Black Tiger Teil 1

Autor: Any
veröffentlicht am: 12.01.2008




Ja, dass ist der erste Teil meiner ersten Geschichte. Ich bin noch nicht so erfahren in Sache Geschichten schreiben. Bin für Verbesserungsvorschläge offen!

'Jessica?!', rief Sandra Cohan in die Nacht hinaus: 'Jessica! Komm bitte rein! Es ist schon spät und morgen ist dein erster Schultag! Du willst doch nicht Ringe unter den Augen haben!?' 'Ja, Ma´! Ich komme gleich!', antwortete Jessica Cohan dem Rufen ihrer Mutter. Noch einmal starrte sie in den sternenbesetzten Himmel und zog die frische Abendluft ein. Es roch nach nasser Erde und Grass, was kein Wunder war, da es vorher geregnet hatte. Wenn es ein regnerischer Tag war, dann ist die Nacht umso schöner, das hatte ihr Vater Benjamin Cohan immer zu ihr gesagt, als sie noch klein war. Ihr Vater war Biologe gewesen und saß jede Nacht vor dem Zubettgehen mit ihr draußen auf der Wiese und erzählte von den Wäldern, den Bäumen und Pflanzen und den Tieren die er auf seinen Expeditionen gesehen und erforscht hatte. Benjamin liebte die Natur über alles. Es war sein Traum als Kind gewesen, eine Arbeit zu haben in der er neues Land, neue Tierarten oder neue Pflanzen entdecken konnte und diesen Traum hatte er sich auch erfüllen können. Benjamin Cohan war ein großartiger Forscher und Vater gewesen.
Langsam erhob sich Jessica aus dem nassen Grass und ging Richtung Haus. 'Da bist du ja endlich.', wurde sie von ihrer ungeduldigen Mutter begrüßt. Ihre Tochter zuckte nur mit den Schultern, quetschte sich an ihrer Mutter vorbei und ging ins Bad. Sie stellte sich vor den Spiegel und sah ihr Spiegelbild an. Ihre, knapp über die Schultern gehenden, blonden Haare wellten sich sanft um ihr Gesicht. Sie waren etwas feucht, da Jessica ja im Grass gelegen hatte. Zwischen ein paar Strähnen die ihr ins Gesicht gefallen waren stachen ihre grünen Augen mit den langen voluminösen Wimpern hervor. Schnell strich sie sich weitere Strähnen vors Gesicht. Sie mochte ihre Augen nicht. Sie fand, dass sie bösartig aussahen. Vor allem der gelbe Ring, der zwischen Pupille und dem Grünen war, störte sie. Viele beneideten sie um ihre Augen, aber als ihr Ex-Freund Martin einmal 'Mit deinen großen grün-gelben Augen schaust du sowieso nur wie eine bösartige hinterlistige Schlange aus!' gesagt hatte, war es mit dem `Schönfinden´ ihrer Augen und generell an allem an ihr vorbei. Natürlich versuchten ihre Freundinnen damals, ihr das auszureden, aber Jessica zog sich immer mehr in ihre eigene kleine Welt zurück, bis sich alle ihre Freunde von ihr abwendeten, sogar Lena, ihre damals beste Freundin. Außerdem war es nicht der einzige Kommentar, den Martin über sie gesagt fallen lies. Er hatte sie wirklich sehr verletzt, sobald sie in seine Nähe kam, musste er über sie ablästern. Sie verstand nicht warum und vor allem nicht warum er Schluss gemacht hatte. Es war doch alles so gut gelaufen! Sie hatten sich jeden Tag getroffen und waren das Traumpaar der Schule, zumindest sagten das ihre Freundinnen. Aber jetzt hatte sie ja keine Freundinnen mehr. Jessica hatte sich angewöhnt unsichtbar zu sein. Nicht mal den Lehrern fiel sie auf, was natürlich Vorteile, aber auch Nachteile verschaffte. Wahrscheinlich würden ihre Klassenkameraden nicht mal mehr wissen wie sie hieß, wenn da nicht Martin und sein Freund Lukas aus der 10. wären. Martin selber war, so wie Jessica, erst aus der 9., weil er einmal sitzen geblieben war, aber da er, wie Lukas und noch ein paar andere der 10., der Football-Mannschaft angehörten