A Bit(e) of Hope

Autor: Kati
veröffentlicht am: 08.02.2009




'Buh!'
'Constantine! Du mieser...'
'Shht. Er kann uns hören.'
'Was? Wer kann uns hören?'
'Shht. Sei leise.'
Er grinste sie an und blickte in den Wald hinein.
'Findest du das etwa komisch?!' zischte sie ihn angesäuert an.
'Lache ich? Sei lieber still.'
Wieder knurrte etwas in ihrer Nähe und Kaoru biss sich auf die Unterlippe.
'Was ist das?'
'Ein Jäger.' flüsterte er ihr zu und blickte sich weiter um. 'Komm mit.'
Er nahm ihre Hand und schlich mit ihr zum Haus zurück.
'Was meinst du mit Jäger?'
'Sei still. Du verrätst uns ja.'
Er schloss die Tür auf und drückte sie sacht in den Flur.
'Was soll das? Jetzt sag endlich, was du meinst?'
Constantine verschloss die Tür zum Garten und ließ Kaoru einfach stehen.
'Wo willst du hin? Warte gefälligst!'
'Ich geh jetzt duschen. Du solltest das auch machen, du bist total nass. Sonst bist du morgen bereits krank.'
'Erklär mir bitte, was das da eben war!'
'Später irgendwann. Jetzt gehe ich duschen.'
Er drehte sich um und stieg die Treppen nach oben. Kaoru kochte innerlich. Egal, wie oft sie ihn noch fragen würde, er würde ihr sicherlich keine Antwort darauf geben. Ihre Sachen klebten an ihrem Körper und ein kalter Schauer jagte an ihrem Rücken herunter. Sicherlich war es das Beste, wenn sie auch duschen würde. An die Wii würde er sie heute sowieso nicht mehr lassen. Sie holte in ihrem Zimmer ihr Handtuch und ihr Duschbad. Eigentlich würde sie sich auch gern die Haare waschen, doch nach der gestrigen Aktion war die Flasche vollkommen leer. In der Dusche angekommen, zog sie sich aus, legte ihre Kleider in den Spind und spitzte die Ohren. Alles war ruhig. Nur ein Duschkopf schien zu tropfen.Schnell lief sie in den Waschraum und wusch sich. Das warme Wasser wärmte sie recht schnell wieder auf und nachdem sie sich in ihr Handtuch gewickelt hatte, ging es ihr auch gleich besser.
Mit einem lauten Knall flog die Tür zu den Duschen auf und Kaoru schreckte zusammen. Sassy, Nora und Susi stürmten gut gelaunt hinein und warfen ihre Sachen auf eine der Bänke.'Kaoru! Du guckst, als hättest du einen Geist gesehen! Lach doch mal!' rief Susi und fing an zu kichern.
'Ich habe mich nur erschreckt.'
'Hat Constantine noch doll Ärger gemacht?'
'Nein.'
'Schön zu hören.' entgegnete Sassy ihr und öffnete ihren Zopf.
'Wir waren noch im Garten.'
'Was denn? Um diese Zeit? Bei dem Wetter?' Susi blickte sie ungläubig an.
'Ja. Es war total gruselig.'
'Ist ja auch schon dunkel.' stimmte Nora mit ein und zog sich ihre Bluse aus.
'Da war irgendwas, aber Constantine wollte mir nicht sagen, was. Er meinte nur, das wäre ein Jäger.'
'Ein Jäger?!' entfuhr es Nora schrill und die drei Mädchen blickten sich an.
'Weißt du etwas darüber?' fragte Kaoru schließlich.
'Er hat dich verarscht, mehr nicht. Das hat er mit jeder neuen hier gemacht.' antwortete Susi schließlich und die drei machten sich zu den Waschräumen auf. Kaoru blieb stehen wie angewurzelt.
'Hast du schon gehört? Die wollen jetzt Schuluniformen einführen, weil es zu viele Differenzen zwischen den Schülern gibt.'
'Ist nicht wahr.'
