Nachtgedanken Teil 1

Autor: roses of mackintosh
veröffentlicht am: 07.04.2008




Er drückte mich an sich, so fest, als hätte er Angst mich loszulassen. Obwohl ich kaum Luft bekam, war ich glücklich und presste mein tränenverschmiertes Gesicht an seine Brust. Es tat so gut seine Wärme zu spüren, seine Arme, die mich festhielten.
' So etwas darf nie wieder passieren...', wisperte er an meinem Ohr, 'du bist doch mein ein und alles, ich habe doch nur dich!' Er drückte seine Lippen auf meine Stirn, vergrub seine Hände in meinen Haaren. Ich zitterte immer noch.
'Meine Kleine, ich liebe dich doch...', seine Stimme klang so verzweifelt, so mutlos. Verwirrt schaute ich zu ihm auf. 'Aber, aber, wieso?', stotterte ich.
' Weil du der wunderbarste und faszinierendste Mensch bist, den ich jemals getroffen habe', liebevoll blickte er mich an, 'und jetzt guck nicht wie ein Eichhörnchen, es ist so, seit wir uns kennen.'
Meine Gedanken rasten: Er liebte mich, seit wir uns kannten? Das war vier Jahre her, ich hätte nicht einmal in meinen kühnsten Träumen erhofft, dass es so wäre...
Ich versank in seinen blauen Augen, eisblau, ich konnte sie trotz meiner Kurzsichtigkeit auf 200 Meter Entfernung erkennen. Ich kannte sie in- und auswendig, wie viele Gefühle hatte ich darin schon gesehen: Kummer, Wut, Verzweiflung, Glück, Freundschaft..., aber heute erkannte ich zum ersten Mal, was dieses Funkeln zu bedeuten hatte, das ich jedes Mal sah: Liebe.
Sein Gesicht kam näher, ich hielt den Atem an, er lächelte, ich schloss die Augen und seine Lippen berührten meine, zärtlich...

Schweißgebadet wache ich auf. Ich fühle die Tränen auf meinem Gesicht, meine Hände, die sich zu Fäusten geballt um meinen Oberkörper geschlungen haben. Ich wimmere. Würde das jemals aufhören? Seit zwei Jahren habe ich diese Träume, jede Nacht träume ich von ihm, immer und immer wieder. Tausende Szenarien, die sich so niemals abspielen würden. Christian ist mein bester Freund, nun, ist gewesen.

Was passiert, wenn man erst zu spät erkennt, was wahre Liebe ist? Ich hatte es erfahren.Ich hatte ihn immer geliebt, aber er empfand nicht das gleiche für mich. Es tat weh, aber ich konnte damit umgehen, wichtig war bloß, dass er glücklich war. Ich half ihm, wenn er Probleme mit seiner Freundin hatte, wir unternahmen viel zusammen, ich erzählte ihm alles, bis auf die Tatsache, dass ich in ihm mehr, also bloß den besten Freund haben wollte.Dann traf ich Philipp. Er war groß, liebevoll, intelligent und er vergötterte mich, die Beziehung scheiterte an mir. Christian tröstete mich, ich kam drüber hinweg. Doch dann, ein halbes Jahr später, kamen wir doch wieder zusammen. Ich glaube, ich konnte ihn niemals so lieben wie er mich, vermutlich liebte ich ihn für seine Liebe mir gegenüber, aber nicht so sehr seinetwegen. Auf einmal bemerkte ich, dass Christian eifersüchtig wurde. Er wollte mehr mit mir unternehmen, beschwerte sich, dass ich kaum Zeit für ihn hätte usw. (Da war er schon wieder Single.) Ich war erstaunt.

Ich lasse den Kopf auf mein Kissen sinken, versuche die Gedanken an Christian zu verscheuchen, aber es gelingt mir nicht. Ein Nachmittag ist mir besonders im Gedächtnis geblieben:

Wir waren bei mir, alleine und schauten einen Film. Der Tag war anstrengend gewesen und ich gähnte beinahe ununterbrochen, weigerte mich jedoch beständig, mich hinzulegen. (Macht man ja auch nicht, ich hatte schließlich einen Gast.) Irgendwann wurde ihm dies zu viel: 'Wenn du nicht sofort hochgehst, dann trage ich dich!'
Ich musste furchtbar lachen, wir ärgerten uns immer gegenseitig, und Drohungen machten wir niemals wahr. Doch dieses Mal hatte ich mich getäuscht. Flink hob er mich hoch, meinen Kopf an seine Brust gebettet, eine Hand unter den Beinen, die andere an der Taille. So trug er mich die Treppe hinauf. Ich war so erstaunt, dass ich nichts sagen konnte. Ich bin recht groß, knapp 1.80, weder dick noch dünn, aber mein Gewicht betrug keine 40 kg. Trotzdem lächelte er mich an. Er legte mich auf mein Bett, deckte mich zu und kuschelte sich an mich. 'So und jetzt schlaf, ich pass auf dich auf, hab dich lieb.'

Ich schmunzele, das war schön gewesen. Aber ich, dumm wie ich war, schlief natürlich nicht, sondern war nach diesem Ereignis so munter, dass wir den Film letztendlich doch weiterschauten.

Meist erkennt man erst, was man will, wenn es zu spät ist.
Ich hätte es erkennen müssen, es gab so viele Anzeichen, aber ich konnte es vermutlich nicht glauben. Obwohl ich mit Philipp zusammen war, liebte ich vermutlich immer noch Christian, auch wenn ich mir die größte Mühe gab, das zu unterdrücken. Außerdem hatte ich Philipp gegenüber eine Verantwortung, schließlich hatte ich ihm nach der ersten Trennung das Herz gebrochen. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass die Zeit irgendwie noch nicht reif war. Ich war damals recht unerfahren, was Beziehungen betraf, wollte vielleicht erst einmal rumprobieren, hatte Angst etwas falsch zu machen und Christian so zu verlieren.
Wenn man das alles hört, klingt das sehr schäbig, aber ich war verzweifelt, und mir war nicht bewusst, dass ich in diesen Monaten den größten Fehler meines Lebens beging.

Ich seufze, meine Gedanken drehen Kreise. Ich weiß nicht, warum ich ihn nicht vergessen kann, ich gebe mir die größte Mühe, aber es scheint unmöglich.
'Du denkst so laut, dass es alle um Umkreis von einem Kilometer hören müssen!', ertönt die Stimme neben mir. 'Tut mir Leid', schmunzele ich und kuschel mich an den warmen Körper. 'Schlaf schön, Ina, ich liebe dich', und sein Atem geht gleichmäßiger und tiefer. Ich lege meinen Kopf an seine Brust und kurz darauf kann auch ich traumlos einschlafen.

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Hallöchen liebe Leser, bin noch relativ neu hier und würde mich über Kommentare und Anregungen freuen; wenn ihr eine Fortsetzung wünscht, werde ich mein Bestes geben, eine zu verfassen. Liebe Grüße, roses of mackintosh







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