Hannes

Autor: Karin Obermeier
veröffentlicht am: 15.11.2007




Ich fang einfach an, meine Erinnerungungen aufzuschreiben. Sie verblassen so schnell und das ist ziemlich schade, weil es so intensive Erlebnisse und Gefühle waren.Ja, leider waren..

Was ich jetzt,ím November 2007 einzufangen versuche, hat im Februar in einer Sauna in einem kleinem Ort in Tirol angefangen.
Nachdem mir meine Schwester die Sauna zum erstenmal gezeigt hatte, war ich sofort begeistert: das wird meine ganz persönliche Oase - hier konnte ich gleich zu Beginn meine Probleme nach meinem größten Lebensumbruch einfach ausklinken.
Mich nackt in der Wärme zu bewegen, draußen im Pool zu schwimmen, noch dazu in dieser Traumumgebung mit dem zahmen Kaiser, Sternenhimmel,Wolkenformationen, gepflegtes, überschaubares, gemütliches Ambiente war für mich wie auftanken, indem ich abschalte. Da spürte ich meinen Körper, mich selbst wieder in völlig anonymer und doch vertrauter Umgebung.
Mir ist er irgendwann im Februar aufgefallen.Bedächtiger Gang und Bewegung, groß,hager-sehniger Körper und vor allem - intensiver Beobachtungsblick. Ich kann mich noch genau erinnern: er hat mich das erstemal in 'unserer' Rosensauna angesprochen, hat vermutet, ich sei Frisösin, weil ich jeden Montag da bin.Wie sehr ich ihm gefallen hab`, konnte er kaum verbergen. Das war mir fast peinlich bzw. ich bin regelrecht vor ihm geflüchtet.
Der alles verändernde Montag war dann im März, wo wir gleichzeitig auf dem Parkplatz angekommen sind und ich nach kurzem Zögern gesagt hab`: ' jetzt hätt` ich dich angezogen beinah nicht erkannt.' Wir lachten ,gingen gemeinsam hinein und er ließ mich von da an nicht mehr aus den Augen, lud mich auf einen Cappuccino ein. Wir saßen zwei Stunden in der kleinen Cafeteria und erzählten uns unsere Lebenssituationen.Ich erfuhr,dass er am selben Tag wie meine und eine seiner Töchter Geburtstag hatte,als leitender Stationspfleger im nahegelegenem Krankenhaus arbeitete,vier! Kinder hat und seine Frau vor drei Wochen ausgezogen war.
Bei mir war die Sachlage ähnlich: Ich wollte mich seit Weihnachten von Max lösen. Diese aussichtslose Perspektive, typische Geheimhaltung seines Verhältnisses zu mir und das daraus resultierende Gefühl des Alleingelassenseins konnte ich nicht länger ertragen.
Ich war seit eineinhalb Jahren die Geliebte von Max,eines verheirateten Mannes mit allen Klischees bis hin zur Abhängigkeit.
Ja - am Montag darauf hab` ich mich in Hannes verliebt.Es war Vollmond. Er berührte mich ganz sanft,ich schwamm nackt auf ihn zu und wir küssten uns.Ich konnte kaum glauben, dass das real war, was ich da erlebte.Heute weiß ich: wir waren beide im Nebel der Gefühle, suchten Trost und Liebe.
Als wir zusammen auf der Wärmeliege im Rosenquarzraum lagen, meinte er, wir seien seelenverwandt.Ja, ich hatte auch das Gefühl, ihn schon lange zu kennen bzw.
wiedergefunden zu haben. Seine Küsse waren zwar noch fremd, aber seine Berührungen zärtlich und intensiv zugleich. Ich fand ihn faszinierend, verhalten
leidenschaftlich,zurückhaltend und doch hemmungslos.Genau wie ich.Vielleicht gibt es Momente, da muß man sich in der Liebe der Magie anvertrauen,statt danach zu trachten, bestimmte Regeln zu befolgen, damit alles gutgeht.
Wir fanden uns aber nicht nur sexuell anziehend - wir haben uns in kürzester Zeit soviel erzählt. Wir konnten uns in psychologischen Themen genauso wie in der Politik, Familie, Reisen oder Gefühle verlieren. Ich war ziemlich schnell begeistert: endlich ein Mann mit gleicher Wellenlänge!
Nach vierzehntägiger Pause wartete er vor dem Hotel, wo ich zu der Zeit arbeitete.Er hatte mir schon einen Zettel mit seiner Handynr. und der Frage, ob wir uns in einem Biergarten treffen wollten, an die Windschutzscheibe geklemmt.Schon zwei Tage danach hab` ich seine Einladung angenommen.
Ich hatte keinerlei Bedenken mehr. Max hat mich am Mittwoch zuvor um eine Auszeit gebeten.Er mich! Obwohl ich mich schon die ganze Zeit endgültig von ihm trennen wollte, traf mich das wie ein Schlag.
Hannes holte mich am Montag mittag ab. Wir fuhren wieder nach Tirol-diesmal an einen See. Ich hatte mein braun-weiß-gepunktetes Kleid an und er Decke und Hängematte! dabei.Wir suchten uns einen abgelegenen Platz hoch über dem See und wußten beide,was wir wollten.Das 'erste Mal' war jetzt nicht gerade umwerfend.Ich fühlte mich beobachtet so in freier Natur und er war überbemüht,mir alles rechtzumachen.Was er dann in der Hängematte ganz gut gekonnt hat.
Mir klopft jetzt noch das Herz bis zum Hals, wenn ich an all unsere Liebestreffen denke.Am Montag darauf an einem abgelegenen Moorsee- das war ein einziger erotischer Traum. Im Auto - ich glaub`, das nennt man Extase. Wieder bei Vollmond auf einem Parkplatz - hemmungslose Lust. Bei mir zuhause nach stundenlangen Gesprächen und Essen professionelle Massage mit weiterführenden Techniken. Zärtlichkeit und Sinnlichkeit in der Badewanne. Fast schon kitschige Romantik in einem Waldstück.So einen vituosen Liebhaber hatte ich noch nie!Wir haben uns nach anfänglichem Zögern voll aufeinander eingelassen und einen traumhaften Frühling erlebt.Er hat mich einmal mit einer Einladung zu einem alternativen Theater überrascht,wir saßen beim Rotwein am Lagerfeuer,quatschten stundenlang auf der Sonnenbank vor der 'Jägeralm', trafen uns zum Prosecco-Frühschoppen, tanzten auf einem italienischem Abend und er zeigte mir das Wahnsinnspanorama in dem Biergarten, wo wir dann die letzten Gäste waren.
Jetzt, wo ich mir das alles in Erinnerung rufe, bin ich dankbar dafür, was ich mit ihm alles erlebte.Mein Herz wurde immer weiter. Ich fühlte mich wie angekommen und noch immer finde ich es sehr schade, dass es der falsche Zeitpunkt für unsere Liebe war.Das Leben mit ihm war so intensiv und gut, dass es vielleicht auch schade gewesen wäre,wenn es der Alltag zerstört hätte.Das Gefühl, die Liebe ging auch bei ihm tief hinein.Ich bekam phantasievolle Smsen mit Texten von Grönemeyer und einmal als Antwort auf meine Sms:' Liebende begegnen sich nicht irgendwann, irgendo - sie sind immer schon einer im andern', was ich kurz zuvor gelesen hatte, 'Liebe ist außerhalb von Raum und Zeit, und ich bin ganz außer mir, nämlich in dir mein *dl.
Er nannte mich sein 'Sterndl' und war glücklich,jemanden gefunden zu haben,der ihn so liebte, wie er war, der ihn da abgeholt hat, wo er alleine nicht mehr weitergewußt hätte.Freilich hatte er auch seine Schattenseiten. Wie ich später von seiner Frau erfahren habe,war er exhibitionistisch veranlagt, hatte deswegen schon Probleme mit der Polizei und war ein Jahr zuvor deswegen in Therapie.Auch sonst hatte er keinen einfachen Charakter.Er stellte hohe Ansprüche an sich selbst mit angepassten Moral-und Wertvorstellungen, wodurch er natürlich einen wichtigen Teil seines Wesens so nicht ausleben konnte.Er wollte die Beachtung,die absolute Verschmelzung und Sex extrem.Gut - alles Ansichtssache, wenn beide es wollen.Am besten irgendwo im Freien oder wo man überrascht werden konnte.Wir wurden einmal vom Saunameister ernsthaft verwarnt.Ich hab` mich dermaßen eingelassen Niemals zuvor hätte ich mich hinreißen lassen,Sex in der Dusche einer öffentlichen Sauna zu haben.Aber ich fand das alles aufregend und faszinierend.Seine hemmungslose und doch natürliche Art kam mir so entgegen So passten wir uns ohne Schwierigkeiten aneinander an.Wir schliefen engumschlungen ein und wachten auch so wieder auf. Bis ja - schon Ende Juni der Traum sich aufzulösen begann, als seine Frau auf der Bildfläche erschien.Er half mir umziehen und ich holte ihn vor seinem Haus ab. Seine Frau kam dazu und machte eine Bemerkung,worauf er nichts entgegnete. Ich war ziemlich verwirrt, weil ich ja dachte,ihr Auszug wäre der Abschluß ihrer Ehe gewesen.Es folgte ein ziemlich verzweifelter und verwirrter Brief von ihr und ein Gespräch, wo sie mir klarzumachen versuchte, dass sie ihren Mann nicht kampflos gehen lassen würde. Ihr war es sehr ernst und ich begann zu zweifeln.Noch dazu hatte Max die ganze Zeit über nicht aufgehört, mich anzurufen und mich um ein Treffen gebeten.Ich wollte ihn auch wiedersehen, dachte aber mein Gefühl für ihn wäre total in den Hintergrund getreten. Bis -ja- wir uns in den Armen gelegen hatten.Hannes fing zu der Zeit an ,sich zurückzuziehen.Er schlief auch wieder mit seiner Frau. Wir trafen uns seltener, er blieb nicht mehr über Nacht. Am zweiten August, genau vier Monate später,(am Montag zuvor bin ich nach 22jähriger Ehe geschieden worden)eröffnete er mir, dass er seiner Ehe nochmal eine Chance geben wolle.Naja.. ich hab` die ganze Nacht geweint. Ich hätte mir soviel mit ihm vorstellen können!Es war der schönste Frühling in meinem Leben.
Zweimal war er noch in meiner neuen Wohnung.Er wollte einen Schrank aufbauen und ist über Nacht geblieben.Das letztemal war er kurz vor seinem Geburtstag da und meinte vielleicht auch noch, irgendeine Lösung finden zu können. Er wollte mein
Geburtstagsgeschenk - eine Flasche Champagner mit mir trinken. Dazu ist es dann nicht mehr gekommen.
Seitdem ist kein Tag vergangen,an dem ich nicht an ihn gedacht habe.Letztendlich hab` ich mich dazu gezwungen,keine Sms,keine Mail mehr zu schreiben, nicht mehr in sein virtuelles Fotoalbum zu schauen und nicht mehr die Grönemeyer-CD zu hören, wenn ich allein bin.Aus 'Halt mich' von Grönemeyer:

Fühl mich bei dir geborgen
setz mein Herz auf dich
will jeden Moment genießen
Dauer ewiglich

Komm, erzähl mir was
plauder auf mich ein
will mich an dir satthörn
immer mit dir sein

bin vor Freude außer mir
will langsam mit dir untergehn
kopflos - sorglos
schwerelos in dir verliern

deck mich zu mit Zärtlichkeiten
nimm mich im Sturm
die Nacht ist kurz
friedvoll - liebestoll
überwältigt von dir
schön, dass es dich gibt









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