkenswert. Es gibt also wirklich Menschen, die gute Musik zu schätzen wissen...'

Während er das so sagte, schaute ich ihn unauffällig an. Er wirkte irgendwie nachdenklich und auch ein wenig traurig.
Aber wahrscheinlich täuschte ich mich, und es lag am nicht vorhandenen Licht.

'Du tanzt übrigens sehr gut Walzer.'
'Hm?'
Als er das sagte, merkte ich erst mal, dass wir die ganze Zeit getanzt hatten. Ob tanzen harmonisierend wirkt? Ich hatte fast keine bösen Gedanken gegenüber Blödmann.Eigentlich sollte es nicht so sein, aber die Dunkelheit, die Sterne und die wunderschöne Musik lullten mich total ein.
Soweit kommt's noch, dachte ich mir anschließend. Ich werde eingelullt und schließe vielleicht noch Frieden mit Blödmann!
Nie im Leben!
'Wie lange haben wir noch bis zum Eröffnungstanz?'
'Zehn Minuten.'
Er stoppte die Musik und ging in Richtung Saal.
Verwundert schaute ich ihm hinterher. Das wären noch zehn Minuten zum üben gewesen.'Warum gehst du jetzt schon? Es sind immer hin noch zehn Minuten.'
'Ich muss noch mal etwas mit Dad besprechen. Außerdem will ich wenigstens den Schluss der Rede mitkriegen. Also wenn du keine Uhr hast, rate ich dir mit rein zu kommen. Es ist ohnehin besser, wenn du dich an meiner Seite zeigst. Wir sind das Vorzeigepärchen der Familie. Also bitte sei so freundlich und versuch mich nicht die ganze Zeit mit tödlichen Blicken zu durchbohren.'
'Würde mir nie einfallen. Auch wenn das Wort ‚Vorzeigepärchen' nicht gefallen will. Was wenn ich mich daneben benehme?'
'Ich denke, so viel kann nicht passieren. Leila ist dabei, und die zieht nun wirklich jede Aufmerksamkeit auf sich. Also brauchst du dir keine Sorgen zu machen.'
Mit diesen Worten bot er mir seinen Arm an und guckte dumm aus der Wäsche, als ich mit hoch erhobenem Kopf an ihm vorbei zur Tür stolzierte. Erst da nahm ich seinen Arm und machte mich seelisch für die große Blamage bereit.

Die Tür ging langsam auf, und ich kam mir immer mehr vor, wie in einem schlechten Film. Jetzt fehlt eigentlich nur noch, dass Scheinwerfer auf uns leuchten. Oder das peinliche Stille im Saal ist.

Aber komischerweise beachtete uns kein Mensch. Alle lauschten gespannt der Rede, die sich um das Abwasser und die Müllentsorgung drehte. Wenn man sich das mal so vorstellt...der Opi da vorn hatte mit der Schönheit des Ortes angefangen...

'Du sag mal, wie lange müssen wir eigentlich tanzen?'
'Na ich denke den Eröffnungstanz und dann ab und zu vielleicht. Wieso? Kannst du es nicht abwarten, mit mir zu tanzen?'
Für diese Bemerkung könnte ich ihm glatt eine kleben.
'Nein, ich will nur wissen, wie lange ich dich ertragen muss.'
'Tja, ich fürchten den ganzen Abend. Du hast doch nicht etwa gedacht, wir tanzen mal so eben den Eröffnungstanz und das wars dann auch?'
'Öhm, eigentlich schon.'
Er lachte.
Er lachte mich aus!
'Hör sofort auf mich auszulachen, oder du hast gleich spitze Absätze in empfindlichen Körperregionen.'
Er reduzierte sein Lachen auf ein dämliches Grinsen.
Wenn ich nicht mit ihm tanzen müsste, würde er schon längst am Boden liegen und weinen. Na ja, weinen ist vielleicht etwas übertrieben...aber er würde auf alle Fälle große Schmerzen haben.
'Hey kleine Eisprinzessin. Wann taust du eigentlich auf?'
'Wieso?'
'Weil ich glaube, dass du dann sehr viel leichter zu ertragen bist.'
'Du hast jetzt nicht gesagt...ertragen oder?'
'Doch habe ich.'
'Aha. Na wunderbar. Tut mir Leid...nein eigentlich tut's mir nicht Leid, aber ich bin sehr gut mit Reggie befreundet und habe mich immer gefreut hier her zu kommen. Hättest du damals den Schneeball nicht auf mich geworfen oder dich einfach entschuldigt, dann würde ich mich vielleicht sogar ertragen lassen. Ich bin erträglich. Nur leider fällt mir das in deiner Gegenwart wirklich sehr schwer. Deshalb wollte ich auch wissen, wie oft oder wie lange wir tanzen müssen, ich hatte nämlich vor, mir einen anderen Tanzpartner zu suchen.'
Okay. Das war richtig gemein. Eigentlich bin ich keine Zicke und das wollte ich auch gar nicht sagen...aber das rutschte einfach so raus.
Offensichtlich hatte es seine Wirkung auch nicht verfehlt. Blödmanns Miene gefror augenblicklich zu einer undurchdringlichen eiskalten Maske. Wenn er mich so böse ansah, dann bekam ich regelrecht Angst vor ihm.
'Tut mir Leid...so wollte ich das eigentlich gar nicht sagen...'
'Du hast es aber so gesagt. Ich wusste nicht, dass ich dich so anwidere. Wenn es dir so schwer fällt, in meiner Nähe zu sein, muss ich dir wahrscheinlich dazu gratulieren, dass du es knapp 20 Minuten geschafft hast ohne dich zu übergeben. Glückwunsch.
Ich werde unsere Tänze reduzieren...dann musst du 3 Mal mit mir tanzen. Anschließend kannst du dich nach einem anderen Tanzpartner umsehen. Vielleicht taust du ja bei ihm auf.Und was den Schneeball betrifft. Ich werde mich nicht für etwas entschuldigen, was ich nicht getan habe. Den Schneeball hat jemand anders geworfen. Ich habe nur zufällig gesehen, dass du ihn abbekommen hast und hingefallen bist.
Ich hatte ja eigentlich vor, diesen Winter...oder Sommer, je nach dem, mit dir Freundschaft zu schließen.
Du kamst mir eigentlich immer sehr nett vor. Auch wenn ich für dich nur der kleine, käsige Computerfreak war. Du schienst immer eine Art Kumpelmädchen zu sein.
Dass du inzwischen so eine miese und dämliche Ziege geworden bist, hatte ich eigentlich nicht erwartet. Du schaffst es sogar, Leila zu toppen. Glückwunsch zur dämlichsten Ziege in ganz Australien.'







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