Weirdly - Teil 12

Autor: blue-haze
veröffentlicht am: 30.05.2014


12. Wiedersehen

Es sind zwei Jahre vergangen, seit Kenan weg ist.
„Ich glaube er wird ungeduldig.“
„Wenn er kein Verständnis dafür hat, dann ist er vielleicht nicht der Richtige.“ Meint Ashley.
„Er wartet seit zwei Jahren ohne zu wissen, warum. Nicht mal Dad weiß es.“ Ich seufze, als mir klar wird, dass er es spätestens JETZT erfahren muss.
„Oh nein, entschuldige...Du hättest es mir nicht erzählen sollen... tut mir leid.“
„Schon gut. Ist ja nicht so, dass ich nicht über vieles mit ihm rede worüber man sonst nur unter Frauen spricht...“
Mitleidig sieht Ashley mich an. „Trotzdem kann ich verstehen, wenn du manches lieber für dich behältst. Aber ja... die meiste Zeit liest er unsere Gedanken ja nicht absichtlich... Ich will manchmal lieber nicht wissen, was er schon alles über mich weiß. Und was Sean angeht... ich denke er hat zumindest verdient zu wissen, dass du Ängste hast. Er muss ja nicht gleich wissen, warum.“
„Wir sind seit zwei Jahren zusammen... ich habe noch zu viele Geheimnisse vor ihm.“
„Vielleicht solltest du dir überlegen, warum du ihm das ein oder andere verschweigst, hm?“
Ich hasse es, wenn sie recht hat. Vielleicht bin ich ja nicht ganz fair? Aber er bedeutet mir doch so viel...

Mit Dad darüber zu sprechen war schwieriger als gedacht. Obwohl er immer wieder betont hat, dass er stolz darauf ist, dass ich mit ihm darüber gesprochen habe und, dass er endlich versteht, warum ich Nähe nur bedingt zulasse, konnte er es nicht lassen immer wieder zu betonen, dass er nicht will, dass ich mit Jungs schlafe und Sean gefälligst die Finger von mir lassen soll.
Das Argument, bereits sechzehn zu sein, hat natürlich nicht geholfen, also habe ich ihn immer wieder darauf hingewiesen, dass ich ohnehin nicht vorhabe mit ihm ins Bett zu gehen.
„Ich muss dir übrigens auch etwas sagen.“ Themenwechsel. Ein Dank!
„Was denn?“
„Kenan ist wieder da. Er wird wieder für mich Arbeiten, da Tyler und Ashley öfter frei brauchen.“
Immer wieder diese Worte, die nicht zusammen passen! Kenan... wieder da...
„Okay...“ mehr bringe ich nicht raus. Ich gehe einfach.
Meine Hände zittern und ich weiß nicht, wie ich sie dazu bringe aufzuhören. Okay, es ist Winter. Wird schon keinem Auffallen.
Es ist zu süß, wie Sean versucht meine Hände aufzuwärmen, weil er denkt, dass mir kalt ist. Ich atme tief durch und beginne das wohl unangenehmste Gespräch, das ich je mit jemandem geführt habe. Nein, er erfährt noch immer nicht viel über meine Mutter. Nur, dass ich eine Zeitlang bei ihr gewohnt habe und dass sie viel männlichen Besuch hatte und dieser nicht sehr nett zu mir war.
Sean sieht mich entgeistert an. Ich wende den Blick ab. Okay, jetzt sieht die Sache anders aus. Vielleicht hat er doch nicht so ein Verständnis, wie ich dachte...
Er zieht seine Hände weg. Ich stehe auf und möchte gehen, als er mich plötzlich an sich zieht und mir verspricht zu warten.
Neben Ashley habe ich noch eine Freundin gewonnen. Kathrine. Vor etwa einem Jahr hat sie an unsere Schule gewechselt. Das wohl netteste Mädchen, dem man begegnen kann. Tessa und die Klone sind noch genauso widerlich wie vor zwei Jahren auch. Aber das macht nichts, solange ich meine Freunde habe, die mich stark machen.
Dachte ich zumindest.
Ich weiß nicht, wie sie es herausgefunden hat. Außer meiner Familie und meinen Lifeguards, weiß niemand über meine Mom Bescheid. Natürlich nutzt sie den Moment, in dem Sean und Kathrine auch dabei sind und legt los: „Ach Sean, du solltest dir wirklich gut überlegen, ob du wirklich mit ihr zusammen sein willst. Ich meine bei so einer Vergangenheit. Schon krass genug, dass ihr Dad erst dreizehn war, als sie geboren wurde. Dann aber noch eine Mutter die im Knast ist, weil sie ihr die Pulsadern aufgeschlitzt hat? Wer weiß ob sie nicht genauso eine an der Klatsche hat. Scheint in der Familie zu liegen.“
Lautes Lachen gemischt mit entsetzten Blicken breitet sich aus. Ich weiß nicht wohin mit mir. Der Blick in Seans und Kathrines Augen...
Ich renne raus. Irgendwo werden Ashley und Tyler schon auf mich warten.
Wem ich dann in die Arme renne, hätte ich nicht erwartet. Als ich mit Kenan zusammenstoße, klammere ich mich an ihm fest und weine los wie ein kleines Mädchen.
Er wirkt ziemlich irritiert und versucht mich zu trösten. Mit einer leichten Umarmung streicht er mir über den Rücken. „Shhh... alles wird gut...“ Jetzt wo ich seine Stimme höre, bemerke ich wie sehr ich diesen schönen Klang verdrängt habe, nur um zu vergessen, wie sehr ich ihn vermisse.
Ashley kommt dazu. „Was ist los? Oh, scheint, als hättest du deinen neuen Lifeguard schon kennengelernt.“
Verlegen sehe ich auf.
Kenan lächeln zu sehen ist wie...Ich weiß es nicht...“Tja, ich scheine eine sehr vertrauenswürdige Erscheinung zu haben.“ Überhaupt sieht er jetzt Erwachsener aus. Zwei Jahre können einen sehr verändern.
Ich erzähle nicht, was passiert ist. Wir fahren einfach nach Hause.
Ashley hat Dienstende und ich koche das Abendessen, bis Dad nach Hause kommt, um mich abzulenken.
Am Küchentisch sitzt Kenan und sieht mir zu.
„Eigentlich habe ich mir vorgenommen, wenn ich dich das nächste mal sehe, kräftig zu ohrfeigen“, sage ich, ohne ihn anzusehen.
Er sagt nichts.
„Einfach zu gehen... ohne dich zu verabschieden... und dann kommst du nach zwei Jahren einfach so zurück.“
„Ich konnte nicht bleiben.“
„Und dich zu verabschieden war auch zu viel verlangt? Oder mir zu sagen, warum?“ Jetzt wende ich mich ihm doch zu.
„Du wärst meinetwegen fast gestorben!“
„Aber ich lebe noch!“
„Das ist nicht mein Verdienst.“ Seine sonst so warme Stimme klingt bitter und voller Selbsthass.
„Warum bist du dann wieder hier?“
„Um wieder gut zu machen, was ich verbockt habe. Ich habe zwei Jahre trainiert um denselben Fehler nicht zu wiederholen.“
„Fehler? Kenan... ich habe dich aus der Bahn gestoßen.“
„Das hätte nicht passieren sollen.“
„Dann wärst du jetzt tot. Die Kugel hätte dich nicht nur an der Schulter gestreift.“
Sein Blick bleibt lange an meiner Schulter hängen und dann wandert er an meinen Hals, wo der Blick plötzlich in Überraschung um schwingt. „Du trägst die Kette noch immer?“
„Sie gefällt mir“, antworte ich Schulterzuckend und wende mich wieder dem Kochen zu.
„Bist...bist du noch immer mit Sean zusammen?“
Ich nicke. „Zumindest war ich das bis heute.“
„Was ist passiert?“
Ich seufze und erzähle ihm, was Tessa getan hat.
„Du denkst deshalb wird er Schluss machen?“
„Wer will schon mit einer irren zusammen sein?“
Kenan lacht. „Also mich hätte es nicht gestört.“
Ich sage nichts. Lange herrscht schweigen, bis ich mir die eine Frage doch abringe. „Damals... als mich die Kugel getroffen hat... hast... hast du mich da...geküsst?“
„Was? Wie kommst du darauf?“
Ich sehe aus dem Fenster um nicht zu zeigen, wie peinlich mir das ist und zucke mit den Schultern. „Dann wird mich wohl der wahre Tod geküsst haben. Tja, er steht wirklich auf mich.“
„Du vergleichst mich noch immer mit dem Todesengel?“
„Hm, nein, wo ich so darüber nachdenke, ist der echte Todesengel deutlich attraktiver.“
Ich habe mir wirklich vorgenommen ihm nicht mehr zu verzeihen... warum also bekomme ich das nicht hin?
Es klingelt und Kenan geht an die Tür.
„Lange nicht mehr gesehen.“ Mein Herz setzt aus. Sean.
„Schätze ihr wollt zu Akira.“
Ich luge ums Eck und sehe Sean und Kathrine.
„Ist sie da?“
Kenan nickt und dreht sich zu mir um. Zögernd gehe ich auf die beiden zu.
„Du warst so schnell weg“, beginnt Kathrine.
„Es ist uns egal, was Tessa erzählt. Wir kennen dich und soweit wir das beurteilen können, bist du ganz und gar nicht verrückt.“
„Es ist aber wahr, was sie gesagt hat“, ich sehe auf den Boden. „Alles.“
Eine große Hand hebt mein Kinn an und ich sehe Sean in die Augen. „Niemand kann etwas für seine Familie. Ich wünschte nur, du hättest es mir eher erzählt.“
Eine zutiefst rührende Szene und, tatsächlich, noch während ich mir ein Lächeln abringe, küsst er mich. Nicht, dass er das nicht vorher schon getan hätte. Nur... bis dato war Kenan noch nicht dabei.
Warum interessiert es mich, ob Kenan dabei ist, oder nicht? Es geht ihn nicht an. Wir sind kein Paar, und waren es nie.
Also, meine kleine Welt scheint wieder heil und Kathrine und Sean verabschieden sich wieder. Die Tür geht zu und... so einen Gesichtsausdruck habe ich bei Kenan noch nie gesehen.







Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8 Teil 9 Teil 10 Teil 11 Teil 12 Teil 13 Teil 14 Teil 15 Teil 16 Teil 17 Teil 18 Teil 19 Teil 20


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz