Kribbeln unter der Haut Teil 6

Autor: Yana
veröffentlicht am: 30.08.2008




Kapitel 5
'Es ist schon spät.', sagte ich und deutete auf meinen Wecker. 0.04 Uhr.
'Ja, das habe ich auch schon bemerkt.', antwortete Jerker, der sich auf dem untersten Ende meines Bettes tummelte.
'Willst du nicht mal schlafen gehen?', fragte ich ihn und zupfte an dem kurzen Nachthemd, das ich mir übergezogen hatte.
Beleidigt sah er mich an. 'Willst du mich loshaben?'
Hastig schüttelte ich den Kopf. 'Natürlich nicht!'
'Aber?'
Ich zögerte. 'Ich bin schon seit über 12 Stunden auf den Beinen…'
'Verstehe.' Mit einem Satz sprang er auf und ging zur Tür. 'Gute Nacht, Catherine.'
'Schlaf gut, Jerker.' Gähnend streckte ich mich auf dem Bett aus und wartete darauf, dass Jerker die Tür schloss.

Acht Stunden später saß ich neben Miriam im Chemiesaal.
'Nur noch vier Stunden, und dann haben wir es geschafft, Cat! Drei Wochen Ferien!' Miriam seufzte.
'Mhm.', brummte ich und starrte aus dem Fenster. Im Gegensatz zu Miri, freute ich mich kein bis-schen, dass heute der letzte Schultag war. Denn es war nicht nur der letzte Tag vor den Frühlingsfe-rien, sondern auch der letzte Schultag in dieser Schule. Jedenfalls für mich. Es sei denn, mein Vater ließ sich überreden.
'Jeden Tag schwimmen, reiten und Sonnen!' Sie strahlte über das ganze Gesicht. 'Versprich mir, dass du eine Party zu deinem sechzehnten Geburtstag gibst!' Erwartungsvoll schaute sie mich an.
'Natürlich.', murmelte ich.
Plötzlich machte sie ein ernstes Gesicht. 'Sag mal, was ist eigentlich mit dir los? Schon den ganzen Tag (damit meinte sie die zehn Minuten, die wir heute schon zusammen verbracht hatten) bist du total mies drauf! Hab ich dir irgendetwas getan? Ist es vielleicht wegen gestern, weil ich nicht mit dir in die Stadt gegangen bin? Oder hast du Liebeskummer?''Nein, nein!' Abwehrend hob ich die Hände. 'Es hat nichts mit dir oder der Liebe zu tun.''Mit was dann?', hakte sie nach.
Ergeben lehnte ich mich zurück. 'Meine Eltern schicken mich nach den Ferien auf ein MÄDCHEN-INTERNAT.'
'WIE BITTE?', krisch meine Freundin entsetzt auf.
'Du hast richtig gehört.', antwortete ich bitter und fuhr mit dem Zeigefinger einem Riss im Tisch nach.
'Aber das können sie doch nicht tun!'
'Doch Miri, dass können sie sehr wohl tun.'
'Aber du hast doch gar nichts getan! Wie können sie dich dann ins GEFÄNGNIS stecken?'Ich lachte auf. Doch es war kein glückliches Lachen. 'Ganz einfach: Ich habe meine Mutter vor unseren Gästen gedemütigt und mir ein ziemlich kurzes Kleid mit gewaltigem Ausschnitt angezogen.'
'WAS HAST DU GETAN???' Mit offenem Mund starrte sie mich an. 'Und DESHALB stecken die dich in ein reines MÄDCHENINTERNAT? Sag mal, sind die noch ganz DICHT???' Sie raufte sich die Haare und schüttelte den Kopf.
'Meine Mum sagt, dass ich verwöhnt bin.'
'VERWÖHNT???' Miri's Stimme überschlug sich vor Empörung. 'Sag mal, was für eine Mutter ist deine Mutter denn? Sie ist doch diejenige, die dich nichts machen lässt!'
