In my Life - Teil 25

Autor: MarieCurie
veröffentlicht am: 23.06.2014


Es ist einige Zeit vergangen. Ich lebe mein Leben wieder wie zuvor. Ich habe auf mein Fachabitur verzichtet und bin nicht zu dem zweiten Prüfungstermin erschienen. Ich schreibe fleißig Bewerbungen, denn ich kann nicht nur durch die Vollwaisenrente leben. Jani und Steve haben ihren Abschluss geschafft. Sie haben auch eine Ausbildungsstelle bei einer Bank. Steve hat wie versprochen unserem Mathelehrer auf dem Kopf gespuckt. Ich habe das Szenario ungläubig mitverfolgt. Aber unser Mathelehrer hat das nicht mal mitbekommen, sonst hätte er Steves Abschlusszeugnis wohl möglich an sich gerissen oder es zusammengeknüllt und aufgegessen oder so etwas.

Darius schreibt gerade an einer Arbeit und hat wenig Zeit. Er entschuldigt sich des Öfteren immer, doch ich meine, dass es ok sei. Und das ist es tatsächlich.
Ich bin mit Lou in eine zwei Zimmer Wohnung gezogen. Das Haus hat ein Wohltätigkeitsverein gekauft und funktioniert es zu einer WG für Schwererziehbare um. Mir soll es Recht sein.
Ich sitze auf einer breiten Fensterbank in meiner neuen Wohnung und schaue auf die Straße. Um mich herum stehen überall Umzugskartons, die ich noch nicht ausgepackt habe. Lediglich mein Bett steht schon aufgestellt darin. Ich habe mich strickt geweigert, dass Steve mir beim Aufbau hilft. So hat er 2 Stunden mit ansehen müssen wie ich mühsam das Bett zusammen geschraubt habe.
Er hat gelacht und mir alle 10 Minuten seine Hilfe angeboten.
Abends kam dann noch Jani und wir haben einen Filmabend gemacht. Es hat sich viel verändert aber auch wieder nicht.
Ich bin genauso frech und „charmant“ wie zu vor, doch merke ich selbst wie groß der Fortschritt ist, den ich in letzter Zeit gemacht habe. Ich bin aushaltbar geworden. Trotz der schwierigen Zeit lache ich viel mehr. Ich bin nicht mehr so launisch. Ich besuche meine Eltern wie fest vorgenommen so oft es geht. Insgesamt habe ich mich zum „Besseren“ gewandelt, soweit das bei einem Teufel wie mir funktioniert.

Es klingelt, ich stehe auf und gehe zur Sprechanlage. Ohne das es mich interessiert wer dort draußen steht, mache ich die Tür auf, gehe zum Flur und warte auf die Person.
Nach ein paar Sekunden kommt Darius die Treppe hoch gejoggt und lächelt mich an.
„Gänseblümchen, du bist ja noch spät wach für einen viel beschäftigten Studenten. Ich dachte immer ihr pennt vor dem Laptop ein.“, ziehe ich ihn grinsend auf.
„Wir haben 20 Uhr.“ Verwirrt schaut er auf die Uhr, um sich noch mal zu vergewissern.
„Ja deswegen.“ Ich strecke ihm die Zunge raus und mache einen Schritt zur Seite um ihn eintreten zu lassen. „Womit verschaffst du mir die Ehre?“
„Zieh dir Schuhe an und komm mit. Ich entführe dich jetzt.“, grinst er mich an und bleibt im Türrahmen stehen.
Ich zucke mit den Schultern, ziehe Schuhe an und schnappe mir Schlüssel und mein Handy.
Darius zieht mich durchs Treppenhaus zum Auto.
„Wo wollen wir hin?“, frage ich im Auto.
„Zum See.“, strahlt er mich an.
Er freut sich wie ein kleines Kind und irgendwie finde ich das putzig. Er liebt diesen Platz und er meinte einmal, dass er nur mit mir dort geht.
Er schaltet das Radio ein und Bastille mit Thing we lost in the fire trällert uns entgegen. Darius scheint sehr gute Laune zu haben, denn er fängt an den Refrain mitzusingen und seine Stimme ist nicht mal schlecht. Nicht mein Musikgeschmack aber Hey, was solls?

„These are the things, the things we lost
The things we lost in the fire fire fire
These are the things, the things we lost
The things we lost in the fire fire fire

Do you understand that we will never be the same again?
Do you understand that we will never be the same again?
The future's in our hands and we will never be the same again
The future's in our hands and we will never be the same again“

Ich muss lachen und singe einfach auch mit. Mit Darius kann ich so herrlich bescheuert sein und es macht sogar Spaß.
Er hat mir am Anfang erzählt, dass er mir eine bessere Welt zeigen will. Hat er geschafft und er vergrault alles Schlechte in meiner Welt. Ich denke sogar manchmal optimistisch. Schräg, oder?
So wie er jetzt neben mir sitzt, singt und mit den Händen auf dem Lenkrad rum trommelt, bin ich froh ihn damals bei Jani näher kennen gelernt zu haben.
Sein Gesicht dreht sich ab und zu zu mir und grinst mich an.
An meinen Gefühlen hat sich leider noch nichts geändert. Über den Kuss haben wir nicht mehr gesprochen und ich finde es besser so. Er hat mir aber erzählt, dass er seine Verabredung versetzen musste, weil er pausenlos versucht hat mich zu erreichen, ich aber nicht dran gegangen bin. Mit einem innerlichen hämischen Lachen habe ich die Informationen aufgenommen, aber ihm dann die Schulter getätschelt und gemeint, dass es noch andere Gelegenheiten gibt.
Er hat aber nur gelacht und mich angelächelt wie er es am besten kann.

Tommy hat sich wieder gemeldet, er stand irgendwann eine Woche nach der Beerdigung vor meiner Haustür. Darius hat ihm die Hölle heiß gemacht und ihm ein Veilchen verpasst. Ich fand es ziemlich übertrieben, weil er sich eigentlich entschuldigen wollte. Ich hab Darius noch nie so wütend gesehen und wenn er vorhat Psychologe zu werden, sollte er sich das abgewöhnen.
Tommy hat sich dann auch entschuldigt , hat gemeint, dass er das verdient hat und ich habe ihm verziehen. Ich bin ja kein Unmensch. Außerdem war ich an dem Tag gut drauf, da ich eine Zusage für eine Ausbildungsstelle als Kfz. Mechatronikerin bekommen habe.

Wir kommen an, steigen aus und er zieht mich zu dem kleinen Steg am See. Die Sonne ist noch anwesend und geht gerade hinter den Bäumen unter. Wir lehnen uns Rücken an Rücken aneinander und ich schließe meine Augen. Ich ziehe die Beine an und lege meinen Kopf darauf.
„In manchen Moment denke ich du hättest eine 180 Grad Wendung gemacht. Ich denke, dass du dich verändert hast, aber dann, dann schüttele ich den Gedanken doch wieder ab. Denn ,du warst schon immer genauso wie jetzt - wenn du es wolltest, jedenfalls. Mir ist aufgefallen, dass du zu mir immer anders warst, als zu allen Anderen. Woran liegt das?“
„Keine Ahnung, ehrlich.“ Und das ist die volle Wahrheit. Darius hatte von Anfang etwas was ich mochte, aber ich weiß nicht was es ist.
„Ich hab dich nicht ohne Grund hier raus geschleppt, Lu.“, spricht er weiter.
„Sonnenuntergang, ein See glitzert verräterisch im Hintergrund, jetzt fehlt nur noch so eine kitschige Liebeserklärung.“, spaße ich.
„Aus welchem Grund?“, schiebe ich hinterher, als ich merke, dass er sich plötzlich versteift.
„Schon lustig wie sich alles entwickelt hat? Erst schlafen wir miteinander, dann werden wir Freunde , dann küsse ich dich wieder, dann wendest du dich wieder von mir ab und jetzt sind wir so befreundet, als würden wir uns schon Jahre kennen. Manchmal frage ich mich, wie unsere Beziehung wäre, wenn alles anders verlaufen wäre..Ob unter anderen Umständen unsere Beziehung jetzt anders wäre..“, sagt er leise.
„Besser kann es doch gar nicht werden, oder? Ich mag den Verlauf der Geschichte. Du hast mich irgendwie verändert. Bild dir aber ja nichts drauf ein, ich muss schließlich nett zu dir sein.“, grinse ich.
Er dreht sich jetzt um 90 Grad zum See und plötzlich fühlt sich mein Rücken etwas kalt an. Ich drehe mich ebenfalls.
„Du findest es also gut so, wie es ist?“, fragt er immer noch leise. Er dreht sich ein Stück zu mir und schaut mir in die Augen. Ich sage nichts. Eigentlich weiß ich nicht was ich will. Die Freundschaft tut mir verdammt gut, aber ich muss zugeben, dass ich ihn nach wie vor Liebe. Das klingt so schrecklich kitschig und schmierig, ich könnte kotzen.
Ich bin kein typisches ich-denke-Tag-und-Nacht-an-ihn Mädchen nur weil ich verliebt bin, aber manchmal da frage auch ich mich, wie es wäre, wenn wir unter anderen Umständen zusammen wären. Aber das sind kleine Spinnereien von denen ich auch manchmal träume, aber es kommt mir nach wie vor absurd vor. Darius ist einer meiner besten Freunde geworden. Und irgendwann ist dieses Gefühl, dass ich für ihn habe auch verschwunden. Da bin ich mir ganz sicher. Ganz sicher..
„Lu? Darf ich etwas probieren?“, meint er und in seiner Stimme vernehme ich einen rauen Ton. Ich schaue ihm in die Augen und erkenne eine Emotion darin, die ich vorher von ihm so nicht kannte.
Ich nicke stumm und er legt eine Hand an meine Wange. Er schaut mir in die Augen und eigentlich will mein Kopf das ganze abbrechen, doch mein Körper ist da anderer Meinung. Mein Herz ist da wirklich ganz anderer Meinung – dieses verräterische Misstück.
Und dann küsst er mich. Er küsst mich so wie damals bei ihm im Badezimmer und wieder gefällt es mir und wieder lege ich meine Arme um ihn und spüre seine Haut unter meinen Fingern.
Seine andere Hand legt sich leicht auf meinen Rücken und zieht mich näher zu sich.
Sein Daumen streicht über mein Gesicht und ich bekomme unwillkürlich eine Gänsehaut.
Mein Magen rumort vor Emotionen und ich muss wieder ein mal wiederholen, dass Gefühle echt scheiße sind, aber ich lasse es zu.
Ich komme aber wohl nicht ganz aus meiner Haut, denn ich drücke ihn leicht weg.
„Das war verdammt kitschig und hätte ich das von außen beobachtet, hätte ich bestimmt gekotzt.“, meine ich schwer atmend.
Er atmet genauso schwer und legt seine Stirn an meine.
„Und es wird noch schlimmer.“, grinst er verräterisch.
„Noch schlimmer. Was kommt jetzt?“ Ich reiße meine Augen gespielt weit auf.
„Weißt du, noch kannst du mich stoppen..“ Er grinst immer noch.
„Wobei stoppen?“
„Lucy, Ich li..“, beginnt er grinsend.
„Stopp! Ich will er nicht hören. Lalalalala“, rufe ich und halte mir dir Ohren zu. Ich will es nicht hören, verdammt. Das macht alles so ekelhaft kompliziert. Es macht es so endgültig.
Er grinst immer noch und muss sich fast ein lachen verkneifen.
„Ich liebe..“, setzt er wieder an- Er grinst immer noch. Oh wie ich ihn dafür hasse. Er ärgert mich extra. Warte ab Freundchen.
„Ich kann dich gar nicht hören.“, trällere ich weiter – meine Hände immer noch über den Ohren.
Er zieht meine Hände weg und sieht mir in die Augen. Er lächelt und das jetzt nicht mehr um mich zu ärgern.
„Ich liebe dich.“, meint er dann, als wäre es das Normalste auf der Welt.
„Ach halt die Klappe. Jetzt fehlt nur noch ein Streichorchester und Bonny Tyler die Total eclipse of the heart singt. Moment den Teil könnte ich doch übernehmen!“, verdrehe ich meine Augen muss mir aber gerade noch so ein lächeln verkneifen.
Nein ich werde es jetzt nicht erwidern. Ich brauche keine Beziehung. Ich habe anhand von Tommy gesehen was es mir bringt, nichts. Doch, Komplikationen.
„Du bist so verrückt. Das liebe ich an dir.“ Er greift sich theatralisch ans Herz und ich weiß genau das er das tut um mich schon wieder zu ärgern.
Ich lege mein Gesicht in meine Hände und schüttele den Kopf.
„Hast du mir nichts zu sagen?“, trällert Darius gut gelaunt.
„Ich mag dich auch.“, schnaufe ich.
„Wow, in 5 Jahren bringe ich dich bestimmt dazu, mir zu sagen, dass du mich auch liebst. Aber mögen ist etwas womit ich arbeiten kann.“, grinst er jetzt wieder.
Er macht ich wahnsinnig. Das hier ist absolut nicht meine Welt und ich weiß nicht, was ich hier überhaupt tue. Ob das alles seine Richtigkeit hat. Wenn ich ihm jetzt sage, dass ich ihn liebe, dann kann er es gegen mich verwenden und mich verspotten. Andererseits hat er damit angefangen, obwohl er genau weiß wie ich drauf bin. Er kann sich doch denken, dass ich so nicht bin, oder? Oder bin ich doch so und will ihm sagen, dass ich ihn liebe? Ich bin so verdammt verwirrt.
Ruhig Lucy, ganz ruhig. Jetzt oder nie. Du packst das, ist ja nicht so als ob du gegen eine Intelligenzbestie Schach spielst oder sowas..
„Ich liebe dich auch.“, murmele ich leise.
„Was? Ich hab dich nicht verstanden.“, lacht Darius und zeigt auf seine Ohren.
Oh, wie ich ihn gleichzeitig hasse.
„Ich liebe dich auch.“, grummele ich jetzt lauter.
„Oh Gott, das...“, schnieft er gespielt und streift sich eine imaginäre Träne aus dem Augenwinkel.
„...weiß ich doch schon lange.“, zwinkert er mir jetzt so selbstsicher wie noch nie zu.
„Du bist so anstrengend.“, grummele ich wieder und massiere meine Schläfen.
„Du etwa nicht? Du bist anstrengend und kaputt und schräg und total fertig mit der Welt. Aber das ist nicht schlimm, weil ich mindestensgenau so am Rad drehe wie du.“, murmelt er jetzt, nimmt meine Hände weg von meinem Kopf und streichelt meine Wange.
Ok, er hat gewonnen. Er hat vollkommen gewonnen. Egal was jetzt kommt, ich würde nicht nein dazu sagen. Ich komme mir vor wie ein vor pupertärer Teenager. Das ist alles so kitschig und zum ersten Mal in meinem Leben ist mir das scheißegal. Irgendwo in meiner Hirnmasse ist ein Teil von ca. 5% was dieses kitschige Gehabe mag. Immerhin. Diese 5 % scheinen sich gut durchsetzen zu können.
Wieso sich der Rest meines Gehirns so gegen die Vorstellung sträubt, Darius nah zu sein, weiß ich nicht. Dieses dumme Gehirn wird schon noch irgendwann merken, dass es mir in Darius Nähe einfach nur gut geht und ich mich auch wohlfühle. - Sagte das Herz und beginnt zu Klopfen.
Er weiß, was für ein Mensch ich bin und liebt mich trotzdem. Wenn ich es jetzt nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass Darius auf den Kopf gefallen sein muss, ist er aber nicht. Er ist vollkommen normal, wahrscheinlich genauso kaputt wie ich, aber durchaus normal.

Dieser normale Mensch schenkt mir gerade einen Blick, bei dem Twilight- Fanboys und Fangirls zergehen würden. Ich zergehe nicht. Ich schenke ihm einfach den selben Blick, denn jetzt ist es eh zu spät es zu leugnen. Ein Gefühl, das man nicht beschreiben kann.
Und dann küsst er mich wieder und ich lasse mich drauf ein. Nicht nur zu dem Kuss sage ich ja. Ich sage zu ihm und mir ja. Ich sage ja dazu, Gefühle zu zeigen, die ich vorher noch nie gefühlt habe. Sage ja zu einer Zukunft mit ihm. Sage dazu ja, endlich wieder Glücklich zu werden.
Ich denke, andere Frauen hätten noch 100 mal hinterfragt, wieso er meinem Exfreund versichert hat, dass er mich nur als guten Freund sieht und was mit der anderen Studentin ist ist mir auch egal. Mir ist das einfach nur egal. Denn das hier zeigt mir, dass er entweder ein guter Lügner ist oder das er erst seit kurzem bemerkt hat, dass er mich mag. Ok, dass er mich liebt.
Darius zieht mich noch näher an sich legt beide arme an meine Hüfte. Meine Hände liegen in seinem Nacken und streicheln seine Haut dort.
Er hatte Recht. Die Reihenfolge unseres Kennenlernens ist nicht normal. Zudem ich seinen Vater noch vor ihm kannte und nicht mal davon wusste, dass er überhaupt einen Sohn hat.
Und ich muss zugeben, dass Fleischer Junior es mir richtig angetan hat.





Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8 Teil 9 Teil 10 Teil 11 Teil 12 Teil 13 Teil 14 Teil 15 Teil 16 Teil 17 Teil 18 Teil 19 Teil 20 Teil 21 Teil 22 Teil 23 Teil 24 Teil 25 Teil 26


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz