Eyes like yours Teil 22

Autor: Fullmoon
veröffentlicht am: 31.07.2007




Ian merkte, wie Liliane eine Distanziertheit an den Tag legte. Sie brachte ihm etwas zu essen und zu trinken, sie sagte ihm wo das Bad sei und dass sie ihm eine Zahnbürste gekauft hatte, worauf er sich zusammenreißen musste, um nicht zu grinsen.
Aber sie redete nicht viel mit ihm und behandelte ihn wie einen Fremden, was ihn eigenartigerweise sehr traf. In ihren Augen fehlte das warme Funkeln und ihr schöner Mund verzog sich nicht mehr zu einem Lächeln.
Im Schlaf merkte er, wie sie ihm entweder den Schweiß abwischte oder ihn wieder richtig zudeckte, wenn ihm kalt war.
Zwei Tage vergingen, an denen er erschöpft und müde ans Bett gefesselt war, doch gegen Abend des dritten Tages, wo er hauptsächlich geschlafen hatte und sich nur zwischendurch eine Mahlzeit gegönnt, sich geduscht und die Zähne geputzt hatte, hatte er wieder genügend Kraft um aufzustehen.
Ihm ging es besser und er glaubte, dass das Fieber mittlerweile gesunken sei.
Er hatte noch nicht die Zeit gehabt sich das Haus anzusehen, da er zu viel Müdigkeit und Schlappheit verspürt hatte, doch dieses Mal erkundete er es. Das Schlafzimmer war in warmen Tönen gehalten. Der Teppich auf dem Boden war weich und hatte einen sanften Orange-Ton, während das breite Bett ganz aus Holz war. An den Bettenden waren kunstvolle Verzierungen und Ian fragte sich, ob Liliane mit vielen Liebhabern hier eingeschlafen und aufgewacht war. Den Gedanken, dass sie verheiratet war, verwarf er gleich wieder, denn er hatte keinen Ring an ihrem Finger gesehen. Alles wirkte wie in einem Sonnenuntergang und als er das gegenüberliegende Kinderzimmer betrat, Jeamies Zimmer, fiel ihm auf, dass dieses eher einem Sonnenaufgang glich. Es wirkte friedlich und beruhigend.
Es gab ein Arbeitszimmer, das am nahesten an der Treppe war und in das Bad konnte man von Lilianes Schlafzimmer gelangen, aber es gab auch eine andere Tür im Flur.
Ian ging die Treppe herunter und fand Liliane in der geräumigen Küche. Das ganze Haus war voller Blumen und Lilianes persönlicher Note, was es sehr gemütlich und einladend erscheinen ließ.
Sie trug einen Rock und einen dicken unpassenden Pullover, was ihn vermuten ließ, dass sie darunter etwas passendes trug, da der Pullover aber mehr Wärme spendete, hatte sie ihn einfach angezogen, da sie sowieso zuhause war.
‚Sie muss wohl weggewesen sein, als ich geschlafen habe.' dachte Ian und blieb stehen.Sie suchte gerade etwas im Kühlschrank und bemerkte ihn erst später, als sie ihn wieder seufzend schloss, weil sie nichts Appetitanregendes gefunden hatte. Sein Anblick hier in dieser Küche ließ sie kurz zusammenzucken.
'Guten Tag.' sagte sie.
'Ich dachte, es ist schon Abend.' sagte er und blickte durch das Fenster in die dunkle Nachbarschaft.
'Es ist halb fünf.'
Die zerzausten blonden Haare könnten jedermann denken lassen, dass er gerade mit jemandem geschlafen hatte. Sie schüttelte den Gedanken ab.
'Hast du Hunger?' fragte sie.
'Ein wenig.'
'Soll ich dir etwas machen?'
'Nein, ich nehme mir etwas Obst.' sagte er und griff nach einer Pflaume.
Sie fühlte sich, als hätte sie sich verirrt und als wäre sie völlig fehl am Platz. Sie räusperte sich leise und trat ans Fenster, um ihm nicht in die Augen zu sehen.
‚Was bist du doch für ein unverbesserlicher Feigling.' sagte sie zu sich selbst.
Liliane spürte, wie er hinter sie trat, ohne sie zu berühren, aber sie spürte seine Gegenwart und wusste, dass er sie betrachtete.
Leider war es draußen schon so dunkel geworden, dass sie nichts Besonderes erkennen konnte, außer einer vorbeischleichende Katze im Laternenlicht.
'Wo ist Jeamie?' hörte sie ihn fragen.