Endlich jemand, der mich verstand. 'Sie kapiert es einfach nicht.', bestätigte ich und kaute auf einer Haarsträhne.
'Ich glaub ich muss mal ein ernstes Wörtchen mit deinen Eltern reden!'
Beschwichtigten legte ich ihr eine Hand auf den Arm. 'Nee, lass lieber Miri. Es ist zwar lieb gemeint von dir, aber ich möchte erst mal selbst mit ihnen reden, okay?'
Verständnisvoll nickte sie. 'Ja, klar, aber wenn du meine Hilfe brauchst…'
'CATHERINE UND MIRIAM!' Erschrocken zuckten wir zusammen, als unser Chemielehrer das Klas-senbuch auf den Tisch knallte. 'Noch ein Wort von euch und ihr fliegt raus!', brüllte er und sah uns wutentbrannt an. 'HABT IHR VERSTANDEN?'
Stumm nickten wir.
'Ihr könnt von Glück reden, dass heute der letzte Schultag ist!', fügte er mit etwas gesenkter Stimme hinzu und widmete sich wieder seinem Unterricht.
'Puh, der hat heute aber extrem schlechte Laune.', wisperte Miriam.
'Sei lieber still, bevor…'
'CATHERINE! VOR DIE TÜR. ABER SOFOOORT!', schrie der Lehrer. 'Ich habe es SATT, dass ihr immer meinen UNTERRICHT STÖRT! Ich habe euch GEWARNT!'Ich presste die Lippen zusammen und warf Miriam einen verzweifelten Blick zu. Sicher würde Herr Förster diesen Vorfall meinen Eltern melden.
Schnell erhob sich Miri. 'Aber es ist doch gar nicht Catherine's Schuld. Ich hab sie etwas gefragt und sie hat mir nur geantwortet!'
Mit leicht zusammengekniffenen Augen musterte er sie. 'Sie hätte dir ja nicht antworten müssen, Miriam! Und jetzt raus, Catherine!'
'Aber…', setzte sie an, doch ich unterbrach sie.
'Ist schon okay, Miri.'

Draußen auf dem Flur, suchte ich mir eine Bank und setzte mich. Wenn der Tag so anfing, würde er bestimmt so weiter gehen.
'Na? Was machst du denn hier?'
Überrascht sah ich auf. Vor mir stand ein großer, schlaksiger Junge, mit braunen Korkenzieherlocken, die ihm bis zu den Schultern reichten. Seine schokoladenfarbenen braunen Augen musterten mich ausführlich.
'Man(n) hat mich rausgeworfen.', antwortete ich.
Er lachte ein warmes Lachen. 'Wer?'
'Herr Förster, mein Chemie Lehrer.'
Wieder lachte er. 'Das wundert mich. Herr Förster gehört zu den freundlichsten Lehrern hier auf der Schule.'
'Heute hat er anscheinend schlechte Laune.'
'Wahrscheinlich. Darf ich?' Er deutete auf den Platz neben mir.
'Ja. Aber hast du denn keinen Unterricht?'
'Eigentlich schon.' Er setzte sich. 'Aber da ich eh die Hälfte der Stunde schon verpasst habe, kommt er auf fünf Minuten früher oder später nicht mehr an.'
'Stimmt.'
'Wie heißt du?' Nachdenklich musterte ich ihn. Er war mir von Anfang an sympathisch.'Catherine. Aber die meisten nennen mich Cat. Und du?'
'William. Wenn du willst, kannst du mich Will nennen. Aber bitte nicht Willi. Ich hasse diesen Spitz-namen.'
'Bist du der Oberstufensprecher?', fragte ich.
'Ja. Hast' schon von mir gehört?'
Ich nickte und grinste. 'Schon so einiges.'
'Was denn zum Beispiel?'
'Zum Beispiel wie d…'
Eine Tür wurde aufgerissen und Miri streckte ihren Kopf raus. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch dann brachte sie nur einen leisen Seufzer zustande, während ihr Blick auf Will ruhte. Ich merkte ihren verträumten Blick und sprang schnell auf, um sie aufzufangen, denn die halbgeöffnete Tür gab unter ihrem Gewicht nach.
'Miri? Wolltest du etwas sagen?', flüsterte ich, sodass nur sie es hören konnte. Ich stellte sie wieder auf ihre eigenen Füße.
Endlich kam sie zur Besinnung und schüttelte den Kopf. 'Äh… ja. Du sollst wieder rein kommen.' Ich sah, dass sie mühsam den Blick von William abwandte, um mich anzusehen.'Okay.' Ich verabschiedete mich mit einem kurzen Grinsen von ihm und zog Miri zurück ins Klassenzimmer.
'Darüber reden wir noch, Miri!'

In der Dreiminutenpause nach dem Chemieunterricht zog ich meine Freundin zu einem stillen Ört-chen.
'Was war das für eine Aktion vorhin?'
Verträumt starrte sie in die Luft und seufzte. 'Der Typ auf der Bank - hast du den gesehen?''Du meinst William?'
Ihre Augen leuchteten. 'So heißt er also? Wow. Der Name passt richtig zu ihm.'
'Ich glaube, du bist verliebt.', stellte ich nüchtern fest und musterte sie eingehend.
'Ja, ich glaube auch!', seufzte sie. 'Sah er nicht Hammer aus?'
'Da kann ich dir nur zustimmen.' Und ich habe schon eine Idee, wie sie ihn wiedersehen kann. 'Aber nun lass uns in den Unterricht gehen.'
Nach einem langweiligen Deutschunterricht, machten wir uns auf den Weg zum Pausenhof. Die fünfminütige Pause wollte ich nutzen, um William aufzusuchen.
Wie immer, stellten Miri und ich uns unter den großen Kastanienbaum. Doch diesmal plauderten wir nicht miteinander, sondern starrten stumm über den Hof. Ob sie auch nach William ausschau hielt?
'Da ist er.', murmelte ich, als ich ihn mit einigen Freunden entdeckte. Entschlossen rannte ich zu ihm rüber.
'Was machst du denn?', schrie mir meine Freundin entsetzt hinterher. Doch ich ignorierte sie.'Hey, Will.', begrüßte ich ihn.
'Oh, hey. Alles klar?'
Ich nickte stumm und ignorierte die neugierige Blicke seiner Freunde. 'Ich wollte dich zu meiner Geburtstagsparty einladen. Ich feier in der ersten Ferienwoche mittwochs. Ab 19 Uhr. Ich würde mich freuen, wenn du kommen könntest.' Mit einem Blick auf seine Freunde fügte ich hinzu: 'Wenn du willst, kannst du auch deine Kumpels mitbringen.'
'Oh toll! Ich komm gern!'
'Okay, bis dann!'
Grinsend machte ich mich zurück auf den Weg zu Miri. Das wäre geklärt.
'Miri? Hab ich dir eigentlich schon gesagt wann ich feier?' Ich wartete erst gar nicht auf ihre Ant-wort, sondern fuhr fort. 'Erste Ferienwoche, mittwochs um 19 Uhr. Aber du kannst auch früher kommen, wenn du willst.'
'Okay. Aber was war das eben? Was hast du zu IHM gesagt?' Sie schielte zu William rüber.Ich machte eine wegwerfende Handbewegung. 'Ach, nicht so wichtig.'
'Von wo kennst du ihn überhaupt?', fragte sie mich misstrauisch, wandte jedoch ihren Blick nicht von dem Jungen.
'Als ich aus dem Chemiesaal geworfen wurde, war er draußen auf den Flur.'
'Aha.'
Zum Glück klingelte in diesem Moment die Pausenklingel.

