Mein Angel

Autor: adamina
veröffentlicht am: 13.03.2009




Die letzten Tage am Gymie waren dann auch nicht mehr so berauschend. Obwohl ich mein Abitur mit Sehr gut bestanden habe, musste ich immernoch eine Woche im Unterricht erscheinen. Es war reine Folter!
Camille und die anderen hörten gar nicht mehr auf von diesem Konzert zu schwärmen! Was würden sie anziehen, wie würden sie hinkommen, was würden sie danach machen, ob sie noch ein Autogram bekämen und so weiter… Ich wurde dabei fast krank!
Doch jetzt wo die Enttäuschung überstanden ist, bin ich eigentlich nurnoch gespannt, ich freue mich fast auf diese Zeit, mal ganz ohne Eltern, feiern, Fun haben, und in einem Schloss leben!!! Sie scheinen es allerdings etwas anders zu sehen, sie sind wohl traurig dass ich fahre, tja selbst schuld, ich werde jetzt Spass habens, wenn ich schon nicht ans Konzert darf. Als ich mich vom Bus ein letztes Mal zu ihnen umgedreht habe, war mir zwar schon etwas mulmig zumute, was wenn ich niemanden netten kennenlerne?! Doch jetzt wo ich im Bus sitze, geht es eigendlich.
Das Wetter ist toll, die Strassen sind frei und ich habe endlich so ein ich-bin-frei-Gefühl! Neben mir sitzt ein anderer Teilnehmer, er ist in ein Buch vertieft, von Shakespear. Er sieht echt süss aus, blonde etwas längere Haare, grün-blaue Augen die grade glänzen, doch er ist so in sein Buch vertieft, unmöglich rauszukriegen ob er nun hört oder nicht.
Da ergreift Michèle das Wort, es werden einzeln die Namen auf der Liste genannt und von einer Dilmatcherin in Bebährdensprache übersetzt, schwer zu sagen wer nun schwerhörig ist und wer nicht. Nachdem alle Namen genannt sind meint Michèle noch : ' Nach jedem Namen hätte ich auch schwerhörig, hörend oder einfach nur eingeschlafen sagen können. Aber ich will dass ihr es selbst herausbekommt. Legt die Schüchternheit ab und viel Spass euch allen! '
' Legt die Schüchternheit ab ' klar doch, leicht gesagt, danke Michèle. Ich werfe noch einen Blick auf meinen Nachbarn, ich hätte ihm ja einen Kaugummi anbieten können, oder ihn nach der Uhrzeit fragen?! Nein, ich bin viel zu schüchtern um den ersten Schritt bei Männern zu tun. Schrecklich, überlege ich, vielleicht hatte ich deshalb noch niemals einen Freund. Auf einmal dreht sich ein Mädchen dass vor mir sitzt nach mir um. ' Na? Bist du eine Hörende? ' Ich zucke nur mit den Ackseln. ' Wenn du mich so bezeichnen willst. ' Ich schaue sie mir genauer an, braune kurze Locken die ihr zwar das Aussehen eines Schafs vermitteln, aber gleichzeitig unglaublich interessant machen. Sie scheint fröhlich und gleichzeitig echt nett. ' Na Gott sei dank! Das Mädchen neben mir versucht dauernd eine Unterhaltung anzufangen doch ich verstehe kein Wort, ich finde wenn mans nicht kann sollte mans auch lassen! ' Okay, ich nehm alles zurück. ' Haben dich deine Eltern auch hergezwungen? ' Ich rutsche unruhig auf meinem Sitz hin und her, es muss ja nicht jeder wissen dass es nicht ganz so schlimm für mich ist. ' Naja, mehr oder weniger. ' das Mädchen scheint glücklich mit meiner Antwort. ' Hey der Kerl neben dir ist ja total heiss! ' Ich zucke zusammen und schiele unauffällig in seine Richtung. ' Keine Sorge der ist stocktaub! Der kriegt es garantiert nicht mit wenn ich von seinem endgeilen Körper spreche. ' Sie lässt ein verführerisches Knurren erklingen und ich lächle nur leicht. ' Übrigend ich bin Margaux, und du?' ' Ich bin Ludivine. ' Ich beende schnell das Gespräch und täusche Müdigkeit vor, aus irgendeinem Grund den ich lieber nicht verstehen möchte schäme ich mich, ich habe aber nichts getan.Schliesslich bin ich wirklich eingeschlafen, auf der Schulter meines Nachbarn übrigends, schei***! Doch beim Erwachen stelle ich fest dass er mich nur lächelnd angesehen hat. Er findet mich also witzig. Na toll!
Langsam aber sicher, tauschen viele ihre Plätze, und es sieht ganz nach dem aus was Michèle befürchtet hatte. Die Schwerhörigen auf einer Seite, die Hörenden auf der Anderen. Auf einmal bemerke ich wie spät es ist, wir müssten schon fast da sein. Und tatsächlich erkenne ich bereits das Schloss in der Ferne. Wie auf Kommando springen alle auf und quetschen sich ans Fenster, ich bekomme kaum noch Luft und mein Nachbar fängt zu lachen an, weil ich versuche die Mädchen die mich als Sitz benutzen herunter zu schieben.
Als die Türen sich öffnen entsteht dass totale Chaos, alle stürmen hinaus und warten auf den Busfahrer der den Kofferraum öffnen soll. Er reicht einen roten Sack nach draussen und ich glaube es sei meiner. Doch, oh Schreck! Auf dem Namensschild steht Benjamin Leroux. Ich schaue auf und suche mit den Augen nach jemanden der so heissen könnte, und plötzlich stehe ich meinem Banknachbarn gegenüber. Ich frage ihn ob der Sack ihm gehört, doch er scheint mich nicht zu verstehen. Also zeige ich auf den Sack und dann auf ihn, er lächelt plötzlich und nickt leicht. Ihm scheint das hier noch peinlicher zu sein als mir selbst. Er starrt nur auf seine Füsse. Ich beuge meinen Kopf soweit hinab bis ich unter seinem bin und ihn von unten her ansehen kann. Ich lächle und bringe ihn somit auch zum lachen.
Auf einmal steht Margaux neben mir. ' Hey der ist ja noch süsser wenn man seine Zähne sieht. Zu schade dass er nicht normal ist. ' Diesmal gefällt mir ihre Bemerkung gar nicht, aber wiedereinmal halte ich die Klappe. Sie lächelt ihn zuckersüss an, und er lächelt zurück. Ermutigt durch diese freundliche Erscheinung versucht Benjamin zu sprechen: ' Hey, ich bin Ben, ich bin schwerhörig. ' Er spricht wie ein kleines Kind das es gerade gelernt hat, zögerlich, fast stotternd. Maraux dreht sich um und lacht. 'Nein? Ehrlich? Das hätte ich nicht gemerkt! '
Und ich Feigling, lächle sie nur an.







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