Kribbeln unter der Haut Teil 4

Autor: Yana
veröffentlicht am: 10.08.2008




Kapitel 3

Erschrocken fuhr ich aus dem Schlaf, als das Radio ansprang. 6.30 Uhr. Stöhnend schlug ich nach dem Wecker, bis er verstummte. Wie sehr freute ich mich auf die Ferien!
Tapfer strampelte ich mich aus dem Bett und schlappte müde unter die Dusche. Als das eiskalte Wasser auf mich nieder prasselte, musste ich einen erschrockenen Schrei unterdrücken. Schnell wusch ich meine Haare und wickelte sie in ein kleines Handtuch. Anschließend zog ich meinen weißen Bademantel an und ging nach unten in die Küche. Noch genügend Zeit, um seelenruhig zu frühstücken.
Doch in der Küche traf ich auf Fett-Bierbauch. Da ich nicht damit gerechnet hatte, dass schon so früh jemand auf den Beinen war, erschreckte ich mich fast zu tote.
'Oh. Guten Morgen… ich wusste nicht, dass Sie schon auf sind sonst…'
Grinsend musterte er mich. 'Sonst hättest du dich mehr bekleidet? Keine Sorge, mich stört es nicht. Im Gegenteil.' Ich hasste sein Lachen. Sein Gesicht war rot angelaufen. Ich wusste nicht, warum. Peinlich war ihm diese Situation auf jeden Fall nicht. Er machte einige Schritte auf mich zu. Erschrocken trat ich Einen zurück. 'Bleiben sie da, wo Sie sind, Mr. Fox.'Wieder lachte er sein widerliches Lachen. 'Hast du Angst vor mir, Catherine?' Er näherte sich einen weiteren Meter.
'Nicht nur Angst, Mr. Fox…'
Ich hörte Schritte hinter mir, dann spürte ich eine Hand, die sich auf meine Schulter legte. Erschro-cken fuhr ich herum.
'Guten Morgen, Cat. Guten Morgen Dad.' In Jerker's Blick lag eine Mischung aus Verachtung, Hass, Wut und Abscheu, als er seinen Vater ansah. Mir schien, als würde er eine stille Warnung ausspre-chen, die nur sein Vater verstand, denn plötzlich lächelte Mr. Fox, entschuldigte sich bei mir und verschwand.
Erleichtert seufzte ich auf und wollte einen Schritt zurück treten, doch Jerker's Hand, die immer noch auf meiner Schulter lag, hinderte mich daran. Mühelos fing Jerker meinen Blick ein. Es schien mir, als suchte er in meinen Augen eine Antwort, oder ein Zeichen.Nach einer Weile seufzte er ebenfalls und ließ mich los.
Ich schlappte zum Kühlschrank und schenkte mir ein Schluck Milch in eine Kaffeetasse. 'Möchtest du auch?', fragte ich Jerker höflich.
'Nein Danke.' Er lehnte sich neben der Tür an die Wand und verschränkte seine Arme vor der Brust. Ich trank meine Milch mit einigen schnellen Schlücken leer und wischte mir anschließend den Milchbart vom Mund.
'Warum bist du so früh schon auf?', fragte ich, um das Schweigen zu unterbrechen.'Ich war noch nie ein besonders guter Langschläfer. Außerdem hörte ich Dad die Treppe runter poltern, da dachte ich mir: Komm, schau doch mal nach, was er treibt.' Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse. 'Bin ja gerade zum richtigen Augenblick gekommen.'

Erstaunt sah ich auf. 'Du glaubst, dein Vater hätte mich irgendwie… irgendwie angefasst?''Hör zu, Catherine. Mein Dad ist nicht der, für wen ihn dein Vater hält. Er hat zwar noch nie jemand angefasst oder… vergewaltigt. Aber es scheint, als ob du ihn sehr… reizt.'Mich schauderte es. 'Liebt er deine Mutter nicht?'
Jerker schnaubte abfällig. 'Mein Dad hat doch keine Ahnung von Liebe. Er hat sie nur geheiratet, weil sie mit mir schwanger war.'
'Oh' war alles, was ich dazu sagte. Ich konnte mir eine Ehe, ohne Liebe, kaum vorstellen.Mit einem Blick auf die Küchenuhr sagte mir, dass es höchste Zeit war, sich fertig zu machen. 'Ich muss mich jetzt fertig machen.' Mit einem leisen scheppern stellte ich die Kaffeetasse in die Spülmaschine. Wieder huschte mein Blick zur Uhr. 7.22 Uhr. Nur noch 10 Minuten bis mein Bus kommen würde. Ich musste mich noch anziehen, meine Haare föhnen, mich schminken, meine Schultasche packen und vor der ersten Stunde die Mathematikhausaufgaben abschreiben.
'Wann kommt dein Bus?', fragte mich Jerker.
'Um 7.32 Uhr. Also in knappen 10 Minuten.'
'Hm… wenn du willst, fahre ich dich wieder zur Schule. Dann musst du dich nicht so abhetzen.'
Ich lachte. 'Kannst du Gedanken lesen?'
'Nein. Ich glaube nicht.' Er grinste. 'Aber dein Gesicht sagt mir alles. Außerdem weiß ich, wie lange Frauen im Bad brauchen.'
'Macho!', feixte ich und rannte an ihm vorbei, die Treppe hinauf in mein Zimmer.Lange 20 Minuten später saß ich neben ihm im Auto und lotste ihn zu meiner Schule.'Warum schicken dich deine Eltern auf so eine hässliche Schule, anstatt auf eine Private?', fragte er und bog nach links ab.
'Weil ich es so wollte.'
'Ah, verstehe.'
Ärgerlich starrte ich aus dem Fenster. 'Ich glaube kaum, dass du das verstehst.'
'Ich weiß nicht, wie und was du fühlst oder denkst. Aber ich verstehe, wie dich dein Leben im Mo-ment ankotzt.'
'Ach ja?'
'Mir ging es eine lange Zeit ähnlich.'
'So? Und was hast du dagegen getan?' Ich schaute zu ihm. Er starrte hochkonzentriert auf die Stra-ße. Seine Finger krampften sich um das Lenkrad, sodass sich seine Knöchel weiß färbten. 'Hier musst du rechts abbiegen.', flüsterte ich, als er Anstalt machte, an der Seitenstraße vorbei zu fahren. Grob trat er auf die Bremse und riss das Lenkrad rum. Unsanft schleuderte mich der Anschnallgurt zurück in den Sitz.
'Tut mir leid.', murmelte er und parkte den Porsche vor der Schule.
'Nicht so wild.' Ich packte meine Schultasche und öffnete die Beifahrertür. 'Bis heute Abend.' Ich wollte gerade aussteigen, als er mich am Handgelenk packte und festhielt.'Ich habe die schlimmen Ereignisse, die mir über den Weg liefen, die mir passierten, verdrängt. Ich dachte mir: Jerker, dass ist dein Leben. Und so solltest du auch denken. Egal was dir passiert, egal was dir angetan wird oder dir angetan wurde, vergess es und fang an zu leben. Es ist dein Leben und du lebst nur einmal. Lass es dir nicht versauen. Ein Leben ist etwas besonderes, weißt du? Es ist seine eigene Geschichte und man kann sie selbst schreiben. Jedenfalls zum Teil. Und wenn man sich nur gut genug bemüht und hoch erhobenen Hauptes durch den alltäglichen Tag geht, dann kann man etwas erreichen. Sehr viel sogar. Genieße dein Leben, Catherine, und lass dir von niemanden unwichtige Vorschriften machen. Es ist dein Leben.' Seine Worte klangen wie eine Beschwörung. Doch sie halfen. Ich wusste, dass er Recht hatte.
Die Schulglocke schellte.
Jerker ließ mich los. 'Wann hast du Schule aus?'
Ich überlegte kurz. Heute würden die letzten zwei Stunden ausfallen. 'Bis 14 Uhr.'
'Okay. Bis später dann.'
Ich beeilte mich noch rechtzeitig zum Unterrichtsbeginn in die Klasse zu kommen. Das Abschreiben der Mathematikhausaufgaben konnte ich jetzt vergessen.
Als ich mich neben Miriam auf den Platz setzte - den Lehrer hatte ich zum Glück noch auf dem Gang überholen können!!! - musterte sie mich nachdenklich von der Seite.
'Und du hast wirklich nichts mit diesem Typ?'
Ich verdrehte die Augen. 'Nein.'
'Aber er hat dich heute wieder zur Schule gefahren!' Ihre Stimme klang schon fast verzweifelt.
'Ja und? Ich war wieder spät dran.'
'Funkt es zwischen euch?'
Ich stöhnte leise. 'Nein, Miri. Aber wenn sich etwas zwischen unserer freundschaftlichen Beziehung ändern wird - natürlich zum Positiven hin -, wirst du die erste sein, die es erfahren wird, okay?'
'Versprochen?'
'Versprochen!'
Damit war für mich das Thema beendet. Für sie nicht. 'Ihr würdet echt klasse zusammen passen.'
Erstaunt sah ich sie von an. 'Wie kommst du denn darauf?'
'Naja, jedenfalls äußerlich.'
'Hast du ihn überhaupt schon einmal richtig gesehen?'
'Nur durch die Fensterscheibe.', gab sie zu.
'Wie kannst du dann behaupten, dass wir äußerlich zusammen passen?'
'Ich habe ein Gespür für so etwas!'
'So?'
'JA-HA!' Sie klang genervt. Hatte nicht ich eher ein Grund zum genervt sein? 'Ich wette mit dir, dass ihr noch zusammen kommt.', sagte sie bestimmt und schaute zur Tafel, um die Formeln, Zeichen und Zahlen, die unser Lehrer angeschrieben hatte, verwirrt und nichts verstehend zu mustern.
'Das mit ihm und mir kann gar nicht klappen, Miri! Er ist der Sohn eines Geschäftspartners meines Vaters.'
'Na und?'
'Mein Dad würde das nicht gut heißen. Und meine Mum erst Recht nicht.'
'Na und?', wiederholte sie und gab es auf, den Sinn der Rechnung zu verstehen, die leuchtend weiß an der Tafel prangte.
'Auf Stress mit meinen Eltern habe ich im Moment keinen großen Bock, verstehst du?'
'Sie werden es schon verstehen, Cat.'
'Nein, werden sie nicht.'
'Ach komm schon. Deine Eltern sind doch keine Monster!'
'Du verstehst einfach überhaupt nichts, Miri!', fauchte ich wütend.
'Nein, tue ich wirklich nicht.'
'Dann halte dich da einfach raus, okay?'
Sie hob abwehrend die Hände. 'Schon gut, schon gut. Tut mir leid. Ich werde nichts mehr in dieser Richtung erwähnen. Aber wie wäre es, wenn wir die zwei letzten Stunden, die ausfallen, ausnutzen, um in die Stadt zu fahren? Das haben wir schon lange nicht mehr getan!'
'Meinetwegen.'
'Supi!', sagte sie hocherfreut.
'Catherine, könntest du mir bitte die Lösung dieser Aufgabe sagen?' Herr Alban hatte ein siegessi-cheres Grinsen aufgesetzt und deutete mit dem Zeigestock auf eine besonders lange Formel. Ein kurzer Blick genüge und ich leierte die Lösung herunter:
'X=Y:Z ist 344-232:x*y:z.'
'Äh…', stotterte mein Mathematiklehrer und strich sich sichtlich verwirrt über die Glatze. 'Jaja, richtig Catherine. Gut gemacht.' Schnell schrieb er die Lösung an.
'Wie machst du das nur immer?', fragte mich Miri bewundernd.
'Was?', fragte ich zurück.
'Wie kannst du mit mir reden und dabei dem Unterricht folgen?'
'Ich weiß nicht. Irgendwie geht das bei mir ganz automatisch.'
'Krass!'
In dieser Stunde rief mich Herr Alban nicht mehr auf. Anscheinend hatte er eingesehen, dass er mich nicht überraschen konnte.
Nach Mathematik folgte eine Doppelstunde Englisch, eine sich ziehende Physikstunde und ein erholsamer BK (= Bildendekunst) Kurs.
Als endlich, endlich, endlich die Schulglocke das Ende der für mich letzten Schulstunde ankündigte, stürmte ich mit Miri nach draußen.
'Wenn wir uns beeilen, können wir noch den 14.03 Uhr Bus erwischen.', sagte sie.Schweigend lief ich neben ihr her, während sie fröhlich plapperte. Doch meine Aufmerksamkeit galt was ganz anderem. Schon von weitem, sah ich den knall roten Porsche.Ich entschuldigte mich bei Miri und rannte zu dem Autoparkplatz. Jerker lehnte an der Fahrertür. Er hatte eine dunkle Sonnenbrille aufgesetzt und ein enges, - wohl bemerkt - GESCHMACKVOLLES T-Shirt an. Als er mich entdeckte, grinste er.
'Was machst du denn hier?', fragte ich ihn überrascht.
'Nach was sieht's denn aus? Ich hole dich von der Schule ab!'
'Ach so. Ja… ähm…'
'Ich dachte, wir könnten vielleicht zusammen in die Stadt gehen. Eis essen zum Beispiel.''Oh, das tut mir leid, Jerker. Aber ich bin schon mit einer Freundin verabredet… vielleicht ein ander-mal.'
Plötzlich tauchte Miri neben mir auf. 'Da bist du ja, Cat! Ich habe gerade einen Anruf von meiner Schwester bekommen. Sie will mich treffen. Ist es für dich okay, wenn wir unser Stadt-Ausflug ver-schieben?' Miriam war schon immer eine schlechte Lügnerin gewesen. Wahrscheinlich hatte sie gehört, dass Jerker mich zu einem Eis einladen wollte.
'Ist schon okay, Miri.' Ich warf ihr einen Darüber-reden-wir-noch Blick zu, als sie sich eilig von mir verabschiedete (Bussi links und Bussi rechts).
Als sie außer Hörweite war, sagte Jerker: 'Deine Freundin ist eine miserable Lügnerin.'Mir war es peinlich, dass sogar er bemerkt hatte, dass sie extra für mich gelogen hatte. 'Ja, das habe ich ihr auch schon ein paar Mal gesagt. Doch sie kann es einfach nicht lassen!'Er lachte, ging um das Auto herum und hielt mir die Beifahrer Tür auf. 'Lass uns fahren.'

Während der 10-Minütigen Autofahrt, legte sich ein angenehmes Schweigen um uns. Es tat gut zu wissen, dass es Menschen wie mich gab. Welche, die Schweigen konnten. Menschen, die das krasse Gegenteil von meiner Mutter waren, die immer krampfhaft versuchte, ein Gespräch zu entfachen. Ich glaubte, dass sie Angst hatte. Angst vor dem nicht sichtbaren Nebel, der entstand, wenn sich Menschen anschwiegen. Vielleicht fürchtete sie sich davor, sich in ihm zu verlieren. Was natürlich schwachsinnig war. Denn wer sich im Schleier des Schweigens verlieren wird, wird merken, wie sich eine beruhigende Hand um das Herz legt, die Gedanken ruhiger werden und eine warme Woge des Zufriedensein einen durchströmt. Das wusste ich aus eigener Erfahrung. Dank meinem Dad.
'Ich unterbreche zwar nur ungerne deine Gedanken und das herrliche Schweigen zwischen uns, aber du musst jetzt leider aussteigen.' Er deutete auf eine ziemlich Schmale Parklücke vor uns.
‚Ich habe gar nicht gemerkt, dass wir schon angekommen sind.', dachte ich.
Jerker lachte kurz und leise auf. Während er sprach, sah er mich mit leuchtenden Augen an. 'Kein Wunder. Du warst ziemlich in Gedanken versunken. Jedenfalls sah es so aus.'
Ups, ich hatte wohl mal wieder laut gedacht? Hastig öffnete ich die Autotür und hüpfte auf die Stra-ße. Schwüle, stickige Luft wehte mir ins Gesicht und füllte meine Lunge.
Ungeduldig wartete ich, bis Jerker den Porsche geparkt hatte. Erst jetzt fiel mir auf, was für ein miserabler Autofahrer Jerker war. Wahrscheinlich fuhr er nicht oft.
Ich nahm mir vor, ihn bei der nächstbesten Gelegenheit danach zu fragen.
'Was ist? Wollen wir ins Kino oder ein Eis essen?' Jerker tauchte neben mir auf und steckte mit einem leisen klirren die Schlüssel in seine Hosentasche.
'Du weißt, dass ich pünktlich zu Hause sein muss.', sagte ich.
'Okay, dann gehen wir eben ein andermal ins Kino.'
Er klang nicht enttäuscht, als er das sagte, doch ich war sicher, dass er lieber mit mir ins Kino gegan-gen wäre, um bei mir die Arm-Kobra auszuprobieren.
Was die Arm-Kobra war? Bei der Arm-Kobra handelte es sich um eine ziemlich taktvolle Art eines Jungen, dem Mädchen, dass neben ihm sitzt den Arm um die Schulter zu legen. Die Taktik war, dass der Junge gähnt, sich streckt und seine Hände in die Lüfte reckt und dabei dem Mädchen den Arm um die Schulter legt. Ganz ZUFÄLLIG.
'Hast du vor, die ganze Zeit zu schweigen?', fragte Jerker mich nachdenklich, während wir nebeneinander her liefen.
'Oh… nein, natürlich nicht.'
'Dann erzähl mir etwas.'
'Und was?'
'Wie war es heute in der Schule?'
Ich verdrehte die Augen. 'Warum muss ein Mensch immer dieselben Fragen stellen? Fehlt gerade noch, dass du sagst: 'Gott, Kind! Bist du etwa gewachsen?'
Mit ernster Stimme sagte er: 'Keine Sorge. Das kann ich gar nicht sagen. Schließlich kenne ich dich erst ein paar Stunden.'
'Hm.'
'Also? Wie war es in der Schule?'
Abrupt blieb ich stehen. 'Diese Frage nervt und kotzt mich an!'
'Ich weiß.' Jerker lief einfach weiter.
'Warum fragst du dann, wenn du es WEISST?' Ich rührte mich weiterhin nicht vom Fleck.'Weil du sonst nicht redest. Wenn ich dich ärger, dann fangen wir an zu diskutieren.' Endlich blieb Jerker stehen und schaute mich belustigt an. 'Nun guck nicht so fassungslos.'
'Du bist wirklich das aller Letzte, Jerker!' Mit hocherhobenem Hauptes setzte ich mich in Bewegung und stolzierte an ihm vorbei. Jedenfalls hatte ich das vor gehabt. Doch als Jerker versuchte, ein kichern zu unterdrücken und sein Versuch scheiterte, blieb ich vor ihm stehen und starrte ihn nieder. 'Noch so ein Kommentar und du kannst mich gleich nach Hause fahren!', zischte ich.
'Stimmt. Ich kann dich dann nach Hause fahren.' Seine Stimme hatte einen merkwürdigen Unterton. Misstrauisch musterte ich ihn. 'Aber ich werde nicht wollen.', hauchte er schon fast zuckersüß.
In mir brodelte es. Mühsam beherrschte ich meine Hand, die ausholen und Jerker eine runterhauen wollte. Nicht, dass ich keinen Humor hatte, doch das ging eindeutig zu weit. Ich hatte die heftigen Beleidigungen, die er mir am ersten Tag unseres Treffens an den Kopf geworfen hatte, nicht vergessen. Außerdem klammerte ich mich noch an die Feststellung, dass er ein Idiot… falsch, ein ARSCHLOCH war. Nur, weil er mich zweimal zur Schule gefahren hatte und wir nun zusammen ein Eis essen gingen, hieß das noch lange nicht, dass wir ein Herz und eine Seele waren. Geschweige denn Freunde. Und von einem Noch-Nicht-Freund verlangte ich Respekt. Schließlich stammte ich aus einer angesehenen Familie.
'Wenn du mich nicht nach Hause fährst, nehme ich den Bus. Das ist kein Problem für mich.''Keine Sorge. Nach dem Eis werde ich dich zurückkutschieren.'
Zornig blitzte ich ihn an. 'Du hast falsch verstanden, Jerker. Ich will JETZT nach Hause.'Nun war er verwirrt. 'Ich habe das, was ich gesagt habe, nicht böse gemeint, Catherine.''Du hast mich absichtlich provoziert!'
Er verdrehte die Augen. 'Bist du immer so empfindlich?'
'So lange wir keine Freunde sind, verlange ich von dir, mir wenigstens ein Funken Respekt entgegen zu bringen!'
'Du hast doch meine Entschuldigung angenommen…?' Er klang sichtlich enttäuscht. 'Und du hast die Einladung, mit mir ein Eis essen zu gehen, angenommen.'
'Das Eis wäre ein kleiner Anfang gewesen.'
'Ein Anfang zu was?' Seine wundervollen, grünen Augen blitzten auf.
'Oh, denk jetzt bloß nichts Falsches, Jerker Fox!'
'Was denk ich denn?' Er schien sich sichtlich zu amüsieren.
Ich wusste nicht, was ich tat. Doch als ich es merkte, war es schon zu spät. Wütend hatte ich ausge-holt und ihm eine deftige Ohrfeige verpasst. Erschrocken hielt Jerker sich die rot anlaufende Wange. Die kleinen Grübchen auf seinen Wangen verschwanden. Sein Gesicht verwandelte sich zu einer steinernen Maske.
'Gut, ich fahr dich nach Hause.'
Ich wusste, dass ich ihm aus seiner Sicht unrecht getan hatte. Und eigentlich hätte ich mich sofort für meine begangene Handlung mit einem 'Tut mir leid' entschuldigt. Doch es tat mir nicht leid. Im Gegenteil. Er hatte es verdient.

Die fahrt nach Hause verlief schweigend. Als der rote Porsche vor dem großen Tor hielt, wartete, bis es sich geöffnet hatte und schließlich auf dem Parkplatz weit vor dem Garten meiner Eltern hielt, sprangen wir beide gleichzeitig aus und knallten mit einem dumpfen Geräusch die Türen zu.
Ich wollte mich auf den Weg zum Haus machen, doch Jerker hielt mich am Arm fest.'Lass mich los!', fauchte ich und versuchte mich loszureißen.
'Warum musst du immer so überreagieren?', seine Stimme klang grob.
'Weil du ein unerzogenes, eingebildetes, ignorantes Arschloch auf zwei Beinen bist!'
'Und du bist eine riesengroße Zicke.', zischte er, ließ mich los und stampfte den Weg entlang.
'Arschloch, Arschloch, Arschlooooch!'







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