Heute kam ich schon um 12 Uhr nach Hause. Da es der letzte Schultag gewesen war, hatten wir nur bis um 11.15 Uhr Unterricht gehabt. Außerdem hat es Zeugnisse gegeben. Ich selbst, war sehr zufrieden mit meinen Noten: sechs Einser und sechs Zweier. Doch sicherlich würden mich meine Eltern nicht dafür loben. Sie würden sich nur weiter beklagen, warum ich nicht ÜBERALL eine 1 hatte.
'Wie war dein Schultag, Catherine?' Meine Mutter erwartete mich schon im Flur des Hauses.'Gut Mum. Willst du mein Zeugnis sehen?'
'Natürlich.'
Schlecht gelaunt knallte ich meine Tasche auf den Boden und kramte das DinA4 Papier hervor. 'Hier.' Bevor meine Mutter noch etwas hätte sagen können, rannte ich die Treppe hoch. In meinem Zimmer knallte ich die Tür zu und drehte den Schlüssel zweimal im Schloss um.
'CATHERINE! KOMM SOFORT HIER HER!', brüllte meine Mutter mit schrillem Ton.'Was hast du denn angestellt?'
Erschrocken zuckte ich zusammen und wirbelte zu der Stimme um.
'Oh, hab ich dich erschreckt? Das wollte ich nicht.' Seine Stimme klang aufrichtig.
'Warum musst du dich immer in meinem Zimmer herumtreiben, Jerker?'
Er lachte. 'Weil es mir hier besser gefällt.'
'Dir gefällt es hier besser als wo?'
'Als in meinem Zimmer.'
'Ach so.' Ich schlurfte zu meinem Schreibtisch und packte meine Schulbücher aus. Die Tasche ließ ich in einer Ecke verschwinden.
'Also?'
'Was also?', fragte ich überrascht.
'Was hast du angestellt, dass sich deine Mutter so aufregt?'
Ich grummelte. 'Mein Zeugnis ist ihrer Meinung nach zu schlecht.'
'Was versteht sie denn unter GUT?'
'Nur Einser. Keine Zwei, keine Drei und erst recht keine vier. Von Fünfern und Sechsern ganz zu schweigen.'
'Deine Mutter ist wirklich hart.'
''Ich will doch nur das Beste für dich!'', äffte ich sie mit ihrem Tonfall nach. 'Weißt du, wie oft ich mir diesen Satz anhören muss?'
'Täglich?', fragte er zurück.
'Richtig. Und das schlimmste ist, dass sie wirklich denkt, dass sie mir immer nur das Beste tut.'
'So war meine Mum nie. Zum Glück. Sie gab sich schon mir Dreiern und Vierern in meinem Zeugnis zufrieden. Hauptsache ich schaffte die Schule.'
'Studierst du eigentlich?' Ich setzte mich im Schneidersitz auf den Boden.'
'Nee.'
Tolle Antwort. 'Willst du denn studieren?'
Wieder schüttelte er den Kopf. 'Nein, wieso auch? Später werde ich das Geschäft meines Vaters übernehmen. Ob ich will oder nicht. Da hab ich gar keine andere Wahl. Und wie du wahrscheinlich weißt, brauche ich DAFÜR nicht zu studieren.'
'Lassen dir deine Eltern keine andere Wahl?', fragte ich erstaunt. Zwar waren meine Eltern streng, doch sie hatten gesagt, dass sie mir mit meinem späteren Beruf freie Wahl ließen.'Oh Gott, nein! Wo denkst du hin? Meinst du mein Dad will sein Geschäft an wildfremde Leute verkaufen? Die es dann am Ende ruinieren, weil sie null Ahnung haben?'
'Nein, natürlich nicht. Aber es gibt doch genug erfahrene Männer, die eine gute Ausbildung haben, um das Geschäft weiter zu führen.'
'Erklär das mal meinem Dad. Er ist felsenfest davon überzeugt, dass nur Deppen da draußen herumlaufen.'
'Aber das ist nicht fair! Es ist dein Leben!'
