Moonlight Shadow - Bei Vollmond bist du tot Teil 2

Autor: Belladonna
veröffentlicht am: 15.01.2008




Das war knapp gewesen, verdammt knapp. Wäre er nur ein paar Sekunden länger geblieben, dann hätte das Mädchen ihn vielleicht gesehen. Aber es hatte sie gelohnt. Immerhin wusste er jetzt, dass sie sich mit ihrer Familie nicht sonderlich gut verstand und dass ihr Vater ihr praktisch alles was Spaß machte verbot. Es würde schwieriger werden an sie heran zukommen, als er gedacht hätte, aber seine Wahl war getroffen. Er konnte jetzt auf ein Wunder warten oder etwas nachhelfen. Eigentlich konnte sie einem fast leid tun. Sie führte ein Leben wie eine Sklavin, eingesperrt und unter ständiger Kontrolle. Das war doch schon kein Leben mehr, wahrscheinlich tat er ihr einen Gefallen damit, dass er sie beim nächsten Vollmond töten würde. Dann hätte er wenigstens mal eine gute Tat vollbracht und eine arme Seele aus der Knechtschaft befreit. Vielleicht würde sich das ja mildernd auswirken, wenn er eines Tages vor Gottes Himmelspforte stand, falls man ihn überhaupt dorthin ließ. Viel wahrscheinlicher war es nämlich, dass man ihn gleich in die Hölle abschieben würde.

'Hey Gwen. Na, wie geht's dir heute?'
'Hm.. Morgen Loreen...'
'Sag mal, was ist denn mit dir los? Du guckst so nachdenklich.'
'Na guck doch mal selbst, hier.' Sagte Gwen und hielt Loreen ihr Handy hin. 'Guck dir doch mal das Bild an. Das ist doch nicht normal.'
'Das sind ja Fußabdrücke! Wo hast du das denn gemacht?' fragte Loreen ganz erstaunt.'Vor meinem Fenster. Gestern Nacht habe ich ein Geräusch dort unten gehört, aber als ich dann das Fenster öffnete und hinausguckte sah ich nur noch, wie eine schwarze Gestalt im Wald verschwand. Heute früh bin ich etwas zeitiger aufgestanden und habe draußen nachgeguckt und das entdeckt.'
'Ja und was hast du damit gemacht?'
'Ich habe sie weggemacht.'
'Was?! Wieso das denn?'
'Na was würde bitte mein Vater denken, wenn er diese Abdrücke entdecken würde? An der Hauswand waren auch welche, die habe ich gleich mit entfernt. Mein Vater würde doch denken, dass ich nachts heimlich Besuch kriege und mir sofort ein Eisengitter vors Fenster setzen.'
'Hm, ja, könntest recht haben. Hast du deine Eltern eigentlich mal gefragt?'
'Ja habe ich' sagte Gwen mit gequältem Gesichtsausdruck.
'Und?' fragte Loreen: 'Wie lief's?'
'Grauendvoll. Mein Vater meinte, dass das viel zu gefährlich wäre, dass wir eh kein Geld dafür hätten und überhaupt wolle er davon nie wieder ein Wort in ‚seinem' Haus hören.''Aja, gehört das Haus nicht deiner Mutter?'
'Ja eben. Aber er spielt sich auf wie der weiß ich nicht was, naja ist ja auch egal. Jedenfalls hat er es mir verboten. Er meinte, wenn ich noch einmal davon anfangen würde, dann würde er mich ins Internat schicken, als ob er dafür Geld ausgeben würde.'
'Du arme. Ach, ich habe dir das Album mitgebracht. Möchtest du es trotzdem sehen?'
'Ja klar doch. Ich werde schon dahin fliegen, ob es ihm nun passt oder nicht, ich muss nur irgendwie das restliche Geld dafür auftreiben können. Aber das dürfte schwierig werden. Ich darf ja nicht mal eine Stunde später als gewöhnlich kommen und immer muss er mich mit Fragen durchlöchern. Ich halt das nicht mehr lange aus. Das Leben hier ist die reinste Hölle.''Hey, Gwen, nicht weinen. Ich bin doch auch noch da und egal was passiert, ich bin immer für dich da. Ich werde dir helfen das Geld zusammenzukriegen.'
'Danke Loreen, du bist echt großartig.'
'So, nun müssen wir aber mal ein bisschen schneller gehen, sonst kommen wir vielleicht noch zu spät und das dürfte Herrn Falkner gar nicht gefallen.'
'Ja, das denke ich auch, wo doch heute Matheunterricht ansteht. Und außerdem würde mein Vater mich wahrscheinlich umbringen, wenn er erfahren würde, dass ich zu spät zur Schule kam.'
'Ja, das wohl auch. Also los.'
Wenige Minuten später saßen sie im Klassenzimmer, als Herr Falkner rein kam und meinte: 'Also Leute, ich habe mich mal mit meinem Vorgänger unterhalten und der ist der Meinung, dass ihr den Stoff draufhabt, deswegen schreiben wir heute einen kleinen Test, der mir dann mal zeigen soll, wie jeder einzelne in Mathematik steht, damit ich den Unterricht so gestalten kann, dass ihr mitkommt und auch alles versteht.'
'Bewerten Sie den Test dann auch?' fragte Loreen.
'Ja natürlich, was dachtest du denn?'
'Nichts, ich hatte nur gehofft...' erschrocken wandte sie sich zu Gwen um. 'Ey scheiße, Gwen, ich kann das nicht. Kannst du mir bitte, bitte helfen?'
'Ja ich wird sehen, ob er drauf achtet, dass wir auch jeder allein arbeiten. Wenn nicht, dann helf ich dir. Aber mein Vater killt mich, wenn er das rauskriegt.'
'Ist okay, danke Gwen.'
Schon kurz nachdem der Test ausgegeben wurde hörte man ein kollektives Stöhnen durch die Klasse gehen. So wie es aussah hatte keiner eine Peilung, was Herr Falkner überhaupt wollte, keiner außer Gwen, die ja mal wieder fleißig hatte lernen müssen.
'Gwen, kannst du mir bitte, bitte, bitte helfen? Ich versteh nicht mal die erste Aufgabe...''Loreen, Gwenaell, sagte ich nicht, dass jeder alleine seinen Wissensstand überprüfen soll?''Ja, Herr Falkner.' antworteten beide im Chor.
'Gwen, bitte!' flehend blickte Loreen sie an und gerade als sie ihr helfen wollte stand Herr Falkner hinter den beiden.
'Also wirklich, so geht das aber nicht, junge Damen. Ich muss jetzt leider eure beiden Zettel nehmen. So leid mir das tut, aber die Aufgabenstellung war eindeutig.'
Verschreckt sahen bei zu ihrem Lehrer auf.
'Nein, tun Sie das bitte nicht!' riefen sie wieder im Chor aus.
'Ich muss das aber.'
'Bitte nicht. Gwen hat doch keine Schuld, ich habe sie doch gefragt, ob sie mir helfen kann, aber sie hatte nichts gesagt. Nehmen Sie doch bitte nur meinen.' flehte Loreen.
'Die Vorschriften besagen aber, dass ich die Zettel von euch beiden einsammeln muss.''Bitte tun Sie das nicht. Sie haben doch keine Ahnung, was das für Konsequenzen hätte. Bitte!!!' Gwen standen schon die Tränen in den Augen.
'Na, bei dir bin ich sicher, dass du diese Note in null Komma nichts wieder ausgebügelt hast.''Sie verstehen das nicht.... Sie haben doch keine Ahnung!' nun liefen die Tränen ungehindert über Gwens Wangen und noch bevor jemand wirklich verstand, was geschah, sprang sie auf und rannte aus dem Raum. Verblüfft starrte Herr Falkner ihr nach. 'Kann mir das jetzt mal bitte einer erklären?!'
'Wenn Sie Gwen jetzt schlecht bewerten, weil ich sie um Hilfe gebeten habe, nun, sagen wir's mal so, wenn Gwen jetzt eine sechs mit nach Hause bringen würde, dann würde ihr Vater sie wahrscheinlich grün und blau schlagen und sie könnte für die nächsten Tage gar nicht mehr in die Schule kommen, weil sie dem Krankenhaus einen Besuch abstatten müsste.'erklärte Loreen.
'Wie bitte?!' vollkommen verdattert blickte Herr Falkner sie an. 'Wie geht denn so etwas?''Naja, Gwen hat gestern eine zwei plus in Biologie gekriegt und dafür hat ihr Vater ihr prompt Stubenarrest für den Rest der Woche verhängt und auch am Wochenende darf sie nicht raus. Den Fernseher hat er ihr schon letztes Jahr weggenommen, als sie eine 3 in Sport bekam und auch auf die Sprachreise darf sie nicht gehen. Er hat sogar gedroht, sie in ein Internat abzuschieben, wenn sie ihn nur noch einmal danach fragen würde. Wenn sie nach Hause kommt, dann löchert er sie mit Fragen und sperrt sie anschließend in ihrem Zimmer ein, bis sie ihre Hausaufgaben erledigt hat. Wenn sie schnell ist und alles richtig hat, dann darf sie noch mit ihren Freunden raus, wenn nicht muss sie für den Rest des Tages da drin bleiben und lernen. Er hat ihr sogar all ihre Bücher weggenommen, damit sie durch nichts vom Lernen abgelenkt wird. Was glauben sie sonst, warum sie überall Einsen kriegt? Aus Angst vor ihrem Vater und weil er ihr gar keine andere Wahl lässt, als zu büffeln.'
'Der Mensch ist ja krank!'
'Da haben Sie völlig recht. Er ist krank. Er selbst sitzt den ganzen Tag zu Hause rum und raucht und kontrolliert Gwen.'
'Ja aber einen solchen Menschen müsste man anzeigen!'
'Das würde doch nichts bringen. Wie wollen Sie das denn alles beweisen? Wenn Sie ihn anzeigen, dann lässt er hinterher alles an Gwen aus.'
'Nun ja, ich verstehe das zwar, aber ich muss mich trotzdem an die Vorschriften halten.''Können Sie nicht den heutigen Test einfach wegwerfen? Jetzt schreibt doch sowieso nur noch der eine vom anderen ab und Morgen schreiben Sie dann den richtigen und bewerten den dann und dann setzen Sie Gwen einzeln, damit niemand von ihr abschreiben kann und sie nicht grün und blau in die Schule kommen muss.'
'Ja gut, dass wäre eine Möglichkeit. Aber was mach ich dann heute mich euch noch? Also einer müsste jetzt wohl erst einmal Gwenaell suchen gehen.'
'Das mache ich, Herr Falkner.'
'Gut Loreen, dann such sie mal.'
Und schon stürmte diese aus dem Klassenzimmer. Wo Gwen wohl hingelaufen war? Doch sie braucht gar nicht lange nach ihrer Freundin suchen, denn diese saß auf der Treppe, hatte mittlerweile aufgehört zu weinen und unterhielt sich mit einem Jungen, den Loreen noch nie gesehen hatte.
'Hey Gwen, wir haben echt Glück. Wir schreiben den Test morgen erst, der heutige wird nicht bewertet.'
'Wow Loreen, ich bin maßlos erstaunt. Sag mal, wie hast du das denn hingekriegt?'
'Na ganz einfach ihm die Wahrheit erzählt.'
'Na super. Dann weiß unserer neuer Mathelehrer jetzt auch noch, dass mein Vater ein brutaler Schläger und Zigarettensüchtiger ist.'
'Na so hab ich es nicht ausgedrückt. Ich habe nur Andeutungen gemacht. Und außerdem weiß unsere Klasse doch eh schon davon und die halten dicht und Herr Falkner wird bestimmt auch nix sagen. Ich hab ihm die Konsequenzen schon vor Augen geführt.'
Da lachte Gwen plötzlich laut. 'Boah Lori, du bist echt Klasse. Vielen Dank' und fiel ihrer Freundin um den Hals.
'Na das hab ich doch gerne gemacht und es war ja auch meine Schuld, aber willst du mich nicht vorstellen?'
'Eigentlich... naja, egal. Das ist David. Er ist ein paar Klassen über uns. Macht dieses Jahr sein Abi.' erklärte Gwen.
'Ahs, schön dich kennen zu lernen, David. Aber darf ich mal fragen, wie ihr euch eigentlich jetzt kennen gelernt habt?'
'Freut mich auch dich kennen zulernen, Loreen. Nun, Gwen hat mich praktisch über den Haufen gerannt, als ich die Treppe hinaufkam und sie aus dem Klassenzimmer stürmte.''Aja... Du und deine Überrumpelungstaktiken immer!' meinte Loreen scherzhaft zu Gwen.'Was denn? Funktioniert doch immer wieder!' ulkte diese zurück.
'Ja, stimmt wohl, aber wir müssen jetzt echt wieder rein, ansonsten schicken die noch nen Suchtrupp nach uns los.'
'Okay. Tschau David, und danke.'
'Gern geschehen, hat mich echt gefreut dich kennen zulernen, Gwen.' Meinte David und grinste sie an. Gwen lächelte verführerisch zurück und Loreens Blick pendelte ratlos zwischen den beiden hin und her. Dann zerrte sie ihre Freundin mit sich und David ging weiter.'Sag mal Gwen, läuft das jetzt was zwischen dir und diesem David?' fragte Loreen neugierig.'Nö, wieso fragst du?'
'Na so wie der dich angesehen hat?'
'Ja und? Vielleicht will er ja was, aber ich nicht. Erstens würde mein Vater mir das niemals erlauben und zweitens ist er ja ganz nett, aber einfach nicht mein Typ.'
'Aja, so wie Herr Falkner?'
'Exakt, so wie Herr Falkner, aber auf den hast du ja schon ein Auge geworfen, da würde ich eh nichts mehr in der Richtung unternehmen.'
'Wie rücksichtsvoll von dir!'
'Ja wahr? Ich bin ja so sozial zu den Menschen um mich herum.'
Die beiden beharkten sich noch eine Weile weiter, bis sie plötzlich ein lautes Räuspern hinter sich hörten. Erschreckt und verärgert über die Unterbrechung ihres Gespräches drehten sie sich um und schauten direkt in die blauen Augen von Herrn Falkner.
Loreen lief sofort feuerrot an und fragte sich, ob der jetzt das ganze Gespräch mitgekriegt hatte, hoffentlich nicht.
'Na aber Herr Falkner! Das gehört sich aber nicht, zwei junge Damen beim Gespräch zu belauschen!' gespielt empört blickte sie ihn an und lächelte dann.
'Na irgendwer muss euch zwei ja suchen. Da schickt man eine los um die andere zu suchen und dann kommt gar keine wieder.'
'Ja, so sind wir Frauen halt, wenn wir uns einmal festgequatscht haben...'
'Ja, so etwas in der Art dachte ich mir schon.'
'Na sehen Sie, wenn Sie es sich doch schon dachten...Okay, wir kommen jetzt wieder mit, obwohl sich das eigentlich gar nicht mehr wirklich lohnt, weil es in 5 Minuten sowieso klingelt.'
'Na wollt ihr zwei vielleicht die Stunde hintendran hängen?'
'Uh, na bloß nicht!'
'Dann kommt. Und du Loreen solltest besser deinen Mund zu machen, ansonsten fliegen dir noch die Fliegen rein.'
'Ja, Herr Falkner...' nuschelte sie.
Kaum betraten sie wieder den Raum, da klingelte es auch schon zum Stundenende.
Froh darüber, dass diese Stunde so gut verlaufen war, spechten alle aus dem Klassenzimmer. Auch Loreen und Gwen schickten sich an den Raum zu verlassen, da hielt Herr Falkner sie zurück.
'Gwenaell, warte mal bitte. Ich würde gerne mal nach der Schule mit dir reden.'
'Tut mir leid, Herr Falkner, aber ich darf nach der Schule nirgends mehr hin. Ich muss sofort nach Hause.'
'Na gut, dann komm doch bitte in der großen Hofpause mal zu mir.'
'Ja, Herr Falkner.'
'Gut. Einen schönen Schultag wünsch ich euch noch.'
Gequält rangen sich die beiden Mädchen ein Lächeln ab, oder zumindest etwas, das danach aussehen sollte.
'Was kann er nur von dir wollen?'
'Ich habe keine Ahnung, aber wenn ich raten müsste, dann würde ich denken, dass er mit mir über meinen Vater reden möchte.'
'Oder auch über den Test.'
'Ja was soll er da denn reden? Naja, vielleicht wird er mir klipp und klar sagen, dass so etwas wie heute nicht noch einmal vorkommen darf.'
'Möglich. Aber um noch mal auf David zurückzukommen. Läuft da echt nichts?'
'Wenn ichs dir doch sage. Da ist nichts, jedenfalls nicht von mir aus. Ich finde ihn einfach super nett und er hatte echt Verständnis für meine Situation. Man kann sich gut mit ihm unterhalten, aber mehr ist da für mich nicht. Wieso fragst du eigentlich? Hast du etwa Interesse?'
'Nein, du weißt doch, dass...'
'... dein Herz nur für den Einen schlägt? Jaja, ich weiß, aber was machst du, wenn der Eine für dich unerreichbar bleibt?'
'Weiß ich auch nicht, vielleicht ganz, ganz traurig sein?'
'Hahaha, echt witzig. Und außerdem, seit wann bist du denn bitte ein Kind von Traurigkeit? Da tun sich einem ja ungeahnte Abgründe auf!' lachte Gwen auf.
Die nächsten Stunden verliefen relativ ereignislos, aber dann war die große Pause und Gwen musste zu Herrn Falkner. So ein Mist, er hatte ihr gar nicht gesagt, wo er mit ihr reden wollte. Vielleicht ja in dem Raum, in dem sie mit ihm Unterricht gehabt hatten. Sie versuchte es einfach auf gut Glück und tatsächlich, da saß er und wartete auf sie.
Sie hatte unrecht gehabt, eigentlich sah schon verdammt gut aus, aber eben nicht ihr Typ. Besser so, ansonsten wäre Loreen unter Umständen noch sauer auf sie.
'Sie wollten mit mir reden?'
'Ja, aber setz dich doch erst einmal.'
Sie stellte ihre Schultasche ab und setzte sich ihm gegenüber.
'Also Herr Falkner, worüber wollten Sie denn nun mit mir reden?'
'Zum einen über deinen Vater und deine schulischen Leistungen.'
'Uff, ich hab es geahnt..' stöhnte Gwen auf.
'Nana, nana. Nun bleib mal locker...'
'Locker leicht und flockig und schwimmt sogar in Milch.'
'Äh...' verblüfft sah er Gwen an. Dieses Mädchen war echt komisch. 'Naja, wie dem auch sei. Wo war ich stehen geblieben?'
'Leiden Sie an Alzheimer?' fragte sie lachend. 'Also, Sie wollten mit mir über meinen Vater und meine Leistungen in der Schule reden.'
'Ach ja, genau. Stimmt es denn, was Loreen erzählt hat?'
'Ich weiß ja nicht, was genau sie Ihnen erzählt hat, also kann ich Ihnen leider auch nicht sagen, ob es stimmt.'
'Sie sagte, dass dein Vater dich grün und blau schlagen würde, wenn du eine sechs in der Schule bekämst.'
'Ja, das stimmt wohl. Aber er schlägt schon bei weniger zu. In der achten Klasse bekam ich in Sport mal eine drei auf dem Zeugnis, weil ich einige Stunden gefehlt hatte und die dann als nicht erbrachte Leistung behandelt wurden. Da hat er mich wirklich grün und blau geschlagen. Eine ganze Woche lang konnte ich nicht sitzen und Sport machen schon gleich gar nicht. Der Lehrerin tat es hinterher leid und sie meinte, ich könne die verpassten Kontrollen gerne nachholen um meine Note wieder auf eins oder wenigstens auf zwei zu bringen. Aber nicht mal mit einer zwei wäre er zufrieden.'
'Das ist ja schrecklich!'
'Sie sagen es, aber ich kann nichts dagegen tun.'
'Das tut mir leid, das wusste ich nicht. Aber trotzdem kann ich da nicht immer Rücksicht drauf nehmen. Das heute muss einen einmalige Sache bleiben.'
'Ja Herr Falkner.'
'Gut, dann wäre das geklärt. Zweitens hat mein Vorgänger, euer früherer Englischlehrer mir ein paar Papiere hier gelassen. Ich glaube er hatte den Eindruck, dass du für ein Jahr nach England auf eine dortige Schule gehen solltest. Willst du dir das nicht mal überlegen? Ich meine, das wäre doch dann schon mal eine gute Chance, dich mal mit richtigen Engländern zu unterhalten. Du würdest dabei bestimmt eine Menge lernen.'
'Ich würde ja nur zu gerne, aber mein Vater hat es mir verboten. Er will nicht, dass ich dahin fahre.'
'Nun, das wird sich dein Lehrer auch gedacht haben, jedenfalls hat er hier etwas für dich dagelassen. Er muss wohl außerordentlich begeistert von deiner Sprachbegabung gewesen sein. Jedenfalls hat er dir hier einen Brief hinterlegt, in dem sich ca. 1000€ befinden. Damit könntest du einen Teil deines Aufenthalts in England finanzieren.'
'Ja, aber wo kriege ich das restliche Geld her? So ein Auslandsjahr ist doch schweineteuer! Ich könnte niemals das ganze Geld zusammenkriegen. Nicht, wenn mein Vater mich ständig kontrolliert und mich nicht aus dem Haus lässt. Ich kann nicht mal arbeiten gehen, um mir ein bisschen Geld dazu zuverdienen.'
'Nun, dann wirst du einen anderen Weg finden müssen. Ich bin gerne bereit, dich dann auch zu unterstützen, aber den Anfang musst du machen.'
'Ja, Herr Falkner, ich habe verstanden. Ich werde sehen, was ich tun kann. Vielleicht lässt mein Vater sich ja doch noch erweichen, obwohl ich da eigentlich kaum Hoffnung habe.''Na, vergiss nicht, die Hoffnung stirbt zuletzt.'
'Mag sein, aber nur ein Narr kann es wagen zu hoffen.'
'Interessante Ansichten hast du, das muss ich ja schon sagen, und das mit 16!'
'Tut mir leid, aber so bin ich nun mal. Kann ich jetzt wieder gehen? Die nächste Stunde wird gleich anfangen.'
'Ja, Gwenaell, geh nur.'
'Danke. Tschüss Herr Falkner.'

'Ey Gwen, wo warst du denn so lange?'
'Na bei Herrn Falkner, er wollte doch mit mir reden, hast du das denn schon wieder vergessen, Loreen?'
'Nein, aber ich hätte nicht gedacht, dass ihr so lange zum Reden braucht, wer weiß, was ihr da heimlich gemacht habt.'
'Nichts. Wir haben uns nur über meinen Vater unterhalten. Da fällt mir gerade ein, wollte er nicht noch über meine schulischen Leistungen mit mir reden? Naja, egal, jedenfalls würde ich mich niemals an ihm vergreifen, aber ich kann ihn nächsten ja mal aushorchen, was er so über dich denkt.'
'Tu das bloß nicht, der hält mich sonst noch für wer weiß wie bescheuert.'
'Bist du das nicht eigentlich auch?' fragte Gwen ihre Freundin keck.
'Boah du kleines Biest ey!' schimpfte Loreen spielerisch mit ihr.
'Jaja, ich weiß schon, ich weiß... Tut mir leid, ich wollt nicht so gemein sein.'
'Schon gut, weiß ja, dass du manchmal bissl kratzbürstig bist.'
'Aja, manchmal?!'
'Nee, hast recht, eigentlich immer!'
Und schon wieder wurden die beiden von einem Lachanfall geschüttelt.
Doch dieser Tag verging leider viel zu schnell und so musste Gwen sich auch schon wieder auf den Heimweg machen. Und dann würde sie ihrem Vater wieder Rede und Antwort stehen müssen, nur hatte sie keine Ahnung, was sie ihm erzählen sollte. von David nicht, so viel stand fest und auch die ‚fast sechs' würde sie mit keinem Wort erwähnen und bei dem Gespräch, nun, sie würde sich hüten, darüber auch nur ein Wort zu verlieren.
Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend schloss sie die Haustür auf und trat ein.'Hallo Gwen.' hörte sie ihren Vater schon aus dem Wohnzimmer rufen.
'Hallo Papa.'
'Na, wie war es heute in der Schule?'
'So wie immer. Wir haben wieder viel gelernt und viele Hausaufgaben aufgekriegt.'
'Und was ist sonst noch so passiert?'
'Morgen schreiben wir einen Mathetest, deswegen haben wir heute noch mal ein bisschen über den Unterrichtsstoff der letzen Wochen gesprochen und ... ja, das war's eigentlich auch schon. Viel ist heute nicht passiert.'
'Aha, na gut. Dann geh nach oben und mache deine Hausaufgaben. Deine Mutter kommt heute eher nach Hause.'
'Aha, warum?'
'Weil sie ihren neuen Kollegen mit zum Abendessen bringt.'
'Aha, okay, ich mache dann jetzt mal meine Hausaufgaben.' Das war ja mal unlogisch, warum kam sie denn bitte eher nach Hause, wenn sie ihren Kollegen mitbrachte? Aber Logik war ja noch nie seine Stärke gewesen und Gwen hatte auch keine Lust sich den Kopf weiter darüber zu zerbrechen.

Stunden später schaute Gwen sehnsüchtig aus dem Fenster. es ging nach Westen und so offenbarte sich ihr ein grandioser Sonnenuntergang. Wie gern würde sie jetzt da draußen sein und mit einem geliebten Menschen an der Hand den Strand entlang mittenhinein in dieses herrliche Naturschauspiel spazieren. Doch leider würde das wohl noch für sehr lange Zeit ein Traum bleiben. Da riss eine ärgerliche Stimme sie aus ihren trüben Gedanken.
'Gwen! Komm jetzt bitte endlich runter! Wir haben Besuch und das Essen macht sich auch nicht von alleine.' ‚Ja dann mach es doch! Bin ich jetzt vielleicht auch noch Dienstmagd oder so etwas in der Art?' dachte sie sich wütend und kam dann innerlich laut fluchend die Treppe hinunter.
'Was soll ich machen? Ein drei Gänge Menü? Oder doch lieber sieben Gänge?' ‚Damit ihr euch richtig schön zu Tode fressen könnt!' fragte sie missmutig.
'Ja nun zieh nicht so ein Gesicht. Ich habe dir gestern gesagt, dass wir heute Besuch haben werden.' ‚Nein, hast du nicht, aber davon mal abgesehen. Seit wann bin eigentlich ich für die Bewirtung deiner Gäste zuständig? Das wird ja immer schöner hier!'
'Also, was soll ich nun machen?'
'Mach was du willst, aber mach was anständiges.' Im Klartext, mach ein Meisterwerk und das in möglichst kurzer Zeit. War sie vielleicht Zauberin?
'Okay, Mama.'
'Und dann komm doch bitte und stell dich unserem Gast vor.'
‚Es ist unhöflich sich einem Gast selber vorzustellen, das machen immer Dritte, aber von Höflichkeitsregeln habt ihr ja noch nie was gehört.'
'Ja, kann ich erst das Essen machen?' ‚Nicht das der feine Herr Gast nachher noch verhungert.' dachte sie ironisch. ‚Soll er meinetwegen doch verrecken, was kümmert's mich?!'
Lustlos schlich Gwen in die Küche und überlegte, was sie denn nun auf die Schnelle kochen solle. Sie war eine gute Köchin und das wusste sie auch, aber selbst ein Meisterkoch wäre an dieser Aufgabe halb verzweifelt, aber eben nur halb. Also riss sie sich zusammen und stöberte das alte Kochbuch ihrer Urgroßmutter heraus. Da sie selbst Vegetarierin war, gestaltete es sich für sie immer etwas problematisch für Fleischesser zu kochen.
'Mama, kommst du bitte mal kurz in die Küche? Ich hab mal eine Frage an dich.' rief sie deswegen laut in Richtung Wohnzimmer.
'Ja mein Schatz, was hast du denn?'
'Ist ‚unser' Gast Vegetarier oder soll ich ein Fleischgericht kochen?'
'Ähm, ich glaube es ist besser, wenn du heute mal nicht vegetarisch kochst, mein Liebes.''Ja, okay Mama.' Und schon ware ihre Mutter wieder zur Tür hinaus. ‚Sie muss sich ja schließlich um ihren Gast kümmern, nicht das der noch einen schlechten Eindruck von uns erhält. Oh nein, das wäre ja katastrophal! Als ob der nicht schon längst das Weite gesucht hätte, wenn sie sich nicht auf ihn stürzen würde. Welcher Mensch hält es bei uns schon freiwillig für längere Zeit aus?! Aber vielleicht ist der ja gar kein Mensch. Er ist bestimmt ein Vampir, der nur hinter unserem Blut her ist. Muhaaa, haltet eure Hälse bedeckt.'
Widerwillig begann sie ein Fleischgericht zu kochen. Bläh, wie sehr sie es doch verabscheute!Eine Stunde später ‚Hoffentlich war der Gast inzwischen verhungert oder zumindest reif für die Klapse' stand das Essen auf dem Tisch. Gwen hatte sich mal wieder selbst übertroffen, es war einfach himmlisch und der Nachtisch erst... ‚Hör auf zu schwärmen!' schalt sich Gwen und ging hinaus um die Anderen zum Essen zu holen.
'Das Essen ist fertig! Alle die Hunger haben, mögen sich nun bitte zu Tisch begeben!'Sofort brach im Wohnzimmer eine hektische Betriebsamkeit aus. ‚Ist ja nicht auszuhalten, wie verfressen die doch sind!' Gwen konnte darüber einfach nur den Kopf schütteln, etwas anderes fiel ihr dazu nicht mehr ein.
'Hallo Mama, hallo Papa' ‚Sklaventreiber!' dachte sie im Stillen. 'Guten Abend, mir völlig unbekannter Herr.' Begrüßte sie den Gast. Einen jungen Mann, vielleicht Anfang dreißig. Sah eigentlich ganz nett aus, aber nicht ihr Typ. ‚Himmel Gwen, sagst du das nicht bei jedem Mann, der dir über den Weg läuft?! Ist fraglich, ob überhaupt irgendein Mann dein Typ ist...''Also Gwen' schimpfte Elvira sofort los: 'Das gehört sich nicht!'
'Ja wie soll ich ihn denn sonst anreden? Wir wurden schließlich noch nicht vorgestellt. Oder soll ich vielleicht sagen: Guten Abend, sehr verehrter Herr, wegen dem ich mich um neun in der Nacht an den Herd stellen und kochen muss???!'
'Gwen! Ich bin entsetzt, wo hast du nur deine Manieren gelassen?!'
'Tut mir leid, die müssen wohl mit in den Kochtopf gefallen sein. Sagt mir doch bitte bescheid, wenn ihr sie wieder gefunden habt. Mir jedenfalls ist der Appetit gerade gehörig vergangen. Ich wünsche eine angenehme Nacht und hoffentlich schmeckt euch das Essen.' ‚Möget ihr alle daran ersticken, euch vergiften, was weiß ich was, Hauptsache sterben!''Ach und der Nachtisch steht im Kühlschrank.' Dann knickste sie vor dem jungen Mann, den sie nicht kannte und stolzierte aus der Küche.
'Also, das tut mir jetzt wirklich ausgesprochen leid, ich weiß gar nicht, was mit ihr los ist. Sie ist doch sonst so ein liebes Mädchen. Wilbur, weißt du, was sie hat?'
'Zu viele Freiheiten, das hat sie. Wir sollten ihr diesen MP3-Player wegnehmen, so etwas braucht sie nicht!'
'Du wirst wohl recht haben Wilbur. Aber setzen sie sich doch bitte, verehrter Herr Kollege!''Sehr freundlich Madam, sehr freundlich.'

Gwen war inzwischen in ihr Zimmer zurückgekehrt und hatte sich weinend aufs Bett geworfen. Sie hatte sich gerade, nein, nicht sie, ihre Eltern hatten sie gerade vor dem Gast blamiert, aber eigentlich war es ihr egal. Hoffentlich würde dieser Mensch das Haus nie wieder betreten, und wenn es an ihr liegen sollte, so sollte ihr das nur recht sein.
‚Was weine ich jetzt eigentlich?' fragte sie sich, doch sie wusste selbst, dass sie darauf keine Antwort finden würde.
Nach einiger Zeit rannen die Tränen nicht mehr in Strömen aus ihren Augen und sie besann sich langsam wieder darauf, wo sie eigentlich war. Sie lag in ihrem Zimmer, auf ihrem Bett und es war unerträglich heiß. Mühsam kämpfte sie sich aus diesem scheußlich weichen Bett hinauf und ging zum Fenster, um es zu öffnen. Da sie kein Licht gemacht hatte konnte sie draußen am Himmel schon den Mond sehen, aber auch noch etwas anderes. Dort draußen auf dem Fensterbrett lag eine Hand und die Hand hing an einem Arm. Der wiederum befand sich an einem Körper und auf dem saß ein Kopf und genau dieser Kopf starrte sie jetzt an. Falsch, nicht der Kopf, sondern die Augen in diesem Kopf, die sie nicht sehen konnte, aber sie ahnte, dass sie sie ansahen. Wenn Gwen vor Schreck nicht wie gelähmt gewesen wäre, dann hätte sie jetzt laut losgeschrien. So aber schaute sie einfach nur völlig fassungslos in dieses fremde Gesicht. So weit sie das erkennen konnte, war es ein Männergesicht. Eine lange gerade Nase und schmale sinnliche Lippen konnte sie erkennen, der Rest lag im Dunkeln.
Plötzlich schien ihr Gegenüber wieder zur Besinnung zu kommen und verschwand.
Gwen, nun doch neugierig flitzte zum Fenster und riss es auf und sah gerade noch, wie die Gestalt im Wald verschwand.
‚Seltsam, wie gestern. Wie gestern! Das war es, da hatte auch eine Gestalt versucht die Hauswand hinaufzuklettern. Nur, wie hatte er das geschafft?' rätselte Gwen. Die Hauswand war ebenmäßig und glatt verputzt worden, da konnte man sich nirgends festhalten. Also, langsam wurde ihr dieser Typ immer unheimlicher. Was konnte er nur von ihr wollen?Auf die Idee sich zu fragen, wer der Unbekannte eigentlich war kam sie gar nicht, sie war viel zu fasziniert von diesem Mann, dass sie alles andere um sich herum vergaß.
Sie konnte ja nicht ahnen, das genau dieser faszinierende Mann plante sie beim nächsten Vollmond zu töten. Hätte sie das gewusst, dann wäre sie bestimmt nicht so leichtsinnig gewesen, aber woher sollte sie das denn schon wissen???







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