'Sie ist bei Jane.' antwortete sie, ohne sich umzudrehen.
'Warum?'
Jetzt drehte sie sich doch nach ihm um. 'Warum nicht?' entgegnete sie.
'Ich dachte, sie müsste in den Kindergarten, so wie alle anderen Kinder.'
Sie kniff die Augen zusammen. 'Worauf willst du hinaus?'
'Liliane, ich hatte nur Fieber. Hattest du Angst, dass sie sich anstecken könnte, oder warum hältst du sie von mir fern?'
Sein Scharfsinn beeindruckte sie und zugleich machte er ihr Angst.
'Nein, du verstehst das falsch...' stammelte sie. 'Das hat nichts mit dir zu tun.'
Heuchlerin. Lügnerin.
Sie log nicht. Sie sagte ihm nur die halbe Wahrheit.
'Ich tue das immer, wenn ich... wenn ein Mann im Haus ist, der ihr fremd ist. Um sie vor einer späteren Enttäuschung zu schützen, verstehst du?'
'Bin ich dir denn genauso fremd, Liliane?'
Sie wich seinem Blick aus, aber er berührte sanft ihr Kinn und drehte es in seine Richtung.Er sah den Schmerz in ihren Augen, aber er ließ sie nicht los.
'Warum fragst du mich so etwas?' flüsterte sie.
'Weil du mich so behandelst.'
Sie machte sich nicht die Mühe dies abzustreiten.
'Ach, Liliane...' sagte er und seine Hand strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr.
Die Vertrautheit dieser Geste ließ sie erschaudern. Er beobachtete ihre Reaktion, während er mit beiden Händen begann ihre Schultern zu massieren und sie langsam heruntergleiten ließ.Ihre Pupillen wurden größer und die Farbe ihrer grünen Augen dunkler.
Als er flüchtig über ihre Brust strich, drang ein Seufzer aus ihrem Mund.
Er fühlte ihren rasenden Herzschlag.
Lily wollte protestieren. Sie musste ihm sagen, dass er aufhören sollte.
'Ian-' begann sie, doch sie wurde von ihm unterbrochen.
'Du bist erregt und dabei habe ich dich kaum angefasst.'
'Nicht...' stöhnte sie, als seine Hände tiefer, immer tiefer glitten. Sie presste sich gegen den Schrank.
Bevor noch schlimmeres passieren konnte, trat sie schnell einen Schritt zur Seite. Sie atmete schnell und flach. Ihre Wangen waren gerötet.
'Tu das nicht...' sagte sie atemlos. 'Bitte, tu's nicht.'
Er konnte nahezu spüren, wie sehr sie sich nach einem männlichen Körper sehnte.Sie ging aus der Küche, aber er folgte ihr hartnäckig. Er hatte so viele Fragen, die er ihr stellen wollte.
Seine eigene Tat vorhin verwirrte ihn. Er fühlte sich wie ein Lustmolch, der nichts anderes im Sinn hatte, als eine Frau anzufassen. Vielleicht war er das ja auch.
Ian wollte sich nicht dafür entschuldigen. Es war einfach über ihn gekommen. Es hatte in seinen Fingern gejuckt, diese unschuldige Frau zu berühren, diese Frau mit den sonderbarsten grünen Augen, die er je gesehen hatte.
'Wo ist Jeamies Vater?' fragte er, als sie sich auf den Sessel gesetzt hatte und nervös an ihrem Rock rumzupfte.
Das Zupfen hörte schlagartig auf und er sah Tränen in ihren Augen.
Er ist in meinem Haus. Er steht vor mir.
'Er ist nicht da.' sagte sie, um Zeit zu gewinnen. 'Er wollte nichts von ihr wissen.'Er setzte sich ihr mit ernstem Gesichtsausdruck gegenüber.
'Und was sollte ich in Deutschland mit einem Kind? Ich liebe meine Verwandten, doch niemand stand mir wirklich nahe.' fuhr sie fort.
'Deswegen bist du hierhin gezogen?'
Sie nickte unsicher und fragte sich, wie viel sie ihm von ihrem Geheimnis erzählen durfte.'Soll das heißen, dass du die letzten Jahre hier gelebt hast?' fragte er schärfer als beabsichtigt.Liliane schwieg und starrte auf den Boden.
Mit gemischten Gefühlen rieb er sich mit einer Hand die Stirn. 'Warum hast du mir nichts gesagt?'
'Hatte ich einen Grund, dir etwas zu sagen?' entgegnete sie und sah ihn an.
Er erwiderte ihren Blick. 'Ja.'
'Ich denke nicht.' korrigierte sie ihn. 'Soweit ich mich erinnere, hast du mir
unmissverständlich gesagt, dass du mich nicht mehr sehen willst.'
'Das ist doch etwas ganz anderes, Liliane!'
'Wie du siehst, bin ich auch ganz gut ohne dich zurecht gekommen.' sagte sie leicht beleidigt.
'Du hättest mir wenigstens sagen können, dass du hier lebst! Ich hätte dich ab und zu besucht!'
'Ich wollte nicht, dass du mich besuchst.'
Er schüttelte ungläubig den Kopf. 'Soll das heißen, dass du dich all die Jahre vor mir versteckt hast?'
Sie funkelte ihn an. 'So ein Schwachsinn!'
'Das ist doch... bescheuert!' rief er. 'Nach all dem was ich bis jetzt gehört habe, hast du dich sehr wohl vor mir versteckt!'
'Nur weil du Anwalt bist, muss du nicht denken, dass du immer richtig liegst!'
'Hättest du den Stolz zuzugeben, dass ich richtig liege, hätten wir nicht dieses vollkommen überflüssige Gespräch!'
'Du kannst noch so viele Bücher lesen und noch so lange Jura studieren wie du willst, aber manche Gründe kommen von dem Herzen!'
Zufrieden sah er, wie sie wütend wurde. Seine Mundwinkel zuckten und sie bemerkte es.Mit vorgerecktem Kinn stand sie auf und musterte ihn. 'Nicht jedes Leben ist so locker und unbeschwert wie deines, Ian Heyden.'
'Das habe ich nicht behauptet.'
'Aber gedacht.'
Er lächelte sie süffisant an. 'Sie haben immer noch eine ziemlich spitze Zunge, Miss Joyce.''Ich finde das nicht lustig!'
'Und wie.'
'Ian, das ist ein ernstes Gespräch.' sagte sie müde. 'Du bist kein bisschen erwachsener geworden.'
'Denkst du?' Er erhob sich und ging über den Glastisch zu ihr. Sofort wurde sie wieder unsicherer. 'Also schön.'
Er gab dem Drang nach sie wieder zu berühren und griff nach ihrer Hand. Und wieder erschauderte sie unter seiner Berührung.
Ihre Augen flackerten und sie sah gequält aus.
'Kannst du Probleme nur mit Sex lösen?' fragte sie leise und wollte ihm ihre Hand entziehen, doch er hielt sie fest.
'Probleme löse ich immer vor Gericht.' antwortete er. 'Verrate mir, warum du so empfindlich reagierst.'
'Ich reagiere nicht empfindlich.' sagte sie, spürte jedoch wieder dieses Kribbeln in ihrem Bauch.
'Und lügen tust du auch.'
'Ich habe dir gesagt, dass du mich nicht anfassen sollst.'
'Warum wehrst du dich denn nicht?' fragte er sie und sah sie herausfordernd an.
Intuitiv hob sie ihre andere Hand und wollte ihm eine Ohrfeige für sein unhöfliches Verhalten geben, doch er war schneller und packte ihre Hand noch im Flug.
Ein triumphierendes Glitzern trat in seine Augen, als er diese Hand an seinen Mund führte und einen zärtlichen Kuss darauf hauchte, ohne seinen Blick von ihr abzuwenden.
Sie war so erregt, dass es fast unerträglich wurde und sie wusste, dass, wenn er sie noch länger festhielt, sie ihm nicht mehr widerstehen konnte. Alles in ihrem Körper schien zu neuem Leben erwacht zu sein und alles pochte in ihr.
Auch Ian konnte sehnte sich wieder nach ihrem Körper, den er so liebte und lieben wollte, aber was war mit Cass? Er versuchte an sie zu denken, doch Lilianes Bild verdrängte ihres und er sah, wie es verblasste und letztendlich gänzlich verschwand.
Er fuhr fort ihre Hand zu liebkosen und sie sah ihm dabei zu, während sie verging.
Als sie es schließlich nicht mehr aushielt, trat sie stöhnend einen Schritt vor und, ohne seine Reaktion abzuwarten, küsste sie ihn.
Der Kuss steigerte ihre Erregung noch weiter und sie seufzte, als er ihn erwiderte und sie fest in seine Arme zog.
Ihre Zungen spielte miteinander, berührten sich mal zärtlich und mal leidenschaftlich. Ihre Finger krallten sich in seine nackten Schultern und sie drängte sich an ihn.
Doch plötzlich riss sie sich aus seinen Armen und starrte ihn geschockt an. Ihre Lippen waren geschwollen.
'Nur noch diese Nacht und dann musst du gehen.' sagte sie.
'Lil...'
'Nein, hör damit auf. Du reizt mich bis zu einem bestimmten Punkt, wo ich dir nicht widerstehen kann. Ich will meinen alten Fehler nicht noch einmal wiederholen. Du würdest Jeamie und mir nur wehtun.'
'Ich will euch nicht weh tun.' sagte Ian ehrlich.
'Und am Ende tust du es doch.'

'Du, Onkel Matt?' Jeamie zupfte an Matts T-Shirt.
Sie saßen gerade alle im Wohnzimmer und sahen sich einen Disney Zeichentrickfilm an.Nicholas kuschelte sich an seine Mutter, die ihm immer wieder durch die Haare fuhr.Matt wandte sich zu seiner bezaubernden Nichte. 'Ja, Süße?'
'Wird der Mann wieder gesund?'
'Welcher Mann?'
'Der bei meiner Mummy ist und ganz hohes Fieber hat.'
'Ach Ian, meinst du. Natürlich wird er wieder gesund.'
Zufrieden nickte Jeamie, während Nicholas interessiert aufsah.
'Onkel Ian hat Fieber? Stimmt das, Jeamie?'
'Natürlich stimmt das!' erwiderte Jeamie. 'Meine Mummy hat's mir gesagt.'
'Mom, was ist Fieber?'
'Fieber ist, wenn du eine ganz heiße Stirn hast.' erklärte Jane. 'Dann ist dir entweder ganz heiß oder kalt und du hast überhaupt keinen Hunger mehr. Du bist immer müde und willst schlafen.'
'Ach so.' sagte Nicholas. 'Onkel Ian schafft das, der ist sowieso immer ganz stark. Der kann sogar meinen Roller mit einer Hand tragen!'
Jeamie lehnte sich an Matt. 'Meinst du, dass meine Mum Ian lieb hat?'
Jane und Matt warfen sich bedeutende Blicke zu.
'Das weiß niemand so genau.'
'Ich glaube, dass ich ihn mag. Er wollte mit mir Winterprinzessin spielen. Und er ist lustig.'Matt drückte Jeamie einen Kuss ins Haar. 'Komm, wir gucken den Film weiter.'
'Wenn Mummy und Ian heiraten, habe ich endlich einen Daddy wie Nicholas.' Lächelnd sah sie in das Gesicht ihres Onkels, in dem sich viele widersprüchliche Gefühle spiegelten. 'So einen Daddy wie du oder Ian, das wäre toll.'
Liliane stand in der Dusche und schloss unter dem Wasserstrom die Augen. Sie wusste, dass es ein Fehler war ihn zu küssen, doch sie konnte nicht anders. Schon zu lange lebte sie in Enthaltsamkeit und schon zu lange hatten sie keine Hände mehr berührt.
Sie griff nach der Seife und rieb sich damit ein.
Was sollte sie nur tun? Es war zu verlockend ihn noch einmal zu küssen. Sie liebte ihn so sehr und jetzt, wo sie ihn wiedergesehen hatte, schien ihre Liebe noch stärker geworden zu sein.Sie erinnerte sich an die imaginäre Tür, die sie errichtet hatte, um ihn zu vergessen.Vor vier Jahren hatte sie diese Tür geschlossen und Ian war ein altes Kapitel.
Seit Thorsten diese Tür fast geöffnet hätte, hatte sie darauf geachtet, dass sie geschlossen blieb. In Amerika hatte sie Männer, die sie ablenken konnten und eine Zeit lang hatte sie ihn wirklich vergessen. In der Zeit wo sie sich diesen Männern hingegeben hatte.
Aber wenn sie Jeamie in ihre Arme schloss und sie beim Schlafen beobachtete, erkannte sie die unvergesslichen Gesichtszüge ihres Vaters.
Apropos Vater... Jane hatte ihr mitgeteilt, dass Bill Weihnachten mit ihnen feiern wollte.Liliane hatte immer noch kein gutes Verhältnis zu ihm, aber er kam ein paar Mal im Jahr vorbei und verbrachte einen Tag mit seiner Enkelin, die er sehr zu lieben schien.
Ihr Vater, der wieder neu geheiratet hatte und den sie nicht als Vater sah.
Sie wusste nicht, ob sie ihm je vergeben konnte. Ihre Beziehung war noch zu komplex und obwohl sie wusste, dass er sich sehnlichst von ihr wünschte, dass sie ihm vergab und dass er sie immer noch liebte, hatte sie das Gefühl ihre Mutter zu verraten.
Ein seltsames Gefühl, aber dennoch war es so.
Mit der Seife, die sie wegspülte, spülte sie auch ihre Gedanken an ihre Eltern wieder weg und es blieb nur noch Ian.
Sie sah immer noch seinen verletzten Gesichtsausdruck nach ihren taktlosen Worten gestern Abend, doch wie sollte sie ihm zu verstehen geben, dass er ihr viel zu sehr wehgetan hatte und dass dieses Risiko einfach zu hoch war?
Sie wollte ihn doch. Aber dieses Wollen war immer noch mit ihrer Angst verletzt zu werden verbunden. Sie brauchte Sicherheit. Sie brauchte...
Misstrauisch drehte sie sich um, weil sie ein Geräusch gehört hatte.
Durch das Glas der Dusche, sah sie Ian im Bad stehen, seine Augen unverwandt auf sie gerichtet. Sie erstarrte und war unfähig sich zu bewegen, geschweige denn seinem Blick auszuweichen.
Wie lange stand er schon da und beobachtete sie?
War er zufällig hereingekommen? Hatte er denn nicht gehört, dass sie am Duschen war?Sie folgte seinen Augen, die an ihren Brüsten weiter nach unten wanderten.
Sofort erwachte sie aus ihrer Trance und öffnete die Duschtür, um nach dem Handtuch zu greifen, dass sie sich hingelegt hatte. Sie hielt es schützend vor ihrem Körper und öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch die Worte blieben ihr im Hals stecken, als er auf sie zukam.Da sie ihm nicht näher sein wollte, wich sie zurück in die Dusche und merkte, dass sie in ihre eigene Falle getappt war.
Noch vollständig angezogen ging er hinein und das Handtuch war das einzige Hindernis zwischen ihrem und seinem Körper, wenn man die Kleidung nicht mitzählte, von der er sich langsam befreite.
Wie gebannt sah sie auf seinen straffen Oberkörper, nur um dann schnell seinem
angedeutetem Lächeln auszuweichen.
'Was machst du da?' krächzte sie, als er sich aus seiner Jeans schälte.
Er sah sie wieder ernst an, antwortete jedoch nicht.
Erschrocken atmete sie zischend ein, als er auch das letzte Kleidungsstück entfernte und aus der geöffneten Duschtür warf. Seelenruhig schloss er die Tür und schaltete das Wasser an, ohne dabei auf ihr nasser werdendes Handtuch zu achten. Fasziniert beobachtete sie die einzelnen Wassertropfen, die an seinem Rücken herunterrannen, riss sich aber wieder zusammen und ging einen entschlossenen Schritt auf die Tür zu, die er jedoch mit seinem Körper versperrte. Außerdem war die Dusche zwar geräumig und groß, doch zwei Menschen hatten nur begrenzt Platz.
'Ich möchte gerne raus.' sagte sie.
Er beachtete sie nicht, versperrte ihr aber weiterhin den Weg.
Liliane traute sich nicht ihn zu berühren und ihn wegzuschieben. Sie wagte es nicht. Sie konnte nicht. Weil sie genau wusste, dass sie ihn nicht wegschieben würde.
Sie stellte entschlossen das Wasser ab, um ihm mitzuteilen, dass er nicht allein war und sah ihm ins Gesicht. Was würde er jetzt tun?
Er drehte seinen Kopf langsam in ihre Richtung, die blonden Haare lockten sich wegen der Feuchtigkeit und der kalte Ausdruck in seinen Augen, ließ ihr Herz einen Schlag aussetzen.Es war, als würde sie in einen tobenden Meeressturm blicken, dem sie hilflos ausgeliefert war.Mit seinem muskulösen Körper drängte er sie zurück an die Wand und sie drückte das Handtuch fester an sich.
Er streckte einen Arm aus und seine Handfläche berührte die beschlagenen Fliesen. Eisig schaute er auf sie hinunter und sie kam sich klein und wehrlos vor.
Sekunden vergingen, bis er endlich etwas sagte.
'Ich will dir nicht wehtun!'
Sie blinzelte ihn überrascht an. Sie hatte eine Standpauke erwartet, einen Streit, doch nicht das.
'Ich weiß, dass ich dir wehgetan habe. Ich weiß, was ich für ein Arschloch war, aber meinst du nicht, dass sich Menschen ändern können? Kannst du nicht den Menschen in mir sehen, der jetzt in diesem Augenblick vor dir steht und nicht denjenigen vor vier Jahren? Wenn du das tun würdest, dann hättest du gesehen, wie sehr ich dich vermisst habe und wie ich mich gequält habe, um dich zu vergessen. Du hättest gesehen, wie ich mich zu Tode gearbeitet habe und wie oft ich vor dem Reisebüro stand, um mir ein Ticket nach Deutschland zu kaufen, aber immer wieder mit eingezogenem Schwanz wieder weggegangen bin! Weißt du eigentlich wie gerne ich dich umarmt hätte und ich hätte alles dafür gegeben um dich zu halten. Und jetzt hatte ich Fieber, ich war krank, und endlich warst du wieder da. Aber die Art wie du mich jetzt behandelst tut mir weh. Vielleicht denkst du, dass ich keine Gefühle habe, aber ich habe welche. Vielleicht denkst du auch, dass ich immer noch dieses Arschloch von damals bin, aber ich habe mich gebessert!' Er hielt inne, als er eine dicke Träne aus ihrem Auge tropfen sah. 'Lil, ich habe dich so vermisst.' sagte er schwach und wischte ihr die Träne mit einer sanften Bewegung seines Daumens weg.
Sie schluchzte. 'Denkst du, dass du mir nicht gefehlt hast?'
Ian lehnte seine Stirn gegen ihre. 'Bitte...' flüsterte er und zog sie an sich.
Als Antwort ließ sie das Handtuch fallen und sofort fing er seinen Mund mit ihren ein.Die ganzen Jahre, die sie nicht zusammen waren, hatten sie das Gefühl vergessen lassen, das sich in ihren Körpern breit machte, wenn sie zusammen waren.
Jetzt strömte es durch ihre Adern und belebte sie.
Durch die Leidenschaft seiner Küsse wurde sie an die Wand gepresst und mit dem Verlangen nach mehr versuchte sie ein Bein um seinen Körper zu schlingen, doch sie rutschte ab.Er küsste ihren Hals und liebkoste ihre Brüste.
Aus ihrer Kehle entrang sich ein wimmernder Laut.
Es war so lange her...
Er küsste sie immer noch gründlich und er glitt tiefer, um jeden einzelnen Zentimeter von ihr in Augenschein zu nehmen und anschließend zärtlich mit der Zunge darüber strich, um sein Revier zu markieren.
'Ian... ich kann nicht mehr...' flehte sie ihn an. 'Ich muss...'
Er richtete sich wieder auf und sah ihr tief in die Augen.
Dann hob er sie an und sie konnte endlich die Beine um ihn schlingen.
Er stöhnte. 'Warte... was ist mit Verhütung?'
'Ich... nehme... die Pille.'
'Darf ich dir denn glauben?' fragte er und knabberte an ihrem Hals.
Sie konnte ihm nicht mehr antworten. Sie stand bereits in Flammen und war nur noch in der Lage stöhnende und seufzende Laute von sich zu geben.
Als sie ihn in sich spürte, drückte sie ihn fester an sich.
Ihre Haare ergossen sich über seinen Rücken und er schob sie noch ein wenig weiter nach oben, um sie noch mehr auszufüllen.
Sie bewegten sich in einem uralten Rhythmus der Zeit, fühlten nur noch sich und verschmolzen zu einem Bestandteil der Erde.
Liliane ließ sich von ihm in eine Welt führen, wo es nur noch Licht gab und als es endlich so weit war, stieß sie einen erstickten Schrei aus und klammerte sich an ihn.
Er küsste sie, bis ihre Zuckungen nachließen und dann vergrub er sein Gesicht zwischen dem Tal ihrer Brüste, als auch er einen kurzen Einblick in das Paradies der Erde gewann.

Sie konnten nicht genug voneinander bekommen. Nach dem Liebesakt in der Dusche taumelten sie irgendwie ins Bett und blieben dort für eine längere Zeit.
Ian erforschte ihren Körper immer wieder und auch sie konnte nicht still herumliegen.Es glich einer Obsession.
Als beide endlich erschöpft und unheimlich befriedigt zusammen lagen, Liliane dösend an seiner Brust, fühlten sich beide wund, aber unglaublich gut.
Gut für den Augenblick, doch später mussten sie sehen, was dieses Feuer zwischen ihnen für Probleme ausgelöst hatte. Probleme, die nicht einfach mit einem Fingerschnipsen zu lösen waren.

Lily wusste nicht wie spät es war und welchen Tag sie hatten. Sie hatte das Gefühl von einer langen Reise wiedergekehrt zu sein. Sie war in einer Welt gewesen wo die Zeit stehen geblieben war und nur der Augenblick lebte.
Sie stolperte ins Bad und zog sich ihren Bademantel über ihren Körper, der ganz weich vor lauter Liebkosungen war. So fühlte es sich jedenfalls an. Sie besah sich im Spiegel und stellte fest, dass ihre Augen eigenartig leuchteten.
Ob das nur wegen Ian war?
Ihre Finger tasteten eine Stelle an ihrem Hals ab, wo Ian ein Mal hinterlassen hatte.
Bei dem Gedanken an ihn fühlte sie Freude und Glück, zu gleichen Zeit aber auch Verwirrung und Aufgewühltheit.
Sie betrachtete ihr Spiegelbild näher. Ihre Haare waren ganz zerzaust und ihre Wangen leicht gerötet.
Nachdenklich biss sie sich in ihre Unterlippe und wandte sich vom Spiegel ab.
Wie sollte es jetzt weitergehen?
Unruhe nahm von ihr Besitz und sie fing an hin und her zu gehen, während sie über die Frage nachdachte. Sie fand keine Antwort und das Badezimmer, dort, wo sie sich nach so langer Zeit wiedergefunden hatten, beruhigte sie keineswegs.
Liliane zog den Bademantel fester und rauschte hinaus. Aus dem Bad, aus dem Schlafzimmer, die Treppe hinunter.
Vielleicht sollte sie sich beschäftigen. Vielleicht sollte sie... ach verdammt, was hatte sie nur getan?
Ian hatte ihr verwirrtes Gesicht gesehen, als sie aus dem Zimmer gestürzt war und nun richtete er sich auf und blickte auf die Tür, die sich erst vor wenigen Augenblicken geschlossen hatte. Er beschloss ebenfalls hinunter zu gehen, um nach ihr zu sehen.Er zog sich nur seine Boxershorts an und fuhr sich durch die Haare, ehe er die Tür öffnete.Unten hörte er sie fluchen.
Ian wusste selbst, dass sie sich beide hatten gehen lassen, doch er vermochte sich nicht gegen diese starke Anziehungskraft, die sie auf ihm ausübte, zu wehren.
Es war, als wäre sie ein Magnet und er ein Stück Eisen, das immer wieder zu ihr
zurückkehrte. Oder war es doch anders herum?
Liliane räumte das ohnehin schon saubere Wohnzimmer auf. Sie rückte Vasen zurecht, zupfte an den Lilien herum und hob ein paar vertrocknete Blätter auf, um sie in den Müll zu
schmeißen.
Irgendwie überraschte es sie nicht, Ian am anderen Ende des Zimmers stehen zu sehen und ohne ein Wort ging sie in die Küche, warf die Blätter in den Mülleimer und griff dann zur Gießkanne. Sie riss den Wasserhahn brutal auf. Das kalte Wasser floss durch ihre zitternden Hände, die den Griff umklammerten.
Sie drehte den Hahn wieder zu und begann die Blumen zu gießen.
Ian hatte ihr Treiben nur mit einem Schweigen kommentiert und mit einer unablässigen Musterung ihres Gesichts.
Er wusste nicht, was er machen sollte. Sie war völlig durcheinander von dem was zwischen ihnen vorgefallen war.
Aber ob sie sich mit dieser Tätigkeit wieder beruhigen konnte oder suchte sie nur einen Schutz, um nicht mit ihm zu reden?
Er wartete bis sie fertig war, bevor er sie ansprach.
Draußen dämmerte es und der farbenfrohe Himmel, verlieh auch ihrem Haar eine besondere Note. Es schimmerte wie Gold in der untergehenden Sonne.
Liliane wollte wieder an ihm vorbei, doch er fasste sie am Handgelenk.
'Lil...'
Er griff nach ihrem Kinn und drehte es in seine Richtung, so dass sie direkt in seine Augen sah.
'Warum bist du wütend?'
In ihren Augen flackerte es kurz und diese Reaktion bestätigte ihm, dass er mit seiner Vermutung richtig lag.
'Ich bin nicht wütend.' sagte sie mit gepresster Stimme.
'Bereust du, dass wir miteinander geschlafen haben?' fragte er.
Ihre Augen füllten sich mit Tränen. 'Ich weiß nicht, was ich bereuen soll und was nicht.' Sie machte sich von ihm los. 'Wir... wir haben einfach nicht nachgedacht.'
'Nein.' erwiderte er. 'Das haben wir nicht. Aber muss man wirklich über alles nachdenken? Selbst in den Momenten, wo Nachdenken falsch wäre?'
Lily blinzelte ihre Tränen weg. 'Ich habe Angst, dass... dass...' Ihre Stimme brach. Es war schon anstrengend genug nicht vor lauter Verzweiflung in Tränen auszubrechen und die Stimme aufrecht zu erhalten.
'Dass du wieder einen Fehler begehst.' beendete Ian ihren Satz und gleichzeitig verspürte er einen schmerzhaften Stich. 'Warum siehst du in mir immer nur deinen ‚alten Fehler', Liliane?'
Er hatte vorwurfsvoller geklungen, als er wollte.
'Ich sehe in dir keinen ‚alten Fehler', Ian. Es ist nur,... dass ich jetzt nicht mehr allein bin. Ich habe eine Tochter.' Deine Tochter. 'Ich kann und werde nicht zulassen, dass du ihr das Herz brichst. Sie hatte nie einen Vater und wenn du ihr erst die Hoffnung gibst, sie aber später wieder nimmst...' Die Tränen kamen zurück. 'Das darfst du ihr nicht antun.' flüsterte sie. 'Sie mag dich, Ian. Bitte tu ihr nicht weh.'
Und bitte tu mir nicht weh.
Er strich ihr eine Strähne hinters Ohr. 'Ist das der Grund, warum du wütend auf dich bist? Weil du rücksichtslos gehandelt und dabei nicht an Jeamie gedacht hast?'
Als seine Hände sich zärtlich auf ihre Wange legten, schloss sie für einen kurzen Augenblick die Augen, um das Chaos in ihrem Innern, das er wieder neu erstehen ließ, zu bändigen. Oder es wenigstens zu versuchen.
'Und wegen meiner Dummheit.' antwortete sie.
'Deiner Dummheit?'
Liliane trat einen Schritt zurück. Es war das Beste es ihm sofort zu sagen, bevor er sich am Ende wieder so wunderte. Und zusammenzuckte, weil er das nicht ertragen konnte.
'Ich liebe dich, Ian.' sagte sie leise. 'Ich tue es immer noch, nach so langer Zeit.' Ihre Lippen formten ein zittriges Lächeln. 'Und das macht mich so dumm.'
Ian sah sie mit schmerzgefüllten Augen an. 'Lil...'
'Willst du mich etwa bemitleiden?'
Die ersten Tränen rannen an ihren Wangen herunter. Sie hätte es ohnehin nicht geschafft, nicht zu weinen.
'Nein, ich... ach verdammt.'
Mit einem Schritt war er bei ihr und zog sie in seine Arme.
Gedemütigt fing sie an laut zu schluchzen und er drückte sie etwas fester.
'Ich wünschte, ich wüsste, was in deinem Dickschädel vorgeht... ich wünschte, ich könnte in dein Herz sehen... ich wünschte, du könntest... Jeamie lieben...'
Er küsste ihre Haare. 'Shhh...'
'Sie hätte so gerne eine richtige Familie... aber sie hat nur mich. Sie hat keine Geschwister, mit denen sie spielen und sich streiten kann und keinen Vater, der ihr Gutenachtgeschichten vorliest...'
Es tat ihm weh zu erfahren, wie einsam Liliane war.
Aber wie könnte er das ändern? Etwas Idiotisches stieg in seinem Kopf, was er aber gleich wieder verwarf. Danach kam wieder ein Gedanke, eher gesagt eine Begründung, die er noch lächerlicher fand, als der vorherige Gedanke überhaupt.
'Ich weiß zwar nicht genau, was ich für dich empfinde, aber ich weiß, dass dieses Gefühl sehr stark ist. Ich weiß aber auch, dass ich mit dir zusammen sein will, Lil.'
'Willst du das?' fragte sie und er merkte, wie sie blinzelte. Die feuchten Wimpern berührten bei der Bewegung seine Haut.
Ian schob sie gerade so weit zurück, dass sie ihn ansehen konnte. Er konnte jedoch nicht direkt auf ihre Frage antworten und tat es, indem er sie zärtlich küsste.
In diesem Moment wollte er nur eins: Nämlich diese Frau glücklich zu sehen.







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