Keep Breathing Teil 8

Autor: Fullmoon
veröffentlicht am: 28.04.2008




Kapitel 8

Cain hätte sich erwürgen können.
Was war nur in ihn gefahren, dass er sich aufgeführt hatte, wie ein notgeiler Teenager?Und es war noch nicht einmal so, dass er seit Jahren keinen Sex mehr gehabt hatte. Lydia hatte ihn durchaus befriedigen können, doch es war mehr Routine, als wirklich heißer, schweißtreibender Sex gewesen. Er war eben auch nur ein Mann.
Cain lenkte seinen Wagen lässig in eine Parklücke und schaltete den Motor aus, machte aber keine Anstalten auszusteigen.
Was war das mit Kara? Hatte er sich je bei einer Frau so benommen? Sie einfach gegen die Wand geschmissen und sie zum Höhepunkt gebracht, weil sie ihn so frustrierte?
Das war der Punkt. Sie frustrierte ihn. Erst war es ihm nicht möglich sich gefühlsmäßig von ihr zu distanzieren und jetzt spielte sein Körper jedes Mal verrückt, wenn er sie auch nur ansah. So etwas war ihm noch nie passiert. Nicht einmal mit Sarah.
Bei ihnen war es Liebe auf den ersten Blick gewesen und die Hochzeit folgte schnell. Es hatte kein Umwerben gegeben, keine Meinungsverschiedenheiten, die mit einer Fummelei endeten.Sie war seine große Liebe gewesen und hatte ihm gehörig den Kopf verdreht mit ihrer lebensfrohen Art. Damals hatte der Akt der körperlichen Vereinigung einen ganz anderen Stellenwert bei ihm gehabt.
Er war ein Ausdruck ihrer Liebe, ihrer Zugehörigkeit, ihrer Intimität.
Er vermisste sie.
Nachdem er gestern stundenlang mit offenen Augen an die Decke gestarrt hatte, waren die Schuldgefühle immer noch ausgeblieben, wobei er fest mit ihnen gerechnet hatte.In Gedanken entschuldigte er sich bei Lydia. Sie war nur irgendeine Frau gewesen, die es zugelassen hatte, dass er ihr nahe kam. Mehr nicht. Er hatte sie immer als körperliche Hülle gesehen, wenn sie miteinander geschlafen hatten und nie darauf geachtet, dass sie ebenso befriedigt wurde wie er. Es war nicht fair von ihm gewesen, sie so auszunutzen. Im Grunde war er kein besserer Mensch, als die Freier und der Zuhälter, vor denen er sie gerettet hatte. Vielleicht sollte er noch einmal zu ihr hinfahren.
Der Unterschied bei Kara war, das erkannte Cain, dass er wollte, dass sie ihn genauso begehrte wie er sie. Dass sie das gleiche Verlangen durch die Adern fließen spürte wie er.Noch nie hatte es ihn so sehr nach der körperlichen Nähe einer Frau verzehrt.
Er öffnete die Autotür und machte sich auf den Weg. Sein Terminkalender war zum Zerbersten voll und er hoffte, dass er genug Konzentration aufbringen konnte, um den Tag zu überstehen. In seinem Stockwerk angekommen, erwiderte er den morgendlichen Gruß seiner Sekretärin und kaum war er in seinem Büro angekommen, klingelte das Telefon.Er hatte sich noch nicht einmal hingesetzt. Am liebsten hätte er nicht abgenommen, doch das monotone Klingeln ging ihm auf die Nerven, so dass er seine Gereiztheit herunterschluckte und höflich abnahm.
Er hörte dem Anrufer kaum zu, machte sich abwesend Notizen und sagte nur hier und da etwas, um ihm vorzugaukeln, dass er noch anwesend sei.
Nachdem er sich drei Stunden durch Papierkram und noch mehr nervtötende Telefonate gequält hatte, gab Cain es auf. Er brauchte unbedingt einen Kaffee.
Er hätte seine Sekretärin damit beauftragen können, doch Cain zog es vor sich zu bewegen. Er würde noch den ganzen Tag auf diesem Stuhl hocken. Das erste Meeting dieses Tages war bereits in einer Stunde.
In der Küche traf er auf Kara, die offenbar ebenso schlecht geschlafen hatte wie er. Sie blieb einen Moment stehen, unschlüssig, ob sie ihm etwas sagen sollte, doch dann schlängelte sie sich mit ihrer gefüllten Tasse wortlos an ihm vorbei und wich seinen grauen Augen aus.Cain goss sich seinen Kaffee ein und trank einen Schluck. Erstaunlicherweise schmeckte er heute gut. Oder er litt an Entzugserscheinungen.
In der Küche hing ein unverkennbarer Duft und Cain fluchte leise in seine Tasse hinein. Sie war einfach überall. Erst gestern hatte seine Nase diesen Duft in seiner ganzen Intensität auskosten dürfen. Er ließ die Tasse stehen und verließ die Küche mit einem weiteren Fluch.

'Oui, Monsieur. Merci. Je vous souhaite une bonne journée.' Kara lächelte am Telefon, während sie ihre Notizen vervollständigte. 'D'accord. Au revoir.'
Sie hatte am nächsten Tag einen Termin mit einem französischen Geschäftsmann, der auf ihre Hilfe als Dolmetscherin angewiesen war. Sie trug den Termin in ihrem Agenda ein und zuckte zusammen, als sie Cain in ihrem Büro stehen sah.
'Herrgottnochmal!' schnappte sie aufgebracht. 'Musst du dich immer so reinschleichen?''Dein Französisch ist gut.' sagte er und ignorierte ihre verärgerte Miene. 'Kein Akzent.''Es sollte auch gut sein.' erwiderte sie schnippisch. 'Dafür werde ich schließlich bezahlt.'Kara druckte ihre fertigen wirtschaftlichen Übersetzungen aus und reihte sie ordentlich auf ihrem Schreibtisch auf, um sie nachher in die entsprechend adressierten Umschläge zu packen. Cain beobachtete geduldig jeden einzelnen Schritt und als sie den letzten Umschlag zugeklebt hatte, blickte sie, bereits vollständig von seiner Anwesenheit genervt, zu ihm auf.'Was willst du?'
'Mit dir reden.' sagte er und schloss die Tür, um sie vor neugierigen Angestellten zu schützen.
'Ich kann jetzt nicht mit dir reden.' versetzte Kara, was der Wahrheit entsprach. 'Ich habe viel zu tun.' Nun, d a s war gelogen.
Cain erfüllte den ganzen Raum und sie fühlte sich auf einmal beengt. Sie konnte einfach noch nicht über das sprechen, was gestern zwischen ihnen vorgefallen war. Ihr Körper hatte die Nachwirkungen immer noch nicht verarbeitet, genauso wenig wie ihr Gehirn und trotzdem spürte sie, wie sie wieder auf ihn reagierte, als wäre diese Reaktion von der Natur vorherbestimmt und völlig normal. Doch für sie war es keinesfalls normal und sie war noch viel zu aufgewühlt. Cain war dies nicht entgangen. Heute Morgen wäre sie beinahe die Treppe heruntergefallen, weil sie dermaßen in Gedanken vertieft gewesen war und ihr sonst so makelloser Dutt saß schief.
'Das muss warten.'
'Ich will jetzt nicht reden, Cain.' Kara war froh, dass der Schreibtisch ein Hindernis zwischen ihnen darstellte.
'Sollen wir uns wieder aus dem Weg gehen?'
'Seit wann würde dich diese Tatsache stören?'
Cain machte einen Schritt auf ihren Schreibtisch zu, stützte sich mit beiden Armen davon ab und beugte sich zu ihr herüber. Ihr Herz klopfte wie verrückt, doch sie setzte eine gleichgültige Miene auf.
'Seit ich dich das erste Mal geküsst habe, Kara.' antwortete er und seine Stimme zeigte eine Spur von Heiserkeit.
Kara stand, nein, sprang, von ihrem Stuhl auf und fing an, hin und her zu laufen. Wenn sie schon keine Distanz zwischen ihnen bringen konnte, dann konnte sie wenigstens versuchen ihre Nervosität in den Griff zu bekommen. 'Du hast mich überrumpelt.' sagte sie schließlich und blieb für einen Augenblick stehen. 'Das geht mir viel zu schnell. Ich kenne dich überhaupt nicht.'
'Du willst mich kennen lernen?' fragte er ruhig und seine grauen Augen ruhten auf den ihren.'Ich will wissen, wer der Mann ist, mit dem ich schlafe. Oder ist dir egal, wer ich bin?''Das denkst du von mir?'
'Was denkst du?' gab sie zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
'Willst du die ganze Sache noch mehr verkomplizieren?'
'Ich will für niemanden eine namenlose Frau sein. Nicht einmal für dich. Schon gar nicht für dich.' verbesserte sie sich.
Mit ein paar Schritten war er bei ihr und nahm ihr Gesicht in beide Hände.
'Was soll das? Wolltest du nicht reden?' fragte sie ihn und schluckte, als seine Daumen sanft über ihre Wangen strichen.
Sein Blick war ernst, ebenso wie seine Stimme. 'Du bist keine namenlose Frau für mich.''Wie kannst du so etwas sagen?' Kara stieß seine Hände weg. 'Du kennst mich doch gar nicht.'
'Ich kenne dich gut genug, dass ich weiß, dass du gerade den Kaffee gekocht hast. Außerdem bist du ziemlich durcheinander wegen der ganzen Sache. Weißt du, woran ich das merke? Deine Frisur sitzt nicht richtig. Außerdem hast du heute besonders schief eingeparkt.'
Kara starrte ihn fassungslos an. 'Willst du damit andeuten, dass ich eine schlechte Autofahrerin bin?'
Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln und sie musste dem Drang widerstehen, nicht mit einem Finger über seine Grübchen zu fahren.
'Ich bin doch nicht suizidgefährdet.'
Die Atmosphäre hatte sich verändert. Sie war lockerer, ungezwungener geworden und Kara fühlte sich nun beinahe wohl. Wenn da nur nicht die Anspannung zwischen ihnen gewesen wäre. Sie erwiderte sein Lächeln kurz, senkte aber ihre Lider.
Cain streckte eine Hand aus und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
'Du weißt, dass ich dich will.'
Ihr Körper reagierte bei diesen Worten, doch sie versuchte es sich nicht anmerken zu lassen.'Ich weiß, dass du mich auch willst.' fuhr Cain fort.
Kara drehte ihren Kopf zur Seite. 'Das ist nicht so einfach.'
'Wir können uns Zeit nehmen. Aber denk nicht darüber nach, Kara.'
'Und du? Wirst du nicht darüber nachdenken?'
Er zögerte, bevor er antwortete. 'Ich versuche es.'

Trotz ihrer Übereinkunft nicht darüber nachzudenken, was zwischen ihr und Cain passieren könnte, kam Kara nicht umhin sich ein paar Gedanken zu machen. Und sie konnte sich nur Gedanken darüber machen, wenn sie völlig ungestört war, ergo, wenn Cain sich nicht in der Nähe aufhielt, denn sobald er auftauchte, schlugen ihre Überlegungen einen ganz anderen Pfad ein, der in etwa Richtung ‚ausziehen' und ‚nackt' ging.
Daher war es auch nur logisch, dass sie Cain aus dem Weg gehen musste, denn sie wollte sich nicht wieder mit dem Rücken gegen eine kalte Wand gepresst wieder finden, während Cains Hände… Kara setzte sich aufrecht hin und schüttelte benommen den Kopf, um sich wachzurütteln. Aus dem Fakt, dass Cain sie in letzter Zeit nicht im Büro aufgesucht hatte oder unangekündigt in ihr Zimmer gestürmt war, schloss sie, dass er viel zu beschäftigt war, um sie in sein Bett zu zerren.
Und am heutigen Tag würden sie sowieso keine Zeit haben. Ihr Flug nach Paris ging in zweieinhalb Stunden vom Frankfurter Flughafen und Kara saß grübelnd neben ihrem fertig gepackten Koffer auf dem Bett. Sie war zu dem Schluss gekommen, dass es das Beste war, ein wenig Abstand von Cain zu halten, um nicht wie eine Verhungernde über ihn herzufallen.Sie war schließlich nicht verzweifelt. Vielleicht ein klein wenig, räumte sie kleinlaut ein. Aber gerade deswegen brauchte sie diesen Abstand.
Das angenehme Kribbeln war nicht verschwunden und verstärkte sich hin und wieder in Cains Gegenwart oder wenn sie auch nur an ihn dachte. Sie hatte nicht vergessen, was für Reaktionen sein Mund und seine Hände bei ihr ausgelöst hatten. Reaktionen und Gefühle, die so lange her waren, dass sie sie allzu schmerzlich daran erinnerten, wie es doch war, einen nackten, männlichen Körper auf sich zu spüren.
Schluss jetzt!, ermahnte sie sich selbst und stand auf, um ihren Koffer die Treppe herunterzuhieven.
Auf den untersten Treppenstufen angekommen, kam Cain gerade durch die Haustür und als sich seine grauen Augen auf sie richteten, verschlug es ihr beinahe den Atem vor lauter Begierde, die sie in diesem Moment für ihn empfand.
Oh Gott, oh Gott, oh Gott, schoss es nur durch ihren Kopf, als er auf sie zuging, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen.
Er beugte sich zu ihr rüber und gerade, als sie dachte, er würde sie küssen, nahm er ihr den Koffer aus der Hand, wobei sich ihre Finger streiften und ihr daraufhin ein lautloser, enttäuschter Seufzer entglitt. Er wusste, dass sie einen Kuss erwartet hatte, denn bevor er sich abwandte, um den Koffer im Kofferraum seines Autos zu verstauen, hatte sie ein selbstzufriedenes, fast ironisches Blitzen in seinen Augen erkannt. Arrogantes Arschloch.Er spielte mit ihr, das spürte sie, denn andernfalls hätte er sie später im Auto nicht darum gebeten, auf den Rücksitzen nach seinem Aktenkoffer zu suchen, so dass sie ihren Gurt losmachen musste, um sich besser umdrehen zu können. Dadurch war sie ihm sehr nah gekommen, so nah, dass sie seinen Geruch wahrnehmen konnte und seinen Atem auf ihrer Wange gespürt hatte, als er sie angesehen hatte. Erst zwei Herzschläge später hatte er sich schauspielerisch mit der einen Hand gegen die Stirn geschlagen und gemeint, er hätte ja v o l l k o m m e n v e r g e s s e n, dass er seinen Aktenkoffer schon in den Kofferraum gestellt hatte. Kara hatte sich daraufhin innerlich kochend wieder in den Sitz gesetzt und sich angeschnallt.
Wollte er sie etwa dafür betrafen, dass sie ihm aus dem Weg gegangen war? Doch er hatte bis jetzt kein Wort darüber verloren und war beinahe übertrieben freundlich und gut gelaunt.Hatte er gar nicht gemerkt, dass sie ihn gemieden hatte? Wie naiv von ihr zu glauben, dass er genug Zeit hatte, um sich darüber Sorgen zu machen.
Im Flughafen angekommen, wurde Kara vom Flair mitgerissen. Überall waren Menschen, denen die Vorfreude auf einen Auslandsaufenthalt ins Gesicht geschrieben stand, lachende Kinder, die auf den Kofferwägen saßen und Verliebte, die auf dem Weg zu den Flitterwochen waren. Und sie, Kara, würde jetzt nach Paris fliegen. Paris war zwar nicht sonderlich weit weg und es war nicht ihr erster Flug in die Hauptstadt Frankreichs, doch die schönen Erinnerungen, die mit der Stadt in Verbindung standen, kamen wieder hoch und sie musste unwillkürlich lächeln.
Als sie im Flugzeug saßen und Kara durch das Bullauge die anderen Maschinen betrachtete, war ihre Vorfreude Aufregung gewichen. Sie war ungeduldig wie ein kleines Kind, was Cain heimlich amüsiert die Augenbrauen heben ließ.
'Es ist doch bloß Paris.'
'Bloß Paris?' wiederholte sie schnaubend. 'Ich liebe Paris! Oh, wir fahren!'
Nach einer Stunde Flug, die Cain lesend verbracht hatte, tippte Kara ihn an.
Sie deutete mit dem Zeigefinger aus dem Fenster. 'Der Eiffelturm! Siehst du ihn, Cain?''Ja, ich sehe ihn.' sagte er und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Kara sah ihn stirnrunzelnd an. 'Du machst dich über mich lustig.'
'Nein, mache ich nicht.' widersprach er, nicht ganz ernst. 'Deine Begeisterung reißt mich förmlich mit.'
'Hilfe, noch mehr Sarkasmus und wir stürzen ab.' kommentierte sie trocken.
Cain lachte und beugte sich zu ihr rüber, um sie spontan zu küssen. Als er sich von ihr löste und sie ansah, war das Lachen verschwunden. Stattdessen hatten sich seine Augen verdunkelt und die knisternde Spannung, die sich während des Kusses gebildet hatte, war beinahe greifbar. Kara räusperte sich leise und rutschte ein wenig von ihm weg.
Sie sprachen kein weiteres Wort miteinander, bis sie Pariser Boden unter den Füßen hatten.Mehr oder weniger entspannt im Rücksitz sitzend, versuchte Kara nicht die Nase an der Fensterscheibe platt zu drücken, während ihr gemeinsamer Chauffeur die Limousine durch den Pariser Innenstadtverkehr lenkte. Kaum waren sie gelandet, hatte Cain sein Handy angeschaltet und seitdem ununterbrochen mit irgendwelchen Geschäftsleuten telefoniert.Kara hingegen hätte eigentlich ein wenig ihr Fachvokabular auffrischen sollen, doch sie konnte sich nicht dazu durchringen, vor allen Dingen nicht, als sie am Eiffelturm vorbeifuhren.
Der Chauffeur hielt mitten im Herzen von Paris, wo das Four Seasons George V situiert war.In einem der elegantesten Pariser Stadtviertel, dem Triangle D'Or, verströmte das achtstöckige Gebäude schon von außen seinen Luxus, doch vielleicht bildete sie sich das auch nur ein. Beim Hineingehen öffneten ihnen gut gekleidete Portiers die Tür und Kara befand sich das erste Mal in ihrem Leben in einem wirklich luxuriösen Hotel. Sie besah staunend den riesigen Kronleuchter und ihre Sandalen klackerten leise auf dem Marmorfußboden.Ein Page hatte sich bereits ihrem Gepäck angenommen und wartete in diskreter Entfernung, während sie mit Cain zur Rezeption ging. Cain sagte der hübschen Frau auf Französisch, dass sie ein Zimmer auf den Namen Charvet reserviert hätten. Es war das erste Mal, dass sie ihn französisch sprechen hörte und obwohl sie wusste, dass er zur Hälfte Franzose war, so überraschte es sie doch. Es war etwas anderes, wenn gerade dieser Mann die Sprache der Liebe anwandte. Ihr gefiel es und das Timbre seiner Stimme wurde noch testosterongeladener, so dass ihr ein sanfter Schauer den Rücken herunter rann.
'Die Hochzeitssuite, auf den Namen Cain und Kara Charvet.' verkündete die Rezeptionsdame mit einem Lächeln und überreichte Cain einen elektronischen Schlüssel in Form einer Kontokarte. 'Das Zimmer ist im 8. Stockwerk. Ich wünsche Ihnen einen schönen Aufenthalt.'
'Danke.' murmelte Cain und verfluchte insgeheim seinen Vater. Hochzeitssuite, na, wenn das mal kein Wink mit dem Zaunpfahl war.
Im Aufzug warf er Kara einen Seitenblick zu, die, wie an dem Tag, als sie neben ihm im Standesamt gestanden hatte, den Blick auf ihre Schuhspitzen gerichtet hatte. Sie schien noch viel angespannter als er zu sein.
Der Page öffnete die Tür und trotz des ständig in ihrem Kopf herumschwirrenden Gedanken vom Namen ihrer Suite, stieß Kara ein kleines ‚Wow' aus, als sie eintrat.
Die Einrichtung war wie das Hotel selbst luxuriös und zusätzlich auch dezent romantisch. Die Farbrichtungen beschränkten sich auf gedecktem Gold und Weiß und hier und da war auch etwas Elfenbein zu finden. Die antiken Stilmöbel waren perfekt arrangiert und Gemälde und weitere Kunstobjekte vervollständigten das Ensemble. Links und rechts befanden sich zwei weitere Doppeltüren in weiß, die, wie der Hotelpage ihnen erklärte, die beiden Schlafzimmer seien.
Kara ließ sich ihre Erleichterung nicht ansehen und folgte dem Hotelpagen in eins der Zimmer, das wie das Wohnzimmer einfach wunderschön war. In der Mitte thronte ein riesiges King-Size-Bett mit einem märchenhaften Betthimmel.
Das Bad war mit Licht durchflutet und in weißem Marmor gehalten. Kara hätte sich am liebsten gleich in den Whirlpool gelegt und eine ganze Packung Badeschaum reingekippt.Cain bezahlte den, immer noch redenden, Hotelpagen und schickte ihn aus der Suite. Dann lehnte er sich gegen den Türrahmen des Schlafzimmers, in dem Kara angefangen hatte, ihre Sachen auszupacken, und beobachtete sie stumm.
Sie spürte seinen Blick wie tausend kleine Nadeln, die sich in ihren Rücken bohrten.
Noch bevor sie sich umdrehen konnte, um ihn zu fragen, was los war, rückte Cain von selbst mit der Sprache heraus.
'Du bist mir aus dem Weg gegangen.'
Kara hielt beim Auspacken inne, sagte aber nichts.
'Du hast nachgedacht.' fuhr Cain fort und es waren keine Fragen, keine Vermutungen, sondern Tatsachen vor die er sie stellte. 'Warum?'
Zunächst hatte sie gedacht, dass Abstand gut war, um ihren Stolz aufrecht zu erhalten. Es war schließlich leicht demütigend sich sofort an einen Mann heranzuschmeißen, nur weil man seit langem keinen mehr gehabt hatte. Doch jetzt wurde ihr auch klar, dass sie Angst hatte. Nicht vor dem intimen Zusammensein mit Cain, Gott bewahre, aber das war eine herrliche Aussicht. Was sie fürchtete war das danach, die nächsten fünf Monate, die zu überstehen waren. Warum mussten ihr diese Erleuchtungen immer erst im letzten Moment begegnen?Kara ließ das Kleidungsstück fallen und fuhr mit den Fingern durch ihre Haare. Dann drehte sie sich zu Cain um.
'Ich habe mich noch nicht an die Situation gewöhnt.' begann sie und suchte sich die Worte sorgfältig aus. 'Von einen Tag auf den anderen hasst du mich plötzlich nicht mehr-'
'Ich habe dich nicht gehasst.' warf Cain mit knirschenden Zähnen ein.
'- und jetzt diese Suite… ich meine…Es ist so viel auf einmal.'
Das Geplänkel vor ihrer Abfahrt und im Flugzeug schien weit weg zu sehen. Als wäre es überhaupt nicht passiert. Sie stand wieder vor einem völlig anderen Mann.
'Wir haben vereinbart, dass wir nicht darüber nachdenken.' erinnerte Cain sie.
Ihr Blick fiel auf seine unberingte rechte Hand und ihr Herz zog sich zusammen.
'Ich weiß nicht einmal woran ich bei dir bin.'
'Hatten wir das Thema nicht schon etliche Male, Kara?'
'Warum trägst du deinen Ehering nicht?' fragte sie ihn leise.
Cain stieß sich von dem Türrahmen ab. 'Ich habe dir meine Ansichten über die Eheschließung schon mitgeteilt.'
Die Eheschließung. Nicht unsere Eheschließung.
'Du kannst nicht die ganze Hand nehmen, wenn ich dir einen Finger reiche.' teilte er ihr mit, ahnend, wohin ihre Gedanken gewandert waren.
'Aber um eine Farce aufrecht zu erhalten, dafür ist der Ring gut? Bin ich als deine Frau nur etwas wert, wenn du mich vor anderen Leuten vorführen kannst?'
Daraufhin schwieg er, doch sie kannte die Antwort ohnehin bereits.
Kara schnappte sich ihre Tasche und warf ihm einen Blick voller Wut zu, in dem sie ihre Enttäuschung jedoch nicht verbergen konnte.
'Du machst es uns nur schwerer, Kara.'
Ihr fiel vor lauter Entrüstung die Kinnlade herunter. 'Wie bitte? Ich? Ich bin nicht diejenige, die andere Leute nicht an sich heran lässt! Und jetzt geh mir aus dem Weg!'
Cain packte sie an den Schultern. 'Was, willst du schon wieder weglaufen?'
Sie versuchte sich freizumachen, doch sie schaffte es nicht. 'Was für eine Ironie, dass gerade du mich das fragen musst!' zischte sie. 'Lass mich los!'
'Was erwartest du von mir? Wir haben noch nicht einmal miteinander geschlafen und du willst, dass ich in dir eine Ehefrau sehe?'
Wie schaffte er es sie mit so nüchternen Worten mitten ins Herz zu treffen und ihr derart weh zu tun?
Ihr schossen die Tränen in die Augen, doch sie versuchte sie so gut wie möglich zurückzudrängen, indem sie sich zwang tief ein- und auszuatmen.
'Du bist so kalt, Cain.' sagte sie und diesmal war er derjenige, der von ihren Worten verletzt war. Überrascht über seine eigene Reaktion, ließ er sie los und wich vor ihr zurück.'Soll das heißen, dass ich erst rechtmäßig deine Frau bin, nachdem du deinen Schwanz in mir reingesteckt hast?'
'So habe ich das nicht gemeint.' Cain hatte Mühe sich unter Kontrolle zu halten. Er hatte kalte Wut schon immer effektiver gehalten als einen hitzigen Gefühlsausbruch, doch er spürte wie ihm die Selbstbeherrschung entglitt. 'Red nicht so dummes Zeug.'
Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen und sie hätte am liebsten mit ihrer Handtasche ausgeholt und ihn damit windelweich geprügelt. Er fertigte sie einfach wie ein ungezogenes Kind ab.
'Dummes Zeug?' wiederholte sie langsam und ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Cain bemerkte es, rührte sich aber nicht. 'Ist doch irgendwie seltsam, dass du gerade jetzt hinter mir her bist, wo du gemerkt hast, dass ich auch eine Frau bin, die man vögeln kann.''Halt den Mund, Kara.'
'Nein!' rief sie wütend und trat einen Schritt vor, um ihm mit dem Zeigefinger in die Brust zu stechen. 'Sag mir nicht immer, was ich zu tun habe! Du kannst deine Gefühle vielleicht hinter deiner selbstgefälligen, arroganten Maske gut verstecken, doch ich stehe wenigstens zu ihnen!'
Cain griff nach ihrem Arm und zog sie hart zu sich ran, so dass sie gegen seinen Oberkörper prallte. Er beugte sich zu ihr herunter und in seinen Augen tobte ein gefährliches Feuer.'Du willst Gefühle?' fragte er sie und seine Hände hielten ihre Arme wie einen Schraubstock gefangen. 'Ist es das, was du willst, Kara?'
Kara ließ sich nicht einschüchtern und erwiderte seinen Blick. 'Falls du überhaupt zu so etwas fähig bist.'
'Du spielst mit dem Feuer.'
'Du hast Recht. Aber ich bin nicht die Einzige.'
Sie taxierten sich sekundenlang, wurden jedoch vom Geklingel seines Handys gestört. Cain ließ von ihr ab und nahm das Telefongespräch an.
Kara nutzte die Zeit, um sich zu sammeln und um ihr rasendes Herz zu beruhigen. Sie erlaubte es sich nicht, sich auf einen Stuhl zu setzen. Das würde ihr einen überlegenen Blick von Cain einbringen und das war nun wirklich das Letzte, was sie wollte. Dieser Kampf war noch nicht zu Ende.
Cain legte auf und ließ das Handy wieder in die innere Tasche seines Anzugs gleiten.
'Meine Eltern warten unten in der Lobby.'
An seiner Stimme war zu hören, wie sehr ihm diese Unterbrechung missfiel.
Er hielt Kara die Tür auf und ließ sie nicht aus den Augen. Bevor Kara die Türschwelle überschreiten konnte, fing er sie mit seinem eisigen Blick ein.
'Wir sind noch nicht fertig.'
Sie schenkte ihm ein diabolisches Lächeln, das nicht bis zu ihren Augen reichte. 'Richtig.'Dann stolzierte sie mit hoch erhobenem Kopf an ihm vorbei und er verfluchte sie im Stillen.







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