Liebe(skummer) und schachmatt Teil 5

Autor: key
veröffentlicht am: 15.08.2008




Verdammt, ich könnte mich in den Arsch beißen wegen diesem Statement. Mist, Mist, Mist. Ich war kaum eine Viertelstunde mit Aaron zusammen und schon gab ich es nicht zu!*Schreikrampf bekomm*
Das sollte ich schleunigst ändern, nicht, dass sich hier doch jemand - Schüchternheit und Höflichkeit hin oder her - falsche Hoffnungen macht und mich dadurch in die Bredouille bringt.
'Naja, und wir sind seit heute zusammen, aber es fällt mir schwer, mich daran zu gewöhnen, nicht mehr zu sagen 'mein Kumpel', sondern 'mein Freund'!'
Er nickte nur verständnisvoll und sah mir lächelnd in die Augen.
Menno, nicht schon wieder. Kann er nicht verständnisvoll lächeln und dann höflicherweise weggucken. Oder zumindest woanders hin, als auf meine Augen. Meinetwegen auch auf meinen Ausschnitt, da gabs nämlich nicht wirklich viel zu sehen, oder irgendwo anders hin, aber nein, bei ihm bräuchte ich kein T-Shirt mit der Aufschrift direkt auf der Oberweite Mann, ich hab auch Augen, du Arsch, sondern ich müsste mir auf die Augenlider schreiben 'Guck mit deinen Hammer Augen woanders hin!', aber das wäre fast zu lang für zwei Augenlider.
Okay, das nächste Problem war, was sollte ich jetzt sagen?
Oder war er an der Reihe damit, etwas zu sagen?
Gilt ein Lächeln als allgemein gültige Antwort?
Denn wenn nein, dann war er jetzt dran damit, was zu sagen, oder?
Sollten wir überhaupt noch was sagen?
Wenn ja, was?
Oder wäre es nicht doch besser, ihm aus dem Weg zu gehen?
Rein sicherheitshalber?
Aber würde das dann nicht irgendwie blöd aussehen, weil ich mit jedem aus dem Verein klar kam und stundenlang quatschte, nur mit ihm nicht?
Ich meine, käme ich mir dabei nicht auch irgendwie blöd vor?
OH MEIN GOTT! Ich denk schon wieder viel zu viel über das, was ich sage oder eben nicht sage nach! Das sollte echt verboten werden!
'Ich hoffe, ich störe euch nicht!', rettete da mein Trainer die Situation.
Oh Gott sei Dank, wäre mir beinahe rausgerutscht, aber ich konnte garde noch so meinen Mund halten. Ich war so froh, dass ich mich nicht weiter meinen übermäßigen Gedanken und Gefühlen aussetzen musste und es viel leichter war, zu dem 'ja' zu stehen, wenn noch jemand dabei war und mich davor bewahrte Matthew anzustarren, wie ein Tier im Zoo.
Matthew antwortete in perfekter Höflichkeit, wie ich es auch nicht anders von ihm erwartet hätte
'Nein, überhaupt nicht!'
Ich sah also meinen Trainer an, der prompt meinte.
'Du solltest nicht so lange in der Sonne stehen, du bist schon ganz rot!'
Ja, toll, danke, ich hab euch auch alle verdammt lieb! Aaron ich sag dir, das gibt noch Ärger, mein Lieber, wegen dir denken alle, ich bin zu blöd Sonnencreme aufzutragen oder so.
'Ich stehe nicht zu lange in der Sonne … ich hab nur grade mit Aaron … ach, vergessen Sies! Und wie haben Sie gespielt?'
'Ich hab verloren, aber das war auch nicht anders zu erwarten, der Typ hat mich total platt gemacht!'
'Egal, machen Sie sich nichts draus!' - 'Mh, sollte nicht eigentlich ich dich motivieren und nicht andersrum?' - 'Tja, dann tun Sie das doch ganz einfach jetzt, in dem Sie mit mir meine Partie analysieren und mir sagen, dass ich gar nicht so schlecht war und dass der Typ einfach nur Glück und einen guten Tag hatte!'
