Blow of fate - Zeit gegen Liebe

Autor: Marei
veröffentlicht am: 29.12.2008




Einen guten Rutsch euch allen!!!
LG Marei

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'Kiss me…', sang sie leise mit. Ich konnte nicht aufhören sie aus den Augenwinkeln zu beobachten. Sie war so wunderschön. Sie hatte ihren Blick verträumt auf der tanzenden Menge ruhen und schien in Gedanken zu schwelgen.
Ich hatte den Drang ihr irgendetwas zu sagen, vielleicht, wie schön ich ihre Augen fand, wie sehr ich sie bewunderte? Wie wunderschön sie war? Doch alles erschien mir kitschig und falsch. Ich kam regelrecht ins schwitzen. Was sollte ich nur machen? Ich kam einfach nicht voran. So etwas frustrierte mich.
Dann drehte sie auf einmal ihren Kopf zu mir und ich schaute in ihr ebenmäßiges Gesicht. 'Möchtest du es mal alleine probieren?'
'Meinst du ich kann das?'
'Aber natürlich!', sie lächelte und verließ den Pult, 'Ich komme gleich wieder, zehn Minuten.'
Ich nickte und sah ihr nach. Ihr gleichmäßiger ruhiger Gang führte sie in Richtung Bar. Ich musste jedoch meinen Blick von ihr abwenden, als ich hörte, dass die CD in kürze fertig sein würde. Schnell wollte ich irgendeine neue heraussuchen, als schon eine direkt vor meiner Nase lag. Die war doch vorhin noch nicht da gewesen oder? Verwirrt kratzte ich mich am Kopf, legte sie aber in einem nahtlosen Übergang ein. Kara hatte sie mir bestimmt zurechtgelegt, nur warum hatte ich das nicht mitbekommen? Oh, man, ich musste besser aufpassen!
Nun stellte ich meine Augen auf Weitsicht und versuchte den ganzen Laden im Blick zu haben. Eine Menge Pärchen schwebten über die Tanzfläche, als sei es Wolke Sieben selbst. Sie sahen alle so glücklich aus. Ich ließ meine alten Beziehungen durch meine Gedanken laufen, das waren nicht wenige, jedoch war keine länger als drei Monate gewesen. Ich war schon immer ein recht Windähnlicher Mensch gewesen. Immer da, wo mich die Windrichtung hinwehte. Irgendwas in mir flüsterte jedoch, dass sich das ändern sollte.'Avery war Ihr Name, nicht?', ich sah über den Pult hinweg, eine Frau mit schulterlangen, glatten Victoria Beckham-Haar stand vor mir und lächelte zu mir hoch. 'Ja, genau.', ich lächelte freundlich zurück. Ihr Kleid ließ auf verwöhntes Großstadtmädchen schließen. Ich wusste, diese Art von Frau liebt es geheimnisvoll. Ich legte sofort den Schalter um.'Was kann ich für Sie tun?', meine Haltung war anmutig -Brust raus, Bauch rein-'Mein Mann hat heute Geburtstag, könnten Sie ein Lied für ihn spielen? Er liebt Cora Corman.'
Okay, sie war verheiratet. Ihr Blick ächzte jedoch nach Abwechslung. Dieser Gesichtsausdruck war mir aus der Frauenwelt schon sehr bekannt. Sie musterte mich - mir war es gleich. Ich blieb professionell und flirtete nicht mal im Ansatz. Mir war nämlich mein gedanklich aufgerufenes Versprechen wieder in den Sinn gekommen. Nein! Ich würde Kara nicht enttäuschen. Ein Skandal in der Zeitung 'Tanzlehrer der Swayze-Tanzschule verführt verheiratete Frau in aller Öffentlichkeit.', kam da nicht so gut um Eindruck zu schinden. Zumindest schätzte ich meine schöne Kollegen nicht so ein. 'Wie heißt er denn?', fragte ich schließlich. Sie machte eine heranwinkende Bewegung, ich beugte mich zu ihr vor. Ihre Lippen berührten mein Ohr um ein Haar. Sie hauchte leise und verschwörerisch: 'Jens Klee.''Kein Problem, ich mach das.'Doch Problem!!! Hatten wir überhaupt ein Lied von Cora Corman? Wo bekam ich das jetzt her? Durften hier Extratänze für einzelne Personen gespielt werden? Gab es etwas für Geburtstagskinder?!
