In my Life - Teil 24

Autor: MarieCurie
veröffentlicht am: 23.06.2014


Ich sitze auf Dad's Bett und starre seine Sachen an, die ich überall in seinem Zimmer ausgebreitet habe. Seit der letzten Email sind nun 4 Tage vergangen. Ich habe mich soweit im Griff und habe erkannt, dass es sinnlos ist ihm Emails zu schreiben, die er nie lesen wird. Ich lege meinen Kopf in den Nacken und atme tief durch. Die letzten 4 Tage habe ich damit verbracht verschiedene Dinge mit Krankenkassen und anderen Institutionen zu regeln. Andreas kam kurz vorbei, ging aber schnell wieder. Ich habe Dr. Fleischer angerufen. Er wollte wissen, wann die Beerdigung ist. Sie ist in genau einer Woche. Das Haus hier will ich immer noch verkaufen. Mich hält hier nichts mehr. Ich werde mir mit Lou eine kleine Wohnung irgendwo in Köln mieten. Bis es aber soweit ist werde ich aber gezwungener maßen noch eine Weile hier bleiben müssen. Gestern habe ich meine Zeit damit verbracht, alle SMS und Whatsappnachrichten zu lesen. Mein Magen hat sich bei der ein oder anderen SMS meiner Freunde zusammengezogen. Erst jetzt, fast 2 ½ Wochen danach, fühle ich mich bereit mit ihnen zu reden. Meine Tränen sind getrocknet und ich bin bereit wieder ich selbst zu werden, stark zu sein. Und dieses Mal tue ich es für mich, für Niemanden sonst, denn sonst habe ich Niemanden mehr. Während diese Erkenntnis mir vor ein paar Tagen Tränen in die Augen getrieben hat, sitze ich jetzt hier, als wäre ich „geheilt“, aufrecht in Dads Bett und lächele dem Bild meiner Eltern entgegen.

Irgendwann höre ich ein Poltern und laute Rufe. Sie rufen nach mir. Sie haben schon die Polizei eingeschaltet, die mir ebenfalls gestern einen Besuch abgestattet haben. Ich wiederum habe ihnen versichert das alles in Ordnung wäre. Da sie mich nicht zwingen können, Bericht zu erstatten, sind sie auch gleich wieder abgezogen.
„Lucy?“, höre ich Darius brüllen.
Wie kommen die hier überhaupt rein?
„Lucy?“, höre ich jetzt auch Steve rufen.
„Unten ist sie nicht.“ Das war Janine. Stimmt, die Hintertür.
Ich höre sie die Treppe hoch kommen.
Ich habe ihnen unrecht getan. Ich muss mich bei ihnen Entschuldigen.
Ich will sie nicht auch noch verlieren.
'Das hättest du dir davor überlegen sollen' Diese kleine hässliche Stimme in meinem Kopf ist richtig mies, aber sie hat vollkommen Recht.
Ich höre Türen aufgehen, die kurz danach wieder geschlossen werden.
Ich stehe vom Bett auf, gehe zur Tür, schließe auf und gehe nach draußen. Das Licht blendet mich und ich kneife die Augen fest zusammen, da Dads Zimmer abgedunkelt ist. Im nächsten Moment finde ich mich in einer Umarmung wieder. Es ist Jani und sie weint und das nicht zu wenig.
„Oh Gott, wie, wie siehst du nur aus? Was ist passiert? Wie kannst du uns so etwas antun? Wir waren krank vor Sorge, berechtigterweise.“,flüstert sie und hält mich einfach weiter im Arm.
Dann nimmt sie mich an den Schultern, drückt mich eine Armlänge von sich weg und schaut in mein Gesicht. Sie sieht meine stark eingefallenen Wangen und meine immer noch verquollenen Augen. Dann reckt sich ihr Hals nach rechts und schaut an mir vorbei, direkt durch die immer noch offene Schlafzimmertür meines Vaters. Sie scheint die ganzen Bilder zu sehen und das Gesehene richtig zu deuten. Ihre Augen weiten sich und ihr Mund öffnet sich leicht.
„Nein.“, wispert sie.
„Nein, nein, nein.“, sie schüttelt ihren Kopf und blickt mir in die Augen.
„Hat er sich..?“, fragt sie leise.
Ich schüttele schnell den Kopf.
„Zweiter Herzinfarkt. Sein Kopf wollte vielleicht noch, aber sein Herz nicht mehr..“, sage ich leise und bin froh aus der Heulbojenphase raus zu sein. Es bereitet mir nicht mehr so schlimme Schmerzen, es auszusprechen.
„Wann?“, fragt sie traurig und in ihren Augen sammeln sich erneut Tränen.
„16. Mai.“, sage ich leise.
„Und seit dem hast du nichts mehr gegessen?“, fragt sie ebenso leise und deutet auf meine Wangen und meine dünnen Arme.
Ich hab die vergangene Woche nichts gegessen und trotzdem Galle gekotzt. Tag für Tag. Heute ist tatsächlich ein Tag an dem ich leichten Hunger verspürt habe.
Steve und Darius die sich im Hintergrund gehalten haben starren mich jetzt mit weit geöffneten Augen an. In Steves Augen erkenne ich etwas wie Fassungslosigkeit und Trauer. Auch er kannte meinen Vater gut.
Darius wendet sein Gesicht ab und knetet seine Hände wie wild.
„Ja.“, hauche ich nur. Jani lässt mich los, starrt mich einen Moment an, rennt zum Badezimmer und keine 5 Sekunden später, höre ich Würgegeräusche. Ich will ihr hinterher, doch Steve macht sich schon auf den Weg und meine Beine würden mich sowieso keine 2 Meter weit tragen. Dafür habe ich mich in den letzten zwei Wochen zu wenig bewegt. Mir dröhnt mein Kopf und mein Körper fühlt sich an, als würde er fast einknicken.

