Ein von einem Hund geschriebener Brief

Autor: Elena (2)
veröffentlicht am: 11.07.2007




An mein ehemaliges Herrchen: Als ich noch ein Welpe war, unterhielt ich dich mit meinen Spielen und brachte dich zum Lachen. Trotz einiger durchgekauter Schuhe und geschlachteter Sofakissen, wurde ich dein bester Freund. Aber wenn du mal böse mit mir warst, dann sagtest du nur: 'Wie konntest du nur?' - dann gabst du aber schnell nach und drehtest mich auf den Rücken um mir den Bauch zu kraulen. Mit meiner Stubenreinheit, tja, das dauerte etwas länger, du warst immer so furchtbar beschäftigt... aber auch das haben wir zusammen irgendwann in den Griff bekommen. Ich erinnere mich noch ganz genau an all die schönen Nächte, in denen ich mich dann ganz eng an dich kuschelte und den Geschichten und Geheimnissen deines Lebens zuhörte. Ich dachte damals, dass das Leben schöner nicht sein könnte. Wir machten lange Spaziergänge durch den Park und drehten große Runden mit deinem Auto und ab und zu holten wir uns auch Eis. Ich bekam dann immer die Waffel, denn Eiscreme ist schlecht für Hundezähne - sagtest du.

Allmählich fingst du dann an und verbrachtest immer mehr Zeit auf der Arbeit und basteltest an deiner Karriere. Ich wartete oft genug dann stundenlang auf dich und tröstete dich über Enttäuschungen und auch Liebeskummer hinweg. Ich tadelte dich niemals wegen irgendwelcher schlechten Entscheidungen und überschlug mich jedes Mal fast vor Freude, wenn du endlich nach Hause kamst. Irgendwann brachtest du 'Sie' dann mit. Nun, sie ist kein 'Hundemensch', aber immerhin heute deine Frau und ich habe sie in unserem Heim willkommen geheißen und gehorchte ihr auch. Ich war glücklich, wenn du nur glücklich warst. Dann kamen irgendwann die Menschenbabys und ich teilte deine Freude und Aufregung. Mich faszinierte ihre rosa Haut und dieser süßliche Geruch und am liebsten hätte ich sie bemuttert, genau wie ihr auch.... aber ihr hattet ja Angst dass ich ihnen wehtun könnte. Es ergab sich dann so, dass ich die meiste Zeit in einem anderen Zimmer verbrachte, oder draußen in meiner Hütte war. Ich wollte sie doch auch nur lieben, aber ich wurde durch sie zu einem Gefangenen der Liebe. Aber sie wurden größer und ich wurde ihr bester Freund. Sie krallten sich in meinem Fell fest und zogen sich mit ihren wackeligen Beinen an mir hoch. Sie pieksten mit ihren Fingern in meine Augen und inspizierten meine Ohren und sie küssten auch meine Nase. Ich aber liebte alles an ihnen, sogar ihre groben Berührungen.... denn deine Berührungen waren so selten geworden.

Es hat mal Zeiten gegeben, da zogst du stolz ein Foto von mir aus deiner Tasche und erzähltest Geschichten über mich, wenn du gefragt wurdest ob du einen Hund hast. Wenn du heute mal gefragt wirst ob du einen Hund hast, dann antwortest du vielleicht noch gerade mit 'Ja' und wechselst dann das Thema. Im Laufe der Zeit bin ich von 'deinem Hund' zu nur 'einem Hund' geworden und genau genommen, ist dir jede Ausgabe für mich nur noch ein Dorn im Auge.

Jetzt hast du eine neue Berufsmöglichkeit bekommen und ihr zieht in eine neue Stadt und in eine neue Wohnung, Tierhaltung ist leider nicht erlaubt. Für deine Familie hast du sicher die richtige Entscheidung getroffen.... aber es hat Zeiten gegeben, da war auch ich deine Familie. Ich freute mich auf die Autofahrt, bis wir im Tierheim ankamen... es roch nach anderen Hunden, Katzen und es roch auch nach Angst und Hoffnungslosigkeit. Du fülltest die Formulare aus und meintest das sie schon ein schönes Zuhause für mich finden würden. Sie zuckten mit den Achseln und warfen dir einen gequälten Blick zu, aber du bemerktest es nicht einmal. Du musstest jeden einzelnen Finger deines Sohnes von meinem Halsband lösen, er krallte sich an mir fest und schrie.... 'Sie dürfen mir meinen Hund nicht wegnehmen'. Er weinte ganz bitterlich und ich machte mir ernsthafte Sorgen über die Lektion die du ihm gerade erteilt hattest....die Lektion über Freundschaft und Liebe und Loyalität. Zum Abschied hast du noch kurz meinen Kopf getätschelt und jeden Kontakt mit meinen Augen gemieden. Großzügig hast du auf Leine und Halsband verzichtet. Nachdem du dann fort warst, sagte eine der Damen, dass du schon Monate von dem Umzug gewusst hättest und dich nicht um ein neues Zuhause für mich gekümmert hättest. Sie schüttelten den Kopf und sagten: 'Wie konnte er nur'. Man kümmert sich im Tierheim um mich und natürlich bekomme ich auch regelmäßig zu essen, aber irgendwie habe ich einfach keinen Appetit mehr. Nur wenn jemand an meinem Zwinger steht, dann gehe ich kurz hin und schaue ob du es vielleicht bist. Ob all dies hier vielleicht nur ein schlimmer Traum ist... ob du es dir vielleicht doch anders überlegt hast. Aber du kommst nicht mehr, nie mehr...

Dann irgendwann kommen sie mich holen, sie kraulen meine Ohren und sagen das alles in Ordnung ist. Nichts ist in Ordnung, ich spüre das. Vor lauter Aufregung klopft mein Herz ganz laut, denn ich spüre auch, dass für den 'Gefangenen der Liebe' die Zeit abgelaufen ist..... aber ich spüre auch so etwas wie Erleichterung, denn ohne dich ist für mich doch eh alles sinnlos geworden. Ich spüre noch kurz die Nadel in meiner Vene und höre sie wieder sagen: 'Wie konnte er nur'. Dann werde ich angenehm müde...

Ich bin jetzt über die Regenbogenbrücke gegangen, an einen besseren Ort. Ich werde dort auf dich warten und ich werde dir dann schwanzwedelnd entgegenlaufen, wenn du kommst. Zum guten Schluss möchte ich dir noch wünschen, dass dir jeder in deinem Leben soviel Liebe und Loyalität entgegen bringen wird wie ich, DEIN HUND.









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