Fragen über Fragen. Shit! Da war Kara nur eine halbe Minute weg und jetzt das! Am liebsten wäre ich wie ein Bekloppter vom Pult gerannt und hätte alles seinen Lauf gelassen. Ich schien zu einem Versager zu mutieren! Ich musste mir schnell einen Schlachtplan überlegen.Mit schnellen Blicken tastete ich die Rückseiten der Hüllen ab und suchte verzweifelt nach dieser Sängerin.
'Entschuldigung, hier bin ich wieder.'
Nah am Herzinfarkt vor Schreck drehte ich mich um - jedoch vollkommen souverän wirkend. Kara stand wieder bei mir. 'Was suchst du denn?', sie hielt ein Weinglas gefüllt mit Wasser zwischen ihren Händen. 'Cora Corman. Ein Geburtstagskind hat sich das gewünscht.'Auf einmal begann sie leicht zu lachen. Sah sie meine Verzweiflung? Was war denn so witzig? Mir war gar nicht nach Spaßen zu Mute. Ich wurde immer unsicherer.
Sie ließ mich glücklicherweise nicht lange mit der Auflösung warten. Ihr Finger glitt über die Anlage und drückte schließlich nur ein Lied weiter. 'Buddhas Delight', typisch! Hätte ich ja lange suchen können. Komischer Zufall. Doch es war kein Zufall. Sie hatte die Cd schon rausgesucht gehabt, weil dort diese Sängerin drauf war, das verstand nun selbst ich. 'Ich hab es mir schon gedacht, du hast mir vorhin doch nicht zugehört.', sie stützte ihre Hände in die Hüfte. 'A-also ich..ich meine…'
Jetzt lachte sie erstrecht. Lachte sie mich aus?!
'Oh, du bist irgendwie süß!', ihr Lachen war einfach fröhlich und herzlich. Und ich hatte jetzt etwas herausgefunden! Sie fand mich süß! War das gut? Hatte ich mit dem Wort 'Süß' einen Status erreicht, den man ausbauen konnte? Ich wollte in ihren Augen männlich sein und nicht süß! Ich machte irgendwas falsch! Ich war doch männlich? Oder wie wirkte ich sonst?Als das Lied wieder vorbei war, nahm sie das Mikro zur Hand: 'Wir haben heute Abend ein Geburtstagskind! Jens Klee! Jens, komm doch mal nach vorne!'
Ein junger Mann kam auf sie zu und stellte sich eingeschüchtert neben sie. Sie war fast ein und einen halben Kopf kleiner, trotz ihrer hohen Schuhe. 'Erst einmal möchte ich dir im Namen der gesamten Tanzschule ganz herzlich gratulieren. Was wünscht du dir Jens?'Sie hielt ihm das Mikrofon direkt vors Gesicht und schaute ihn erwartungsvoll an. 'Aber der Song war doch gerade schon für mich.'
'Tja, heute ist eben dein Glückstag, also?', sie war unglaublich herzlich, wirkte mit jedem Wort ihrer Stimme zärtlich und vertrauenswürdig. 'Ich würde gerne einmal mit dir tanzen…', antwortete er schließlich.
'Find ich gut! Was für ein Tanz?'
Ich sah Victoria-Frisur schon mit Eilschritt auf mich zu kommen: 'Dann tanzen Sie aber mit mir!', blökte sie etwas zu laut. Eine eifersüchtige war sie also.
Kara war bereits mit dem Geburtstagsmann in Tanzhaltung gegangen. 'Drückst du mal zwei Lieder weiter?', fragte sie freundlich. Ich gehorchte. 'Flying' von den nice little penguins. Ein Foxtrott.
Victoria trampelte mir mehr auf den neuen Schuhen herum -wofür ich sie auf ewig verachten werde- als dass sie einen Schritt richtig setzte. Ich tat aber vollkommen unberührt und tanzte meinen Tanz einfach durch.
'Jetzt haben wir uns aber eine Pause verdient! Komm, ich hol uns etwas zu trinken.', kam Kara nach dem Tänzchen auf mich zu und wir stetzen uns nach draußen. Zum ersten Mal saß ich aus ihrem Wunsch heraus mit ihr im Raucherbereich. Wir durften für eine viertel Stunde das Kellnern und Mischen den anderen überlassen. Ich hielt ihr die Zigarettenschachtel ganz Gentleman-like hin, als mir bereits eine in meinem rechten Mundwinkel baumelte. 'Ich rauche nicht. Aber keine Sorge, mich stört es trotzdem nicht.', lächelte sie und sah mir in die Augen, während ich den Rauch schön tief in meine Lunge sog. Endlich konnte ich wieder entspannen. Der Tag war so anstrengend gewesen, das war wirklich unglaublich. Ich war fix und fertig. Zu schade, dass Kara nicht auf die Idee kam mich zu massieren. Stattdessen saß sie auf dem Hocker, hatte die Beine überschlagen und studierte ihre ordentlichen Nägel.'Ich habe in meinem Leben nicht einmal an einer Zigarette gezogen.', beichtete sie ohne Vorwarnung, 'Weil meine damalige Deutschlehrerin mal gesagt hat: Einen Raucher küssen schmeckt als lecke man einen Aschenbecher aus. Das hat mich für immer abgeschreckt.'Sie grinste, 'Aber ich weiß bis heute nicht, ob es stimmt. Ich habe noch nie einen Raucher geküsst. Oder es ist mir einfach nicht aufgefallen. In dem Fall widerlegt das ihre Aussage. Ich sollte das nächste Mal bewusst darauf achten.'
War das eine Aufforderung? Annmache? Hilfe, sonst erkannte ich das doch bevor sie den Mund aufmacht. Ach, warum gab diese Frau mir immer wieder Rätsel auf? Vielleicht sollte ich einfach mal laut den Regeln 'Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.' Spielen: 'Würdest du das jetzt schon gerne wissen?'
'OH! Unsere Pause ist schon seit fünf Minuten zu Ende!', sie rutschte von ihrem Stuhl und lief zurück. Toll, hatte sie meine Aussage nicht gehört oder ignoriert? Es war zum Haare ausreißen!!!
Jetzt geisterten die Fragen erstrecht in mir herum. Wenn es so weiter ging, sah ich mich schon in 'hab-mich-lieb-Jacke' wieder…ich seufzte tief in mich hinein. Ich stellte die Vermutung auf, dass sie mit mir spielte, sie wusste doch bestimmt über mich bescheid. Anders konnte es doch gar nicht sein. Sie war ein Spieler, ein Herzensbrecher! War das die Lösung auf die Worte Ninas von heute Mittag? War sie deswegen so 'gefährlich'? Aber so wirkte sie doch gar nicht. Sie war lieb, hilfsbereit, herzlich…und ich war verwirrt, schusselig und absolut chaotisch…

Meine Heimfahrt von der Arbeit beinhaltete solche Gedanken, die ich mir schwer zu Gemüte führen musste. Ich kannte Kara nun seit drei Tagen und schon war sie…ja, sie
war…irgendwie sehr wichtig für mich. Sie war vielleicht das Abenteuer nach dem ich mich schon so lange sehnte. Wenn man über alle meine Liebesbeziehungen nachdachte, waren sie, egal wie unterschiedlich die Frauen waren, alle irgendwie gleich. Sie fingen gleich an und endeten gleich: Durch mich. Durch meine Entscheidung.
Kara war so anders. Sie war ein gesunder Mix aus allem. Ich sah sie genau vor mir, so wunderschön und engelsgleich. Moment!
Ich stieg voll auf die Eisen, wodurch mein Auto ruckend anhielt und mich fast gegen das Lenkrad schleuderte. Da war sie wirklich. Ich hatte es mir nicht eingebildet. Ich fuhr langsam neben sie und ließ das Fenster herunter.
'Kara? Soll ich dich mitnehmen?'
Sie drehte sich zu mir um: 'Ist das nicht ein Umweg für dich?'
'Mach dir darüber keine Gedanken, steig ein.'
Ein dankbares Lächeln huschte über ihr Gesicht und sie eilte zur Beifahrerseite. Meine Augen tasteten das Innenleben meines Wagens ab. Wieder geriet ich in Panik. Schallende Unordnung. Ach du meine Güte war mir das peinlich! Hoffentlich fiel ihr das nicht auf.'Ui, hier fehlt eindeutig die Frau.', lachte sie auf einmal. Oh, man, musste sie das so rausposaunen? Langsam fuhr ich weiter, ganz vorschriftsmäßig.
Aus den Augenwinkeln erkannte ich, dass sie leicht zitterte und stellte die Heizung höher. Ich konnte es kaum fassen, dass sie in meinem Auto saß. Wunderbar. So hatte ich mir noch ein paar Minuten mit ihr erarbeitet. 'Wo wohnst du denn?', fragte ich schließlich.'Bad Boll'
'Was?! Das sind doch über zwanzig Kilometer, fast dreißig! Wolltest du dahin laufen?!''Nein. Ich wollte mit dem nächsten Bus fahren, muss halt zwei mal umsteigen.', sie rieb ihre Hände aneinander, um sie zu wärmen.
'Das ist sehr gefährlich für eine Frau mitten in der Nacht alleine in der Stadt rum zu geistern!', belehrte ich sie und schlug einen strengeren Ton ein, als ich es eigentlich geplant hatte. Meine Verwunderung war nur so groß und ich machte mir Sorgen. Eine Frau wie sie…Da konnte sich kein Triebtäter der Welt in Zaum halten.
'Ich weiß, aber das mache ich jetzt schon seit fast drei Jahren. Ich habe mich dran gewöhnt.'Ich war noch fassungsloser. Seit drei Jahren?! Sie konnte froh sein, dass sie noch lebte!'Warum fährst du nicht mit dem Auto?'
Sie rieb sich immer noch die Hände und hielt sie vor die warme Lüftung als sei es ein Lagerfeuer. 'Man, sind meine Hände kalt. Wie Eisklötze!'
'Und deswegen fährst du nicht mit dem Auto?'
Sie lachte leicht: 'Nein, aber guck mal, wie teuer der Sprit ist.'
'Lieber ein bisschen mehr Geld in Sprit investieren, als nachher irgendwo eingefroren auf der Straße liegen.', diskutierte ich weiter und folgte den Schildern nach Boll.
'Du hast ja schon recht.', gab sie plötzlich nach, 'aber weißt du…ich habe überhaupt keinen Führerschein.'
Ihre Stimme war plötzlich sehr ruhig und überlegt. Ich blieb an einer roten Ampel stehen und schaute sie verwundert an. Sie strich über das Armaturenbrett und seufzte: 'Ja, ich weiß schon. Ich bin mittlerweile zweiundzwanzig, aber irgendwie habe ich Angst davor.'Ihre Augen wurden glasig. Hinter mir wurde gehupt, schnell fuhr ich voran. Es war nicht schwer zu erraten: Sie musste irgendwas schreckliches erlebt haben, wieso sie Angst davor hatte. Trotzdem wirkte sie vollkommen gelassen, zeigte keine Spur von Furcht.

'Hier rechts', warf sie ein. Ihr Blick ruhte nun auf der Häuserlandschaft, die an uns vorbeifuhr. 'Weißt du was? Ab jetzt fahr ich dich einfach jeden Samstag, wenn wir so lange arbeiten müssen nach Hause, was hältst du davon?'
Sie wendete ihren Kopf wieder mir zu und strahlte: 'Echt? Oh super!', sie umarmte mich stürmisch, wodurch ich auf den Bürgersteig vor Schreck zu steuerte. 'Ups! Entschuldigung.', wir begannen beide zu lachen. 'Nächste wieder rechts.'
'Hier kannst du mich rauslassen.'
Ich sah mich um: 'Und in welchem wohnst du?'
Sie lächelte leicht: 'Ich muss an denen dort durch den Spielplatz und da ist es schon.''Soll ich dich dort nicht auch noch hinfahren? Das bekomme ich jetzt auch noch hin.', ich streifte mein Lenkrad.
'Ne, du lass mal. Vielen, vielen Dank! Dann bis Montag!'
Sie schenkte mir ein letztes wundervolles Grübchen- und Karibikaugen-Lächeln und verschwand.
Voller Glücksgefühlen fuhr ich nach Hause.
Dort schmiss ich mich wie ein pubertärer, verknallter Teenager auf mein Bett und atmete auf. Ihr Lächeln verzauberte mich immer noch. Es war ein schreckliches Gefühl sie nun erst am Montag wieder sehen zu können. Dafür würde ich den Sonntag genießen, ich wollte mit meinen Kumpels, zu denen ich nun seit einem Jahrzehnt Freundschaft pflegte, Billard spielen gehen. Ich wünschte, ich könnte Kara mitnehmen und sie als meine feste Freundin vorstellen. Als die Frau meiner Träume, als die, mit der ich alt werden wollte. So Gedanken waren mir völlig fremd, doch plötzlich klangen sie gar nicht mehr so absurd. Ein Mann, der ihr Herz hatte, hatte keinen Platz mehr für andere und würde dieses mit seinem Leben beschützen. Ich wollte unbedingt der Glückliche sein, dem sie ihr Herz schenkt. War ich etwa verliebt?







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