Ich kann Darius nicht anschauen. Ich bin schwach und zerbrechlich. Wie eine Salzstange könnte ich einfach zerbrechen. Ich fühle mich ekelhaft. Wie konnte ich mich nur so gehen lassen? 'Vielleicht weil deine Eltern jetzt beide tot sind..?' meint diese hässliche kleine Stimme in meinem Kopf gehässig. Ja, das könnte tatsächlich ein Grund sein.
Darius schaut vom Boden zu mir, schließt kurz seine Augen und geht die Paar Schritte auf mich zu.
Unsicher greift er nach meiner Hand und zieht mich in eine Umarmung.
Ich lehne mich an ihn.
Ich weiß nicht wie ich die letzten Wochen überlebt habe. Ob überhaupt etwas von dem was ich mal war noch lebt. Ich weiß nur, dass es mir für eine kleine Zeit gut geht, so lange Darius mich umarmt. Ich kann nicht leugnen, dass ich ihn vermisst habe.
„Ich hätte merken sollen, dass etwas nicht stimmt. Ich hätte schon früher hier sein müssen.“, murmelt er und drückt mich an sich.
Ich schüttele nur den Kopf. Er kann doch nicht hellsehen.
„Nein, es ist gut so wie es war. Ich habe mich in der Zeit mit dem Tod abgefunden. Ich bin sogar wieder auf dem Weg wieder normal zu werden. Jedenfalls, sofern das bei mir klappt.“
„Wie hast du dich damit abgefunden?“, fragt er leise. Sein Gesicht vergräbt er in meinen Haaren.
„Ich, ich habe ihm Emails an seinen alten Account geschickt. Das klingt jetzt bestimmt total bescheuert, aber ich habe mich so noch nahe zu ihm gefühlt. Nach der 4. Email ist mir wieder bewusst geworden, dass er sie niemals lesen wird. Das er nie wieder da sein wird. Ich habe neben den Emails jeden Tag irgendein anderes Bild von uns, also meiner Familie, im Zimmer aufgestellt. Stück für Stück konnte ich den Tod mehr ertragen und ich habe seit 4 Tagen nicht mehr geheult.
Am Anfang habe ich nichts gespürt, dann kam die Trauer, dann das Vermissen, dann das Erinnern an gute alte Zeiten und dann konnte ich endlich Abschied nehmen.“
Darius drückt seine Lippen auf meinen Scheitel.
„Du bist immer noch stark, nach all dem. Du hast die ganze Situation ohne fremde Hilfe geschafft. Ich habe mir zwar Sorgen gemacht wie ein Bekloppter und Jani und Steve auch, aber ich bin stolz darauf, Jemanden wie dich zu kennen. Wäre mir so etwas widerfahren, ich wäre jetzt noch irgendwo eingesperrt und hätte mich abgeschottet. Aber du, du hast deinen eigenen Weg, damit klar zu kommen, ohne Hilfe gefunden. Aber das musst du ab jetzt nicht mehr. Wenn ich dir helfen kann, dann sag mir einfach bescheid, ok? Ich bin da.“
Alles was ich ihm jetzt sagen könnte, wäre nicht mein Stil.
Ich könnte ihm sagen, dass es mir besser geht, nur weil er mich umarmt, aber so bin ich nun mal nicht. Alles Gefühlsduselei, die kein Mensch braucht.