'Das ist meinen Eltern schnuppe.'
'Und du lässt das einfach so über dich ergehen? Willst du dich denn nicht wehren?'
Er lachte grimmig. 'Stell dir vor, Catherine, ich saß nicht nur still auf meinem Stühlchen. Zigtausend mal habe ich dieses Thema angeschnitten, doch meine Eltern stellten sich sofort taub. Oder wurden aggressiv und schickten mich auf mein Zimmer. Wie ein kleines Kind.''Deine Mutter auch?'
'Sie ist nicht viel besser, als mein Dad. Auch wenn es von außen her so scheint.'
'Findest du es denn so schlimm, die Arbeit deines Vaters zu übernehmen? Ich mein, es ist ein guter Job und…'
Er machte eine unwirsche Handbewegung. 'Darum geht es doch gar nicht. Es geht hier vielmehr ums Prinzip. Schließlich ist es mein Leben und daher hätte ich eigentlich zu entscheiden, was ich machen möchte.'
'Sie können dich doch nicht zwingen, oder?'
'Nein, natürlich nicht.'
'Warum wiedersetzt du dich ihnen dann nicht und sagst, dass du studieren willst?'
'Weil sie mir das Studium nie im Leben bezahlen würden.'
'Was ist mit gespartem Geld?'
'Sowas habe ich nicht. Und um ehrlich zu sein, habe ich sowas bis jetzt auch nie gebraucht. Schließ-lich haben mir meine Eltern immer das nötige Geld gegeben, wenn ich mir hatte etwas kaufen wol-len.' Er starrte auf seine Fingerspitzen. 'Bis ich das Geld zum Studium aufgebracht habe, bin ich sicher über 30 Jahre alt. Und DANN noch zu studieren… ich weiß nicht.'
'Vielleicht lassen sich deine Eltern noch überreden.'
'Vielleicht…' Sehr hoffnungsvoll klang er nicht.
'Was würdest du denn gerne für einen Beruf ausüben?'
Auf einmal wirkte er glücklich. Als er aufschaute, glänzten seine Augen so träumerisch, wie bei einem fünfjährigen Jungen, der gerade von seinem Lieblingsspielzeugauto schwärmte. 'Ich würde gern Computertechniker werden. Als ich noch in der neunten Klasse war, machte ich ein Praktikum bei einem Computertechniker. Ich war so begeistert, dass ich von nun selbst an PCs herumgebastelt habe. Und mit der Zeit hat es dann immer besser geklappt.' Plötzlich wirkten seine Augen wieder trüb. 'Aber meine Eltern würden das natürlich nie zu lassen.''Lass den Kopf nicht hängen, Jerker.', murmelte ich. Er tat mir leid und auf einmal war ich froh darüber, MEINE Eltern und keine anderen Eltern zu haben.
'Ich langweile dich, nicht wahr?', fragte mich Jerker.
'Nein, nein. Wie kommst du darauf?'
Er zögerte kurz. 'Ich weiß nicht… du wirkst ab und zu so abwesend.'
Ich schüttelte den Kopf, wie um nochmals zu bestätigen, dass er mich NICHT langweilte.'Wenn du meinst.' Er warf einen Blick auf meinen Wecker. 'Es ist noch früh. Wollen wir nicht noch etwas unternehmen?'
'Zum Beispiel?'
'Wie wär es mit einem langen Ausritt?'
'Super Idee!' Ich ging zu dem großen Kleiderschrank und riss ihn auf. 'Aber hast du überhaupt Reitkleider dabei?', fragte ich und warf ihm einen kurzen Blick über die Schulter zu.
'Ich kann ihn Jeans und Turnschuhen reiten. Das macht mir überhaupt nichts aus.'
'Okay. Wie treffen uns in 10 Minuten unten am Stall, ja?'
Er nickte. 'Bis gleich.'

