Amatory Angel Teil 3

Autor: Zoe
veröffentlicht am: 03.08.2008




'Klar, komm rein', Imogen hielt ihr die Tür weit auf und schloss diese hinter ihr wieder.'Setz dich schon einmal ins Wohnzimmer, immer geradeaus, ich komme gleich.'Sie lief in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Zum Glück hatte sie etwas Eistee und Kekse da. Sie holte dazu Gläser und trug alles auf einem Tablett ins Wohnzimmer.'Boar, geh mit diesem Omma-Kram da weg. Ich trink doch keinen Tee! Drück mir doch gleich Pisse in die Hand!', giftete Tracy sofort. Imogen erwiderte nichts und hielt ihr stattdessen ein Taschentuch entgegen. Tracys Anblick war wirklich nicht schön. Die Schminke war über ihre ganze Wange gelaufen, ihre Augen knallrot und die Wange glühte.Imogen setzte sich neben sie auf die Couch. 'Willst du mir nicht erzählen, was passiert ist?''Ich bin hier nicht zum labern, sondern dass du mit mir lernst, kapiert?!'
'Nein, ich habe keine Lust jetzt von dir nur angemotzt zu werden.' ‚Oh, nein, das hätte ich nicht sagen dürfen', biss sich Imogen strafend auf ihre Zunge.
'Ich kann auch wieder gehen?!'
'Nein, ist schon in Ordnung. Ich hole schnell was zum Schreiben, ja?'
Mit Stift und Papier ausgerüstet kam sie zurück: 'Wann ist denn die Abschlussprüfung in Mathe?'
'In zwei Wochen.', murmelte Tracy und richtete ihren Blick plötzlich, 'Imogen, ich…ich hab deine Schultasche…Ich hab sie angekokelt und im Damenklo liegen gelassen.'
'Da war eh nichts drinnen. Die Schulbücher habe ich alle hier. Die hatte ich nämlich im Spinnt.'
'Du bist mir nicht böse?!', verwundert ruhten ihre braunen Augen auf Imogens blauen.'Nein.'
'Gut. Ach so, bevor wir jetzt anfangen, hätte ich noch eine Bitte.'
'Und die wäre?', Imogen schlug das Mathebuch gleichzeitig auf.
'Das mit dem Lernen bleibt unser Geheimnis? In der Schule sind wir wie immer. Ich beachte dich nicht.'
'Hm…dann hab ich aber auch eine Bitte. Du lässt Ramona in Ruhe.'
'Spinnst du?! Niemals!'
Demonstrativ schlug Imogen das Buch zu.
'Okey, okey, ich lass sie in Ruhe!', verdrehte Tracy die Augen, 'aber dafür lernst du die ganzen zwei Wochen mit mir, jeden Tag.'
'Gut, abgemacht.', darauf gaben sie sich die Hand und vertieften sich nun in die Bücher.*
'In der Sudetenstraße konnten wir die Aura eines Engels festmachen. Dort muss sich einer befinden, Sir.'
'Das ist interessant.', er rieb sich nachdenklich das Kinn.
'Ja, unsere neue Erfindung funktioniert. Wir können anhand der Strahlung eines Amuletts die Engel ausmachen. Wir sind nicht mehr davon abhängig, dass er seine Fähigkeiten einsetzt. Wenn er das Amulett bei sich trägt reicht das.', erklärte der treue Gefährte zuversichtlich.'Sehr gut! Dann macht ihn ausfindig! Beobachtet ihn und findet seine Mission heraus!''Sollen wir ihn nicht einfach gleich hier her bringen?'
'Nein! Wir müssen wissen, warum er hier auf der Erde ist! Beschattet ihn vorerst nur! Los Beeilung!'
'Natürlich, Sir.'
*
'Wow, das reicht für Heute.', zufrieden lehnte sich Tracy zurück und streckte alle Viere von sich.
Imogen schloss das Buch auf ihrem Schoß. Sie war wirklich stolz auf ihren Schützling. Sie hatten zwei Stunden ohne Unterbrechung gelernt. Hoffentlich würden sie das die nächsten zwei Wochen beibehalten können.
'Darf ich hier rauchen?', Tracy schwenkte mit einer Zigarettenschachtel hin und her.'Wenn du auf den Balkon gehst.'
'Machen sonst deine Alten Stress oder was?'
'Nein, das nicht…', Imogen lief vor auf den kleinen Balkon.
Tracy lehnte sich mit dem Rücken ans Geländer und sog den Rauch tief in ihre Lunge.
'Du passt hier nicht her.', murmelte sie nach kurzem Schweigen.
'Wie meinst du das?', Imogen stellte sich neben sie.
'In die Weststadt. Hier denkt für gewöhnlich jeder an sich. Du bist komisch.'
'Danke.', kicherte sie ironisch.
'Nein, das meinte ich nicht negativ. Du kommst mir einfach nicht normal vor. Du bist so fürsorglich. Das waren meine Eltern nie.', beichtete sie plötzlich.
Imogen nickte stumm.
'Ich muss diese Prüfung bestehen. Ich will mal einen Gutbezahlten Beruf lernen. Ich werde meinen Eltern zeigen, dass ich nicht so bin wie sie.'
'Das wirst du auch schaffen. Da bin ich mir sicher.', Imogen legte tröstend ihre Hand auf Tracys Schulter. Das war jedoch eindeutig zu früh gewesen.
'Natürlich werde ich das. Aber warum erzähl ich DIR das eigentlich?! Ich geh jetzt, Ciao!', sie stampfte aus der Wohnung und schmiss die Tür hinter sich zu. Imogen schüttelte ungläubig den Kopf. Das war zumindest der erste Schritt gewesen. Tracy musste lernen über ihre Gefühle zu sprechen.
Plötzlich spürte Imogen etwas merkwürdiges hinter sich. Ruckartig drehte sie sich der Stadt zu. Nichts. Das normale Gelärme der Straße. Hatte sie sich wirklich geirrt? Sie hatte doch deutlich einen Blick im Rücken gespürt. Nicht? Achselzuckend ging sie in ihre Wohnung und schloss die Glastüren wieder.

Als Imogen mittags schlendernd aus dem Schulgebäude kam, begrüßte Martin sie freundlich.'Hey, Imey!', er klopfte ihr freundschaftlich auf die Schulter, 'du kommst doch mit Skaten?'Prüfend schaute Imogen zu Tracy, die schweigend neben Martin stand. Zuerst verdrehte sie die Augen, nickte aber schließlich unauffällig.
'Ja, gerne.', antwortete Imogen darauf.
'Das freut mich! Hast du heute eigentlich Geld für den Bus?'
‚AH! Daran habe ich gar nicht mehr gedacht! So ein Mist!', fluchte es in Imogens Kopf.'Also nicht. Ich hab mir wegen dir extra mehr eingesteckt.', ermittelte er lachend, als sie keine Antwort gab.
'Das ist ja nett, danke! Ich gebe dir das Geld wieder, versprochen'
'Kein Ding, du. Na, dann wollen wir mal los.', Martin trat auf das Ende seines Skateboards, sodass er danach greifen konnte und klemmte es sich unter die Arme. Gemeinsam stiegen sie in den Bus und Martin bezahlte als sei es schon zur Gewohnheit geworden.
In Null Komma Nichts hatte der Bus sämtliche Haltestellen abgearbeitet und die Drei verließen ihn wieder.
'Hier lang!', winkte Martin.
Hinter einem großen Gitter verbarg sich ein großer Skaterpark. Rampen, Hügel,
Abfahrten…Der Spaß für die Inliner-Freunde war vorprogrammiert. Imogen jedoch ahnte Böses. Sie war noch nie in Berührung mit einer solchen Gerätschaft geraten. Dazu spürte sie etwas seltsames, etwas was sie nicht zuordnen konnte. Doch es war nichts menschliches. War es ein Engel oder eher ein-
'Was klotzt du denn so dämlich? Du hältst den ganzen Verkehr auf!', spielte sich Tracy auf, sie hatte bereits ihre Inliner angezogen und begann nun ihre Runden zu drehen.
Martin stellte sich neben sie: 'Mach dir um sie keine Sorgen. Sie hat immer etwas Probleme Neue aufzunehmen.', versicherte er, 'Willst du auch mal?', er streckte ihr sein Skateboard entgegen.
'Ich hab so was nie gemacht!', schützend schmiss sie ihre Hände nach vorne.
'Du kriegst das schon hin!', er piekste sie etwas mit dem Brett und blickte sie auffordernd an. Ängstlich schluckte Imogen und nahm ihm das Skateboard ab. Sie legte dieses auf den Boden und stellte sich vorsichtig drauf. Es passierte nichts. Martin kicherte leicht und stieß ihr gegen den Rücken, sodass sie mächtig Schwung bekam. Als wolle sie davonfliegen wedelte sie mit den Armen auf und ab. Panische Angst machte sich in ihr breit und ihre Stimme arbeitete nicht mehr, wodurch sie nicht einmal schreien konnte. Das Skateboard bekam durch den Abhang immer mehr Geschwindigkeit und brauste schließlich an allem vorbei.
'Imey, bremsen!', hörte sie flüchtig Martin weit entfernt kreischen. Ein lauter Aufprall folgte und Imogen lag mit Pauken und Trompeten am Boden und rührte sich nicht mehr. Dazu war diese merkwürdige Aura hier noch wesentlich stärker.
'Hey nicht so stürmisch, Honey!', vernahm sie eine unbekannte Männerstimme. Verwirrt sausten ihre Pupillen hin und her.
'Hörst du mir zu? Alles Okey?', sie wurde unter den Armen gepackt und mit einem Ruck nach oben gezogen. Doch sobald sie diese Person wieder losgelassen hatte, saß sie wieder am Boden. Ihre Knie fühlten sich wie Wackelpudding und ihre Stimmbänder waren immer noch wie gelähmt. Völlig verwundert sah sie nun in die Augen des Mannes, der vor ihr hockte und sie verzückt anlächelte. Sofort war ihr klar: Das war kein Mensch. Auf keinen Fall. Der Mann trug einen roten, langen Mantel und eine schwarze Hose. Doch was viel merkwürdiger war, er hatte ein ungewöhnlich makelloses Gesicht, mit gerader Nase, sinnlichen Lippen und strahlend blauen Augen. Sie würde ihn auf fünfundzwanzig schätzen, wenn nicht diese weißen Haare wären. Ja, weiße Haare, die in einem modernen Stufenschnitt strubbelig bis über seine Stirn fielen. Er konnte kein Mensch sein. Außerdem war da noch diese Strahlung die von ihm ausging. Imogen war überwältigt. Er strahlte eine derartige Männlichkeit aus, dass sie nach Luft schnappte, wie ein Fisch auf dem Trockenem.
'Imey! Hey, Imey. Alles in Ordnung?!'
Sie schüttelte sich aus ihren Überlegungen und plötzlich war der Mann verschwunden und Martin kniete vor ihr.
'Meine Güte, hattest du einen Zahn drauf!', lachte dieser schallend. Imogen versuchte sich noch einmal zu konzentrieren, doch diese Aura war weg. Einfach verschwunden.
'W-was war das für ein Mann?', stammelte sie zittrig.
'Mann? Hier war kein Mann. Du bist gegen die Birke hier gefahren.'
'H-hier w-war kein Mann?!', fragte sie auf die weiße Rinde das Baumes starrend.
'Nein.', versicherte Martin und legte seine Hand auf ihre Stirn, 'du hast bestimmt vom Aufschlag fantasiert. Vielleicht hast du eine Gehirnerschütterung?'
‚Hab ich mir das wirklich nur eingebildet? Es war so real! Und diese Stimme…'
'Wir gehen jetzt zu einem Arzt! Ich mach mir echt Sorgen!', rüttelte er an ihren Schultern, als sie wieder auf Gedankenreise war.
'Boar, ne! Dieses Mädel muss sich nur ständig wichtig tun!', quakte Tracy dazwischen, die eine Vollbremsung hinlegte.
'Ach, Tracy…', seufzte Martin.
'Ja, ach Martin! Was soll das?! Seit wann bist du bitte so hilfsbereit?! Sonst stört es dich auch einen Scheiß, wie es anderen geht!', sie verschränkte ihre Arme und schmollte.
'Mit mir ist nichts! Ich will einfach nicht, dass du sie so behandelst!'
'Und warum?! Sie ist auch nicht anders, als alle anderen Tussis! Hör endlich auf! Sie wird niemals dazugehören, klar?! Ich hasse sie nämlich! Ich hasse sie abgrundtief! Sie macht alles zwischen uns beiden kaputt! Ist dir unsre Freundschaft so egal?'
'Nein, sie ist mir nicht egal.', blieb er äußerst ruhig.
'Das glaub ich dir nicht. Ich fahre! Wenn ich dir wichtiger bin, dann lass sie da liegen und komm mit!'
'Tracy, wie kannst du nur?'
Doch sie wendete sich einfach zum Fahren. Ohne ein weiteres Wort gehorchte er und ließ Imogen auf dem dreckigen Asphalt sitzen. Nur einen entschuldigenden Blick ließ er ihr da.‚Toll und jetzt?!', Imogen sah ihnen nach und versuchte schließlich aufzustehen, doch ihre Knie ließen sie sofort wieder auf den Hintern plumpsen. Ihre Beine waren wackelig wie frischer Teig.
‚Diese komischen Bretter sollten verboten werden!', fluchte sie im Stillen und legte ihre Hand auf ihre Brust. Ihr Herz pumpte wie auf der Flucht. Irgendetwas stimmte doch nicht! Erst am Balkon diese Blicke und nun dieser Typ! Sie konnte sich das alles doch nicht ernsthaft eingebildet haben oder etwa doch? War das diese ungewohnt stickige Atmosphäre, die ihr einen Streich spielte? Sie wusste einfach keine Antwort.
Die Sonne verschwand langsam hinter den großen Bäumen, wodurch die Luft erheblich abkühlte. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken und sie stand endlich wieder auf, da sie sich von dem Schock erholt hatte.
Da sie ja wieder kein Geld dabei hatte, beschloss sie einfach die Bushaltestellen abzulaufen, bis sie an der Bekannten im Wohnviertel ankommen würde.
‚Ich hasse sie abgrundtief!' das waren Tracys Worte gewesen. ‚Was soll ich nur tun? Ich will nicht schon wieder versagen. Aber mein neuer Schützling ist so schwierig! Einfach nur launisch! Ich musste mich noch nie so sehr beherrschen ruhig zu bleiben. Vielleicht sollte ich ihr die Wahrheit über mich sagen? Nein, was denk ich da schon wieder? Das hat das letzte mal doch auch alles kaputt gemacht…'
Ja, in ihrem letzten Auftrag hatte sie einen Mann von dreißig Jahren beschützen sollen. Er hatte sich aber dermaßen an sie rangemacht, dass sie die Beherrschung verloren hatte. Er war unglaublich notgeil gewesen, dass sich immer noch ihr Magen drehte, wenn sie daran dachte. Trotzdem hatte sie ihn gemocht und sie hatte ihm die Wahrheit gesagt, was jedoch sein Todesurteil gewesen war….
Sie schüttelte sich aus ihren Gedanken und hob ihren gesenkten Kopf wieder. Ein wunderschönes Abendrot stand über der Stadt und tauchte die Häuser in einen sanften Farbton. Das musste Imogen der Erde lassen, das Farbspiel war atemberaubend.







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