Ich habe die letzten 2 Wochen mehr Gefühlsausbrüche gehabt, als in meinem ganzen Leben zuvor.
Ich bin nach wie vor immer noch der Meinung das Gefühle für den Arsch sind. Egal welche Art.
Ich habe so viele Tränen verloren, weil mir so viel an Dad liegt. Dazu kommt noch, dass meine Mutter ebenfalls tot ist. Ich habe so zu sagen für zwei geheult.
Und trotz das ich Gefühle Scheiße finde, kann ich nicht mehr leugnen, dass ich Darius liebe. Auf eine ganz verquere Art liebe ich diesen Menschen einfach.
Sagen werde ich ihm das nicht. Es kostet mich schon viel Kraft es vor mir selbst zuzugeben. Ich habe auch nicht vergessen wieso ich vor 2 Wochen aus seiner Wohnung abgehauen bin. Ich weiß nicht, was ihm genau leid tat, aber ich kann mir denken, dass er den Kuss meinte. Ich habe keine Lust das jämmerliche Mädchen zu sein, dass ihre Eltern verloren hat und den Kerl liebt, der in ihr nur den guten Freund sieht. Das musste ich mir schon oft genug mit Jani in kitschigen Lovestorys angucken. Und es ist mir auch eigentlich gleich als was er mich betrachtet. Hauptsache er findet mich stark und kann sagen, dass ich wenigstens etwas in Ordnung bin.

„Kommst du zur Beerdigung meines Dads?“, frage ich nach einer Weile.
Mir liegt verdammt viel daran, dass Leute zu seiner Beerdigung kommen, die er mochte. Und damals im Krankenhaus hatte ich sofort das Gefühl, dass er Darius auf Anhieb mochte.
„Sicher.“, murmelt er und drückt mich leicht von sich.
Nicht nur ich sehe scheiße aus. Auch er ist blass und um seine Augen zeichnen sich dunkle Ränder ab. Seine Haare sehen aus als hätten sie mal wieder einen Frisör nötig und er sieht aus als würde er jeden Augenblick einschlafen.
„Du siehst scheiße aus, Tinkerbelle.“, lächele ich leicht.
Verwundert schaut er mich an und lächelt dann vorsichtig zurück.
Das war das erste Lächeln, dass er mir seit 3 Wochen geschenkt hat. Gut, zu gegeben wir haben uns seit 3 Wochen nicht gesehen.
Ich drehe mich um und gehe zum Badezimmer. Auf dem Klodeckel sitzt Jani und reibt sich die Augen. Ihre Schminke läuft links und rechts ihre Wangen hinab. Ich gehe zum Wandschränkchen, hole Feuchttücher heraus und halte ihr die Packung hin. Sie nimmt sie an, reibt sich damit übers Gesicht, strafft ihre Schultern und steht auf.
„Es tut mir so leid. Statt für dich da zu sein laufe ich aufs Klo und kotze erst mal selbst wie ein Häufchen Elend. Ich bin so eine miserable Freundin.“, schnieft sie.
„Du bist alles andere als eine miserable Freundin. Jetzt erwarte aber bitte nicht von mir, dass ich dir jetzt immer nette Sachen sage.“, meine ich lächelnd.
Ja ich kann wieder lachen. Es ist ja nicht so, dass wenn ich lächele, jede Trauer und alles in den letzten Wochen vergessen ist, aber vergesse ich es wenigstens für einen kleinen Zeitpunkt. Und das ist gut so.
Mir ist klar geworden, dass ich mich nicht einfach so in einem dunklen Raum verkrümeln kann, weil meine Eltern tot sind. Es ist verdammt schwer damit umzugehen. Damit klar zu kommen, dass man sich nicht mehr an sie wenden kann. Aber mein Leben geht weiter und das letzte was meine Eltern wollten, wäre ein seelisches Wrack als Tochter zu haben. Ich habe mir fest vorgenommen ein Mal in der Woche zum Grab zu gehen und ihnen irgendetwas zu erzählen. Ob das etwas bringt und ob sie es hören, da streiten sich die Geister drüber, aber es ist mir egal.
„Du lachst wieder. Oh Gott. Ich muss schon wieder heulen.“ Sie wischt sich die Tränen aus dem Gesicht und lächelt. Das sieht etwas beängstigend aus, mit ihrer verlaufenden Schminke, aber das werde ich ihr jetzt nicht sagen, sonst bekommt sie einen 4. Heulkrampf.
Sie sieht aus wie ein Waschbär. Das hat ja auch irgendwie etwas süßes..
Stevie hat sich bis gerade eben noch in einer Starre befunden, er lockert sich langsam, kommt auf mich zu und umarmt mich fest.
„Du bist so doof, Pumuckl. Wieso hast du nichts erzählt? Wir wären da gewesen. Immer und wir werden auch jetzt immer da sein.“, flüstert er.
Ich drücke ihn von mir weg. „Ich weiß, aber damit musste ich allein fertig werden. Und jetzt hör auf mich zu zerdrücken, Godzilla.“


Heute ist der Tag. Es ist angenehm warm. Es stehen ungefähr 100 Menschen am Grab meiner Eltern. Ich sehe Andreas und seine Frau und andere Anwälte und Richter, die mein Dad kannte.
Der Pastor hält gerade seine Predigt. Erzählt wie kostbar jedes Leben ist, wie schwer es ist sich von geliebten Menschen loszureißen und so weiter und so fort. Eigentlich genau das selbe, was er bei meiner Mutter gesagt hat.
Jani und Steve stehen neben mir. Hinter den ungefähr 100 Menschen entdecke ich sogar Dr. Fleischer. Aus seiner Miene kann ich herauslesen, dass das ganze auch ihn mitnimmt. Sie haben sich im laufe der Jahre auch angefreundet. Zwar hatten sie keine bahnbrechende Freundschaft, doch konnte mein Vater sich immer auf ihn verlassen.
Neben mir steht Darius und hält meine Hand. Ich habe mir vorgenommen heute nicht zu weinen. Ich habe die vergangene Woche auch nicht geheult. Ich kann schlichtweg behaupten, dass ich wieder zu mir gefunden habe.
Darius und ich haben uns die letzte Woche jeden Tag gesehen und immer dann wenn ich zu Hause raus musste, war ich bei ihm und habe auch dort geschlafen. Meine Katze Lou hat sich bestimmt vernachlässigt gefühlt. Armes Vieh.
Manchmal hatte ich Alpträume. Aber Darius war immer da.
Vor genau einer Woche, wir standen bei ihm in der Küche, je eine Tasse Kaffee in der Hand.
„Ich werde nicht weinen, nicht jetzt und sonst nicht mehr.“, sagte ich entschlossen.
Darius sah mir in die Augen, lächelte leicht.
„Ich weiß.“, sagte er und er ließ mich spüren, dass er mir glaubte. Er glaubte nach wie vor an meine Stärke. Trotz meiner Alpträume, trotz meiner Aktion, bei der ich mich 3 Wochen nicht meldete und mich wie ein Häufchen Elend in Dads Zimmer eingesperrt hatte.

Ich weiß, sobald der Pastor seine Predigt abschließt, muss ich mich vor die versammelte Mannschaft stellen und eine kleine Rede halten. Ich bin kein Mensch der großen Worte und ich bin mir auch sicher, da mich die Meisten kennen, dass sie die Messlatte auch nicht zu hoch ansetzen. Ich habe nichts vorbereitet. Ich sage das, was mir einfällt. Und als der Pastor schließt, weiß ich dass ich doch hätte etwas vorbereiten sollen. Ich spürte einen festen Druck an meiner rechten Hand. Als hätte Darius meine Gedanken gelesen, spricht er mir mit dieser einzigen Geste mehr Mut zu als irgendwer sonst es hätte tun können. Ich gehe einen Schritt nach vorne und atme einmal tief durch.

„Vielen Dank, dass ihr alle heute hier seid um meinem Dad die letzte Ehre zu erweisen. Und ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich eine katastrophale Rednerin bin und gleich ganz viel Zeug reden werde, was Ihnen allen nicht gefallen wird.
Ich kann auch behaupten, dass das alles hier niemals an das heran kommen wird, was mein Vater tatsächlich als letzte Ehre verdient hat. Er hat soviel mehr verdient, als nur 100 Menschen, die hier stehen in ihren schwarzen Klamotten und aussehen als hätte sie eine Horde wild gewordener Elefanten überrannt. Was ich damit sagen will ist, dass er das so nicht gewollt hätte. Jeder versucht sich auf einer Beerdigung der Norm anzupassen, sich dem anzupassen wie man sich normalerweise verhalten würde. Man versucht so einfühlsam wie möglich zu sein. Es ist so fest in uns verankert, kein lächeln auf einer Beerdigung zu zeigen. Man hat Angst vor dem Eindruck, den man auf Andere macht. Wissen Sie was? Ich scheiße da drauf. Mein Dad war vor dem Tod meiner Mutter, der lustigste Mensch den ich kannte. Er war mein Vorbild. Ich will einfach nur für ihn heute keine traurigen Gespräche und Gesichter sehen. Sein Tod ist dramatisch und es hat mich mehr als mitgenommen, doch kann ich wieder klar denken und weiß, dass er ein lächeln einem tot traurigen Gesicht vorziehen würde. Denn er weiß, dass wir ihn alle vermissen und ihn schätzen, das zeigt einzig allein schon Ihre Anwesenheit hier. Mein Dad war ein großartiger Mann und hat immer versucht, es mir Recht zu machen und heute will ich es ihm Recht machen.“ , beende ich meinen Vortrag und bereite mich seelisch schon auf den Shitstorm vor, der mir gleich entgegen bläst.
Doch nichts passiert. Jedenfalls nicht schlimmes passiert, denn manche lockern tatsächlich ihr traurig verzogenes Gesicht und sehen nicht mehr ganz so verkniffen aus.
Ich stelle mich an meinen Platz neben Darius zurück. Dieser ergreift direkt meine Hand. Der Pastor sagt noch ein paar abschließende Worte und mein Dad wird zu meiner Mutter ins Grab gelassen. Den Grabstein habe ich ersetzen lassen. Jetzt stehen dort die Namen meiner Eltern zusammen auf einem Grabstein und ich bin mir sicher, dass Dad glücklich darüber wäre oder sogar ist.
Mit jedem Zentimeter den der Sarg in die Tiefe macht, lehne ich mich ein Stück näher an Darius und bin einfach nur froh, dass er da ist. Mittlerweile nimmt Jani meine andere Hand, schaut mich an und schenkt mir ein kleines lächeln, ganz genauso wie ich es will, wie mein Dad es will.
Ich drücke ihre Hand und ich weiß, dass es ihr genauso schlecht geht wie mir. Sie kannte ihn eben auch fast 18 Jahre.

