Mein Leben, die Anderen und ich

Autor: Yana
veröffentlicht am: 07.02.2009




Hey ihr Lieben! Da ich bei meiner anderen Geschichte 'Kribbeln unter der Haut' die Seiten, die ich bisher geschrieben habe, noch einmal bearbeiten will und ich eine neue Idee hatte, dachte ich mir, ich veröffentliche noch eine Geschichte. Ich weiß, dass es irgendwie doof ist, noch eine zu veröffentlichen, obwohl ich noch zwei angefangene veröffentlich hab. Aber ich hoffe trotzdem, euch gefällt wenigstens der Anfang =) Viel Spaß und über Kommentare würde ich mich echt freuen!

Es war die zweite Physikstunde im zweiten Halbjahr der neunten Klasse, als ich merkte, dass ich anders war, als die Anderen. Natürlich waren die Anderen nicht alle gleich, doch ich war noch viel anders wie die Anderen. Sie waren Menschen, ich war es nicht. Doch das wusste ich damals noch nicht. Ich dachte, ich sei wie sie. Nichts Besonderes. Nur vielleicht etwas schöner und graziöser, geschmeidiger und intelligenter. Doch heute weiß ich, dass es nicht nur das war, was mich von ihnen unterschied. Es war noch einiges mehr, viel mehr. Etwas, was meine Vorstellungskraft damals noch nicht erlaubte.
Doch zurück zu dieser einen, entscheidenden Physikstunde, welche mein Leben wohl für immer verändert hat. Ich will euch meine Geschichte erzählen. Denn sie ist etwas Besonderes. Voller Liebe und Hass, Trauer und Glück:

Wir kauten schon seit einiger Zeit das Thema 'Schwingungen' durch und an diesem Tag, an diesem grauen, verregneten Tag, starteten wir die genauere Untersuchung solcher Schwingungen. Dafür hatte unser Lehrer, Herr Heger, ein auf mich komisch wirkendes Gerät und einen etwas kleineren Lautsprecher aus dem Physiklabor mitgebracht. Das Gerät war schwarz und viereckig. Unser Lehrer, er hatte ziemlich kurze, rötliche Stoppelhaare, ein kantiges Gesicht, kleine, dunkle Augen und ein freundliches Wesen, erklärte uns, dass man damit die Frequenz eines Tones so zu sagen einstellen konnte.
'Je höher man die Frequenz einstellt, desto höher wird der Ton. Ein Mensch kann zirka die Frequenz von zwanzig bis zwanzigtausend Hertz wahrnehmen. Hat der Ton eine Frequenz über zwanzigtausend Hertz, so kann der Mensch ihn nicht mehr hören. An was das liegt, erkläre ich euch später', geschäftig lief er auf und ab und zerrte ein Kabel hinter der Tafel hervor. Anschließend drückte er auf einen roten Knopf an dem Energiekasten und steckte das Kabel in das schwarze Gerät, woran er auch die Lautsprecher angesteckt hatte. Anschließend richtete er sich auf, legte die Hände auf das Pult und grinste in die Runde. 'Wir werden jetzt testen, bis zu welcher Frequenz ihr den Ton hören könnt. Aber dafür müsst ihr leise sein.''Der glaubt doch nicht wirklich, dass unsere Klasse auch nur für ein par Sekunden leise sein kann?!', wisperte mir meine beste Freundin Jessy zu.
'Ich glaube schon', murmelte ich ebenso leise zurück und starrte gespannt nach vorne.Doch wir hatten uns geirrt. Unsere Klasse verstummte einige Sekunden nachdem man den ersten, leisen Ton hören konnte. Nur hinten, in der letzten Reihe, wo die Aufmüpfigsten der Jungs saßen, hörte man es leise rascheln und flüstern.
'Ich habe die Frequenz jetzt auf fünfzig Hertz gestellt und jetzt könnt ihr hören, dass der Ton lauter wird.' Er drehte an dem größten der fünf Knöpfe, welche das Gerät besaß, und der Ton wurde im regelmäßigen Abstand deutlicher. 'Einhundert Hertz', berichtete er uns und schaute belustigt auf das Gerät. Warum er so belustigt schaute? Das wusste ich nicht, doch ich dachte mir, dass es vielleicht daran lag, dass er etwas… sagen wir SPASTISCH drauf war. Manchmal gab er komische Geräusche von sich, welche einem Affengekreisch oder einem Lüftchen aus dem Hintern eines Elefanten ähnlich kamen (ich wusste, wie sich das anhörte, weil ich das schon einmal in einem Zoo erlebt hatte, doch das ist eine andere Geschichte!). Oder aber er machte verrückte Versuche, wie zum Beispiel ein Gummibärchen anzünden. Und wenn etwas schief ging, lachte er.