Kaoru folgte dem Gespräch noch ein wenig und verließ dann die Duschen. Er hatte sie also geleimt. Und sie ist darauf rein gefallen, so wie alle anderen Mädchen vor ihr auch. Wie ärgerlich. Als sie ihre Zimmertür öffnete, lag auf ihrem Bett eine Flasche von ihrem Shampoo. Ungläubig blickte sie es an und hob es hoch. Sie war voll! Schnell ging sie zur Tür zurück und warf einen Blick in den Flur. Alles war ruhig, nur von den Duschen hallte leise das Lachen der Mädchen zu ihr.
'Psst! Hey! Hier oben!'
Kaoru blickte nach oben und entdeckte Constantine auf der Treppe, wie er sich gerade über das Geländer hängte.
'Ist es das Richtige?'
'Was?'
'Das Shampoo.'
'Das Shampoo? Achso, äh ja. Ist es von dir?'
'Jap.'
'Danke.'
'Wollen wir noch spielen?'
'Du hast mir meine Fragen noch nicht beantwortet.'
'Und du hast noch nicht gespielt. Na komm.'
'Spinnst du? Ich habe nur noch meinen Schlafanzug an.'
'Warte eben.'
Er verschwand und warf kurz darauf einen schwarzen Morgenmantel über das Geländer zu ihr nach unten.
'Zieh den an und dann komm. Ich warte oben auf dich.'
Kurz überlegte Kaoru, zog den Mantel an und lief ihm dann nach. Oben an der Treppe stand er in kurzer Hose und Shirt und grinste sie verschmitzt an. Leise schlichen sie in ein kleines Zimmer und Constantine schloss die Tür.
'Was machen wir hier?'
'Sei leise.'
Er knipste das Licht einer Schreibtischlampe an und schob ein Mikrofon an sich heran. Kurz grinste er noch und drückte auf den Knopf am Fuße des Mikrofons.
'Meine Damen, meine Herren. Es ist jetzt kurz vor halb zehn. Ich möchte euch bitten zurück in eure Zimmer zu gehen und euch bettfertig zu machen. Wie immer sehe und höre ich alles. Wer heute nicht um Punkt halb zehn im Bett ist, mistet den Pferdestall aus und zwar auf allen vieren. Also Ruhe im Karton, sonst kommt die Lampe runter.'
Wieder grinste er sie an und sein Finger ließ von dem Knopf ab.
'Dann gehe ich mal besser.'
'Du wolltest doch spielen?'
'Aber es ist doch bereits halb zehn? Ich dachte, alle müssten dann ins Bett?'
'Ich erlaube dir, etwas länger auf zu bleiben. Und jetzt komm.'
Sie verließen das Zimmer und huschten in den Aufenthaltsraum. Alles war dunkel und ruhig. Keine Menschenseele war zu hören.
'Es ist gruselig. Lass uns bitte Licht machen.'
'Lass es aus. Du machst sonst alles kaputt. Außerdem würde man den Lichtkegel von draußen sehen.'
'Was mache ich denn bitte kaputt?'
'Willst du was trinken?'
'Von mir aus.'
'Was möchtest du?'
'Kommt drauf an, was du hast.'
'Cola?'
'Cola.' wiederholte sie und warf ihre langen, schwarzen Haare nach hinten. 'Kindergetränk. Hast du nicht was ordentliches?'
'Sicher.'
'Na also, dann her damit.'
Kaoru setzte sich im Dunkeln auf die Couch und beobachtete, wie Constantine eine Flasche Sekt hinter der Theke hervor zauberte.
'Wo hast du die denn her? Alkohol ist doch sicherlich verboten?'
'Du wolltest etwas ordentlich, also bekommst du es auch. Keine Sorge, ist ein Asti. Du wirst ihn sicher mögen.'
Langsam ließ er den Korken aus der Flasche gleiten und schenkte zwei Gläser ein.
'Hier.'
Sie nahm ihm das Glas ab und nippte daran.
'Schön süß.' stellte sie fest und nahm einen größeren Schluck.
'Trink langsam Kaoruchan, nicht dass du morgen einen Kater hast.'
'Das lass mal mein Problem sein.'
'Wie du meinst.'
'Spielen wir jetzt?'
'Wenn du willst?'
'Sicher, deswegen bin ich ja hier.'
Constantine beobachtete sie, wie sie den Fernseher einschaltete und sich eine Fernbedienung an das Handgelenk schnallte. Sollte dieses dumme Spiel ihm tatsächlich die Show stehlen? Er würde ihr den Spaß daran schon noch vermiesen.
Es dauerte nicht lange und Kaoru saß entnervt auf dem Sofa und nippte an ihrem Sekt. Constantine warf mal wieder einen Strike nach dem anderen und führte bereits Haus hoch. Gegen zehn warf Kaoru ihre Fernbedienung auf die Couch und gab auf. Gegen ihn zu spielen machte tatsächlich keinen Spaß, denn gewinnen war unmöglich.
'Was ist los? Hast du keine Lust mehr?'
'Nein, ich verliere ja ständig.'
'Tja, und was jetzt?'
'Lass uns noch etwas fern sehen.'
'Gut, aber nicht hier. Lass uns das in meinem Zimmer machen.'
'Warum denn?'
'Weil das hier zu laut ist. Und jetzt komm.'
In seinem Zimmer angekommen, legte er die Decke an das Fußende seines Bettes und nahm Platz. Bedächtig zeigte er auf den Platz neben sich und auch Kaoru setzte sich hin.'Hier such dir ein Programm aus. Mir ist es egal, was ich gucke.'
'Na gut.'
Sie zappte durch das Programm und stoppte schließlich bei Spongebob Schwammkopf -Der Film-.
'Können wir das gucken?'
'Sicher. Wenn du willst?'
Ihre Augen begannen zu strahlen und sie folgte belustigt dem Film. Immer wieder kicherte sie leise auf. Ab und zu trank sie einen Schluck Sekt. Sie war bereits angeheitert und das von nur so wenig Alkohol. Aber so machte der Film sogar noch mehr Spaß.
Constantine blickte in ihre Augen, in denen sich das Bild des Fernsehers widerspiegelte. Am liebsten würde er sofort über sie herfallen und sich nehmen, was er die ganze Zeit schon von ihr wollte, aber er würde bedächtig abwarten. Der richtige Zeitpunkt würde schon noch kommen. Als Kaoru zu ihm sah, blickte sie ihm direkt in die Augen und rückte ein Stück weg von ihm.
'Was denn? Warum guckst du mich so an?'
'Du bist total süß, wenn du lachst, weißt du das?'
'Willst du mich jetzt anmachen?'
'Das muss ich nicht. Ich wollte dir nur sagen, dass du total niedlich aussiehst, wenn du lachst.'
'Aha.' entfuhr es ihr trocken und sie versuchte sich wieder auf den Film zu konzentrieren. Doch seine Blicke klebten regelrecht an ihr und sie blickte wieder zu ihm.
'Jetzt guck doch nicht so! Ich muss sonst lachen.'
Wild wedelte sie mit ihren Händen vor seinem Gesicht herum. Doch das hinderte ihn nicht daran, sie weiter anzusehen. Schließlich musste sie wirklich lachen und setzte sich auf den Boden.
'Nun hau doch nicht ab. Komm wieder her. Ich guck dich auch nicht mehr an.'
'Aber wenn du nochmal guckst, dann, dann... Ja dann gibt's Ärger.'
'Ist das so ja?' er schmunzelte sie an und legte sich hin. 'Komm schon wieder her.'
Sie setzte sich neben ihn und verfolgte wieder den Film. Von ihr unbemerkt spielte er an einer ihrer Haarsträhnen und blickte sie wieder an.
'Du hast wunderschöne Haare Kaoruchan.'
'Mhh?'
'Wirklich, sie gefallen mir.'
'Aha.'
'Komm her, leg dich neben mich.'
Mit einem Satz drehte sie sich zu ihm um und blickte ihn misstrauisch an.
'Was hast du vor?'
'Nichts. Ich glaube nur, dass es im liegen wesentlich bequemer für dich wäre.'
'Ich möchte aber nicht liegen, dann werde ich müde.'
'Das macht doch nichts. Lange bleiben wir doch eh nicht mehr wach.'
