Heiße Küsse am See Teil 6

Autor: Jelaime
veröffentlicht am: 27.02.2009




'Ich weiß nicht warum ich dich immer geliebt habe, ich verstehe es doch selbst nicht. Egal wie wenig du mich beachtet hast, egal wie du mich immer wieder verletzt hast, ich habe dich immer geliebt. Und jetzt weiß ich nichts mehr. Lieb ich dich überhaupt noch? Hab ich dich jemals geliebt? Oder war es nur das Mädchen auf dem Foto, das ich all die Jahre geliebt habe? Wahrscheinlich geht es mir genau so wie dir. Denn den Menschen den ich liebe gibt es gar nicht. Zumindest gibt es ohne nicht so, wie ich ihn gesehen habe, so wie ich DICH gesehen habe.'
Ich wage es nicht Kai anzusehen und doch möchte ich in seine blaue Augen schauen, will wissen was er fühlt. 'Welches Foto meinst du? Ist es ein Bild von mir? Ich versteh nicht, was du mir sagen willst. Vergleichst du mich etwa mit Timon. Habe ich dir jemals irgendetwas vorgespielt. Gut vielleicht habe ich dir keine Beachtung geschenkt, aber ich war doch trotzdem immer ich selbst, oder etwa nicht? Welches Scheißfoto meinst du. Ich verstehe dich nicht!'
Als ich meine Worte ausgesprochen habe, merke ich dass ich schon wieder anfing ihn anzuschreien, obwohl ich mich doch am liebsten selbst anschreien würde. Wieso reagiere ich in Kais Nähe bloß immer nur so stark über. Wieso macht er mich so verrückt?
'Nein Nele, du verstehst wirklich gar nichts. Du hast mich nie verstanden, wie kann man Luft auch schon verstehen.' Plötzlich holt Kai sein Portemonnaie aus seiner Hosentasche. Er sieht mich nicht an, holt nur etwas heraus zerknickt es und wirft es mir vor die Füße. 'Du hast gesagt, dass du mich immer anders eingeschätzt hast, als ich wirklich bin, aber ich denke du hast dir einfach nur nie die Mühe gemacht mich einzuschätzen. Aber weißt du Nele, ich bin es Leid als Tröster und Sündenbock hingehalten zu werden. Ich will das alles nicht mehr. Ich bin es Leid, dich zu lieben.'
Mit diesen Worten ging er einfach davon und ließ mich allein am See zurück. Ich fühlte mich wie eine Protagonisten eines Liebesdramas. Nur wusste ich nicht, ob es ein Happyend für mich gäbe und wenn es eins gäbe, wusste ich nicht mit wem. Ich wusste einfach nichts mehr. Das einzige was mir in diesem Augenblick klar wurde, war, dass Kai mir nicht egal war.

Nele wollte sich gerade zum Gehen aufmachen, als sie das zerknüllte Etwas auf dem Boden liegen sah. Sie hob es behutsam auf, wie einen kleinen wertvollen Schatz. War es das Foto, von dem Kai sprach. Würde dieses kleine Stück Papier alles aufklären? Als sie das Foto auseinander faltete und sah, was darauf abgebildet war begann sie zu wieder zu weinen. Doch diesmal nicht aus Verzweiflung oder Leid. Sie war einfach gerührt. Für sie war es das schönste Foto, das sie jemals gesehen hatte.
Auf dem Bild waren ein Junge und ein Mädchen zu sehen. Beide waren wohl etwa sechs Jahre alt. Das Mädchen saß im Bollerwagen stand daneben und beugte sich zu ihr herunter. Nele wusste sofort, dass sie das Mädchen war, denn es trug ein so wunderschönes rosa Kleidchen mit pinken Schleifchen, sie hatte es zur Einschulung bekommen. Nach längerem Betrachten erinnerte sie sich auch an den Tag. Es war ein Tag im Frühjahr, Neles Eltern feierten ihren Hochzeitstag allein am Strand, deshalb passten Kais Eltern auf sie auf. Kai hatte sie mit seinem Bollerwagen, den er zum Geburtstag bekommen hatte herumkutschiert. Sie war so glücklich gewesen an diesem Tag. Deshalb hatte sie ihm nachher ein Küsschen gegeben. Damals war alles noch so unkompliziert. Dieser kleine Kuss war einfach ein herzliches Dankeschön gewesen. Sie hatte das Foto nie zuvor gesehen, zumindest konnte sie sich nicht erinnern.
Als ihr klar wurde, dass Kai das Foto die ganzen Jahre über bei sich getragen haben muss überfiel sie ein Gefühl von Geborgenheit. Sie rannte plötzlich los. Nicht so ziellos wie heute Morgen. Sie wollte zu Kai. Sie rannte ohne sich Gedanken zu machen wie lächerlich es aussehen musste. Sie rannte wie ein kleines Kind einem Schmetterling hinterherlief. Was würde sie ihm sagen, wenn sie ihn einholt? Sie wusste es nicht, doch es war ihr egal.Als Kai die hastigen Schritte hinter sich bemerkte drehte er sich um und schaute fragen in ihre strahlenden Augen. Was war geschehen, fragte er sich. Eben hatte sie noch geweint und nun strahlte sie wie ein Geburtstagskind. Als Nele ihn erreichte standen sie sich einfach nur gegenüber und sahen sich an.

Wieso ist mir bloß nie aufgefallen wie wunderschön Kai ist. Während ich ihn anstrahle wie irgendein Groupie einen Star anhimmelt, schaut er mich fragend und trotzdem liebevoll an. Doch in seinen Augenwinkeln sah ich auch etwas furchtbar verletzliches. Ich hab ihn wohl sehr enttäuscht.
'Kai du bist unglaublich. Ich weiß nicht warum ich so lange gebraucht habe bis mir das bewusst wurde, aber jetzt ist es so, dass ich...'
'Bitte Nele, lass gut sein. Ich wollte dir nicht solche Vorwürfe machen, also nicht so. Du musst mich nicht beachten, jeder ignoriert irgendwen, das ist normal. Nur weil du weißt was ich über dich denke und…' Diesmal unterbrach ich ihn. 'Kai bitte ich weiß es ist merkwürdig, aber ich bitte dich so sehr darum. Ich will dass wir uns kennen lernen.' Kai lachte kurz irritiert auf. Als wolle er mir sagen, ich sie bescheuert, doch ich war mir einer Sache nie so sicher wie jetzt. 'Du hast zu mir gesagt, vielleicht lohnt es sich, dich besser kennen zu lernen und ich bin mir sicher, dass es sich lohnt. Lass uns was zusammen unternehmen. Wir können ins Kino gehen, Boot fahren, Freizeitparks besuchen oder einfach nur zusammen sitzen und reden.'

Nele war wirklich verrückt. Während sie immer mehr auf Kai einredete und versuchte zu erklären, was sie eigentlich wollte, konnte Kai plötzlich nicht anders als sie anzulächeln. Er nahm sie einfach in den Arm und hielt sie fest. Während sie so vertraut da standen, spürten beide ein Gefühl, dass beide nur noch aus Kindertagen kannten. Ein Gefühl der totalen Sorgenfreiheit und Freude. In diesem Moment fiel es Kai wieder ein. Er wusste warum er sie all die Jahre geliebt hatte. Es war ihre verrückte Klarheit, ihr geordnetes Chaos ihre Art zu reden, es war Nele selbst. Nele wollte Kai nie wieder los lassen, doch Kai löste sich aus der Umarmung. Er ging einen Schritt zurück. 'Ich hol dich heute Abend ab und dann gehen wir ins Kino oder in einen Freizeitpark. Vielleicht bring ich auch ein Boot mit.' Er lächelte sie ein letztes Mal an und verschwand. 'Vielleicht lohnt es sich ja mich besser kennen zu lernen', ruft sie ihm nach und macht sich auf den Heimweg, während sie schon überlegt, was sie heute Abend anziehen sollte.







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