Fünf Minuten später stand ich am Stall. Da von Jerker weit und breit nichts zu sehen war, öffnete ich die schweren Schiebetüren des Gebäudes und trat ein. Der vertraute Geruch von Pferd und Mist wehte mir entgegen.
Jim, unser Stallbursche hatte heute seinen freien Tag, daher suchte ich selbst die Sattelkammer auf und suchte den Sattel von Stern. Stern war eine hellbraune
Angloaraberstute mit einem weißen Stern genau zwischen ihren zwei klugen, braunen Augen.Ächzend hob ich den Sattel von der Stange und ging zu Stern's Box.
'Na süße.' Mühsam hievte ich ihn auf die Anbinde-Stange. Anschließend holte ich die Trense aus der Sattelkammer und Stern aus der Box. Nach zirka zwei Minuten war sie fertig gesattelt.Summend lief ich zu dem Pferd, das ganz hinten im Stall stand. Abgegrenzt von den anderen.'Hey du.' Ich entriegelte die stabile Tür und schlüpfte zu dem Hengst. Meinem Hengst. Ich hatte ihn zu meinem Zwölften Geburtstag bekommen, als er gerade einmal ein halbes Jahr alt gewesen war. Von meinem Vater. Meine Mutter war dagegen gewesen. Sie hatte gemeint, ein eigenes Pferd würde mich von der Schule ablenken. Schließlich haben meine Eltern diesen blöden Kompromiss geschlossen, dass ich nur am Wochenende in den Stall durfte.
'Na? Wie geht es dir heute.' Der schwarze Araberhengst drückte seine Nüstern zutraulich an meine Schultern, wobei er mir beinahe umschmiss.
Das war einer der, meiner Meinung nach, wenigen Vorteile, wenn die eigenen Eltern reich waren. Man hatte die besten Pferde im Stall. Die besten, schnellsten und tollsten.Mein Araberhengst Satan, war jetzt gerade mal vier Jahre JUNG. Wir waren mit der Grundausbildung fertig. Ich hatte gewollt, dass man ihn noch weiter trainierte, doch mein Vater hatte das nicht zu gelassen. Was ich ihm nicht verübeln konnte. Satan war temperamentvoll. SEHR temperamentvoll. Es hatte Wochen gedauert, bis wir ein Trainer gefunden hatten, den er auf seinen Rücken geduldet hatte. Doch leider war der Trainer nur auf die Grundausbildung spezialisiert gewesen.
Für mich war es auch nicht leicht gewesen. Es hatte ein halbes Jahr gedauert bis er mich nach seiner Ausbildung auf seinen Rücken gelassen hatte. Und nun waren wir unzertrennlich.Doch genug davon.
In zwei Minuten sattelte ich den Hengst und führte ihn aus dem Stall. Stern wollte ich anschließend holen.
Als ich in die Sonne trat, sah ich Jerker. Er stand an der Wand gelehnt und schaute sich suchend um.
'Ich bin hier Jerker!', rief ich ihm zu und band Satan fest.
'Hätte ich gewusst, dass du schon da bist, hätte ich dir mit dem Satteln geholfen.' Er kam zu mir rüber und musterte Satan. 'Soll ich etwa IHN reiten?', fragte er entgeistert und starrte auf Satan's angelegte Ohren.
Ich kicherte und klopfte beruhigend auf den muskulösen Hals des Tieres. 'Keine Sorge, das ist mei-ner. Warte hier, ich hol dein Reittier.'
Ich eilte zurück in den Stall und holte Stern. Als ich Jerker die Zügel in die Hand drückte, musterte er sie zufrieden.
Plötzlich fiel mir etwas ein. 'Sag mal, kannst du überhaupt reiten?'
Er zuckte mit dem Schultern. 'Ich bin kein Profi, aber auch kein Anfänger mehr. Irgendetwas zwi-schen drin.'
'Ach so.' Mühelos schwang ich mich auf Satan's Rücken und wartete auf Jerker.







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