Internat, Chaos und Jungs Teil 20

Autor: Yana
veröffentlicht am: 05.07.2008




Als ich in das Zimmer schlüpfte, prallte ich mit jemand zusammen. Ich schrie auf und sprang erschrocken einen Satz zurück.
'Da ist aber jemand schreckhaft!' Ein großes, schlankes Mädchen, mit grünen Augen stand vor mir. Sie war einen halben Kopf größer als ich. Ihre schwarzen, langen Haare hingen ihr glatt über den Schultern. Ihr Gesicht war puppenhaft.
'Du musst Cathrin sein, oder?' Ein blondes, kleineres Mädchen trat neben die schwarz haarige. Sie war das krasse Gegenteil von ihrer Freundin. Sie war nicht sehr groß, hatte blaue Augen, einen großes Leberfleck auf der linken Wange und - wenn ich es so sagen darf - einen Fresskopf. Ihre Haare waren Schulterlang und sicher nur blond gefärbt. Sie hatte ein schräges Pony, dass ihr rechtes Auge zum Teil verdeckte.
'Ja, ich bin Cathrin. Und wer seid ihr?'
'Ich heiße Jaqueline. Aber alle nennen mich Jacky.' Die schwarzhaarige strich sich ihre Haare aus dem Gesicht. 'Und das hier ist Miriam.' Erst jetzt fiel mir auf, dass die Blonde eine Narbe oder eine tiefe Falte ober-halb der rechten Augenbraue hatte.
'Herzlich Willkommen.', sagte Miriam mit einer Andeutung eines Lä-chelns. 'Wie wir gesehen haben, hast du schon deinen Koffer ausge-packt.'
Ich nickte. 'Ich bin schon seit einigen Stunden hier. Iron und Jace bin ich auch schon begegnet.'
Jacky kicherte. 'Und? Wie findest du sie? Also ich finde sie sexy.'
Ich nickte mit dem Kopf. 'Ja, sie sehen sehr gut aus. Aber soll ich ehrlich sein?' Ich ließ mich auf mein Bett sinken. Die Beiden waren mir auf Anhieb sehr sympathisch.
'Klar!', antwortete Miriam und schaute mich interessiert an.
'Mit meinem Freund können die kaum mithalten.' Einen Moment lang sahen die Beiden mich nur erstaunt an. Dann prusteten sie los. Erst als sie sich wieder beruhigt hatten, fragten sie mich aus.
'Dein Freund? Ist das der Typ, der auch neu hier her kommen sollte?', Jacky setzte sich auf den Boden. Ich nickte mit dem Kopf und machte es mir auf dem Bett bequem.
'Wann bekommen wir ihn denn mal zu Gesicht?' Miriam öffnete einen Schrank und zog ne Tüte Chips raus.
'Sobald er wieder da ist.', antwortete ich.
'Wo ist er denn?' Sie riss die Tüte auf.
'Noch spazieren.'
'Ohne dich?'
'Ich war müde und hatte keine Lust mehr.', log ich.
'Wie sieht er denn aus?'
'Das werdet ihr noch sehen.'
'Also da bin ich ja mal gespannt.', meinte Jacky.
'Ich auch!'

Zehn Minuten später klopfte es an unserer Tür. Ich hatte Angst, dass es nicht Luk sein könnte und schaute mich vorsichtshalber nach einem Fluchtweg um. Doch das war nicht nötig. Als Jacky die Tür aufmachte, stand Luk vor ihr. Erleichtert sprang ich auf, schob Jacky zur Seite, die ihn mit offenem Mund anstarrte und gab Luk einen Begrüßungskuss. Dann packte ich ihn an der Hand und zog ihn ins Zimmer.
'Darf ich vorstellen: Mein Freund Luk.'
'Wow. Du hattest recht.', meinte Jacky. Miriam hielt sich im Hinter-grund und beobachtete Luk nur nachdenklich. Auch er starrte zu ihr. Erst als ich mich vernehmlich räusperte, wandte er sich mir wieder zu. Er sah mich sehr nachdenklich an. 'Ich wird rüber gehen.' Er gab mir einen Kuss auf die Stirn und verließ dann das Zimmer. Erstaunt sah ich ihm nach. Was war bloß mit ihm los?
'Wow, dein Freund ist wirklich ne Bombe… was sagst du zu ihm, Mi-riam?' Jacky drehte sich zu ihr um.
'Ähm… ja. Nicht so mein Geschmack.', antwortete sie ausweichend.
''Nicht so dein Geschmack'? Was für einen Geschmack hast du denn? Er sieht doch einfach nur geil aus.', Jacky kicherte. Ärgerlich runzelte ich die Stirn.
'Naja, ich geh mal duschen.', sie verschwand im Bad und schloss die Tür ab. Miriam und ich blieben alleine zurück. Nach einer Weile unterbrach sie das Schweigen.
'Netten Freund hast du da.'
'Hm-mh.'
'Ist es was ernstes, zwischen euch?', fragte sie weiter.
Ich dachte nicht lange nach. 'Ja. Ich glaube sehr ernst sogar.'
'Du glaubst, oder du weißt?'
Ich schaute zu ihr rüber. 'Ich weiß es.'
'Weiß er es denn auch?'
Langsam wurde ich ärgerlich. 'Natürlich weiß er das.'
'Hattet ihr schon einmal Sex miteinander?'
Empört sprang ich wieder von meinem Bett auf. 'Das geht dich gar nichts an!'
'Stimmt.', sie seufzte. 'Tut mir leid… weißt du, es ist nur… ich hatte noch nie einen richtigen Freund und hab keine Ahnung, wie eine Bezie-hung so ist.'
Misstrauisch starrte ich sie an. 'Warum hattest du noch nie einen Freund? Ich meine, hässlich bist du ja nicht gerade.'
'Schau dir doch mal Jacky an! Sie ist groß, schlank, perfekt. Neben ihr sehe ich aus wie eine Schildkröte.'
So ein Schwachsinn. 'Jeder ist, wie er ist.', meinte ich. 'Wann kocht ihr normal zu Abend?', lenkte ich ab.
'So gegen 17 Uhr.'
'Fein. Dann können wir ja schon einmal anfangen. Ich hab schon seit heut morgen nichts mehr gegessen.'
'Einverstanden. Die Jungs, Jacky und ich haben uns für Spaghetti mit Hackfleischsoße entschieden.'
'Gute Idee.'
'Gut. Dann fang du schon einmal an und ich hole die Jungs. Die sind heute mit Tischdecken an der Reihe.'

Beim Abendessen erzählte jeder ein wenig von sich. Jace und Iron be-richteten uns, dass ihre Eltern schon früh gestorben waren und sie dann von ihren Pflegeeltern auf dieses Internat geschickt worden waren. Ihnen gefiel es hier sehr gut und sie wollten hier auch studieren. Jacky dagegen wurde nur wegen ihren schlechten Noten auf dem Gymnasium ins Internat geschickt und wollte später mal eine Model Kariere machen.
Miriam meinte, sie hätte noch keinen Plan, ob sie hier oder auf einer richtigen Universität studieren solle.
Luk und ich erzählten, dass wir uns in Hamburg kennen gelernt hatten und zusammen auf ein schöneres Internat gewollt hatten. So ganz gelogen, war das ja nicht einmal.
Später, gegen Mitternacht, als ich sicher war, dass meine Beiden Zim-mergenossinnen schliefen, schlüpfte ich aus meinem Bett und durch-querte die Küche. Ich war mir sicher, dass Luk jedes kleinste Geräusch hören und dann aufwachen würde.
Und tatsächlich. Als ich fünf Minuten auf einem Küchenstuhl gewartet hatte, öffnete sich die Tür der Jungs und Luk kam herein.
Verwirrt und verschlafen schaute er mich an. 'Was machst du denn hier? Hast du schon einmal auf die Uhr geguckt?'
'Ich konnte nicht schlafen.', gab ich zu.
Besorgt kam er zu mir. 'Hast du Angst?'
Ich schüttelte den Kopf. 'Nein. Mir schwirren nur im Moment ziemlich viele Fragen durch den Kopf.'
Ich hörte Luk leise seufzen. In der Küche war es zu dunkel, als dass ich Luk hätte richtig erkennen können.
'Kann das nicht bis morgen Früh warten?'
'Wenn's sein muss.', murmelte ich.
Er stöhnte. 'Cathrin, ich bin tot müde! Ich bin zwar kein Mensch, brau-che aber trotzdem meinen Schlaf.'
'Tut mir leid.'
'Naja, ich bin ja selbst Schuld…', er zog mich hoch in seine Arme. Zufrieden schmiegte ich mich an seinen nackten Oberkörper. Wie immer, wenn ich ihm ganz nahe war, durchströmte mich eine angenehme Wärme. Mein Herz schlug rhythmisch im Takt der Uhr, die über dem Herd hing. Es war angenehm, einfach nur seine Nähe und Wärme, die von ihm ausging, zu spüren.
'Bist du schon im Stehen eingeschlafen?', sanft schob er mich von sich.
Ich antwortete ihm erst gar nicht. 'Wie wär es mit einem Spaziergang?', fragte ich ihn.'Das ist etwas zu gefährlich, Cathrin…'
'Ach komm schon Luk!', bettelte ich. 'Hier drinnen können sie mich genau so gut angreifen wir draußen.'
'Meinetwegen…', gab er nach. 'Warte kurz, ich zieh mir noch was an.' Er verschwand in seinem Zimmer und kam schon nach einigen Sekunden zurück.

Draußen war Vollmond. Wir lagen nebeneinander auf der Wiese und schauten in den sternenbehangenen Himmel.
'Wie kann man euch… töten?'
'Willst du das wirklich wissen?' Luks Stimme klang unschlüssig.
'Sonst hätte ich wohl kaum gefragt.'
'Hm… Weißt du, einer der wenigen Vorteile von uns ist, dass man uns nicht so leicht umbringen kann. Ein gebrochenes Bein ist für uns ein unangenehmer Schnakenstich, ein Schuss in den Brustkorb, nur ein kleiner Kratzer und das abtrennen von Gliedmaßen nur eine Kleinigkeit. Spätestens nach der ersten Verwandlung ist das jeweilige Körperstück wieder nachgewachsen…
Nun… Man kann uns nur umbringen, wenn man… wenn man uns das Herz rausreißt oder indem man...'
'Okay, okay. Eine Tötungsform reicht mir.'
'Oder indem man uns den Kopf abschlägt oder unser Gehirn beschä-digt.'
'LUK!'
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er unschuldig mit den Schultern zuckte. 'Du wolltest es wissen!'
'Ich dachte nicht, dass es so… widerlich sei.' Angeekelt Schluckte ich. Ich gab mir mühe, nicht daran zu denken, wie ein Jäger einem Vampir-Werwolf das Herz aus der Brust riss oder den Schädel abschlug. Grau-sam!
Schnell stellte ich eine weitere, mir wichtigere Frage. 'Wie alt bist du, Luk?'
Er klang verwirrt, als er mir antwortete. 'Wie meinst du das?'
'Wie alt bist du?', wiederholte ich.
'18. Aber das weißt du doch!'
'Du lebst nicht zufälligerweise schon länger, als 18 Jahre?'
'Ach! Darauf willst du heraus!' Er lachte laut auf und drehte sich so, dass er plötzlich auf mir lag. 'Nicht alle Legenden stimmen, Cathrin. Wir Vampir-Werwölfe werden geboren wie Menschen und sterben wie Menschen.' Erleichtert seufzte ich. Mich hatte schon öfters die Vorstellung gequält, dass Luk vielleicht gar nicht alterte.
'Du Dummerchen.' Mit der rechten Hand stützte er sich ab, mit der anderen strich er mir über die Wange.
'Ich bin kein Dummerchen!', sagte ich empört.
'Sondern?'
'Hm… weiß nicht.'
Lächelnd beugte er sich noch weiter über mich. Sein Atem streifte meine Wange. Plötzlich ging mein Herzschlag nicht mehr regelmäßig. Mein Puls machte Sprünge.
Erstaunt, aber Amüsiert schaute Luk mich an. 'Nanu? So kenne ich dich gar nicht. Sonst bist du immer die Ruhe in Person.'
Ich konnte ihm nicht antworten. Plötzlich spürte ich ein starkes Verlan-gen in mir.
Langsam verschwand das Lächeln auf Luk's Gesicht. 'Ich weiß nicht… vielleicht sollten wir besser zurück gehen.'
'Nein!', presste ich schnell hervor. 'Alles was ich brauche ist ein Kuss.'
'Ein Kuss? Cathrin, dein Herz schlägt Purzelbäume. Das könnte sogar ein normaler Mensch hören!'
In diesem Moment brachte er mich fast um den Verstand. Mein Gehirn funktionierte nicht mehr richtig und ich konnte nur noch denken: Küss mich, küss mich, küss mich!
Und es schien, als könnte er mein Stummes flehen hören, denn endlich presste er seine Lippen auf die Meine und sein Körper schmiegte sich auf meinen. Seufzend legte ich meine Arme um ihn, während er sich auf dem Boden abstützte, um mich nicht zu erdrücken.
Seine Lippen waren hart, doch gleichzeitig zärtlich und doch wieder fordernd. Und als unsere Münder sich öffneten, schlang ich ihm entschlossen ein Bein um die schlanke Hüfte. Ein warmer Schauer rieselte meinen Rücken entlang, als seine Lippen meinen Hals hinunter und wieder herauffuhren. Es schien, als würde er mich kosten.
Überrascht schnappte ich nach Luft, als seine Hand seitwärts meiner Hüfte entlang wanderte und schließlich einen kurzen Moment über meinen Schenkel fuhr.
'Wir dürfen jetzt nicht zu weit gehen.', hörte ich ihn murmeln. Ich re-gistrierte diese Worte kaum und stellte deshalb keine Frage. Heftig atmend konzentrierte ich mich auf jede Berührung seiner Lippen auf meiner Haut und genoss diesen kurzen Moment des Friedens, denn mein Unterbewusstsein wusste, dass sich bald vieles verändern würde.
Plötzlich spürte ich seine Hand an dem Bein, dass ich um seine Hüfte gelegt hatte. 'Es reicht jetzt, Cathrin.' Er löste vorsichtig meine Hände aus seinem Nacken und rollte sich von mir runter.
'Warum?', fragte ich unzufrieden. Langsam beruhigte sich mein Herz-schlag wieder.
'Es ist nicht ungefährlich hier draußen. Solange wir uns küssen, kann ich mich schlecht konzentrieren. Meine Artgenossen könnten sich unbe-merkt nähern.'
'Das heißt, ich lenke deine Aufmerksamkeit ab, wenn wir uns küssen?'
'Es fällt mir schon schwer mich zu konzentrieren, wenn du nur in meiner Nähe bist.'
Zufrieden rollte ich mich zur Seite und kuschelte mich an Luk's warme Brust. Liebevoll schloss er mich in seine kräftige Arme und zog mich so dicht wie möglich an sich ran.Nachdenklich beobachte ich Luk, als er die Augen schloss und sein Atem ruhiger wurde. Was er sich wohl gewünscht hatte?
Als ich aufwachte lag ich in meinem Bett. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wie ich hier her gekommen war. Wahrscheinlich hatte Luk mich hier her getragen.
Schwitzend strampelte ich die warme Decke von mir und schaute mich um. Draußen war es noch dunkel, also musste es noch früher Morgen sein.
Ich setzte mich auf und schaute zu meinen schlafenden Zimmergenos-sinnen. Was hatte mich geweckt? Auf Zehenspitzen ging ich zu den Fenstern und schaute raus. Dichter Nebel war aufgezogen und beschränkte meine Sicht nur auf einige wenige Meter. Die Büsche und Bäume hinter den Fenstern schaukelten im sanften Wind. Es sah fast gespenstig aus. Der Himmel war anscheinend nicht bewölkt, denn das grelle Licht des Mondes verlieh dem Nebel ein mattes Leuchten.
Darum bemüht, Jacky und Miriam nicht zu wecken, schob ich die Fenster auf und lehnte mich raus. Grillen zirpten in der Nähe und Blätter raschelten. Frische Luft schlug mir entgegen.Doch schlagartig horchte ich auf. War da nicht das Knacken von Zweigen zu hören? Mein Blick huschte unruhig hin und her. Weit in der Ferne hörte ich ein Donnern. Ein Sturm zog auf.
Ich zog meinen Kopf zurück und wollte das Fenster schließen, doch plötzlich entdeckte ich zwei grün leuchtende Augen vor mir im Baum. Ein Schatten bewegte sich. Ich konnte die Umrisse eines riesen Tieres erkennen. Das scharren von Krallen war zu hören. Das Ungeheuer bleckte die Lefzen. Messerlange Zähne kamen zum Vorschein. Wie gelähmt starrte ich auf das massige Tier. Es setzte zum Sprung an, und plötzlich fühlte ich einen starken druck und wurde zur Seite geschleudert. Das Fenster wurde mit Wucht zu geknallt. Dann kam eine Gestallt auf mich zu und reichte mir die Hand. 'Du solltest vor allem nachts die Fenster zu lassen. Es treiben sich merkwürdige Geschöpfe herum. Hungrige Geschöpfe.' Ich erkannte Miriam's Stimme und ließ mir von ihr aushelfen. 'Danke.', murmelte ich.
'Kein Problem. Und jetzt geh am besten noch eine Weile schlafen, sonst kommst du morgen nicht aus dem Bett.' Sie wandte sich ab und schlüpfte zurück in ihr Bett. Nachdenklich starrte ich nach draußen. Die grünen Augen waren verschwunden. Alles schien friedlich. Auch der Nebel zog langsam ab.
Ob Miriam bescheid wusste? Wusste sie, dass es noch unbekannte Wesen hier auf dieser Welt gab?







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