und man damit automatisch als einer der begehrtesten Jungen der ganzen Schule wurde, war der Rest eigentlich ganz egal. Solange man Spiele gewann und ein halbwegs gute Aussehen hatte, und das hatte Martin. Er wäre wahrscheinlich der hübscheste Junge der Schule gewesen, wenn da nicht Lukas wäre, denn der war der Schwarm aller Mädchen. Aber an Lukas kam sowieso keine ran. Cheerleader hielt er für blöde `Blondies´, denn alle Cheerleader waren zufälliger Weise blond, die nichts im Kopf haben und nur Tanzen können. Und die anderen Mädchen fielen fast in Ohnmacht, wenn sie ihn sahen und was sollte Lukas mit einer Freundin, die jedes Mal umkippte, wenn sie ihn sah? Das war aber natürlich ein Vorteil für Martin, er hatte fast mit jedem Cheerleader etwas gehabt, außer natürlich mit Cheerleader Nummer 1: Jessica Cohan. Sie tanzte wie immer aus der Reihe und ließ ihn am Anfang einfach abblitzen, aber dann schaffte er es doch noch, dass sie sich in ihn verliebte und sie so zusammen kamen, was Jessica aber jetzt bereute, es war aber auch wirklich romantisch, wie er ihr seine Liebeserklärung machte. Er hatte es durch Lautsprecher der ganzen Schule gesagt und Jessica war knallrot geworden und hatte auf seine Frage, ob sie seine Freundin sein wolle nur noch ein leises `Ja´ hervor gebracht, dass er natürlich nicht gehört hatte, aber später hatten sie sich noch getroffen. Und anscheinend hatte er sich wirklich in sie verliebt, sie verbrachten jede freie Minute miteinander, alles schien perfekt zu sein, aber dann…
Jessicas Gedanken schweiften ab. Sie wollte nicht wieder in diesen Erinnerungen schweben, es tat weh. Sie hatte ihn wirklich geliebt, aber offensichtlich hatte er nur mit ihr gespielt. Wegen ihm hatten ihre Freunde sie verlassen, sie wurde aus dem Cheerleader-Team geworfen und jetzt lebte sie nur noch in ihrer eigenen kleinen Welt. Ihre naive Mutter merkte davon natürlich überhaupt nichts, sie lebte weiterhin in ihrer perfekten kleinen Welt. Jessica schaute boshaft in ihr Spiegelbild, wenn ihre Mutter wüsste, was in ihrem Leben so vorging würde sie sie wahrscheinlich umbringen.
'Wie lang brauchst du denn noch?', sagte ihre Mutter in dem Moment und klopfte an die Tür. 'Schon fertig.', antwortete sie und öffnete die Tür, schlüpfte an ihrer Mutter vorbei, direkt in ihr Zimmer. Es war groß und geräumig, aber für Jessica war es trotzdem leer. Seit ihr Vater nicht mehr da war, empfand sie sowieso keine wirklichen Gefühle mehr. Es war alles so leer. Sie war sogar so naiv gewesen, zu glauben, dass Martin ihr endlich wieder ein Lebensgefühl geben könnte, es wäre auch fast soweit gekommen, als er plötzlich Schluss machte und sie schikanierte. Auch ihre Mutter war, seit dem Verschwinden ihres Vaters, nicht mehr dieselbe. Sie tat zwar immer fröhlich, um Jessica mit ihrer Trauer nicht zu belasten, aber dass machte alles nur noch schlimmer. Es war sowieso alles nur Fassade. Sie hörte doch wie ihre Mutter abends weinte und mit dem Bild ihres Mannes, dass neben ihrem Bett stand redete.Jessica seufzte, legte sich ins Bett und schaltete das Licht aus.

Jessica wurde durch ein Kratzen aufgeweckt. Sicher wieder die Katze, dachte sie. Langsam stand sie auf und ging zur Tür. Das Kratzen wurde lauter, aber es kam nicht von der Tür, sondern vom Nebenzimmer, in dem ihre Mutter schlief.
Weinte sie etwa schon wieder? Aber warum kratzte es dann so? Vielleicht war ja die Katze in ihrem Zimmer eingesperrt… Aber Mama lasst die Katze doch sonst auch nie bei sich schlafen… Irgendwas stimmt da nicht.
Langsam öffnete Jessica die Tür, sie gab ein leises Knarren von sich. Erschrocken stoppte sie ihre Bewegung. Auch das Kratzen stoppte. Gespannt hielt sie den Atem an, plötzlich konnte sie das Geräusch wieder hören. Sie stieß erleichtert den Atem aus und drückte erneut gegen die Tür, bis sie soweit offen war, dass sie hindurchschlüpfen konnte. Langsam machte sie Schritt für Schritt den Abstand zwischen ihr und der Tür des Schlafzimmers ihrer Mutter kleiner. Das Kratzen hatte nicht aufgehört, eher im Gegenteil, denn mit jedem Schritt wurde es lauter. Nur noch wenige Meter trennten Jessica von der Schlafzimmertür ihrer Mutter. Der letzte Schritt, das Kratzen war nun so laut, dass man dachte, jeder in der Nachbarschaft müsse es hören, aber das lag daran, dass es rundherum so still war. Unschlüssig stand Jessica vor der Tür, sollte sie klopfen, oder einfach aufmachen und riskieren, dass ihre Mutter sauer aus sie sein könnte? Denn seit dem sie alleine in diesem Zimmer schlief, durfte Jessica nicht mehr, ohne Erlaubnis ihrer Mutter, in das Zimmer gehen. Aber diesmal schlug sie die Regeln ihrer Mutter in den Wind und entschied sich die Tür einfach zu öffnen. Die Türschnalle quietschte als sie sie langsam hinunter drückte. Langsam zog sie die Tür, die sie von sich und dem Zimmer ihrer Mutter trennte, in ihre Richtung. Ein lautes Knarren, wie es immer war, wenn man die Türen in diesem Haus öffnete, ertönte. Als sie weit genug aufgemacht hatte, um durch einen kleinen Spalt in das Schlafzimmer ihrer Mutter schauen konnte, schlüpfte tatsächlich die Katze hindurch und gab ein empörtes Miauen von sich, als ob sie sich dafür beschweren wolle, dass sie eingesperrt war. Jessica seufzte erleichtert auf. 'Was hast du da drin überhaupt gemacht?', fragte sie ihre Katze flüsternd, während die mit ihrem zierlichen Körper um ihre Beine strich, wie als wolle sie sich nun für die `Rettung´ aus ihrem `Gefängnis´ bedanken. Kopfschüttelnd sah Jessica ihre Katze an, dann warf sie noch einen prüfenden Blick ins Zimmer. Ihre Mutter schlief friedlich in ihrem Bett. 'Sie schaut so glücklich aus, wenn sie schläft…', dachte das Mädchen und schaute ihr beim Schlafen zu. Offensichtlich träumte ihre Mutter von ihrem Vater und es musste ein glücklicher Traum sein. Jessica wünschte sich, sie könne auch so friedlich schlafen und seufzte. Sie schaute noch einmal auf ihre Mutter, schloss die Tür und schlich wieder in ihr eigenes Zimmer, wo sie sich in ihr Bett legte und bald darauf eingeschlafen war.

Jessica schlug die Augen auf. Es war hell in ihrem Zimmer. Langsam drehte sie ihren Kopf und sah auf ihren Wecker. Es war halb sieben. Sie seufzte und schloss die Augen. Eine halbe Stunde später läutete dann auch schon der Wecker. Genervt drehte Jessica sich um und drückte ihren Kopfpolster in ihr Gesicht. Sie wollte nicht in die Schule. Am liebsten würde sie einfach zu Hause im Bett liegen bleiben und dort den Rest ihres Lebens verbringen. Wenn sie jetzt in die Schule gehen würde, würde sie doch nur wieder Beleidigungen, missbilligenden Blicken und Trauer begegnen. Nein! Das konnte ihr erspart bleiben. So beschloss Jessica erneut ihre Augen zu schließen und ihre Pflichten zu ignorieren, wohl wissend, dass ihre Mutter spätestens in fünf Minuten kommen würde und sie ein für alle mal aus dem Bett schmeißen würde.
Es vergingen fünf Minuten, aber Sandra Cohan kam nicht. Jessica dachte, dass ihre Mutter vielleicht selber verschlafen hatte und spätestens in zwei Minuten hektisch die Tür aufreißen und Jessica Dampf unterm Hintern machen würde. Aber auch die zwei Minuten vergingen, ohne dass sie auftauchte, oder dass ihre Tochter auch nur ein einziges Lebensgeräusch von ihr gehört hatte. Langsam wurde Jessica nervös. So kannte sie ihre Mutter gar nicht. Sonst war sie immer sehr früh auf den Beinen, weil sie noch den Tagesablauf ihres Mannes gewohnt war. Jessicas Vater musste nämlich wegen seines Jobs sehr früh aufstehen und ihre Mutter hatte ihm immer das Frühstück angerichtet. Sie hatte sich das frühe Aufstehen bis heute nicht abgewöhnt. Sie richtete sich in ihrem Bett auf. Irgendwas stimmte hier nicht. Leise öffnete sie die Tür und ging runter in die Küche. Es war still, für ihren Geschmack zu still, denn sonst hatte ihre Mutter immer den Küchenradio aufgedreht, denn sie pflegte zu sagen: 'Musik am Morgen bringt gute Laune und keine Sorgen!', aber die gewohnten Melodien blieben aus. 'Ma´?!', Jessica bekam keine Antwort. 'Ma´! Wo bist du?', wieder nichts. Jetzt wandelte sich ihre Nervosität in Angst um. Sie kroch langsam ihren Rücken hinauf und verursachte eine Gänsehaut, nicht so eine Gänsehaut, die sie immer bekam, wenn Martin sie angesehen hatte oder sie sich geküsst hatten, nein… es war… irgendwie unangenehm. Sie schaute sich noch einmal gründlich im Wohnzimmer um, dann noch einmal in der Küche und im unteren Bad, aber keine Spur von ihrer Mutter. 'Ma´! Ich bekomme Angst! Wo steckst du?', rief sie mit zitternder Stimme die Treppen hinauf. Jessica bildete sich ein, ein dumpfes Stampfen, wie als wenn jemand oben umher ging, zu hören. Sie horchte. Es war still. Wahrscheinlich war es die Katze…, dachte sie, doch dann kam diese mit einem lauten Miauen, dass sie zusammenfahren ließ, geradewegs aus dem Waschraum, der an die Küche angebaut war herausgelaufen. Jetzt wurde Jessica langsam panisch. Wo war ihre Mutter?Unschlüssig, was sie jetzt machen sollte, stand sie vor der ersten Stufe der Treppen und starrte hinauf, wie als würde Sandra Cohan gleich hektisch herunter gerannt kommen und sie ausschimpfen, dass sie viel zu spät in die Schule kommen würde, aber ihre Mutter kam nicht und sie war auch zehn Minuten später nicht herunten. Vielleicht musste sie ja heute früher in die Arbeit oder hatte etwas Wichtiges zu erledigen und hat mich deshalb nicht aufgeweckt… Aber normalerweise sagt sie mir so etwas doch! Ich schau am besten mal, ob sie mir eine Nachricht hinterlassen hat…, dachte Jessica hoffnungsvoll und ging zum Esstisch. Vergeblich suchte sie nach irgendeiner Notiz ihrer Mutter, aber da war keine.
Vielleicht schläft sie wirklich noch… aber da müsste sie mich doch rufen gehört haben…, Jessica wurde immer ängstlicher. Ich schau jetzt in ihrem Zimmer nach, was los ist…Sie ging, besser gesagt sie schlich, die Treppen hinauf. Warum wusste sie selber nicht so genau, aber diese Anspannung veranlasste sie dazu, zu denken, dass sie schleichen müsse, um alles zu hören was um sie herum geschah.
Nun stand sie, wie in der Nacht, wieder vor der Schlafzimmertür ihrer Mutter. Zaghaft klopfte Jessica. Keine Antwort. Diesmal klopfte sie etwas lauter und fragte: 'Ma´? Bist du da?', wieder nichts. 'Ma´ ich komm jetzt rein, ja?', wie erwartet, war auch diesmal nichts zu hören. Langsam öffnete sie die Tür und sah sich im Zimmer um. Niemand war da.
Sie suchte noch einmal das ganze Haus ab, aber sie fand sie nirgends.
'Ma´?! Wo bist du? Du machst mir Angst!', rief Jessica vor Verzweiflung. 'Bitte lass mich nicht alleine!', sie begann zu schluchzen, lehnte sich an die Wand und rutschte langsam an ihr herunter. Ihre Mutter sah sie an diesem Tag nicht mehr, obwohl sie noch die ganze Nachbarschaft und die Stadt abgesucht hatte.
Jessica lag in ihrem Bett. 'Jetzt bin ich ganz alleine… Meine Mutter hat mich nun auch verlassen… Alleine…', sie begann wieder zu schluchzen und schlief dann unter Tränen ein. Es war ein unruhiger Schlaf. Immer wieder zogen Bilder ihrer Mutter, ihres Vaters, den sie so sehr vermisste, und von Martin an ihr vorbei.
Sie wimmerte. Dann verschwanden die Bilder plötzlich und ein Mann stand vor ihr. Er war groß, stattlich und trug einen beige-grünen Overall. An dem schwarzen Gürtel hingen eine Lupe, ein Fernglas, ein etwas zu groß geratenes Taschenmesser, ein Funkgerät und eine Pistole. Der Rucksack, der auch beige-grün war hing nur an einer Schulter. Das Gesicht des Mannes war zur Hälfte im Schatten und verbarg die seine Augen. Er kam ihr bekannt vor, auf unerklärliche Weise, dachte sie, dass sie ihm schon einmal begegnet war… Vor einer langen Zeit.

Die Mundwinkel des Mannes zuckten und zogen sich zu einem fiesen Lächeln nach oben. Dann hob er langsam den einen Arm und griff an seinen Hut. Langsam zog er den Hut vom Kopf. Jessica stockte der Atem.
'Dad?!', sie konnte ihren Augen nicht trauen. Das war ihr Vater! Er stand vor ihr, wie als wäre er nie weg gewesen. Am liebsten wäre sie los gerannt, ihm in die Arme gesprungen und hätte vor Freude geweint. Ihn endlich wieder in den Armen zu halten… Es war schon immer ihr Traum gewesen. Sie versuchte ihre Beine zu bewegen, nur ein paar Schritte, dann wäre sie endlich nicht mehr allein. Tränen rannen ihr übers Gesicht. Sie wollte ihre Hand nach ihm ausstrecken, aber ihr Arm gehorchte ihr nicht, genauso wenig ihre Beine.
Verzweifelt wollte sie seinen Namen rufen, dass er ihr helfen solle, aber auch ihre Lippen blieben versiegelt. Ihr Vater sah sie weiterhin mit diesem fiesen Grinsen im Gesicht an und als sie in seine Augen schaute, sah sie nichts als Kälte. Wieso freute er sich nicht, sie wieder zu sehen? Wollte er seine einzige Tochter nicht wieder in den Armen halten, hatte er sie gar nicht vermisst? Er wandte seinen Blick ab, drehte sich um und machte einen Schritt vorwärts. Aber das ist die falsche Richtung! Wo willst du hin? Lass mich nicht allein! Bitte! Doch Jessicas Körper gehorchte ihr weiterhin nicht. Ihr Vater ging. Er ließ sie allein… Sie war immer allein. Heftig begann sie zu schluchzen.
'Bitte! Ich will nicht mehr alleine sein!', sie konnte ihre Lippen wieder bewegen, aber ihr Vater ging weiter, wie, als hätte er sie nicht gehört. Und dann sah sie ihre Mutter, in weiter Ferne. Sie hatte eine Hand in Richtung ihres Vaters, der auf sie zuging, ausgestreckt. Sie erwartete ihn und als er bei ihr ankam, drehten sich beide noch einmal zu Jessie um.'Bitte bleibt da!', doch ihre Eltern verschwanden, langsam, sie lösten sich in Luft auf. 'Nein!', panisch versuchte sie vorwärts zu kommen. Aber ohne Erfolg. Sie stürzte und blieb noch immer weinend am Boden liegen.
Ihre Eltern hatten sie zurückgelassen. Sie wollten sie nicht. Niemand wollte sie.
Und dann hörte sie das Lachen, das sie früher so geliebt hatte, dass sie auch zum lachen gebracht hatte, doch jetzt kam es ihr vor, als wäre es pure Bosheit.
Sie blickte auf und sah Martin vor ihr stehen.
'Na, du Schlampe? Jetzt bekommst du das, was du verdienst! Du bist allein! Und du wirst es immer bleiben! Ganz allein…'
'NEIN! Ich will nicht! Lass mich zu ihnen! Ich will zu meinem Vater! Ich will nicht mehr alleine sein!', doch Martins Antwort war wieder nur ein Lachen.
Plötzlich war er weg. Sie riss die Augen auf, doch über ihr war nur die weiße Decke ihres Zimmers.
Verwirrt schaute sie sich um, sie war in ihrem Zimmer. Allein. Schnell setzte sie sich auf. Vielleicht war ihre Mutter ja wieder da.
Doch all das Suchen war wieder vergebens. Ihre Mutter war noch immer nicht zurückgekommen.

Verzweifelt saß Jessica in ihrem Zimmer und sah sich um, wie als würde ein Wunder geschehen und ihre Mutter würde plötzlich vor ihr auftauchen und sich bei ihr entschuldigen, dass sie so lang weg war und ihr nichts gesagt hatte.
Aber das geschah nicht. Ihre Tränen waren versiegt. Sie sah auf die Uhr. Sie zeigte 22:06 Uhr an. Auch wenn ihre Mutter heute so früh arbeiten gegangen war, dass Jessie sie nicht mehr gesehen hat, auch wenn ihre Mutter das nie machte ohne einen Zettel zu hinterlassen, hätte sie schon längst zurück sein müssen. Wo war sie nur? Sie hatte auch niemanden den sie anrufen hätte können, damit sie sich nicht so allein fühlte, denn Freunde hatte sie ja keine mehr und ihr Vater war wahrscheinlich tot. Oft dachte sie, dass das alles nur ein böser Traum war aus dem sie irgendwann wieder aufwachen würde und alles wieder so wie früher war. Ihr Vater würde ihr von seinen Expeditionen erzählen, ihre Mutter würde ihnen etwas gutes zu Essen kochen und mit ihrem Vater scherzen und sie würde mit ihren Freundinnen über all ihre Geheimnisse reden können, aber sie wachte nicht auf. Es war real. Lange Zeit saß Jessica so da und starrte einfach auf ihre Zimmertür. Mittlerweile war es schon weit nach Mitternacht.Gerade als ihr die Augen zu fielen hörte sie ein Geräusch unten bei der Eingangstür. Sie schreckte auf und lauschte. Da war es schon wieder. Schnell zog sie ihre Hausschuhe an und rannte die Treppen hinunter. Vielleicht war es ja ihre Mutter. Es war sogar ziemlich sicher ihre Mutter. Aber als sie gerade bei der untersten Stufe ankam, hörte sie eine Stimme: 'Bist du dir sicher, dass das das richtige Haus ist?', die Stimme klang irgendwie kalt und unangenehm. Jessica stockte der Atem. Eine zweite, sanftere, fast liebliche Stimme antwortete der Ersten: 'Ja! 100 Prozentig! Die Frau ist heute aus diesem Haus gekommen!' Die Frau? Konnte es sein das das ihre Mutter war? Jessie stand ganz still auf der letzten Stufe und lauschte weiter. 'Hmmm… Und woher sollen wir jetzt wissen, ob das Mädchen nicht schon längst woanders ist? Was ist, wenn sie zur Polizei gegangen ist?', fragte die erste Stimme, die einem Mann gehören musste wieder.
'Das glaub ich nicht.', sagte die Zweite, die einer Frau gehörte, ungeduldig. 'Und jetzt hilf mir verdammt noch mal suchen.'
'Ich glaube, dass brauchen wir nicht mehr!', Jessie lauschte gespannt, was jetzt passieren würde. Vom Licht des Mondes, das durch ein Fenster schien, konnte sie Schatten ausmachen. Einer war groß und breit und gehörte definitiv einem Mann und der andere war eher schlank und klein, eine Frau. Der größere Schatten bewegte sich und zwar genau in ihre Richtung. Sie wusste nicht was sie tun sollte. Die beiden hatten von einer Frau gesprochen, die ganz offensichtlich ihre Mutter war. Was, wenn sie ihr was angetan hatten? Der Schatten kam immer näher.
'Was tust du da, Harald?', fragte die Frau schneidend.
'Das Mädchen steht schon da… Stimmt´s meine Kleine?', die letzten Worte waren an sie gerichtet. Erschrocken fuhr sie herum und rannte die Treppen wieder hinauf.
'Jetzt warte doch! Wir wollen dir nichts tun!', rief der Mann hinterher. Sie hörte, wie er ihr nachlief. Verzweifelt stürmte sie ins Bad und sperrte die Tür zu. Sie hörte wie der Mann die Treppen raufkam und sich langsam in Richtung Bad bewegte.
'Du brauchst wirklich keine Angst haben!', mittlerweile war die Frau ihm
hinterhergekommen. Jessie hielt den Atem an und starrte auf die Badezimmertür.
'Bitte, Kleine! Wir wollen dir nichts tun!', sagte der Mann eindringlich und fast verzweifelt. Sie schluckte, nahm all ihren Mut zusammen und sagte: 'Wo ist meine Mutter? Was wollt ihr hier?'
Die Frau antwortete ihr: 'Deiner Mutter geht es gut, keine Sorge. Was wir wollen bist du!'
Jessica erschrak: 'Was meinst du damit?'
'Wir brauchen deine Hilfe!'
'Was?'
'Du bist die Einzige, die uns helfen kann!'
'Ich… ich versteh das nicht…'
'Du wirst es verstehen, sobald wir dich zu ihm gebracht haben.'
'Wen meinst du?'
'Das wirst du sehen, wenn du mit uns kommst.'
Jessie wusste nicht was sie machen sollte. Es konnte genauso gut eine Falle sein, aber dann hätten sie auch einfach die Tür auftreten können und sie holen.
'Was garantiert mir, dass ihr mir nichts antut?'
'Du wirst uns einfach vertrauen müssen.', diesmal war es nicht die Frau, die ihr antwortete, es war ein Mann, ein junger Mann, aber auch nicht der, der sie entdeckt hatte. 'Wir brauchen deine Hilfe wirklich! Aber vorher musst du die Tür aufmachen.'
Jessie war jetzt alles egal. Sie hatte sowieso nichts zu verlieren. Die einzige Person, die ihr noch etwas bedeutete, war offensichtlich in der Gewalt dieser Personen, wenn sie nicht schon längst tot war. Langsam drehte sie den Schlüssel im Schloss herum, dass sich mit einem leisen `Klick´ öffnete. Sie drückte die Türklinke herunter und öffnete die Tür. Sie hörte wie die… Einbrecher? ein paar Schritte zurückgingen. Als sie sie ganz geöffnet hatte sah sie als erstes den großen Mann, von dem sie auch den Schatten gesehen hatte. Er stand direkt neben der Tür und starrte sie gespannt an. Es sah nicht so aus, wie als würde er ihr etwas antun wollen, zumindest machte er keine Anstallten sie zu packen, oder irgendwie sonst anzugreifen. So weit sie das in der Dunkelheit erkennen konnte, musste er um die 35 sein. Jessicas Blick wanderte weiter und blieb an der Frau hängen. Die Frau hatte langes Dunkles Haar und war etwas größer als sie, aber auch ohne Licht konnte sie sehen, dass sie wohl sehr viel trainierte, denn sie sah die muskelbepackten Arme im Mondlicht. Die Frau war etwas jünger als der Mann neben ihr. Sie schätzte sie auf 30. Dann blickte sie wieder weiter und sah eine dritte Gestalt. So wie die beiden anderen, auch durchtrainiert, schwarze Haare, etwa 20, ein Mann. Aber er blickte, nicht so wie die anderen, nicht auf sie, sondern schaute sich im Flur um.'Ein schönes Haus… Schade, dass du es wahrscheinlich nicht wiedersehen wirst.''Was meinst du damit?', fragte sie mit zitternder Stimme.
'Du hast Angst?!', verstört sah Jessie den jungen Mann an. Was war das für eine Frage? Man konnte schließlich nicht behaupten, dass sie es gewohnt sei, nächtlichen und noch dazu uneingeladenen Besuch zu erhalten, was sie ihm auch prompt ins Gesicht sagte: 'Nun ja… Man könnte es so sagen! Ich bin es nicht gewohnt mitten in der Nacht von drei Einbrechern überrascht zu werden, die dann noch dazu sagen, dass sie meine Hilfe brauchen und offensichtlich schon meine Mutter entführt haben.', die letzte Worte hatte sie geschrieen. Sie war wütend und hatte Angst. Angst um ihre Mutter und um sich selbst.
'Na na… Jetzt scheint es aber nicht mehr so als würdest du Angst haben und wenn, hab ich noch nie jemanden so wütend schreien gehört, wenn er eigentlichängstlich sein sollte.', seine Stimme klang arrogant.
'Ich frage noch einmal! Was wollen sie von mir? Und wo ist meine Mutter?', ihre Angst setzte ungeahnte Mut in ihr frei. Und Wut, eine Wut die sie schwer beherrschen konnte, aber da war. Verdammt! Sie stand hier drei Fremden gegenüber, die ihr alles Mögliche antun konnten und schrie sie an.
'Jetzt beruhigen wir uns mal wieder! Du erfährst alles zu seiner Zeit. Und jetzt komm mit uns.', er machte einen Schritt auf sie zu. Jessie wich zurück.
'Wir haben dir doch schon gesagt, dass du keine Angst haben brauchst!', diesmal war es wieder der ältere Mann, Harald, der zu ihr sprach: 'Er wird dir nichts tun, niemand von uns wird das.'
'Dann sagt mir endlich, wo meine Mutter ist!'
'Sie schläft in ihrem Zimmer.'
'Was?'
'Wir haben sie wieder in ihr Zimmer gebracht, nachdem wir ihr ein paar Fragen gestellt haben, also keine Sorge.'
'Was für Fragen?'
'Wir-…', er wurde harsch von der Frau unterbrochen: 'Harald! Das geht sie nichts an.''Schon gut, Jennifer.', meldete sich der Dritte wieder zu Wort.
'Sie erfährt sowieso alles… später…', er kam einen weiteren Schritt auf sie zu, doch diesmal wich sie nicht zurück. Im Gegenteil, sie rannte ihm entgegen, schlüpfte zwischen ihm und Jennifer vorbei und rannte zu dem Zimmer ihrer Mutter. Komischerweise hatte keiner versucht sie aufzuhalten, wie als wüssten sie, dass sie nicht wegrennen wollte, sondern nur zu ihrer Mutter.
Jessica stieß die Tür auf. Und wirklich! Ihre Mutter lag, seelenruhig schlafend, in ihrem Bett.'Ma´!', sie rannte zu ihrer Mutter und schüttelte sie. Aber sie wurde nicht wach. 'Bitte wach auf! Wo warst du? Was haben sie mit dir gemacht?', keine Antwort. Jennifer, Harald und der junge Mann waren ihr mittlerweile gefolgt.
'Sie wird nicht aufwachen.', sagte Jennifer.
'Was habt ihr mit ihr gemacht?', rief Jessie mit verzweifelter Stimme.
'Nichts, was lebensbedrohlich wäre.. Wir haben ihr nur einen kleinen Schlaftrunk gegeben der sie bis morgen schlafen lassen wird. Aber sie auch vergessen lassen wird.'
'Was meinst du?'
'Sie wird sich nicht erinnern können, was heute passiert ist… Sie wird sich an gar nichts mehr aus ihrem früheren Leben erinnern können.'
'Was?', ungläubig starrte Jessica die Frau an. 'Was heißt, sie wird sich an gar nichts mehr erinnern können?'
'Ganz einfach: Sie vergisst dich, deinen Vater, einfach alles.'
'Aber warum?', verzweifelt sah sie sie an.
'Weil es nötig war. Du wirst mit uns kommen und nicht mehr zurückkehren, genau wie dein Vater.'
'Wie mein Vater? Ihr wisst wo er ist?'
'Vielleicht…'
'Dann sagt es mir!'
'Wie gesagt, alles zu seiner Zeit.', antwortete der junge Mann wieder.
'Ich… werde nicht wiederkommen habt ihr gesagt, was bedeutet das?'
'Du stellst aber viele und noch dazu ziemlich dumme Fragen! Was soll es denn bedeuten? Du kommst nicht wieder zurück von dort, wo wir dich hinbringen.'
'Aber jemand wird mich suchen! Das wird nicht unentdeckt bleiben.'
'Darum brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Und jetzt komm… Wir wollen doch, dass deine Mutter ungestört weiterschlafen kann.', wie in Trance stand Jessie auf und folgte ihm hinunter in das Wohnzimmer. Er machte kein Licht. Und als sie den Lichtschalter betätigen wollte, stellte sich Harald ihr in den Weg. Offensichtlich wollten sie nicht erkannt werden. Der junge Mann, von dem sie den Namen immer noch nicht wusste, hatte es sich inzwischen auf der Couch gemütlich gemacht und deutete ihr sich gegenüber in den Sessel zu setzen, was sie auch mit zitternden Beinen tat, denn viel länger hätte sie sowieso nicht mehr die Kraft gehabt zu stehen.
'Wer seid ihr?'
'Wir sind auf deine Hilfe angewiesen sind.'
'Das sagtest du schon mal, also sagst du mir jetzt wer ihr seid, oder nicht?'
'Ich habe dir doch schon gesagt, dass wir arme hilflose Typen sind, die deine Hilfe brauchen.', sagte er sarkastisch. Jessica wurde wieder wütend.
'Als entweder ihr sagt mir jetzt, was ihr für Hilfe von mir erwartet und wer ihr seid, oder ich rufe die Polizei.'
'Das würdest du nicht tun, aber OK.', die Selbstsicherheit in seiner Stimme machte sie noch wütender. Was bildete der sich ein? Bevor sie eine scharfe Antwort geben konnte, redete er mit ernster Stimme weiter: 'Also… Wie du bereits mitbekommen hast sind das Harald und Jenny.', er deutete auf seine Gefährten. 'Und ich bin ihr… Wie soll ich sagen…
Vorgesetzter? Wir gehören zu dem Geheimbund Viper und haben den Auftrag bekommen dich zu holen.'
'Aber warum?'
'Du wirst alles von ihnen erfahren.'
'Wer sind die? Und was ist Geheimbund Viper?'
'Das dürfen wir dir nicht sagen. Du musst nur wissen, dass wir deine Hilfe brauchen.''Ich… ich versteh das nicht.'
'Komm einfach mit uns und du wirst alles verstehen.'

Fortsetzung folgt, wenn erwünscht... LG Any







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