Wie es manchmal so kommt - Teil 3

Autor: dreamy
veröffentlicht am: 15.09.2014


Meine Augen bekam ich nicht sofort auf, so müde war ich. Ich fühlte mich, als könnte ich ohne Hilfe nicht aufstehen. Eine Weile blieb ich liegen und schaute aus dem Fenster. Graue Wolken waren zu sehen und es war leicht regnerisch. Davon ließ ich mich aber nicht abschrecken. Regentage können auch ganz schön sein. Ich griff zum Handy, aber ich hatte keine neuen Nachrichten. Ich schnaufte noch mal kurz und dann stand ich auf. Vorsichtig bewegte ich mich in den Flur. Dann ging ich in die Küche und machte mir Frühstück. Den ganzen Vormittag verbrachte ich nur mit Essen und chillen. Ich war aber so in Gedanken vertieft, dass ich nicht mal merkte wie ein Schlüssel im Türschloss umgedreht wurde.
„Hallo?“
Ich fuhr hoch und stand vom Sofa auf.
„Hey Mama.“
Meine Mutter packte eine Tasche zur Seite und lugte ins Wohnzimmer.
„Ich hab mir schon gedacht, dass du wach bist. Wie war den euer Abend?“
Ich wollte nicht sofort mit der Sprache herausrücken, sondern half ihr mit dem Essen. Maultaschen waren genau das richtige für mich.
„War ganz ok.“
Sie spülte gerade eine Schüssel ab.
„Ganz ok? Waren die anderen zu aufgedreht?“
Ich wollte nicht, dass sie sich Sorgen machte. Sie war ja so schon beschäftigt mit ihrer Arbeit.
„Nein.“
„Was dann? Schätzchen du kannst mir doch alles sagen.“
Vor ihr konnte ich sowieso nichts verheimlichen. Schließlich hatten wir einen guten Draht.
„Mir wurde kurz schlecht, aber ich wurde versorgt, keine Angst.“
Sie schaute mich leicht empört an, fasste sich aber schnell.
„Wenns dir wieder gut geht. Du warst ja nicht alleine. Pass aber dass nächste Mal besser auf dich auf, geh an die frische Luft oder so.“
Ich stimmte zu und packte wieder an. Bis zum Mittagessen kamen wir dann auf andere Themen. Beim nächsten Blick auf meinem Handy entdeckte ich eine Nachricht. Ani wollte, dass ich am Nachmittag zum Obststand auf dem Markt komme. Sie war ja immer eine Feinschmeckerin. Ich sagte meiner Mutter Bescheid bevor ich losging und machte mich dann auf den Weg. Mittlerweile kam die Sonne heraus. Schon von weitem konnte man die Geräusche vom Markt hören. Weiter hinten konnte ich Ani erkennen. Der Duft von frischen Früchten kam mir entgegen.
„Hey.“
Ich umarmte sie und hielt gleich Ausschau nach der Ware.
„Ich brauch nur ein paar Sachen für zuhause. Wir können ja danach in ein Cafe gehen oder so.“
Ich war einverstanden. Sie kaufte also ein und ich durfte ein wenig naschen. Im Cafe suchten wir uns einen Platz und ich bestellte mir einen Schokokaffee.
„Und hast du dir mittlerweile eine neue Jacke besorgt?“
Jetzt kam wieder dieses Thema.
„Ne, du weißt doch, dass meine noch total geht.“
Sie zuckte mit den Schultern und beschäftigte sich mit der Tischdeko. Seltsamerweise hielten ihre Sachen nicht so lange wie meine.
„Also ich geh noch naher in die Fußgängerzone ein paar Besorgungen erledigen. Deshalb kann ich nicht so lange bleiben.“
„Macht nichts.“
Ich rührte in meinem Schaum und gab mich meiner Entspannung hin. Das Aufreisen der Cafetür brachte mich dann aus meinem Zustand. Ich sah zuerst ein dunkle Mütze und dann das Gesicht, dass mir mittlerweile gut bekannt war. Darauf war ich nicht vorbereitet. Ani merkte, dass ich jemanden anstarrte und schaute nach hinten. Addy sah mich aber nur kurz an und ging dann weiter. Ich war irgendwie erleichtert. Das hätte auch anders enden können.
„Scheint so, als würde er nicht mit dir reden.“
Sie schaute mich verdattert an.
„Wieso sollte er auch. Er ist nicht alleine da.“
Ani winkte den Kellner zu sich und bezahlte. Ich tat es ihr gleich.
„Komm wir können schon gehen.“
Ich stand auf und Ani folgte mir. Wir liefen ein wenig die Straße hinunter und dann musste sie auch schon gehen. Ich wollte noch nicht nach Hause, also ging ich in zu meinem altbekannten Platz. Außer mir waren nur ein paar ältere Kinder dort. Selten war ich mal alleine unterwegs, aber ich versuchte mich abzulenken. Nach einer Weile bekam ich aber Hunger. In der Nähe gab es genügend Fast-Food-Restaurants. Ich kramte ein wenig Kleingeld zusammen und ging los. Mit Pommes in der Hand wollte ich wieder zurück, doch der Platz auf dem ich vorher saß, war besetzt. Ich musste mir also etwas anderes suchen. Ich ging ziemlich lange, doch irgendwann fand ich etwas auf das ich sitzen konnte. Genüsslich aß ich meine Pommes auf und lehnte mich dann zurück. Ich wollte bevor es Abend wurde wieder zuhause sein, aber da hatte ich mich verschätzt. Denn wenn ich von hier aus loslaufen wollte, wird es schon dunkel sein, wenn ich ankomme. Das gefiel mir nicht, In einigen Ecken kamen mir schon ein paar unheimliche Gestalten entgegen. Ich versuchte zu rennen, aber kam schon nach ein paar Minuten aus der Puste. Ich sah zu einer Laterne, die schon leuchtete. Immer in der Nähe der Laternen ging ich dann langsamer voran. Ich hätte auch ruhig mal auf eine Uhr schauen können, aber jetzt musste ich versuchen nicht auf die umliegenden Gegenstände zu achten. Ein Lachen erschrak mich und ich drehte mich schnell um. Es war niemand zu sehen, aber ich wollte mich genau vergewissern. Dann merkte ich, dass das von einem Garten hinter dem Haus neben mir kommt. Ich wollte mich schon auf den Weg machen, da sah ich wie ein paar Leute von dort herauskamen. Mit lauten Stimmen gingen sie über die Wiese.
„Hey, schaut mal wer da ist.“
Mir lief es eiskalt den Rücken runter. Vorsichtig tapste ich mich nach hinten, um keine allzu große Aufmerksamkeit zu erregen, doch dann drehte ich mich mit einem Ruck um und ging so schnell ich konnte los. Nachdem ich schon eine Weile lief schaute ich mich um, wo ich denn einbiegen konnte. Dann ich sah wieder eine Person. Sie saß auf einem Zaun und schien mich nicht zu bemerken. Ich schaute nach hinten und merkte, dass mich keiner verfolgte. Erleichtert machte ich eine Pause. Der Mond leuchtete hell und ich kam mir seltsam vor, so alleine auf der Straße zu stehen. Plötzlich drehte die Person ihr Gesicht zu mir und ich erkannte Addy. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Einfach weitergehen kam mir suspekt vor. Dann stellte sich mir die Frage, was er eigentlich hier machte.
„Was machst du denn hier?“
Ich schaute ihn mit großen Augen an. Er fragte mich wirklich, was ich hier mache? Ich wusste es eigentlich selbst nicht einmal.
„Nachhause gehen.“
Sein Gesichtsausdruck blieb unverändert. Wahrscheinlich war das eine höfliche Frage. Aber ich wollte nicht so schnell die Fliege machen.
„So, und dafür nimmst du so einen Umweg? Die Zivilisation ist ganz wo anders.“
Ich kam näher auf ihn zu.
„Und dann auch noch ganz alleine.“
„Vielleicht wollte ich ja im Freien schlafen.“
Mehr als ein müdes Lächeln brachte er nicht zustande. Ich schaute mich um und wollte etwas loswerden.
„Was machst du denn so abgelegen in der Nacht?“
Er schaute mich ein wenig überrascht an.
„Abstand nehmen.“
Das kam mir ein bisschen sehr geheimnisvoll vor.
„Achso, wovon denn?“
Er brachte ein leises Lachen hervor. Vielleicht sollte ich doch gehen.
„Wenn mir alles zu viel wird komm ich gerne hier her.“
Dann war er still und ich verstand, dass ich nicht mehr im Moment fragen sollte.
„Also dann, ich geh mal wieder.“
„Tschau. Ich muss auch wieder zurück.“
Ich wollte mich gerade schon in Bewegung setzen, da sah ich in welche Richtung er ging. Dass er tatsächlich zu den Typen dahinten geht. Irgendwie schien er mir so anders. Ich versuchte nicht mehr daran zu denken und lief einfach weiter. Endlich stand ich vor der Eingangstüre und ging hinein. Es war total ruhig, also ging ich vorsichtig in mein Zimmer. Ich wechselte meine Klamotten und legte mich gleich hin. Ein paar Tage später hielt ich mich in einem Eiscafe auf und wartete auf einen Anruf. Dann endlich klingelte es. Ich führte mindestens ein fünf Minuten langes Gespräch mit dem Schlüsseldienst. Dann konnte ich auflegen und mich auf den Heimweg machen. War ja klar, dass ich meinen Schlüssel vergesse. Im Flur empfing mich ein hochgewachsener Mann mit einem Koffer.
„Sie sind schon da? Gut, dann können Sie loslegen.“
Der Mann kramte in seinem Koffer und werkelte dann ein paar Minuten herum. Dann war auch schon alles vorbei und die Tür war offen.
„Dankeschön.“
Ich strahlte und reichte ihm die Hand. Er wiederum nickte und übereichte mir die Quittung. Kurz in meiner Tasche herumgekramt und ich konnte ihm einen Schein in die Hand drücken. Er verabschiedete sich und ging. Ich schloss die Tür hinter mir und ruhte mich erstmal aus. Etwas, das von draußen kam, erweckte dann meine Aufmerksamkeit. Das klang wie eine Party, die auf Wanderschaft ging. Hier war auch immer etwas los. Ein Blick und ich merkte, dass das eine Gruppe war, die lautstark Musik hörte. Vielleicht sollte ich auch noch ein bisschen nach draußen. Ich meinte, ich hatte Zeit. Schnell fertig gemacht und ich ging. An meinem Stammplatz war einiges los. Viele Skater hatten sich versammelt. Von weiter weg sah ich, dass Addy mit einem Kumpel da war. Sie beobachteten mich aber nicht, was ich gut fand. Mir wurde langsam langweilig. Das kam oft bei mir vor, aber irgendwie ergab sich nichts. Ich saß nur sld Zuschauerin da und wollte doch wieder nachhause gehen. Ich schaute auf den Boden und trampelte auf den Kies. Dann merkte ich, dass jemand vor mir stand und fuhr erschrocken hoch.
Es war nur ein Passant, der sich neben mich setzten wollte. Jetzt erst merkte ich, wie die beiden da hinten mich anstarrten. Das musste auch komisch ausgehen haben. Ich stand auf, um mir die Füße zu vertreten und aus dem Blickfeld von ihnen zu gehen. Misslicherweise musste ich an ihnen vorbei. Ich merkte noch, dass sie irgendein Gespräch führten und ich war schon wieder ganz woanders.
„Hey, du hast da was verloren.“
Meinte man mich? Ich drehte mich um und leider war das so. Addy deutete auf etwas im Gras. Da lag mein Halstuch. Das auch noch. Ich konnte nicht lässig genug darüber stehen, es geschieht einfach zu oft etwas. Ich hob es auf und erwartete, dass das alles war. Aber Addy wandte sich noch einmal an mich.
„Passiert dir so was öfters?“
Nicht auch noch diese Fragen.
„Wieso willst du das wissen? Meinst du ich mach gerne so eine Show?“
Er schaute mich schief an.
„Schon gut. Musst dich mal entspannen.“
Ich hör wohl nicht richtig. Jetzt spielt der sich wieder so auf.
„Darf ich denn mal keinen schlechten Tag haben?“
Jetzt stand er auf und stand mir Gegenüber.
„Klar, aber mittlerweile denk ich du verhältst dich nur bei mir so.“
Stimmte das? Mache ich das extra?
„Wenn du gleich immer mit der Tür ins Haus fällst, brauchst du nicht so überrascht wirken.“
Sein Nebenmann versuchte sich aus allem rauszuhalten und verhielt sich ruhig. Ich geriet aber in völlige Extase. Das wollte ich geklärt haben.
„Überleg mal, wie oft du dich um Worte geredet hast. Man sollte schon mit Kritik rechnen.“
„Und du denkst ich kann das nicht?“
Ich stand mit verschränkten Armen da.
„Nein, nicht wenn du dich wie eine Zicke verhältst.“
Jetzt war mir der Kragen geplatzt. Wie konnte er nur so unverschämt sein.“
„Halte dir selbst mal einen Spiegel vor. Ich hab mich schon oft darüber geärgert, dass du dich wie der letzte Macher verhältst. Ein wenig mehr Sozialkompetenz wäre nicht schlecht.“
Damit sagte er nichts mehr sondern setzte sich wieder hin. Ich ging wieder meines Weges. Das Halstuch fest in meinen Händen gekrallt stürmte ich nachhause. Ich war aber nicht alleine.
„Emillia, bist du das?“
Meine Mutter war also auch da.
„Hallo.“
Ich ging in die Küche, wo sie schon auf mich wartete.
„Na, was hast du heute so gemacht?“
Ich musste mich erstmal setzen.
„Frag nicht.“
Sie schaute mich bestürzt an.
„Was war denn los?“
Ich versuchte zu lächeln.
„Ich hatte meinen Schlüssel vergessen und musste den Schlüsseldienst holen.“
Sie stemmte ihre Hände gespielt gegen die Hüfte.
„Du machst mir aber Sachen.“
Sie konnte mich ein bisschen aufmuntern. Das hatte ich nötig.
„Vielleicht sollte ich dir Begleitschutz engagieren.“
Ich riss meine Augen auf.
„Nein ist nicht nötig, mach dir keine Sorgen.“
Meine Mutter lachte und das war mal eine nette Abwechslung.
Wir waren erstmal ruhig. Dann hörte ich wie jemand zur Tür hereinkam. Mein Vater kam zur Küche herein.
„Hallo ihr.“
Er war im Moment der einzige Mann, den ich sehen wollte.
„Hey.“
Ich ließ dann meine Eltern alleine und ging in mein Zimmer. Da musste ich am Handy Ani den ganzen Tag erklären. Sie war hörbar enttäuscht, dass Addy und ich aufeinander losgingen.
„Und dann bist du auch noch so vergesslich. Lass den Stress mal, gehs ruhiger an.“
Ich versuchte auf ihren Rat zu hören. Und machte gleich ein nächstes Treffen aus.






Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz