Liebesgeschichte 731

Autor: aLeks
veröffentlicht am: 03.05.2010


“Sie hat es schon wieder getan..” meinte Claire sehr leise und sah mich mit ihren traurigen Augen an.
“Was meinst du?” fragte ich nach. Ich wollte ihr keine Angst haben.
“Was stimmt nicht mit ihr Alexej? Sie ist doch so hübsch.. Warum macht sie dann solche schlimmen Sachen?” fragte Claire.
“Ich weiss es nicht..” sagte ich ernst. Ich sah sie an. Sie war richtig besorgt.
“Na komm.. Geh schlafen. Es ist alles okay.” versicherte ich. Sie umarmte mich schnell und verschwand. Ich brachte das Glas runter und ging wieder nach oben. Als ich die Tür aufmachen wollte, hielt ich inne. Auf der Türklinke war auch Blut.
Schnell säuberte ich es. Das musste wirklich niemand sehen. Was war denn nur mit Esmée los?!

*

Am nächsten Tag, ging ich am Nachmittag zu Esmée. Als sie die Tür aufmachte, fragte sie ziemlich unfreundlich: “Was machst du hier?”
Ich sah sie empört an.
“Vielleicht könntest du mir mal erklären- was du heute morgen bei mir wolltest?” fragte ich. Sie sah mich nicht an. Plötzlich kam sie raus und schloss die Tür hinter sich.
“Hör zu.. Ich bin dir keine Antworten schuldig..” meinte sie ein wenig leise.
“Nicht? Du hast meine kleine Schwester verängstigt.. Ein kleiner Funken Ehrlichkeit, wäre echt hilfreich.” erklärte ich wütend.
“Ich sagte doch, ich- ich kann das nicht erklären..” sagte sie.
“Du kannst es doch versuchen..” sagte ich verzweifelt.
Sie liess mich herein. Zum Glück war niemand ausser ihr da. Ich hoffte, dass sie mir alles erzählen würde..
Ich setzte mich auf die Couch. Sie hatten eine sehr edle und modische Einrichtung. “Warum hast du so viele Fragen?” fragte sie plötzlich.
“Warum hast du so viele Gegenfragen?” fragte ich sofort.
“Hör zu.. Wenn du denkst, ich werde dir wehtun.. Irrst du dich. Ich werde dir nichts tun.” sagte sie.
“Wieso sagst du mir das?” fragte ich.
“Weil- keine Ahnung..” sagte sie.
“Aber.. Wolltest du mir denn jemals wehtun?” fragte ich und sah sie an. Sie schwieg.
“Scheisse.. Weisst du was? Ich will gar keine Antwort..” sagte ich schliesslich.
“Ich musste Patrick töten..” sagte sie plötzlich.
“Wieso? Was hat er dir getan?” fragte ich. Sie schwieg.
Dann rieb sie ihre Hände gegen einander.
“Willst du nicht reinkommen?” fragte sie dann. Ich war zwar empört, aber ich nickte.
“Oh, Hi Alexej.” sagte Gabrielle, als sie mich entdeckte.
“Hi..” meinte ich ein wenig matt.
“Also.. Wir gehen jetzt zu Alexej rüber. Macht nichts dummes..” sagte sie und lächelte.
“Bis später, ihr zwei.” meinte Mr. Moliere. Bevor sie raus gingen, tauchten Estelle und Esther auf. Bevor die Tür zuging, schenkte mir Esther einen ausdruckslosen Blick. Langsam kam mir die Kleine komisch vor.

“Hast du Durst? Hunger?” fragte sie schliesslich.
“Durst.” sagte ich kurz. Ich sah mich ein wenig in ihrem Haus um. Nichts hätte jemanden den Verdacht liefern können: Hey, hier lebt eine Psychopatin!! Vielleicht klang es total krank und pervers, aber ich fand es nicht falsch in ihrer Nähe zu sein. Eigentlich mochte ich ihre Nähe.
“Setz dich ruhig..” meinte sie. Ich setzte mich und sie reichte mir ein Glas Wasser.
Ich trank es sofort aus.
“Patrick war kein guter Mensch..” sagte sie plötzlich.
“Und darum hast du ihn getötet? Gehörst du zu einer Sekte, oder was?” wollte ich wissen.
Sie beantwortete jede meiner Fragen. Nach ungefähr einer halben Stunde, wurde ich schrecklich müde. Meine Augenlider wurden schwer. Ich hörte ihre Stimme kaum noch. Sie wurde immer mehr gedämpft. Bis ich plötzlich einfach wegsackte. Ich schlief einfach ein.
Als ich wieder aufwachte, realisierte ich erst nach ein paar Augenblicken, WO ich war.
Esmée hatte ihren Kopf auf meine Schulter gelegt und sie hielt meine Hand. Ziemlich komisch. Ich hatte eine Gänsehaut. “Esmée?” sagte ich heiser.
Plötzlich schreckte sie auf.
“Alexej.. Ich- du bist eingeschlafen..” irgendwie sah sie ziemlich fertig aus.
“Ist was passiert?” fragte ich. Sie hatte glasige Augen. Dann schüttelte sie den Kopf. “Nein, nein..” meinte sie.
“Wie spät ist es?” fragte ich. Schnell liess sie meine Hand los.
“20 Uhr..” meinte sie leise.
“Scheisse.. Ich habe so lange geschlafen?!” meinte ich verblüfft. Sie nickte.
“Ich- ich muss los..” sagte ich hektisch.
Sie begleitete mich bis zur Tür. “Bis bald..” sagte ich und drehte mich um.
“Alex..” sagte sie plötzlich. Ich drehte mich wieder um.
“Können wir uns morgen sehen? Bitte.” fragte sie flehend. Ich sah Tränen in ihren Augen.
“Was ist denn los? Ist alles okay mit dir?” fragte ich und kam ihr sofort näher.
“Nein- nicht. Komm nicht näher..” murmelte sie.
“Bitte.. Sag mir doch, was los ist!” ich bestand darauf.
“Können wir uns morgen sehen? Sag einfach ja.” sagte sie dann.
“Ja, sicher können wir uns morgen sehen.” versicherte ich.
“Bis morgen Alex.. Pass auf dich auf.” sagte sie und schloss die Tür. Ich sah ihr verwirrt nach. Was meinte sie damit? Pass auf dich auf? Und wieso wollte sie mich sehen?
Verwirrt ging ich nach Hause.

*

Am nächsten Tag war sie schon um 13:00 Uhr da. Es klingelte und ich öffnete die Tür. Sie sah wie immer wunderschön aus. Trotzdem konnte ich es nicht verstehen..
Wie konnte jemand der so schön ist, so grausam sein?
“Hey..” meinte sie und sah mich eindringlich an.
“Hallo.. Komm rein.” sagte ich und liess sie herein.
“Wo sind denn deine Eltern?” fragte sie.
“Sie sind mit meiner Schwester zu dieser Psychiaterin gefahren..” erklärte ich.
“Was ist denn mit ihr?” fragte Esmée.
“Sie will schon seit einiger Zeit nichts mehr essen.” erklärte ich.
Esmée sah mich nicht an.
“Ist sie krank?” erkundigte sie sich weiter.
“Nicht das ich wüsste..” meinte ich.
“Meine Mutter hasst es, wenn ich das tue.” sagte sie plötzlich.
“Wenn du was tust?” wollte ich wissen. Sie sah mich an. Plötzlich brach sie in Tränen aus.
“Ich wollte das nicht! Ich versuche mich doch zusammen zu reissen.” verteidigte sie sich.
Ich schwieg. Was sollte ich sagen? Etwa: Ja, ich verstehe dich voll und ganz? Ich konnte es mir nicht ausmalen.
“Wenn du was tust?” fragte ich lauter.
“Ich will keine Leute mehr umbringen..” sagte sie leise. Ich nahm sie in den Arm. Nach einiger Zeit, brach sie die Stille.
“Fühlst du dich okay?” fragte sie plötzlich. Irgendwie machte mir diese Frage Angst. Abrupt liess ich sie los.
“Ziemlich. Warum?” wollte ich wissen. Sie wischte sich über ihre Augen.
“Einfach so. Alexej..” sagte sie. Ich sagte nichts.
“Wie lange machst du das schon?” wollte ich dann wissen.
“Seit ein paar Jahren..” antwortete sie.
“Machst du Witze?” fragte ich und sah sie entsetzt an.
“Nein.” sagte sie trocken. Irgendwie wurde ihre Laune wieder so eisig.
“Wie wäre es.. Wenn du mir alles erzählst? Von Anfang an.” schlug ich vor.
Ich machte uns Kaffee. Als ich die Tasse vor sie hinstellte sah sie mich ausdruckslos an.
“Meine Vergangenheit ist nicht so toll..” fing sie an.
“Ich bin da. Ich hör dir zu, Esmée..” versicherte ich.
“Gabrielle ist nicht meine Mutter. Ich bin eigentlich gar nicht ihr Blut. Sie haben mich bei sich aufgenommen..” setzte sie an.
“Also bist du adoptiert?” fragte ich und trank einen Schluck. Sie nickte.
“Mein richtiger Vater, war ein Alkoholiker und an meine Mutter erinnere ich mich nicht mehr. Als er auch verstarb war ich zuerst bei einer anderen Familie aufgenommen worden. Dort fing es mit dem Töten an.” sagte sie und starrte auf die Tasse. Ich versuchte mir mein Entsetzen nicht anmerken zu lassen.
“Er hat mir eingeredet, dass es okay sei..” sagte sie.
“Aber.. Ich meine, wie- wieso?” ich verstand es nicht.
“Die beiden waren ziemlich krank.. Und ich war ihre Tochter. Und als ich Gabrielle angegriffen habe, hat sie mich überlistet und anstatt mich bei der Polizei zu melden, hat sie auf mich eingeredet. Ich kam von meinen kranken Eltern los..” erzählte sie weiter.
“Wie? Ich meine, du hättest das rechtlich machen müssen und keine Ahnung, wie sonst noch..” ich war fasziniert von Esmée.
“Hausbrand..” sagte sie.
“Hast du das Feuer-?” begann ich und stockte. Sie nickte.
“Es war der einzige Weg..” erklärte sie.
“Gabrielle brachte mir alles bei.. Liebe deinen Nächsten.. Du sollst deine Eltern ehren. All das. Trotzdem töte ich heute noch Menschen.” sagte sie. Den letzten Satz hatte sie sehr leise gesagt. Manchmal hatte ich Mühe ihr zu folgen. Ausserdem musste ich mich bei ihren Gefühlsausbrüchen zurückhalten, um sie nicht anzuschreien oder selbst einen Wutanfall zu kriegen. Ihre Laune war unberechenbar.
“Eine Zeit lang hat sie mich eingesperrt..” erzählte sie dann.
“Wirklich?” erkundigte ich mich. Sie hatte sie eingesperrt.. Wirklich Angst einflössend.
“Ja. Die längste Zeit betrug 3-4 Tage.. Ohne Essen.” fuhr sie fort.
“Hat das etwas bezweckt?” fragte ich.
“Eine Weile schon.. Aber dann wurde ich rückfällig.” sagte sie.
“Wie viele Opfer waren es denn?” fragte ich angespannt.
“Genug.” sagte sie monoton.
“Esmée, wie lange machst du das schon?” wollte ich dann wissen.
“Ich sagte das, doch schon.. Seit ein paar Jahren.” sie klang ungeduldig.
Sie hatte noch keinen Schluck Kaffee getrunken. Plötzlich klingelte es. Ich machte auf. Es war Gabrielle.
“Hi, Alex.. Ist Esmée hier?” fragte sie und sah ins Haus. Ich hörte Esmées Schritte. Dann stand sie neben mir.
“Tut mir Leid, falls ich euch beide störe, aber Esmée muss nach Hause. Wir haben da noch etwas zu erledigen..” sagte Gabrielle und sah ihre Tochter eindringlich an.
“Bis dann, Alexej..” meinte Esmée und sah mich noch kurz an.
“Ja, bis bald! Wiedersehen, Mrs. Moliere!” sagte ich. Die beiden drehten mir den Rücken zu und ich schloss die Tür. Was sie wohl wichtiges zu erledigen hatten? Erst jetzt, sah ich Gabrielle in einem anderen Licht. Sie war also die Beschützerin, oder die Heldin, sozusagen. Sie hatte Esmée gerettet und ihr versucht zu helfen. Ich räumte die Tassen ab. Esmée hatte ihren Kaffee nicht einmal angerührt. Mochte sie keinen Kaffee? Ich hätte sie fragen sollen. Erst jetzt fiel mir ihre Jacke auf. Sie hatte sie vergessen.
Also ging ich schnell herüber. Ich wollte gerade klingeln, als ich laute Stimmen hörte.
“Ich weiss es! Sie plant es..” hörte ich jemanden ernst sagen. Das war wohl die kleine Esther.
“Du weisst gar nichts!” schrie Esmée aufgebracht. Ich runzelte die Stirn. Ärger?
“Esmée.. Wie kannst du nur so etwas denken?!” fragte ihre Mutter empört. Ich presste mein Ohr noch mehr gegen die Tür.
Plötzlich kam noch eine vierte Stimme dazu. Ihr Vater. “Das werde ich nicht dulden!” sagte er laut.
“Ihr nehmt mir also dieses kleine bisschen Hoffnung und Glück?” fragte Esmée machtlos. Meine Neugierde wuchs. Was war hier los? Eine Diskussion, oder ein Streit?
“Du DARFST es unter keinen Umständen tun! Mit solchen Sachen ist nicht zu spassen.. Es ist gefährlich!” hörte ich wieder Gabrielle.
“Du hast Angst, dass es so wie bei mir wird, nicht wahr? Vertraust du mir nicht mehr?” Esmée klang ziemlich verletzt.
“Du weisst, dass wir jede Menge Probleme hatten.. Probleme, die unsere Familie fast kaputt gemacht hätten. Ich will das nicht noch mal erleben. Mach bitte keinen Unsinn!” sagte ihr Vater. Ich klopfte. Esmée öffnete die Tür und lächelte, als sie mich sah.
“Hi, du hast deine Jacke vergessen..” sagte ich und gab sie ihr.
“Oh, danke Alex.” sagte sie und nahm sie. Alex? Seitwann war ich wieder Alex für sie?
“Kein Problem..” sagte ich und wollte mich eigentlich schon verabschieden, als sie mir ins Wort fiel.
“Hast du heute Abend Zeit?” sie sah mich erwartungsvoll an. Ich räusperte mich.
“Äh, na klar.” stotterte ich,
“Gut. Treffen wir uns um 20:00 Uhr am See?” fragte sie. Ich nickte.
“Bis dann! Und danke noch mal..” sagte sie und schloss langsam die Tür. Meine Neugierde war wohl auf ihrem Höhepunkt.. Vielleicht würde sie mir erzählen, worum es in ihrem Streit gegangen ist. Oder sie würde mir ihre Geschichte weitererzählen.

*

Als ich zum See kam, war sie auch schon da.
“Hi.. Wie geht’s dir?” fragte ich.
“Gut und selbst?” fragte sie und lächelte. Es war echt seltsam, sie lächeln zu sehen.
Ich nickte. Es war nicht sehr dunkel. Die Sterne schienen hell.
“Ist was?” fragte sie und sah mich genauer an. Sah man mir die Skepsis und die Neugierde an?
“Nein, nein..” sagte ich schnell.
“Du hast das Gespräch mitgehört.” stellte sie plötzlich fest. Ich biss mir auf die Lippe.
“Um was ging es denn?” fragte ich dann trotzdem.
“Nichts wichtiges..” versicherte sie.
“Okay..” sagte ich.
“Alexej..”, begann sie dann doch, “Ich muss hier weg.” sie sah mich mit ihren grossen Augen an.
“Wie- weg?” fragte ich. Ich bemerkte, wie mir übel wurde. Ich mochte sie wirklich sehr.
“Meine Familie und Ich.. Wir ziehen um. Bald.” erklärte sie knapp.



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