Mondfinsternis Teil 6

Autor: Jiyu no Kotoba
veröffentlicht am: 19.07.2008




Kapitel 6 - Nachhilfe und Eis

Zu Hause aß ich zu aller erst ausgiebig zu Mittag. Meine Mutter wunderte sich später, wie leer der Kühlschrank auf einmal war.
'So, die neue Tür ist drinne.' Aufseufzend ließ mein Vater sich auf einen Stuhl sinken.
'Krieg ich dann 'nen Schlüssel?' erkundigte ich mich.
'Immer mit der Ruhe. Ich muss erst noch welche nachfertigen lassen.'
'Hm.' Missmutig löffelte ich meinen Pudding leer. 'Ich geh hoch.'
'Aber nicht wieder nur lesen. Vorher machst du deine Hausaufgaben.'
'Klar.'
In meinem Zimmer fuhr ich meinen PC hoch und ging ins Internet. Als erstes schaute ich nach, ob ich Mails bekommen hatte. Neben einigen unwichtigen Nachrichten war auch eine von meiner Freundin Conny dabei:

hi leo!
na? wie geht's? sorry, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe, aber wir hatten so viel mit referaten und arbeiten und dem ganzen schwachsinn zu tun, dass ich überhaupt nicht dazu gekommen bin zu mailen.
aber du glaubst es nicht: stephan ist mit melanie zusammen! wie die das geschafft hat… naja… sag mal, was ist jetzt mit den sommerferien? treffen wir uns?
lieb dich :-* conny

Ich klickte auf ‚Antworten' und fing an zu tippen:

Ich hab meine Ma gefragt. Das müsste in Ordnung gehen. Warum bist du so überrascht? Melanie ist doch ganz nett und die zwei haben sich auch immer ziemlich gut verstanden.Aber wann würdest du dann kommen? Direkt die erste Woche?

Ich schickte die Nachricht ab und machte Musik an. Dann holte ich einen Zeichenblock, Bleistifte verschiedener Stärke und einen Radiergummi und begann zu Zeichnen. Hausaufgaben konnte ich auch heute Abend noch machen.
Auf dem weißen Papier entstand nach und nach ein Wolf inmitten einer weiten Wiese, der den Mond anheulte, welcher groß und hell über ihm stand. Als ich mit der Bleistiftzeichnung fertig war, wirkte das Bild irgendwie… farblos. Also holte ich Buntstifte heraus und fing an mit Farbe zu arbeiten. Ich benutzte hauptsächlich blasse Grün- und Blautöne, ansonsten ebenfalls keine auffälligen Farben. Doch dem Bild fehlte nach wie vor der Ausdruck. Zögerlich griff ich nach den Rottönen und bearbeitete den Mond. Mondfinsternissen hatten auf mich schon immer faszinierend gewirkt.
Als ich mit dem Bild soweit fertig war, dass es mich für den Moment zufrieden stellte, legte ich den Block zu auf mein Bett und die Stifte zurück in den Schreibtisch. Über das Zeichnen war einige Zeit vergangen und ich sah nach, ob Conny mir geantwortet hatte. Hatte sie.

hey du!
wieso ich so überrascht bin? ich weiß es nicht. ich hab halt nicht erwartet, dass…
ausgerechnet die beiden zusammenkommen. du weißt schon. stephan ist nun mal ein absoluter mädchenschwarm. und melanie… nun, ist melanie.
ich kann in den sommerferien erst in der zweiten woche. was heißt, in deiner dritten
ferienwoche.
ich freue mich schon auf die sommerferien!
küsschen, conny

Verwundert schloss ich die Mail. Schon die letzte hatte mich irritiert. Sie waren anders als normalerweise. Nun ja. Vielleicht bewertete ich da etwas über. Vermutlich würde ich in den Sommerferien merken, dass Conny noch genauso schräg drauf war, wie immer.
Träge schlurfte ich, nachdem ich den PC ausgemacht hatte, wieder runter ins Wohnzimmer und legte mich auf dem Rücken, den Kopf nach unten hängend und die Beine über die Rückenlehne auf das Sofa. Als ich gerade damit anfing, meine Piercings abwechselnd raus und wieder rein zu machen, kam meine Mutter ins Zimmer.
'Was ist denn mit dir los?' fragte sie, während sie ihren Einkauf in die Küche trug.
'Laangweilig' stöhnte ich. Sie kam zurück und lehnte sich gegen den Türrahmen.
'Bist du mit den Hausaufgaben fertig?'
'Ja.' Lüge. Aber egal.
'Warte mal.' Sie ging zu einem Bücherregal und holte ein großes, dickes Buch heraus. 'Hier, les das mal. Das ist bestimmt interessant.
'Was das?' nuschelte ich.
'Das Jubiläumsbuch deiner Schule.'
'Hä?' Ich rutschte von der Couch und krabbelte auf sie zu.
'Vor drei Jahren ist die Schule zweihundert Jahre alt geworden und zu diesem Anlass haben sie die Bücher gedruckt. Ich hab es bei deiner Anmeldung bekommen und bisher immer wieder vergessen, dir zu geben. Du kannst es dir ja mal angucken.'
'Hm.' Ich nahm ihr das Buch ab und legte es vor mir auf den Boden. Dann blätterte ich, auf dem Bauch liegend, ein wenig durch die Seiten. Verwundert sah meine Mutter mich an.'Willst du nicht hoch gehen?'
'Pff. Nee.'
Sie zuckte mit den Schultern. 'Wie du meinst.'
In dem Buch waren wunderschöne Fotographien der Schule und Umgebung zu allen möglichen Tages- und Jahreszeiten. Jetzt wurde mir erst wieder bewusst, wie alt die Schule war. Oder eher das Gebäude, denn bevor es zur Schule wurde, war es ein alter Herrensitz.Ich blätterte weiter und stieß auf neue Bilder. Dieses Mal keine von der Schule selbst, sondern vom Kollegium. Noch zwei Seiten weiter waren Fotos der verschiedenen Klassen. Ich entdeckte altes Bild meiner neuen Klasse. Es war interessant zu sehen, sie stark sich manche Leute verändert hatten. Und wie wenig andere. Marion hatte im siebten Jahrgang noch lange Haare. Drei der Schüler, die auf dem Foto zu sehen waren kannte ich gar nicht. Sie waren vermutlich umgezogen oder sitzen geblieben. Ich blätterte wieder weiter und begutachtete die damaligen Neuner. Aber irgendwas fehlte. Irgendwer. Ich suchte weiter ohne zu wissen wonach. Erst als ich alle vier Klassen dreimal angesehen hatte, fiel es mir auf. Darren fehlte. War er an dem Tag vielleicht krank gewesen? Irgendwann sah ich ein, dass er nicht da war und schaute mir die höheren Jahrgänge an. Und sofort fiel er mir ins Auge. Fröhlich grinsend starrte er in die Luft. Er hatte damals noch keine Dreadlocks und seine Haare waren im Vergleich zu jetzt noch relativ kurz. aber hier waren doch Fotos der zehnten Klassen. Nur… Darren war doch bloß zwei Jahrgänge über mir. Achja. Er war ja hängen geblieben.'Elli-Schätzchen! Komm Essen.'
Ich stand auf und legte das Buch geschlossen auf den Wohnzimmertisch. Dann half ich meiner Mutter beim Tischdecken. Als wir fertig waren, rief ich meinen Vater zum Essen.'Kannst du mir eben die Schüssel geben?'
Ich reichte meiner Mutter die Schale mit den Kartoffeln und wandte mich wieder meinem eigenen Teller zu.
'Nächste Woche ist es so weit!' Mein Vater steckte sich die Gabel in den Mund und starrte verträumt ins Nirgendwo. Er klang aufgeregt wie ein kleines Kind, als er begann zu reden. 'Dann kann sich die Villa Nachtstein endlich der Öffentlichkeit zeigen.'
Meine Ma lächelte über seine Begeisterung. Wir wussten, dass das Hotel endlich die Erfüllung eines lange gehegten Traumes für ihn war.

'Leeeooo!'
Ich ließ mein Rad weiterrollen und drehte mich auf dem Sattel um. Laut atmend holte Marion mich ein.
''tschuldigung. Ich habe total verschlafen. Und dann haben die mein Fahrrad auch noch zu gestellt.'
'Hm.' Ich fuhr wieder schneller.
'Hast du Physik gemacht?'
'Nee.'
'Geschichte?'
'Ja.'
'Darf ich haben?'
'Ja.'
Wir hielten an einer Ampel.
'Wann öffnet das Hotel eigentlich?'
'In einer Woche.'
'Cool! Irgendwie bin ich ja voll aufgeregt, auch, wenn es mich ja im Grunde genommen nicht betrifft.' Sie fuhr an, als die Ampel auf grün sprang. 'Du hast doch mal gesagt, dass du gerne Theater spielst, oder?'
'Ja? Wieso?'
'Na ja, demnächst müsste wieder ein Theaterstück geplant werden.'
'Was? Jetzt noch? Es sind' ich zählte im Geist durch 'nur noch sieben Wochen bis zu den Sommerferien.'
'Das zieht sich auch noch bis ins nächste Jahr. Dieses Jahr sind vor allem organisatorische Sachen. Welches Stück gespielt wird, ‚Casting' der Schüler und so was. Vermutlich auch ein paar lockere Proben. Nächstes Jahr wird dann richtig reingehauen.''Hm.' Klang interessant. Und anschauen kostete ja bekanntlich nichts. 'Mal sehen. Danke.''Aber immer doch!' Nach ein paar Minuten stummen Fahrens wanderten Marions Gedanken in Richtung Schule.
'Oh nein…' stöhnte sie.
'Was?'
'Morgen Englischarbeit.'
'Tsse. Ist doch egal.'
'Ja. Für dich als Englischgenie vielleicht, aber für Normalsterbliche wie mich ist das nicht so einfach. Für mich ist Englisch absolut unverständlich.'
Da hatte sie irgendwie Recht. Mir fiel es ziemlich leicht, englisch zu sprechen, aber ich wusste, dass sie da so ihre Probleme hatte.
'Komm nachher zu mir.'
'Was? Wieso das denn?'
'Lernen.'
'Uiii! Echt? Oh danke!'
'Kein Ding. Scheiße. Absteigen!' Wir hatten den Schulhof erreicht und ein Lehrer, der dafür bekannt war, die Schulordnung auf Biegen und Brechen durchzusetzen, drehte gerade eine Runde. Und, auch wenn sich keiner daran hielt, war das Radfahren auf dem Hof verboten.'Morgen Marion! Morgen Leo!' rief ein Zehntklässler, als er uns sah.
'Hi Jan.' Marion drehte sich zu dem langen Kerl, der auf uns zukam. Ich hatte bisher kaum mit ihm zutun gehabt. Jan war etwa ein Jahr älter als wir, hatte aber schon eine Größe, die geradezu unheimlich war. Seine blonden Haare hingen ihm fransig vor die grauen Augen. Er war ein recht guter Freund von Marion.
'Kommst du mit zum Vertretungsplan?' fragte sie ihn.
'Klar. Ich muss da eh hin.'
'Ich gehe zur Klasse.' Ich drehte mich von den beiden weg und ging auf das Hauptgebäude zu. Drinnen war es angenehm kühl und ruhig. Die Mehrheit der Schüler befand sich draußen auf dem Hof. Vor der verschlossenen Klasse setzte ich mich auf den Boden und lehnte mich mit dem Rücken an die kalte Wand. Wenn man die Augen schloss, konnte man fast das Leben fühlen, das hier vor Jahrhunderten geherrscht hatte. Und mit ein wenig Phantasie fiel es auch nicht schwer, sich die Menschen vorzustellen, die hier damals in prächtiger Kleidung durch die Korridore gewandert waren. Doch nun existierten sie nicht mehr. Waren längst vergessen und ihre Namen staubten vielleicht in irgendwelchen Archiven ein, ohne dass jemand sich für sie interessierte.
'Eingeschlafen?'
Ich öffnete die Augen und schaute direkt in Marions. Sie hockte vor mir und betrachtete mich mit schief gelegtem Kopf.
'Fällt was aus?'
'Nein, leider nicht.' Sie schüttelte seufzend den Kopf. 'Unser gesamter Jahrgang steht drauf. Nur unsere Klasse nicht.'
'Wie eigentlich nie.'
Nach und nach trudelten noch ein paar andere Schüler ein und nach dem zweiten Klingeln wartete schließlich die gesamte Klasse auf unseren Lehrer. Der, wie gewöhnlich, zu spät kam.Nach einem endlos erscheinenden Schultag verließen alle erleichtert das Gebäude. Als ich gerade die oberste Stufe der Haupttreppe betreten hatte, rief Marion mich noch mal zurück.'Warte Leo! Komm noch mal kurz her.'
Genervt drehte ich mich wieder um und ging gegen den Strom der anderen Schüler wieder ins Gebäude.
'Was ist?'
'Hier' Marion deutete auf einen Zettel, der an der Wand hing. Es war ein Aushang der Theatergruppe, auf dem Vorschläge für ein Stück eingetragen werden konnten. Er schien schon geraume Zeit hier hängen, denn er war schon ziemlich voll geschrieben. Außerdem war heute die letzte Möglichkeit, Vorschläge zu machen.
'Morgen hängt hier höchst wahrscheinlich die Liste, in der sich die Schüler eintragen können, die daran interessiert sind, mitzuspielen.'
'Hm. Ich werd's mir merken. Aber jetzt lass uns erste Mal nach Hause fahren.'
Gemeinsam verließen wir die Schule und holten unsere Fahrräder.
Auf halber Strecke nach Hause kam Marion noch mal auf mein Angebot von heute früh zurück.
'Kann ich echt nachher kommen und mit dir Englisch lernen?'
'Ja. Wenn ich was vorschlage, meine ich das immer Ernst.'
'Wann soll ich denn kommen?'
'Pff… keine Ahnung. In anderthalb Stunden?'
'Oki! Aber was hältst du davon, wenn wir uns nicht bei dir, sondern in der Eisdiele treffen?'
'Von mir aus. Aber denk an deine Englischsachen.'
'Klaro. Ob du's glaubst oder nicht, mein Gedächtnis ist gut!'
Ich lächelte. Da hatte sie Recht. Auch wenn die Lehrer nicht viel davon mitbekamen, hatte Marion ein Gedächtnis, wie ein Computer.
'Wo?'
'Bei Fabrizio. Da schmeckt das Eis am besten. Und die Leute sind voll nett.'
'Kay. Dann bis nachher.'
Sie bog ab und ich gab Gas. Ich fuhr einhändig weiter und holte meinen mp3-Player heraus, um die letzten paar Minuten bis zurück mit Musik ein wenig zu verkürzen. Vielleicht hätte ich das lassen sollen. Als ich so unaufmerksam mit zu hoher Geschwindigkeit über den unebenen Waldboden raste, übersah ich ein Loch im Boden. Mein Rad verhakte sich in einer Wurzel, welche in dem Loch herausguckte und überschlug sich. Ich flog aus dem Sattel und riss die Arme hoch, um meinen Kopf vor dem Aufprall zu schützen. Ich kam schlug mit dem linken Knie auf und schlitterte auf der linken Seite weiter. Mein komplettes Bein und mein Arm waren verschrammt. Aus der Wunde am Knie floss Blut.
Ich blieb noch einen Augenblick betäubt liegen, bevor ich mit Tränen in den Augen versuchte aufzustehen. Dann hob ich mein Fahrrad auf und humpelte weiter in Richtung Zuhause. An Radfahren war jetzt nicht zu denken.
Ich hatte nicht gewusst, wie lang die Strecke durch den Wald eigentlich war. Nach einem schier endlos erscheinenden Heimweg erreichte ich unser Haus und lehnte das Rad gegen die Wand. Ich hatte keine Lust, mich jetzt durch den Schuppen zu wuseln.
'Elli-Schatz! Was ist denn mit dir passiert?'
Ich hatte gerade die Haustür aufgeschlossen, al meine Mutter um die Hausecke kam.
'Gestürzt.'
'Komm schnell rein, ich schau mir das mal an.'
Sie nahm mich am Arm. Zischend holte ich Luft.
'Oh, entschuldige!' Schnell ließ sie wieder los. Sie hatte meinen linken Arm erwischt.
Drinnen stellte ich meinen Ranzen zur Seite.
'Versuch mal, dir möglichst viel Dreck vom Arm und Bein zu waschen.' Sie schob mich ins Bad und ich drehte den Hahn der Badewanne ein wenig auf. Vorsichtig strich ich über mein Bein und meinen Arm. Von meinem Knie lief immer noch Blut herunter. Ich trocknete mich ab und ging ins Wohnzimmer, wo ich mich auf die Couch setzte. Meine Ma kam mit ihrem 'Medizinköfferchen'. Etwas weniger behutsam als ich zuvor beim Reinigen, verarztete sie mich.
'Du siehst ja schlimm aus.' Mein Vater betrat den Raum. 'Was ist denn passiert?'
'Sie ist beim Fahrradfahren gestürzt' antwortete meine Ma für mich.
'Äh, Papa?'
'Ja?'
'Kannst du mich nachher zur Eisdiele fahren?'
'Kannst du das denn nicht verschieben, bis du wieder selber fahren kannst?'
'Nee. Ich will mit Marion Englisch lernen.'
'Okay. Dann fahr ich dich. Wann willst du dich denn da treffen?'
Ich sah auf die Uhr es war einiges an Zeit vergangen. 'Oh! In einer halben Stunde!'
'Dann iss schnell was und hol deine Sachen.'
Ich machte mir ein Brot und ging kauend in mein Zimmer. Nachdem ich die Englischsachen eingepackt hatte, zog ich mich um. Meine Klamotten waren total schmutzig. Unter meiner schwarzen kurzen Hose stach der lockere Verband, den meine Mutter mir um mein Knie gebunden hatte, ziemlich hervor.
Draußen stand mein Vater schon neben dem Auto.
'Alles einsteigen bitte.' Er hielt mir die Beifahrertür auf. 'Hast du alles?'
'Ja.' Nachdem ich eingestiegen war, setzte er sich hinters Steuer.
'Okay. Wohin wolltest du noch mal?' er drehte den Zündschlüssel herum und fuhr an.'Fabrizio.'
'Eh… und das ist wo?'
'Beim Bäcker um die Ecke.'
'Ach da. Gut dann kann ich auf dem Rückweg gleich Brot holen.'
Während der restlichen Fahrt schwiegen wir. Vor der Eisdiele ließ mein Vater mich raus. 'Sieht nicht so aus, als wäre Marion schon da.'
'Ich bin ja auch ein bisschen zu früh.'
Ich stieg aus und winkte meinem Vater zum Abschied. Gerade wurde ein Tisch frei. Ich wartete, bis die Bedienung ihn abgeräumt und -gewischt hatte und setzte mich. Ich saß noch nicht lange, als ein brauner Wuschelkopf um die Ecke kam.
'Hi Leo!' Marion grinste mich an.
'Tag. Englischsachen dabei?'
Sie nickte und ließ sich neben mir auf den Stuhl fallen. 'Aber lass uns erstmal was bestellen.'Sie nahm sich die Karte und wurde auch schon bald fündig. Also auch ich mich entschieden hatte, winkte sie den Kellner heran und wir bestellten. Wir hatten gerade erst angefangen, unser Eis zu löffeln, als eine etwas tiefere, ruhige Stimme erklang: 'Hey, Ladies, darf man sich zu euch setzen?'
Erschrocken drehte ich mich herum. Hinter mir stand Jan. und neben ihm, kapp einen Kopf kleiner als sein Freund, der Sprecher. Darren.
'Klar könnt ihr euch setzen!'
Marion rückte ihren Stuhl näher zu mir, um den beiden Platz zu machen. Jan setzte sich rechts von Marion hin und Darren links von mir. Er warf einen schiefen Blick auf das Buch, das aufgeschlagen vor mir lag und meinte: 'Mädels, ihr lernt doch nicht allen Ernstes bei dem Wetter?'
'Doch' versuchte ich möglichst zickig zu antworten. 'Wir schreiben morgen eine Arbeit.''Oha. Na dann viel Spaß. Englischarbeiten waren noch nie deine Stärke, was?' Jan piekste seine Freundin in die Seite.
'Nicht pieksen!' Grummelnd schlug Marion ihm auf die Finger. 'Nein, waren sie noch nie. Aber Leo hat sich freundlicherweise dazu bereit erklärt, mit mir zu lernen.'
Wobei das Lernen nun ziemlich schnell in den Hintergrund geriet. Eins musste man den Jungs wohl oder übel zugestehen: Unterhaltsam waren sie.
Nach mehreren Minuten rumblödelns, hauptsächlich von den anderen, schlug sich Marion plötzlich vor die Stirn.
'Jetzt hätte ich's fast vergessen! Du, Leo? Du wolltest doch die Legende der Nachtstein-Gebäude hören, oder?'
'Ja, wollt ich. Wieso?'
'Hm…' Leicht schüchtern, was ich sonst so gar nicht von ihr kannte, wandte sie sich an Darren. 'Ähm, Darren? Ich hab schon von vielen gehört, dass du gut erzählen kannst. Also, äh, hättest du Lust… ehm, würdest du Leo die Legende erzählen?'
'Klar, kann ich machen.' Er lächelte mich an. 'Also, wie fange ich am besten an?' Er schloss einen Moment die Augen. Als er dann zu sprechen begann, lullte mich seine Stimme ein. Umarmte mich und entführte mich in eine längst vergangene Zeit.







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