... mich kann man doch nicht lieben Teil 2

Autor: Mietzekätzchen
veröffentlicht am: 28.04.2008




'Hi, mein Name ist Thommy...'
Anna musterte ihn leicht verwirrt von oben bis unten. Er war bestimmt einen Kopf grösser als sie, braungebrannt, schwarze Haare, hatte grüne Augen die leuchteten wie Smaragde und hatte ein umwerfendes Grinsen auf den Lippen.
'H..Hi..', hauchte Anna verlegen.
Der Junge lachte und sah unweigerlich die Schnitte auf Annas Arm. Sofort verdunkelte sich sein Gesicht.
Er zeigte auf die Schnitte und fragte wieso sie das gemacht habe.
Anna schaute ihn perplex an, stotterte und rannte davon, beinahe in einen Baum hinein. Sie packte ihr Fahrrad und radelte davon, ohne zu bemerken, dass sie ihre Badetasche vergessen hatte.

Thommy stand noch immer am Ufer des Sees und schaute aufs Wasser hinaus. Was ist mit diesem Mädchen los? Er wollte doch nur nett sein. Er schüttelte den Kopf und bemerkte plötzlich die Badetasche auf dem Boden. Er hob sie auf und auf der Innenseite standen Name und Adresse. Er beschloss gleich am nächsten Tag zu ihr zu gehen um ihr erstens die Tasche zurück zugeben und zweitens um sie zur Rede zu stellen. Er war nicht der Typ der sich in Leben anderer einmischte, doch ihm ging nicht mehr aus dem Kopf wie friedlich sie dalag als er sich ruhig gehalten hatte und wie erschrocken und fast panisch sie war als er Geräusche machte. Er drehte sich um und ging den Weg Richtung Dorf entlang und dachte auch immerzu an ihre Augen. Am Anfang waren sie gelb und als sie so richtig erschrak und panisch wurde wurden sie giftgrün und das gefiel ihm irgendwie. Diese Augen vertraten ihre Gefühle...

Anna kam völlig ausser Puste und total nass geschwitzt im Dorf an. Sie radelte am Kiosk vorbei und dachte sich, sie wolle mal schauen ob sie ein interessantes Heft fand. So stieg sie ab, lehnte ihr schweinerosafarbenes Rad an die Kioskwand und trat ein. Sie eilte zu einem Regal voller Hefte und besah sich diese. Ihr Blick fiel auf ein Modemagazin mit einem sehr hübschen Model drauf. Sie zog sich das Heftchen aus dem Regal und besah sich den Preis. 4 Euro und 50 Cent war zu teuer und sie hatte auch kein Geld dabei. Sie sah sich zur Kassiererin um, sah dass diese ihr keine Aufmerksam schenkte und Anna liess das Heft unter ihrem T-Shirt verschwinden. Dann begutachtete sie noch ein paar andere Hefte wie Wendy und Co. um nicht aufzufallen und ging schlussendlich. Sofort stieg sie auf ihr Fahrrad und radelte so schnell sie konnte nach Hause. Glücklicherweise verspürte sie keinerlei schlechtes Gewissen, sondern eher Stolz, dass sie sich endlich etwas getraut hatte.
Nach dieser Hetzjagd muss ich mindestens zehn Kilo abgenommen haben, dachte sie sich leicht angenervt. Sie kam schlussendlich völlig ausser Puste zu Hause an, stellte das Fahrrad in die Einfahrt, weil sie vor hatte damit zur Schule zu fahren und ging dann rein.
Sie flüchtete sofort ins Bad, zog ihre nassen Klamotten, teils von den nassen Badeklamotten, teils vom Schweiss, aus und stellte sich auf die Waage. 78 kg registrierte sie sich. Dann stieg sie unter die Dusche und liess sich das warme etwas kitzelnde Wasser über den Körper laufen. Irgendwie ging ihr Thommy nicht mehr aus dem Kopf, jetzt da sie Zeit hatte um
nachzudenken. Sie überlegte sich wie zum Teufel gerade ein solch gut aussehender Junge auf die Idee kam, sie anzusprechen. Sie nahm das nach Vanille duftende Shampooöl vom Regal, welches sich in der grosszügigen Dusche befand, und shampoonierte sich die Haare. Und wieso zum Teufel interessiert er sich für meine Schnitte am Arm?! Sie schüttelte den Kopf und bemerkte das sie blutete, eine von den Wunden war aufgeplatzt. Sie kümmerte sich nicht weiter darum und wusch sich das Shampoo aus den Haaren.
Jetzt kam der Teil den sie nicht mochte, sie klaubte sich die wohlriechende Seife aus dem Regal und begann sich damit einzuseifen. Sie hasste es sich selber zu berühren. Sie fand sich selbst ekelhaft und fühlte sich unwohl wenn sie sich selber anfasste.
Nachdem sie diese, für sie unangenehme, Prozedur erledigt hatte, wusch sie sich auch die Seife vom Körper, stellte das Wasser ab und verliess die Dusche. Sie wickelte das grosse Tuch, das auf einer Stange lag, um ihren Körper und das kleinere auf dem Waschbecken wickelte sie sich um die Haare. Sie stellte sich vor den beschlagenen Spiegel und wischte ihn ein bisschen ab, dann besah sie sich ganz genau im Spiegel. Sie hatte ein aufgequollenes Gesicht, Momentan gelbe Augen, wuschige Augenbrauen die ihr beinahe auf der Nase wuchsen, erstaunlicherweise aber total reine Haut. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, sie hatte lange dichte Wimpern und Grübchen wenn sie lächelte um den Mund herum.Sie seufzte wieder, was sie immer machte wenn sie Druck vom Herzen loswerden wollte.Sie räumte die Dusche kurz auf, packte Kleider und Heftchen und verliess mit wachsamen Augen und offenen Ohren das Bad, sie musste aufpassen, dass ihre Mutter sie nicht erwischte, weil ihre Arme unbedeckt waren. Sie war nirgends in Sicht, also floh sie schnell in ihr Zimmer. Dort angekommen zog sie sich schnell ein Sweatshirt über und dann suchte sie ihre Mutter. Sie war allerdings nicht auf zufinden. Anna zuckte mit den Schultern und ging wieder in ihr Zimmer, dabei stiess sie sich die Zehe an der grossen Holzkommode im Gang. Sie stiess einen erstickten Fluch aus und verzog sich grummelnd in ihr Zimmer. Sie legte sich aufs Bett, zog das Heft aus dem Wäscheberg der auf dem Boden, direkt vor ihrem Bett lag und blätterte es durch. Überall sah sie nur dürre, schöngekleidete Geschöpfe, die nicht aus dieser Welt zu sein schienen. Sie wollte auch so aussehen! Sie blätterte weiter und stiess auf eine Seite mit Diättipps auf der unter anderem stand, man solle viel Sport treiben und zwei bis drei Liter Wasser trinken. Sie nickte in Gedanken und nahm sich vor das durchzuführen. Sie schloss das bläulich schimmernde Heft mit dem hübschen Gesicht von Jessica Alba auf dem Cover, stand auf, hob die Matrazze ein bisschen an und verstaute das Heftchen darunter. Sie schritt auf den Gang hinaus und rief nach ihrer Mutter, da sie keine Antwort bekam, nahm sie an, dass sie noch nicht zurück war und ging in das Zimmer von ihr, um sich eine DVD zu holen, welche sie sich noch bevor sie zu Bett ging anschauen wollte.
Sie klopfte allerdings trotzdem vorsichtshalber an die Tür und als sie auch nach dem Anklopfen keinerlei Reaktion vernahm, trat sie schlussendlich ein.
Es war dunkel im Zimmer, die Rollladen waren unten und nur ein paar Lichtstrahlen konnten sich einen Weg durch diese Blockade bahnen. Trotzdem konnte Anna eine Gestallt auf dem Bett erkennen und identifizierte sie als ihre Mutter Catheline. Anna ging zum Rollladen und zog ihn hoch. Dies entpuppte sich allerdings als keine leichte Angelegenheit, da die Rollen leicht eingerostet zu sein schienen. Trotzdem waren sie schlussendlich oben. Ihre Mutter allerdings bewegte sich keinen Zentimeter, obwohl die letzten Sonnenstrahlen direkt auf ihr Gesicht fielen. Das Mädchen wurde misstrauisch und ein wenig Angst strömte durch ihren Körper. Sie ging zu ihrer Mutter und beobachtete sie, sie wusste nicht ob sie noch atmete oder nicht. Sie ging näher heran und hielt die Hand unter ihrer Nase. Erleichtert stellte Anna fest, dass sie noch atmete. Sie schaute ihre Mutter wieder an, sie hatte sehr bleiche Haut, auf der sich Sommersprossen zierten. Die Haut schien zerbrechlich wie Porzellan zu sein, roséfarbene, volle Lippen und eine rote Lockenmähne unterstrichen noch ihr zerbrechliches aussehen. Ein wenig neidisch lächelte Anna. Sie drehte sich ein bisschen und begutachtete die Dinge auf der Kommode und sie sah, dass eine Dose Schlaftabletten darauf stand. Jetzt wusste sie auch wieso sie so fest schlief. Seit dem Tod ihres Mannes und Annas Vater, musste Catheline Schlaftabletten nehmen um so einigermassen gut zu schlafen. Anna dachte nicht gerne an den Tod ihres Vaters, denn sie hatte ihn geliebt. Das war nun zwei einhalb Jahre her und trotzdem, wenn sie an ihn dachte kamen ihr die Tränen. Seit dem hatte sie auch all diese Probleme. Bevor ihr Vater starb war sie ein schlankes, hübsches Mädchen mit vielen Freunden und sogar einem festen Freund. Als ihr Vater starb allerdings, wurde sie esssüchtig, distanzierte sich von den Freunden und verlor alles. Nach einem halben Jahr und 15 Kilo mehr zogen sie fort und seitdem wohnte sie in diesem kleinen, bescheuerten Bauerncaff. Anna verwarf den Gedanken an ihren Vater wider, machte kehrt, liess die Rollladen wieder runter und ging aus dem Zimmer ohne eine DVD mit zunehmen. Sie schloss noch kurz die Haustüre zu, überprüfte ob alle Fenster geschlossen waren und ging zu Bett. Als sie im Bett lag, tief eingekuschelt in ihre Kissen und aus dem Fenster lugte, sah sie den rotgefärbten Himmel der schon ins blaue überging und den Polarstern. Sie mochte solche Bilder, sie waren romantisch und verleiteten zum träumen. Sie drehte sich auf die andere Seite, schloss die Augen und schlief sofort ein.







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