Nach der eigentlichen „Zeremonie“ verteilen sich die Menschen in kleine Grüppchen, die langsam den Friedhof verlassen.
Ich stehe noch mit Darius mitten in der Grablandschaft und er hält meine Hand, als ich meine wunderbare Tante auf mich zu gestampft kommen sehe.
„Du kleines mieses Etwas. Was sollte diese bescheuerte Rede? Du hast uns lächerlich gemacht. Du hast doch keine Ahnung wie man sich zu benehmen hat! Ich könnte dir deine kleinen hässlichen Augen auskratzen!“ Jolina redet sich in Rage.
„Was willst du? Dad hätte es so gewollt. Verschwinde von diesem Ort wenn du noch weitere Kommentare abgeben möchtest. Hier ist nicht der richtige Ort dafür.“, meine ich nur gelangweilt.
„Ich sage dir eins, du bist Schuld daran. Du hast deinen Vater in den Tod getrieben. Ich werde dein Leben so zur Hölle machen. Freu dich darauf du..“, meint sie und zeigt mit dem Zeigefinger auf mich.
„Das reicht jetzt, finden Sie nicht?“, eine Person taucht neben mir auf und ich erkenne sofort die freundliche Stimme von Dr. Fleischer.
„Und wer sind Sie?“, brüllt sie schrill.
„Jolina, wenn du das schon nicht weißt, musst du deinem Bruder echt nahe gestanden haben.“, meine ich abfällig und finde das gerade sogar etwas amüsant, zeitgleich aber auch ziemlich traurig.
Mit einem „Das hat ein Nachspiel. Es ist noch nicht vorbei.“ à la RTL-Nachmittagsprogramm dreht sie sich herum und stampft davon.

„Dad?“ Verwundert drehe ich mich herum und halte Ausschau nach dem, der Darius' Dad sein soll. Vielleicht habe ich ihn auch falsch verstanden und er meint irgendetwas anderes.
Aber als dann Dr. Fleischer Darius Namen sagt, kann ich nicht anders und starre ungläubig von Person A zu Person B.
Darius ist sein Sohn? Was zur Hölle?
Fleischer Senior muss meinen fragenden Blick gesehen haben.
„Ja, er ist mein Sohn.“, meint Senior dann lächelnd. Ja tatsächlich. Die Ähnlichkeit ist da. Ich könnte mir mit der flachen Hand ins Gesicht schlagen.
Und plötzlich sehe ich Fleischer Senior in einem völlig neuem Licht. Normalerweise wollte ich ihm immer an die Gurgel springen, doch das bleibt, erstens wegen der Rettungsaktion eben und zweitens wegen dem was mir Darius über seine Familie erzählt hatte, aus.
Er ist alleine hier. Wenn ich daran denke, dass sich seine Frau wahrscheinlich genau in diesem Moment mit irgendeinem anderen Kerl vergnügt, steigt meine Achtung vor Senior doch immens...das er es bestimmt weiß, aber trotzdem hier mit erhobenem Kopf auftaucht.
„Woher kennst du ihren Vater?“, fragt Darius nur.
„Ich war jahrelang sein Therapeut. Ich darf ja nicht über meine Patienten reden. Rainer war aber neben meinem Patienten auch ein guter Freund. Und so lange kenne ich auch schon Lucy.“
Ich nicke bestätigend, als mich Darius fragend ansieht.
„Lucy, ich wollte eigentlich nur sagen, dass die Rede genau das ausgesagt hat, was dein Vater ein mal zu mir sagte. Vielleicht etwas ausbaufähig, aber zutreffend. Er sagte, wenn er mal stirbt, will er eine andere Beerdigung als seine Frau, da diese sehr düster und verklemmt war. Du hast deinem Vater die Ehre verschafft die er verdient.“ Er lächelt mich an.
„Danke.“ Und das meine ich aufrichtig.






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