'Zweihundert Hertz, dreihundert Hertz, fünfhundert Hertz, tausend Hertz.' Dieses komische Piepsen wurde immer höher und höher, je weiter Herr Heger das Rädchen nach rechts drehte. 'Fünftausend Hertz!' Seine Stimme kam einem Jubeln gleich.
'Langsam wird dieses Geräusch unangenehm, nicht wahr?', fragte er lachend und strich sich über seinen Hinterkopf.
'Nee!', schrie Nico, der sich immer ziemlich cool und wichtig vor kam. Ich mochte ihn nicht. Er war kindisch, genau so wie der Rest der Jungs - mit ein oder zwei Ausnahmen.'Jetzt sind wir bei fast Zehntausend Hertz!', sagte unser Lehrer, ohne, dass er dem Kommentar von Nico eine Beachtung schenkte. Richtig so! 'Elftausend Hertz!'Langsam begann der Ton unangenehm zu werden. Richtig UNANGENEHM. Es schien, als würde ich ihn nicht mehr hören, sondern als wäre er in meinem Kopf drin. Piiiiep. Er drehte das Rad weiter nach rechts. Piiiep. 'Dreizehntausend Hertz!' Piiiep. Immer höher und höher wurde dieses dämlich nervende Geräusch. Piiiep. 'Fünfzehntausend Hertz!' Piiiep. Piiiep. Piiiep. Ich drückte meine Hände zuerst gegen meine Schläfen, dann gegen meine Ohren, als plötzliche Kopfschmerzen einsetzten. Piiiep. 'Siebzehntausend Hertz!', hörte ich ihn kreischen. Piiiep. Konnte er das nicht ausschalten? Was war DARAN SO TOLL??? Piiiep. Wie ein spitzes Messer bohrte sich dieser Ton in meinen Kopf. Piiiep. Eine Hand legte sich auf meinen Arm. Das Piepen wurde höher, lauter, drängender. Piiiep. Piiiiep. Piiiiep. Piiiep. Ich hörte mich selbst leise aufstöhnen. Piiiep. Schmerzen schossen durch meinen Kopf und fraßen sich in mein Gehirn. Piiiep. Der Ton wurde höher und höher, er hörte nicht auf, sich zu verändern. Konnte das nicht AUFHÖREN? Piiiep. Als würde man mir ein Meter langes Messer durch den Kopf rammen, schoss dieser scheußliche Schmerz hindurch. Piiiiep. Verzweifelt drückte ich meine Hände gegen die Ohren, doch es wurde nicht besser. Im Gegenteil. Piiiep.
'ACHTZEHNTAUSEND HERTZ!' In diesem Moment, machte es einen ohrenbetäubenden Knall. Er kam vom inneren meines Kopfes. Das letzte, was ich spürte war, dass mein Kopf auf den Tisch vor mir knallte. Dann verlor ich das Bewusstsein.

'Catherine! Catherine??? Kannst du mich hören? Catherine? Jetzt wach schon auf!', ungeduldige Hände rüttelten an mir. 'Verdammt noch mal, mach keinen scheiß, hörst du mich? CATHERINE!' Die Stimme, die nach mir rief wurde hysterisch. 'CATHERINE!!!!!! VERDAMMTE SCHEISSE JETZT MACH DOCH DEINE AUGEN AUF! CATHERINE!!!'Ich stöhnte auf, denn das laute Geschrei hallte wie ein Echo in meinem Kopf wieder und erzeugte heftige Schmerzwellen. 'CATHERINE!'
Erschrocken und von schmerzen geplagt riss ich die Augen auf, als die Stimme mir direkt ins Ohr geschrien hatte. Mit einem Ruck saß ich aufrecht. 'Verdammt red' leiser!', zischte ich und drückte meine Hände gegen die Schläfen.
'Oh mein Gott, Catherine!' Jemand schlang seine Arme um mich und drückte mich ziemlich fest. 'Wir dachten du bist tot! Herr Heger ist gerade dabei den Krankenwagen zu rufen!''Krankenwagen?', fragte ich irritiert und löste mich aus der Umarmung. Die Person trat einige Schritte zurück. Es war meine beste Freundin Jessy, die eifrig nickte und mir alles erklärte.
'Ja, Krankenwagen! Du bist schon mindestens zehn Minuten ohnmächtig, und als ich deinen Puls hatte messen wollen, war er nicht da! Daraufhin ist Herr Heger sofort zum Telefon gerannt.'
'Ich brauche keinen Krankenwagen', bestimmte ich und schwang die Beine über den Rand des Bettes. Ein Blick auf die weißen Wänden und die unverkennbare, türkisfarbene Tür ließ mich wissen, dass ich mich im Krankenzimmer der Schule befand.
'Du willst mir doch nicht weiß machen, dass es dir gut geht?!', schrie Jessy auf, was zu weiteren Schmerzen in meinem Kopf führte.
'Wenn du nicht so schreien würdest, würde es mir gut gehen', keifte ich sie an. Ich war genervt. Von ihr und dem hämmerndem Pochen hinter meinen Schläfen.
'Ich schreie nicht, ich rede nur laut!', verteidigte sie sich und hob abwehrend die Hände, als ich ihr einen vernichtenden Blick zuwarf. 'Okay, okay. Tut mir leid. Ab sofort rede ich wie jeder normale Mensch auch, okay?'
'Zu gütig', sagte ich ironisch und sprang auf. Es wunderte mich, dass weitere Schmerzen ausblieben und mir nicht schwarz vor den Augen wurden, wie ich es erwartet hatte. 'Ich brauche wirklich kei…'
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und mein Physiklehrer kam hereingestürmt. 'Der Krankenwagen ist schon unterwegs… Catherine! Wie geht es dir?', fragte er, als er mich erblickt hatte.
'So gut, dass ich keinen Krankenwagen brauche!', antwortete ich bissig.
'Oh doch, doch, doch, doooch. Du musst genauestens untersucht werden. Vielleicht wurde durch diese hohe Frequenz in deinem Kopf etwas beschädigt…'
'Machen sie sich keine Sorgen, Herr Heger. Mir geht es ausgezeichnet. Nicht einmal mein Kopf tut weh.' Das war eine Lüge, doch ich hatte keine Lust auf das ganze Tralala des Krankenhauses. Und eigentlich war ich mir sicher, dass IN MIR nichts passiert war. Jedenfalls nichts, was mein Leben hätte direkt bedrohen können.
'Keine Widerrede, Catherine. Der Krankenwagen ist sowieso schon da!' Ohne auf meinen Protest zu achten, schob er mich vorsichtig nach draußen.

Ich weiß noch glasklar genau, wie ich mich damals gegen eine Untersuchung der Ärzte weigerte. Ich schrie sie an, dass sie ihre Pfoten von mir nehmen sollten und ließ mich nicht anrühren. Ich wusste damals nicht genau, warum ich mich so sehr dagegen sträubte, doch tief im inneren wusste ich wohl, dass etwas passiert war. Mit mir. Mit meinem Körper. Eine innere Stimme gab mir Anweisungen, mich nicht untersuchen zu lassen und denen folgte ich auch. Und das war wohl das Beste, denn wie sollte ich ihnen erklären, dass mein Puls viel zu schnell war? Und mit 'zu schnell' meine ich nicht einen Puls wie wenn man gerade Stunden lange Sport betrieben hat. Nein. Sondern schneller. Viel, viel schneller.







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