Schließlich gab Kaoru nach und legte sich neben ihn. Was für ein sinnloser Film. Und er schien ihr zu gefallen. Er fand nicht eine Stelle daran komisch, doch sie lachte beherzt auf und ihre Augen strahlte, wie zwei grüne Smaragde im Sonnenlicht. Seine Gier nach ihr verschlang ihn fast und doch schaffte er es, sich zurück zu halten. Nach einer Weile blickte er sie wieder an. Der Film war wirklich mehr als grässlich. Kaoru hatte die Augen geschlossen und schlief tief und fest. Ein kurzes Lächeln huschte durch sein Gesicht und er stieg vorsichtig über sie herüber aus dem Bett. Er beobachtete sie noch eine ganze Weile, deckte sie dann aber zu und zog seinen langen, schwarzen Mantel an. Müde war er keines Falls und so musste er sich die Zeit mit irgendetwas vertreiben. Er öffnete das Fenster und sog die frische Luft ein. Es roch noch immer nach Regen und er liebte es, wenn es so sauber und angenehm roch. Noch einmal warf er einen Blick auf Kaoru und verschwand.

Ein kalter Schauer jagte Kaoru über den Rücken und die Sonne strahlte ihr ins Gesicht, als sie ihre Augen öffnete. Verschreckt setzte sie sich im Bett auf und blickte sich suchend nach einer Uhr um. Als sie schließlich eine entdeckte, entfuhr ihr ein erschreckter Seufzer und sie riss die Bettdecke von ihrem Leib. Sie hatte doch tatsächlich bei Constantine geschlafen! Und sie war spät dran. Es war bereits kurz nach sieben und sie musste sich noch frisch machen und umkleiden! Ihr Herz wummerte unregelmäßig vor sich hin und Kaoru schlüpfte hastig in ihre Schuhe.
'Guten Morgen Kaoruchan. Hast du gut geschlafen?'
Constantine stand lässig gegen den Türrahmen gelehnt, in Unterhosen und mit Zahnbürste im Mund vor ihr und grinste sie an.
'Ich bin spät dran. Ja, ich habe gut geschlafen aber jetzt muss ich los.'
'Nun mal nicht so hastig. Lass dir Zeit, mach dich in Ruhe fertig.'
'Aber der Unterricht?'
'Heute ist doch Sporttag. Also immer mit der Ruhe. Du hast noch eine gute Stunde Zeit. Der Unterricht beginnt Mittwochs immer erst um neun. Ich hätte dich sonst schon früher geweckt.'
Kaoru´s Anspannung legte sich langsam wieder und sie schnaufte tief durch. Noch einmal Glück gehabt.
'Gibt es das Frühstück wie immer?'
'Meine Güte, du denkst auch nur ans Essen. Da steht ein halb nackter Mann vor dir und du fragst nach etwas zu Essen.'
'Mann? Wo?'
'Du bist schon wieder sehr frech Kaoruchan.'
'Tja...'
Sie streckte sich und presste sich durch die Tür an ihm vorbei.
'Wenn du willst, kannst du mein Bad benutzen. Da bist du ungestört.'
'Wie meinst du das?'
'Du kannst ganz in Ruhe duschen, zur Toilette gehen und dich fertig machen. Hier oben gibt es Einzelbäder.'
'Was du nicht sagst.'
'Hol deine Sachen, bis dahin bin ich im Bad auch fertig.'
Sie nickte ihm zu und eilte hastig die Treppen herunter. Sassy war bereits weg und so suchte sie in aller Ruhe etwas schönes aus ihrem Schrank, was sie heute tragen wollte. Sie schnappte sich ihr Handtuch, nahm das Shampoo und ihr Duschbad und sprang die einzelnen Stufen zur dritten Etage nach oben. Mit einem Lächeln empfing er sie bereits und führte sie in ein großes Badezimmer.
'Schließ hinter dir ab, wenn du möchtest. Ich warte in meinem Zimmer auf dich.'
'Ist gut. Ach Constantine?'
'Hmm?'
'Danke.'
