Sven und Marie Teil 4

Autor: adamina
veröffentlicht am: 13.10.2008




Das Theater befand sich in der alten Schulkapelle, es ist zwar klein, jedoch fehlt es ihm keineswegs an Charme. Die Sakristei wurde zur Kulisse und der erhöhte Chorplatz wurde zur Bühne. Sven hatte vor zwei Jahren die Vorhänge besorgt und angebaut. Es war also das perfekte Theater. Für die Schwarze Königin bräuchten wir nur wenig Dekor, diese gotische Architektur würde wunderbar hineinpassen. 'Du bist zu früh.' Bemerkt Sven. Er trägt eine enge Jeans und ist oben ohne. Er schwitzt und etwas Sägemehl klebt an ihm. Er hat wohl wieder herumgebastelt. Er hat einen wunderschönen Körper, schlank und muskulös. Er lacht 'Tut mir leid dass ich so aussehe. Lass mir nur schnell Zeit zu duschen, dann bin ich ganz für dich da.' Zwinkert er noch und verschwindet.
So allein gelassen, sehe ich mir noch mal das gesamte Theater an, und erinnere mich an letztes Jahr in dem Romeo und Julia hier gespielt wurde. Dieser Ort ist magisch, und ich spüre förmlich die Gefühle die hier schon alle dargestellt wurden. Langsam schlendere ich die ganze Kapelle entlang und lass alle Eindrücke auf mich einwirken. Ich hörte die Worte noch laut und deutlich:
Ein größeres Leiden gab es nirgendwo
Als das von Julia und ihrem Romeo
In diesem Moment wurde ich mir meiner Liebe zu Sven so richtig bewusst, als ich sah wie es in seinen Armen sein konnte. Scheibenkleister! Alissa, Chloé und Carole kommen lachend herein, und ich sitze da wie behindert und sehe mir die Kanzel an.
'Schon da?' wundert sich Alissa. Alle drei Mädchen sind in der Theatertruppe, und ohne Scheu setzen sie sich einfach auf die Bühne. Man spürt dass sie hier her gehören, und ich Idiot hatte gehofft ein 4-Augen-Gespräch mit Sven führen zu können! Er hat natürlich alle Schauspieler eingeladen, Phil, Rob und Arnold kommen auch einer nach dem anderen an. Sie ärgern sich wie die Schulkinder und toben herum. Kaum zu glauben dass die drei an der Uni sind! Ich lege mein mürrisches Gesicht auf, ich passe hier sowieso nicht herein. Rob spricht mich freundlich an:
'Hey Marie, echt klasse das Stück! Angeblich hattest du die Idee?!' Doch Alissa unterbricht ihn: ' Hast du es etwa gelesen?' Rob schüttelt bedauernd den Kopf 'Sven hat es mir erklärt, es ist total spannend, ein Fluch, ein Mord, eine unerfüllte Liebe, besser geht's echt nicht!' Doch wieder mal ist Alissa dagegen : 'Es ist schrecklich, um das Stück zu spielen braucht man mindestens 14 Schauspieler, und wir sind nur 7 Hohlbirne!'
'Man kann mehrere Rollen in einem Stück spielen.' Wirft Arnold nachdenklich ein. Ich nicke zustimmend 'Du hast schon genug Schwierigkeiten mit einer Einzigen!' wirft Carole mit erhobenen Haupt ein. 'Und außerdem lassen sich Kleider des 16. Jahrhunderts nicht überwerfen wie ein T-Shirt. Von deren Preisen mal abgesehen!'
Ich mische mich ein. 'Meiner Meinung nach kann man das Stück mit 8 Schauspielern auch spielen, ohne das Stück zu beschränken. Man könnte es so außerdem noch lebendiger wirken lassen.' Sven kommt wieder und nimmt das Gespräch mit auf. 'Ich habe deine Notizen gelesen und von einigen Details abgesehen, bin ich schon deiner Meinung. Du hast echt bewundernswertes Arbeit geleistet. Und alles verstanden, das ist selten.' Ich werde rot, ich bin verwirrt denn ich erwartete niemals Komplimente für meine Arbeit, doch Alissa scheint mein Verhalten zu missfallen. 'Ich sehe mich nicht in der Rolle der Schwarzen Königin.' Schmollt der Star aus ihr. 'Ich dich auch nicht.' Antwortet Sven und diesmal errötet Alissa, nur aus Wut. Sven geht sogar noch weiter 'Wir brauchen jemanden der nicht Sex auf der Stirn stehen hat, jemand engelhaftes. Chloé vielleicht.' Chloé strahlt über das ganze Gesicht. 'Ich liebe diese Rolle, und das Stück finde ich auch ganz toll.' Sie lächelt mich an und ich merke ich habe zumindest eine Freundin gefunden. 'Darüber reden wir zwei heute Abend.' Zischt Alissa zu Sven, doch der lässt sich nicht einschüchtern. 'Nein, wir reden jetzt, deshalb sind wir doch alle hier. Und ich diskutiere nicht mit dir über die Rollenaufteilung.' Dann dreht er sich wieder mir zu, und spricht zwei Stunden lang ausschließlich mit mir über das Stück. In diesem Moment bin ich nicht mehr das kleine Mädchen dass aus Mitleid eingeladen wurde. Ich gehe auf in meinem Element, ich verliere meine Schüchternheit, ich halte an meinen Ideen fest, verteidige meine Meinung und vertiefe einige Ideen mit ihm. Nach diesem Gespräch ist Alissa weg, weder ich noch Sven hatten es bemerkt, und jetzt erst realisieren wir es.Arnold und Phil hören die ganze Zeit über nicht zu, ihnen ist egal was sie spielen, es muss ihnen nur Spaß machen. Die Mädchen hören bereits mehr zu, überlassen Sven aber jede Entscheidung, immerhin ist er der Chef. 'Meinst du, dein Freund würde hier mitspielen wollen?' fragt er mich auf einmal. 'Mein Freund?!' Ich bin verwirrt. 'Na der mit dem du dich doch in der Pizzeria getroffen hast.' Erklärt Sven geduldig. 'Wer, Lionel?' Sven sieht mich intensiv an, er erforscht mein Gesicht gründlich. 'Er hat ein schönes Gesicht, ein bisschen wie Redford.' Ha, ich wusste dass das kommen würde! Ich zucke mit den Schultern. 'Er ist doch zu jung. Und es dürfen nur Studenten mitspielen.' Doch Sven scheint gar nicht zuzuhören. 'Man kann jeden Schauspieler schminken, und ich rede schon mit der Direktion, die drücken auch mal ein Auge zu. Im September ist er sowieso dann auf der Uni.' Er sieht meine Lustlosigkeit und zuckt nun auch mit den Schultern. 'Ist natürlich ganz wie du willst.' Ich habe den Eindruck, er möchte mich irgendwie auf die Probe stellen, als ob er wissen wollte was zwischen mir und Lionel wohl laufen mag. Ist er eifersüchtig? Warum kann er meine Gefühle nicht in meinen Augen sehen? Er versucht es nicht einmal. Sein Interesse an mir ist nur intellektueller Natur, professioneller Natur. Alissa taucht in der Tür auf. 'Schatz???' Er sieht weg. 'Ich komme!' Ohne ein Abschiedswort, ohne einen letzten Blick, verlässt er mich.







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