... Absender unbekannt

Autor: Andrea
veröffentlicht am: 06.04.2009




8.April.
Seit Stunden laufe ich zwischen Kleiderschrank und Spiegel hin und her. Zu kurz, zu lang, zu fade, zu sexy, zu warm. Ich habe nichts anzuziehen! Zumindest heute nicht. Sonst finde ich immer irgendetwas in den Untiefen des Schrankes, heute finde ich NICHTS!
Meine Tochter wirft einen ihrer 'Ach-Mama-Blicke' auf den Klamottenberg und bemerkt grinsend': Ich denke du gehst nur Kaffee trinken?'. Recht hat sie. Dafür braucht man sich nicht aufrüschen.
Noch ein Glas Wein, noch eine Zigarette und noch eine SMS. Mit der banalen Frage: 'Bist du sicher, dass ich kommen soll?'
Keine zwei Minuten später habe ich die Antwort. Der Typ ist ganz sicher. Na klar. Ich jetzt auch. Nur Kaffee trinken wie es im Duden steht. Seine Worte. Halb neun in seiner Wohnung. Meine Worte. Weil… , in die Öffentlichkeit geht es nicht und das hat seine Gründe!Nach Stunden habe ich endlich was passendes gefunden, genau die Jeans und den Pulli, welche ich als erstes an hatte. Noch ein kritischer Blick in den Spiegel. Haare machen wieder mal was sie wollen. Sämtliche superteure Mittelchen helfen da nichts. Make up auch misslungen. Mein Sohn läuft über den Flur und meint: ' Na, wo geht's denn hin? Siehst ja rattenscharf aus!' Söhne sind doch einfach was tolles!
Ich stecke den Schlüssel in meinen klapprigen Ford und los geht's. Zwanzig Minuten noch. Irgendwann habe ich mal was über autogenes Training gelesen. Soll ja beruhigen. Na gut, dafür ist es jetzt wohl zu spät.
Ich stelle für mich ein paar Regeln auf. Ganz cool bleiben, ist doch bloß ein Mann! Es bleibt beim Kaffee, keinen Alkohol! Nach zwei oder höchstens drei Stunden geht's wieder heim! Nicht so viel von mir erzählen, soll er mich mal unterhalten.
In meinem Auto schreit mir Kelly Osbourne die Ohren voll. Sehr beruhigend. Ich drücke auf die Open- Taste und schon ist Ruhe.
Noch kann ich ja zurückfahren. Es beenden, bevor überhaupt was anfängt.

Angefangen hat ja alles mit einer dubiosen SMS. 'Hallo schöne Frau, lange nichts mehr von dir gehört. Wie geht es denn so?' Die Handynummer ist mir völlig unbekannt. Weiblich und eitel wie ich nun mal bin grüble ich eine Weile darüber nach was für ein Typ das wohl an mich gesimst hat. Stunden später wage ich mir mal zu fragen: 'Wer bist du?' Und bekomme die aussagekräftige Antwort: ' Hi, Gloria kennst du mich nicht mehr? Wir haben in der Schule doch nebeneinander gesessen!'
Bei mir schrillen sofort sämtliche Alarmglocken! Der Typ meint mich gar nicht! Ich heiße nicht Gloria. Solch einen Namen hätte mir meine Mutter niemals verpasst. Wie klingt das denn! Gloria! Ab sofort sind alle Glorias dieser Welt potentielle Feindinnen, weil meine SMS eigentlich ihre sind.
Na gut, ich bin nicht gemeint. Also vergesse ich das Ganze.
Das funktioniert solange, wie mein Schreibtisch übervoll ist und mir zeigt, dass ich in diesem Büro auch mal meinen Job erledigen sollte. Umsonst wird mir meine Chefin kein Gehalt überweisen.
Einmal kann ich dem Unbekannten noch antworten. Ich will ja nicht unhöflich sein und der arme Kerl weiß ja sicher nicht, dass er an die falsche Frau schreibt. Wie der wohl aussieht? Kann mir auch egal sein. Nachdem ich mich hundertmal vertippt habe, schaffe ich es endlich die SMS an ihn abzuschicken. Ganz unoriginell: ' Sorry, da bin ich wohl die falsche. Habe in der Schule immer nur neben Mädchen gesessen.'
Erst mal Funkstille. Dann mache ich eben mit meinem Job weiter. Mein Faxgerät macht auch wiedermal faxen. Aha. Die Farbpatrone ist leer. Und das bei dem neuen Gerät. Vor einigen Wochen hat mir die Chefin eine neue Telefonanlage plus Faxgerät zugestanden. Durfte ich mir sogar selbst aussuchen. Die fade Blondine, welche mir die Teile verkauft hat ist mir in nicht so angenehmer Erinnerung geblieben. Du lieber Himmel, wenn ich mit solch einem Gesichtsaudruck und so wenig Enthusiasmus meinen Job erledigen würde! Nicht auszudenken!
Dafür steht mit blauen Augen und entwaffnender Freundlichkeit einige Tage später der Techniker dieser Firma in meinem Büro. Mit meinen neuen Geräten. Er erzählt mir irgendwas von einem Auftrag und das er die Teile jetzt installieren soll.
Mein Blick wandert an dem Kerl hoch und wieder runter. Obwohl er nicht gerade der Typ Mann ist, auf die ich so stehe, wirkt sein bloßes Dasein sofort beruhigend auf mich. Das ist so einer an den man sich anlehen kann….







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