Er zwinkerte ihr zu und schloss die Tür. Kaoru fühlte sich wohl. Endlich, nach zwei ewig langen Tagen fühlte sie sich endlich wieder wohl. Sie sah sich um, als hätte sie noch nie ein Badezimmer gesehen. Sie musste sich nur noch zwischen Dusche und Badewanne entscheiden. Allerdings wartete Constantine ja in seinem Zimmer auf sie, also sollte sie den Bogen nicht all zu sehr überspannen. Sie zog sich aus und sprang kurzerhand unter die Dusche. Gut gelaunt trällerte sie ein Lied nach dem anderen vor sich hin und wusch sich mit ihrem Lieblingsshampoo die Haare. Nachdem sie auch ihre Morgentoilette verrichtet und ihre Zähne geputzt hatte, verließ sie zufrieden das Bad. So konnte der Tag weiter gehen. Doch ihre gute Laune sollte bereits bald ein jähes Ende finden. Sie öffnete die Tür zu Constantine´s Zimmer, der gerade über einem Stundenplan hing und ihn überflog.
'Was machst du da?'
'Ich habe dir die Wahlpflichtfächer gar nicht mehr vorgestellt. Naja, macht nichts. Ich teile dich jetzt einfach ein.'
'Was habe ich denn zur Auswahl?'
'Ich will, dass du zur Musikstunde gehst. Ich will, dass du für mich singst.'
'Bitte?' Kaoru lachte leicht schockiert auf und blickte ihn ungläubig an. 'Ich kann doch gar nicht singen.'
'Dann lernst du es eben. Du wirst für mich singen.'
'Du hast ja wohl einen Vogel. Wenn du Gesang hören willst, kauf die CD´s, aber ich singe bestimmt nicht.'
'Warum musst du mir ständig widersprechen?!'
Mit einem Ruck stand er auf, ließ den Stuhl hinter sich umfallen und warf mit aller Kraft ein Glas Wasser neben sie an die Wand. Laut klirrend fielen die Scherben zu Boden und mit seinen Augen blickte er sie nahezu herrisch an.
'Du wirst tun, was ich dir sage, hast du mich verstanden?!'
Kaoru schluckte schwer und bekam kein Wort über die Lippen. Ihr steckte der größte Kloß im Hals, den sie jemals erlebt hatte und ihre Hände zitterten.
'A-aber ich kann wirklich nicht singen.' wimmerte sie nach einiger Zeit und eine Träne rollte an ihrer Wange herunter.
'Lüg mich nicht an! Noch vor einer Minute habe ich dich singen gehört!' brüllte er sie an. Sicher war er wieder im ganzen Haus zu hören.
'Aber es klang schrecklich.' wimmerte sie ihm wieder entgegen.
'Wie kannst du es wagen meinen Geschmack in Frage zu stellen?!'
Groß bäumte er sich vor ihr auf und ihre Augen blickten unsicher zu ihm auf.
'Trag mich ein. Ich werde versuchen, für dich zu singen.'
Seine imposante, fast übermächtige Gestalt verlor sich allmählich wieder und er nahm wieder am Tisch Platz. Mit einem Füllfederhalter trug er sie in den Musikkurs ein und begann plötzlich zu lachen.
'Hattest du Angst?'
Doch Kaoru traf diese Frage, wie ein Schlag ins Gesicht. Sie machte Kehrt und verließ eilig sein Zimmer. Aufgelöst stürmte sie in den Speisesaal und nahm neben Sassy, Nora und Susi Platz. Etwas irritiert blickten die drei zu ihr.
'Alles ok bei dir?'
'Alles in Ordnung. Ich habe nur schlecht geschlafen.'
'Weinst du?'
'Nein, alles ok.'
Kaoru schluckte alles herunter und quälte sich ein Lächeln ins Gesicht. Ratlos zuckte Sassy mit den Schultern und biss in ihr Brot. Wenn sie nicht reden wollte, würde sie sie auch nicht dazu zwingen. Als Constantine gegen acht noch immer nicht im Speisesaal aufgetaucht war, kam allgemeine Unruhe auf. Alles tuschelte und blickte wieder zu Kaoru. Sicherlich hatte man ihn im ganzen Haus gehört und man hatte sie sicherlich auch gesehen, als sie wie eine angestochene die Treppen herunter gestürmt war. Kaoru ließ alles an sich abprallen und reagierte nicht auf das Gerede der anderen. Kurz nach acht räumten dann alle ihr Geschirr ab. Obwohl sie noch nichts gegessen hatte, stand auch Kaoru auf und begab sich mit Sassy, Nora und Susi zum Sportplatz. Knapp dreihundert Schüler liefen ziellos auf dem großen Rasen umher und bildeten einzelne Trauben mittendrin Kaoru, die zwar auch einer Gruppe angehörte, sich aber einsam wie nie fühlte. Er hatte sie so laut angefahren und sogar mit einem Glas nach ihr geworfen. Noch immer saß der Schock bei ihr tief, denn wenn er schon bei solchen Lappalien so ausrastete, was sollte dann erst werden, wenn er ihre grässliche Stimme hören würde? Panik machte sich in Kaoru breit und sie ballte ihre Hände zu Fäusten, um sich etwas abzureagieren.
Mit großen Schritten kam Mister Griffin auf die Schüler der Klasse neun C, zu der auch Kaoru gehörte, zu und grinste breit. Er trug eine viel zu kurze Hose und ein Shirt, dass er seinen Bierbauch betonte, als alles andere.
'Guten Morgen. Ich hoffe, ihr habt alle gut geschlafen und seid heute fit!'
Eher gequält war die Antwort der Klasse, die er erhielt.
'Nun, wir fangen zuerst mit dem Aufwärmen an und dann machen wir einhundert Meter Lauf.'
Er fing an sich zu dehnen und alle äfften ihn nach. Ganz am Rand stand Kaoru. Sie stand da, wie angewurzelt und rührte sich nicht. Glücklicherweise stand sie so weit abseits, dass Mister Griffin ihre keineswegs sportlichen Aktivitäten nicht bemerkte. Sie stand einfach nur da und rührte sich nicht. Auch beim einhundert Meter Lauf mogelte sie sich irgendwie durch und umging ihn einfach. Gegen halb elf wurde eine Pause eingelegt und alle packten ihre Lunchpakete aus, die sie sich noch beim Frühstück gemacht hatten. Kaoru hatte sich schon etwas gewundert, dass alle etwas in ihre Taschen steckten, doch richtig realisiert hatte sie es nicht. Während sich alle in den kühlen Schatten setzten, blieb sie mittig auf der großen Wiese sitzen und starrte ein großes Büschel Gras an, welches von irgendwem ausgerissen worden war. Alles war so unwirklich und hätte man sie jetzt umgestoßen, sie hätte es wahrscheinlich nicht mal bemerkt. Und so bemerkte sie auch nicht, wie sich ein großer dunkler Schatten über ihr bildete.
Constantine stand direkt hinter ihr und verdeckte die Sonne.
'Willst du einen Kollaps kriegen? Setz dich wenigstens in den Schatten, wenn du schon nicht isst und trinkst.'
Er packte sie am Arm und hob sie sachte hoch.
'Tu mir nicht weh, bitte. Bitte nicht wieder schreien.'
Kaoru verdeckte ihr Gesicht mit der anderen Hand und wimmerte wieder leise auf.
'Wie kommst du darauf, dass ich dir weh tun könnte?'
Doch sie antwortete ihm nicht, sondern kauerte sich auf dem Boden zusammen.
Kaoruchan. Komm jetzt. Du kriegst noch einen Sonnenstich.'
Alles bitten und gut zureden brachte nichts. Sie saß wie versteinert am Boden und hielt sich die Hände vor das Gesicht. Constantine blickte sich um. Alles starrte sie an. Die gesamte Schule hatte nichts besseres zu tun, als zu glotzen.
'Was?!' rief er plötzlich in die Menge und alles schaute schnell woanders hin. Schließlich nahm er Kaoru einfach und trug sie vom Sportplatz in den Schatten. Sie war steif, wie eine Puppe und rührte sich nicht. Unter einer großen Kastanie angekommen, setzte er sie ab und nahm neben ihr Platz.
'Sei nicht traurig Kaoruchan. Wegen vorhin, nimm mir das nicht übel. Ich reagiere schnell gereizt. Ich wollte dich nicht so erschrecken.'