Mein Trainer schmunzelte.
'Wenn Sie nichts dagegen haben, guck ich mir das auch mit an, ich bin ja schließlich hier, weil ich was lernen will.', meinte Matthew.
Oh nein, bitte nicht. Wer hat sich denn diesen Schicksalsschlag schon wieder ausgedacht? Wie sollte ich mich neben den grünsten Augen der Welt und den Problemen mich nicht auf die grünsten Augen der Welt einzulassen noch auf Schach konzentrieren? Tz, wer das Drehbuch für mein Leben schreibt, muss echt denken, ich hätte zu wenig Spannung in meinem Leben, was bis vor ein paar Tagen ja auch wahrlich so gewesen ist, was aber nicht bedeutet, dass der Drehbuchautor jetzt mit der Spannung übertreiben muss. Mein lieber Drehbuchmensch, Übermaß ist auch nicht gesund, das sollten Sie doch wissen!
Hm, aber wenn er schon zusah, wäre es vielleicht nicht schlecht, meinen total blöden Eindruck, den ich wohl bei ihm hinterlassen haben musste, dadurch wett zu machen, dass ich nun doch etwas das Reden anfing, was mir nicht allzu schwer fallen sollte, so lange Herr Strobel dabei war, denn mit dem verstand ich mich ziemlich gut.
Gut, was könnte ich denn Schönes sagen? Hm ... ich könnte Matthew ja mal fragen …
'Und wie ist eigentlich deine Partie ausgegangen?'
Er sah mich überrascht an. Okay, war das jetzt der Schock darüber, dass ich wirklich in zusammenhängenden, logischen Sätzen sprechen konnte oder aber die Überraschung, dass ich mit ihm redete?
'Ich hab Remis gehalten.'
Toll, danke aber auch, er will von meiner Partie was lernen, bei der ich gnadenlos zusammengefaltet worden war, aber selber Remis gegen einen fast stärkeren Gegner als meinen spielen.
'Glückwunsch!'
Sollte ich ihm jetzt die Hand schütteln?
Wurde das vielleicht sogar von mir verlangt?
Oder tat man das nur, wenn der Andere gewonnen hat?
Aber war ein Remis gegen einen so starken Konkurrent nicht auch beglückwünschenswert?Sollte ich vielleicht mal aufhören, mir laufend blöde Gedanken zu machen und zu versuchen, spontaner zu sein und das zu tun, was mir als erstes in den Sinn kam?
Ich reichte ihm noch die Hand und schüttelte sie, als er mir seine reichte.
Sie fühlte sich warm an.
Naja, er sah nicht mal verwundert aus und wenn er es war, hatte er Pech gehabt. Basta!Ja, es könnte sein, dass Aaron DAS mit 'du erfindest dich immer wieder neu' gemeint hatte.Wir standen nun vor den engen Bierbänken im Vorraum und scheinbar war keiner von den Leuten, denen ich mit meinem Handy vorhin auf die Nerven gegangen bin, mehr hier oder sie erkannten mich nicht wieder, jedenfalls ging kein Pöbel mit Mistgabeln und Fackeln auf mich los.
Herr Strobel zwängte sich auf der einen Seite ins Eck hinter ein Brett und Matthew, der direkt vor mir vor dem Eingang zu der Gasse stand, ging einen Schritt zur Seite und ließ mich vorgehen, doch ich wunderte mich nicht darüber.
Nach einigem hin und her und 'Hier hast du den Fehler gemacht, ab dem alles schief ging' (was ich komischerweise aber mehrmals hören musste) ging Herr Strobel weg, weil er 'noch ein bisschen Luft schnappen musste', wie er kundtat und schon waren wir wieder in dem Dilemma, dass Matthew und ich alleine rumsaßen.
Der erkannte nun aber wie durch den Wink mit dem Zaunpfahl, dass ich jetzt wohl lieber ein wenig allein wäre, um alles wieder setzen zu lassen, oder - wie er vielleicht meinte - mich für die nächste Partie zu sammeln. Jedenfalls stand er auf, nickte mir noch einmal zu und verschwand mit den Worten 'Ich werde mal sehen, wie mein Vater spielt!'
Ja, bitte, tu das!!!!!
Vielleicht erkannte er aber auch nicht, dass ich allein sein wollte, sondern sah wirklich nur mal eben nach seinem Vater. Egal, wie auch immer, völlig unwichtig weswegen, Hauptsache er ging. Was er dann auch, begleitet von einem meiner 'Es-sieht-zwar-so-aus-als-wäre-ich-enttäuscht-aber-eigentlich-bin-ich-erleichtert-dass-du-gehst-Lächeln', tat.
Naja, ich verlor die zweite Partie, bei der ich weit weniger angespannt und aufgeregt war, als bei der ersten und deswegen irgendwie auch weniger nachdachte, schon nach eineinhalb Stunden, kaum zu fassen, ich weiß.
So, gleiches Problem wie vorhin, was sollte ich denn jetzt tun?
Du musst nur aufstehen und 5m gehen und schon kannst du dich an den schönsten Augen, die du kennst, laben, ohne dafür mit ihm zu reden oder ihm irgendeine Antwort schuldig zu sein oder überhaupt etwas in dieser Art. Du kannst dich einfach hinstellen und genießen. Na, klingt das nicht verlockend?
Nein, denk an Aaron, halt dich lieber von Matthew fern, das beunruhigt dich nur unnötig.Ach komm schon, anschauen ist erlaubt, anfassen nicht.
Nein, lieber nicht, das Risiko ist viel zu groß.
Okay, ich kam mir jetzt wirklich vor, wie in einem dieser komischen Zeichentrinkfilme, wo auf der einen Schulter das Teufelchen saß und auf der anderen das Engelchen und sich die beiden ziemlich zofften, bis dann einer die Überhand gewann und der andere mit einem plopp verschwand.
Okay lieber Drehbuchautor, ich hab zwar um etwas weniger Spannung gebeten und du hast den Wunsch durch Matthews Gehen auch erfüllt, das bedeutet aber nicht, dass wir uns jetzt auf das Kinderalter mit den Zeichentrickfiguren begeben müssen.
Ich ging dann doch lieber zur Teilnehmerliste und sah nach, auf dem wievielten Platz Matthew bisher war und ging dann, um zu sehen, wo sein Vater spielte, um etwaige Ähnlichkeiten zwischen Matthew und ihm festzustellen. Ich hab ja schon gesagt, wenn Leute mich sprachlos machen oder derart in Verlegenheit bringen, wie Matthew das tat, dann musste ich recherchieren. Ich überlegte mir sogar, ob ich Matthews Personalausweis klauen sollte, um nachzusehen, ob er einen zweiten Namen hatte oder so, aber das war sogar mir eine Spur zu abgedreht.
Blöderweise stand ich also grade da rum und sah bei der mega-mäßig spannenden Partie von Matthews Vater zu, weil sowohl er als auch sein Gegner eine konstante Mattdrohung auf dem Brett stehen hatte und sich keiner von beiden einen winzigen Fehler erlauben durfte, als plötzlich jemand neben mir stand. Ich sah nicht hin, wieso auch, es standen jede Menge Leute hier, die der Partie beiwohnten, weil sie wirklich Hammer war. Naja, ich hätte aber doch vielleicht aufsehen sollen, weil als ich dann genug von der Partie gesehen hatte und mal nach Herrn Strobel und meinen anderen Vereinskollegen sehen wollte, rannte ich in etwas großes, vergleichsweise Hartes, und blickte auf.
Ich schreckte so sehr zurück, ob der Tatsache, was für wahnsinnige Bauchmuskeln Matthew haben musste und wie verdammt gut er roch, und wäre glatt über einen achtlos auf dem Boden stehenden Rucksack gestürzt, wenn Matthew mich nicht in Sekundenbruchteilen gefangen hätte. Er wartete, bis ich wieder sicher auf meinen Beinen stand, und ließ mich dann los.
Ich war so geschockt, von den Bauchmuskeln, von dem Beinahe-Sturz, von seinem Duft (Memo an mich selbst: herausfinden welches Deo/Parfum er benutzt) und von meinem eigenen Herzklopfen, dass ich in meinen Ohren mit zehnfachem Echo widerhallen hörte, und davon, wie sehr meine Knie wackelten, dass es einige Sekunden dauerte, bis ich mich wieder soweit zusammengerissen hatte, dass ich 'Tut mir verdammt leid!', murmeln konnte. Das Tolle oder Seltsame an der Sache war dann aber irgendwie, dass er im selben Moment 'Entschuldigung!' sagte.
Warum entschuldigte ER sich bei MIR, obwohl ich ihn wie einen Tölpel beinahe über den Haufen gerannt hatte?
Seltsam!
Er lächelte nur und trat einen Schritt zur Seite, so dass ich mich an ihm vorbei aus der Gasse herausquetschen konnte. Ich wollte grade nach einem ruhigen Plätzchen suchen, an dem ich mich setzen und mein Herz sich erst mal wieder beruhigen konnte, als ich merkte, dass Matthew mir folgte.
Nur nicht beirren lassen, der geht wahrscheinlich nur zurück zu seiner eigenen Partie!Da merkte ich, wie sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter legte und mich mit sanften Druck dazu brachte, stehen zu bleiben. Und noch ehe ich mich umdrehen konnte und noch bevor ich den süßen Dialekt hörte und noch bevor sich der frische, herbe, exotische Geruch in meiner Nase breitmachen konnte, hatte ich eine Ahnung und spürte im Inneren, wer da hinter mir stand.
'Wie hast du eigentlich gespielt?', wollte er wissen.
Ähm … ja … wie hatte ich gespielt?
Los ihr verdammten Gedankenzellen, setzt eure Ärsche in Bewegung und rückt mal ein paar sinnvolle Informationen raus, um ein Gespräch zu führen, der Typ würde mich ja sonst irgendwann komplett für verrückt erklären.
'Ich hab verloren … hab wohl irgendwie zu wenig nachgedacht. Und war zu unkonzentriert! Und du, spielst du noch?'
Mann, da fiel mir auf, schon wieder verloren, der Typ musste mich ja für den absoluten mega Loser halten.
'Ja, da hinten. Ja, ist schon wirklich anstrengend mit den zwei Partien direkt nacheinander!''Mh, ja, schon irgendwie. Da soll noch jemand sagen, Schach wäre kein Sport. Den schleif ich eigenhändig nächstes Jahr hier mit her und dann soll er sich das mal anschauen!'Matthew lächelte.
Schon wieder.
Verdammt, konnte der keine konkreten Antworten geben?
Man stelle sich doch mal bitte folgende Situation vor, ein Mädchen fragt ihn, ob er mit ihr zusammen sein will (wir sind ja emanzipiert also gibt es auch durchaus Mädchen, die so was tun!!!) und statt einer Antwort lächelt er nur.
Naja, also abgesehen davon war sein Lächeln ja wirklich knuffig.
Verdammt, nicht ablenken lassen, jetzt bist du von den Augen weg, jetzt hast dus mit dem Lächeln oder wie, vor allem habt ihr garde ein so schönes Gespräch geführt, lass das nicht sausen!
'Naja, ich muss dann mal wieder, aber man sieht sich ja später noch!'
Aber ja doch!, jubilierte ich innerlich.
Bitte nicht!, flehte ein anderer Teil in mir.
Nun, ich änderte einfach mal spontan meine Strategie, denn warum sollte das, was bei Matthew funktionierte, bei mir nicht funktionieren, und lächelte als Antwort einfach mal.Seht ihr, ich hab an dem Tag schon was gelernt!!!!

'Warum spielst du denn nicht mehr?', fragte Her Strobel, als ich grade 5 Minuten stehen geblieben war, um seiner Partie beizuwohnen. Die war mir allerdings nach der Situation eben viel zu komplex. Mit viel zu vielen Drohungen und Figuren und Fesselungen auf dem Brett. Also nichts für mich in meinem momentanen Geisteszustand. Ich hatte zuvor versucht, mich draußen vor dem Vorraum in den Schatten zu setzen und mich erst mal auszuruhen. Aber kaum saß ich da und schloss die Augen, um ein wenig zur Ruhe zu kommen, sah ich ein Bild von mir und Aaron knutschend an der Bushalte, wo wir uns jeden morgen trafen , doch anstatt dass mich dabei der sanfte Blick von Aarons eisblauen Augen durchbohrte, hatte er plötzlich grüne Augen. Das war ja im Kopf nicht auszuhalten. Deswegen hatte ich beschlossen, dass die Ablenkungstherapie momentan wohl das einzig richtige für mich war und war aufgestanden.
'Ähm … ja … wissen Sie … ich hab - verloren!', gab ich kleinlaut zu,
'Ah ja und wie kommt das bitte?'
'Hm, möglicherweise könnte es unter Umständen rein theoretisch sein, dass ich zu wenig nachgedacht hab!'
'Das glaub ich aber auch!', antwortete er streng.
Doch ich wusste, dass das nicht böse gemeint war.
Also setzte ich mein 'Dackelblick-vereint-mit-schmollendem-Lächeln-und-jetzt-können-Sie-mir-doch-nicht-meh-böse-sein'-Gesicht auf und er schmunzelte.
Der restliche Tag lief eigentlich ganz easy. Wir warteten bis alle ihre Partien zu Ende gespielt hatten und fuhren dann zusammen in einem Auto nach Hause, Herr Strobel, Freddy, Mary, Joan und ich. Matthew und sein Vater fuhren allein nach Hause, so wie sie auch gekommen waren. Alles andere hätte ich vermutlich nicht verkraftet.
Abends telefonierte ich dann noch mal mit Aaron und hatte beinahe ein schlechtes Gewissen. Was heißt beinahe. Ich hatte eines und wie. Und ich nahm mir vor, dass ab morgen alles anders werden würde. Da könnten alle grünen Augen mich mal kreuzweise, überhaupt alle Augen, egal, ob sie grün, blau, grau, braun, eine Mischung aus allem, oder sogar gelb, rot oder sonst wie waren, jedes fremde Jungendeo würde in Erinnerung an Aarons kläglich versagen und jedes fremde Lächeln würde keineswegs, egal wie knuffig es auch sein mochte, mit den Grübchen, wenn Aaron lächelte, mithalten können.
Am nächsten Morgen waren wir wieder im Turniersaal und ich handelte mir mal wieder die Peinlichkeit des Tages ein und verlor gegen einen Achtjährigen.
Nachmittags wurde es dann allerdings besser, denn dann gewann ich das erste Spiel des Turniers - gegen einen Zehnjährigen. Lacht nicht! Besser als nichts! Außerdem hieß es, man solle auch kleinere Gegner nicht unterschätzen, was mir meine Vormittagspartie auch deutlich klar gemacht hatte.
Abends fragte dann Matthews Vater, ob er jemanden von uns schon mitnehmen solle, weil er und Matthew schon zu Ende gespielt hatten und er schon früher nach Hause fahren würde, als Herr Strobel, der vermutlich noch länger spielen würde. Eigentlich fragte er mich, weil Joan, Mary und Freddy alle noch spielten. Ich lehnte dann jedoch dankend ab mit der Begründung, dass ich gerne Herrn Strobels Partie noch zu Ende mit ansehen würde, weil es grade so spannend war, aber dass ich mich über das Angebot riesig gefreut hatte und es sehr liebenswürdig fand.
Aber ich hielt an meinem Aaron-Vorsatz strikt fest, lächelte Matthew ab und an kokett zu, sprach aber kaum mit ihm, weil meine erste Partie ziemlich lang gedauert hatte und die beiden ja direkt nach Matthews zweite nach Hause fuhren.
Am nächsten Tag gestaltete die Sache sich allerdings ziemlich kompliziert und ich konnte in der Früh ja nicht ahnen, dass ich mir abends um neun wünschte, ich könnte die Zeit 4 Tage zurück drehen, denn das kam so:
Ich stand in der Früh an der Liste, an der die Paarungen für das erste Spiel zu erkennen waren, und suchte nach meinem Brett (die waren alle durchnummeriert), um dort schon mal den Zettel auszufüllen, der dort auf mich wartete. Also welcher Spieler auf Weiß spielte, wer auf Schwarz, die wievielte Runde es war, welches Datum und so weiter und so fort. Als ich dann da so saß und mich mal wieder maßlos darüber ärgerte, dass die Zeilen für die Namen der Spieler viel zu kurz für meinen langen Nachnamen war, bekam ich schon den Schock des Morgens, denn plötzlich schmiss Matthew seine Tasche auf den Stuhl genau rechts gegenüber von dem, wo mein Gegner sitzen würde, also direkt am Nachbarbrett. Mist, ich hatte doch den ganzen Morgen immer wieder penibelst genau den Eingang im Auge behalten, um zu sehen, wann Matthew ankam. Rein vorsichtshalber, versteht sich. Aber das musste mir wohl beim Blödeln mit Freddy, Mary und Joan entgangen sein. Okay, Matthew lächelte mich also an. Und er würde am Nachbarbrett spielen. Mir fast gegenüber sitzen. An die drei Stunden lang. Oder vier. Oder fünf. Wenn ich das Maximum aus meiner Partie herausholen würde. Das war SCHLECHT!
Schlecht mit meinem Vorsatz zu vereinbaren.
Schlecht für meine Konzentration.
Schlecht für meine Nerven.
Wir mussten auch alle einen so komischen Zettel mit unserem Geburtsdatum ausfüllen, um die Statistik für die Homepage nach Altersstufen zu untergliedern und dabei konnte ich es mir nicht nehmen lassen, als ganz unauffällig im Vorbeigehen einen Blick auf seinen Zettel zu werfen.
16 war leicht daneben, als wenn man das ganze mal mit 22 verglich. Aber was konnte ich dafür, dass er so viel jünger aussah, als er war?
Als ich zurückkam, war ich grade irgendwie so aufgeregt vor meinem ersten Spiel, dass ich ein Gespräch als Ablenkung gut gebrauchen konnte. Deswegen ließ ich mich auf den Stuhl neben Matthew fallen und lächelte und noch bevor ich etwas sagen konnte (ich musste nämlich, trotz meiner 'intelligenten Idee' noch nachdenken, was ich sagen könnte), fragte er'Wie gehts dir?'
'Ach, ganz gut, bin ziemlich aufgeregt vor der Partie jetzt grade. Aber du bist ja am Nachbarbrett, wenn ich also nicht mehr weiter weiß oder am verzweifeln bin, guck ich einfach zu dir rüber, dann kannst du mich ja ein bisschen motivieren.'
Okay, hatte ich das grade wirklich gesagt????
Sehr schlecht!
Sehr schlecht mit meinem Vorsatz zu vereinbaren.
Sehr schlecht für meine Konzentration.
Sehr schlecht für meine Nerven.
Und das alles, weil sich grade ein angenehmes, wohliges Gefühl einzustellen vermochte, was auch noch drohte, stärker zu werden, als er lächelte und antwortete
'Ja, ich lächle dich dann immer mal kurz an oder zwinker dir zu!! Und du musst mich halt auch motivieren!'
Kusch, blödes Wärmegefühl, hau ab! Und nimm deinen Kumpan, das Bauchkribbeln, gleich mit!!
Doch meine Gefühle dachten nicht im Entferntesten daran, sich an das zu halten, was ich ihnen sagte, und purzelten munter weiter durcheinander.







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