'Du hast mit Gegenständen nach mir geworfen, mich angeschrien, mir meine Meinungsfreiheit genommen und mich erniedrigt. Ich bin fertig mit dir Constantine. Sprich mich nie wieder an.'
Ihre Stimme hatte es nicht einmal gewagt zu brechen. Sie hatte es ihm ruhig und sachlich gesagt und nun würde sie aufstehen und gehen. Wenn da nicht seine Hand wäre, die sie an der Gürtelschlaufe ihrer Hose festhielt.
'Kaoru, hör mir zu. Ich weiß, das war dumm von mir...'
'Hör bitte auf. Zumindest heute kann und will ich dich nicht mehr sehen.'
Sofort löste sich sein Griff und er nickte ihr zu. Er blickte sie an, wie ein kleiner Junge und irgendwie tat er ihr Leid. Doch sie verdrängte diesen Gedanken ganz schnell wieder, denn sicher war es genau das, was er damit erreichen wollte. Außerdem war das einzig Bemitleidenswerte heute Kaoru und nicht er. Die Erde dreht sich um die Sonne und nicht etwa die Sonne um Constantine. Das musste er doch nun endlich mal bemerkt haben?Sie eilte schnellen Schrittes weg von ihm und verließ einfach den Sportplatz. Es war ihm ein Rätsel, wie sie seinem Hundeblick widerstehen konnte. Bisher war doch jede Frau dabei weich geworden. Nur sie nicht. Nun wollte er sie umso mehr. Die Jagd hatte begonnen. Doch zuerst musste er ihr Vertrauen zurück gewinnen. Als erste gute Tat meldete er sie bei ihrem Sportlehrer ab.
'Ihr geht es also nicht gut? Und das konnte sie mir nicht selber sagen?'
'Sie hat sich so geschämt. Bitte, Sie dürfen nicht böse mit ihr sein.'
'So geht das aber nicht. Das gibt auf jeden Fall einen Eintrag ins Klassenbuch.'
'Ah ja?'
Constantine blickte Mister Griffin tief in die Augen. Sicher würde er sich schnell davon abbringen lassen. Es dauerte nur Sekunden...
'Sie ist entschuldigt. Wünsch ihr gute Besserung, wenn du sie siehst.'
'Das mache ich, danke, Mister Griffin.'
Mit einem hämischen Lächeln drehte Constantine sich um und lief Kaoru nach. Es galt schließlich noch etwas gut zu machen.
Um sich irgendwie abzulenken brütete Kaoru über ihren Mathehausaufgaben. Irgendwie musste sie es schaffen, sich in den Stoff ein zu arbeiten, doch in ihrem Kopf war die Hölle los. Constantine´s Reaktion ließ ihr einfach keine Ruhe. Und von Parabeln hatte sie so gar keine Ahnung. Sie las sich immer wieder die Übungsaufgaben und Merksätze durch, doch so oft sie sie auch las, sie wurde einfach nicht schlau daraus. Also begann sie einfach drauf los zu zeichnen und kritzelte irgendwelche Formeln in ihr Heft. Es ergab zwar alles keinen Sinn, aber zumindest hatte sie es versucht.
'Dieser blöde Scheiß! Ich kann das nicht!' entfuhr es ihr lauthals und ihre Hefte und Bücher landeten laut auf dem Fußboden. Etwas erschrocken blickte sie zu der offen stehenden Tür. Constantine blickte sie fragend an und betrat ohne ihre Erlaubnis ihr Zimmer.
'Ich sagte doch, dass ich dich heute nicht mehr ertragen kann.'
Ohne ihr darauf zu antworten hob er die Bücher und Hefte wieder auf und warf einen Blick auf die Aufgaben.
'Soll ich dir helfen?'
'Ich brauche keine Hilfe.'
'Kaoru. Bitte verzeih mein forsches Verhalten von heute morgen. Ich war so ungehalten.'
Sie kniff ihre Augen zusammen und blickte ihn böse an.
'Lass mich dir helfen.'
'Musst du nicht zurück zum Sport?'
'Nein, ich habe uns beide abgemeldet.'
'Wie? Einfach so?'
'Einfach so.'
Er kniete sich neben sie und blickte sie verträumt an.
'Bitte hab keine Angst vor mir.'







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