In my Life - Teil 13

Autor: MarieCurie
veröffentlicht am: 21.05.2014


„Nein, kein Einziges.“, murmele ich.
Er fährt sich kurz durch die Haare und lächelt mich dann an. Wieso lächelt er jetzt? Ist er schadenfroh mich so zu sehen? Oder ist er irgendwie Sadist?
„Ok, ich mache dir einen Vorschlag. Ich zeige dir eine andere Welt. Es gibt verdammt gute Sachen in dieser Welt und es stimmt mich etwas traurig, dass du nur die schlechten Seiten kennen lernen durftest.“
Andere Welt? Hä?
„Bitte was?“
„Ich meine, ich will dir Sachen zeigen, die es Wert sind, zu leben.“ Er lacht jetzt und irgendwie glaube ich das sein Leben perfekt sein muss.
„Und was willst du mir zeigen?“, frage ich.
„Ich weiß nicht, aber mir fällt bestimmt was ein.“ Er zwinkert mir zu.
Mit ihm ist es einfach zu reden. Ich fühle mich weder gezwungen noch gedrängt. Ich habe ihm alles freiwillig erzählt. Typisch Psychologen-Heinies. Die manipulieren wo es nur geht.

„Erzähl mir doch mal etwas aus deiner Kindheit.“, fordere ich ihn auf.
„ Ich war als Kind aufgedreht und habe mich gerne mit anderen Jungen geprügelt, dann kam in meiner Teenie-Zeit meine rebellische Ader zum Vorschein und habe die Schule gemieden. Gott sei Dank habe ich dann doch noch mein Abi gemacht und freue mich jetzt noch auf 4 Semester Studium und ein Praktikum. Ich habe 1 Schwester und 2 Brüder. Meine Schwester ist 11 und hochbegabt. Sie lässt es Gott sei Dank nicht raus hängen und ist eigentlich ganz normal. Meine zwei Brüder sind Zwillinge und 20 Jahre alt. Als großer Bruder habe ich bedauerlicher weise auf ganzer Linie versagt. Meine Eltern sind noch verheiratet, doch betrügt meine Mutter meinen Vater wo sie nur kann. Mein Vater weiß das, kommt aber nicht von ihr los. Ich hege eine gewisse Verachtung gegen meine Mutter, aber Dad meint es sei ok, was sie so tut. Ich habe schon viele Glücksmomente gehabt. Der erste Flug in den Urlaub. Die erste Liebe und sowas. Aber der Absolute war noch nicht da...“, er schmunzelt leicht.
„Und ich dachte dein Leben wäre perfekt, Tinkerbelle.“, ich lache etwas. Mein Gedanken an meine verkorkste Kindheit sind wie weggeblasen. Und irgendwie gefällt es mir, dass er so offen mit mir über seine Vergangenheit redet.

„Wieso nennst du mich eigentlich nie beim richtigen Namen? Schwarzköppfchen fand ich ja noch ok, aber Tinkerbelle geht doch etwas zu weit.“, er schaut etwas grimmig.
„Ach was. Ich kann dich auch Prinzessin Lilyfee nennen.“, meine ich nur grinsend.
„Wieso nur komm ich mir in deiner Nähe so weiblich vor?“ Darius grummelt immernoch vor sich hin.
Ich knuffe ihn am Arm und meine. „Bringst du mich heim, Mann?“
Er lacht plötzlich wieder und geht mit mir zum Wagen. Von seinen Launen bekommt man bestimmt irgendwann Schleudertraumata, aber irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass dieser Freundschaft noch etwas im Weg stehen könnte. Wir verstehen uns für meine Verhältnisse gut und ich habe das Gefühl, dass eine ältere Ausgabe von Steve neben mir steht. Alles ist gut.

Auf der Fahrt reden wir nicht. Wir haben vorher schon genug geredet. Ich habe ihm Dinge erzählt, die nicht mal mein Vater genau weiß und er hat mir Dinge erzählt, die mindestens genauso heftig sind. Vielleicht verstehen wir uns gut, weil wir in gewisser Weise beide etwas kaputt durch beschissene Familienumstände sind.

Ich schaue auf die Uhr. 22Uhr.
„Willst du sonst noch was machen? Einen Film schauen oder so etwas?“, frage ich gähnend als wir bei mir im Flur stehen. Ich habe ihn noch hereingebeten, wieso auch immer.
„Wieso bist du heute eigentlich so gesprächig und nett?“, antwortet er schmunzelnd.
Ja wieso eigentlich?
„Ich habe ein Herz für Köter wie dich.“, gebe ich zurück und zucke mit den Schultern.
Darius zieht die Augenbrauen hoch und brummte leise. „Erst gibst du mir Spitznamen und jetzt bezeichnest du mich als Köter, beste Voraussetzungen für eine gut funktionierende Freundschaft, findest du nicht auch?“ Seine Lippen verziehen sich dann doch zu einem kleinem Lächeln.
„Hast du hier irgendetwas was dir sehr am Herzen liegt?“, fragt er dann und wechselt mal wieder total unerwartet das Thema.
„Äh, wie jetzt?“ Ich bin irgendwie verwirrt. Er verwirrt mich. Er ist so offen, hinterfragt vieles und ist Meister darin, seine Neugier hinter geschickt gewählten Wörtern zu verstecken.
„Ja, gibts hier irgendetwas ohne was du nicht leben könntest?“ Er lehnt im Türrahmen zu Küche und verschränkt seine Arme lächelnd vor der Brust.
„Den Kühlschrank? Den Stromkasten?..Keine Ahnung?“ Ich lächle unsicher.
„Luce, ich meine etwas was dir sehr am Herzen liegt.“ Ich überlege kurz und sage dann.
„Mein Musikzimmer. Aber das war auch schon alles.“ Worauf will er hinaus?
„Zeigst du es mir?“, fragt er immer noch lächelnd.
Ich frage mich, ob er es irgendwie lernen musste, so zu lächeln. Das erinnert mich immer an die Promis die mir in diversen Zeitschriften beim Frauenarzt im Wartezimmer immer süffisant entgegen lächeln.

Mir ist nicht wohl dabei ihm diesen Raum zu zeigen, da es wirklich das Potenzial dazu hat mein Heiligstes zu sein.
Trotzdem habe ich eingewilligt und laufe gerade mit ihm im Schlepptau die Treppe zum Keller hinunter.
„Ein Keller? Willst du mich hier abstechen?“ Er lachte laut.
Ich grinse fies und beginne mit einer verstörenden Tonlage in der Stimme. „Hier wird dich niemand hören, Darius. Keiner wird deine Schreie hören... Wenn du überhaupt noch die kraft dazu besitzen wirst..“
Er bleibt wie angewurzelt stehen und sieht mich verstört an. Hab ich ihn jetzt ernsthaft Angst eingejagt oder was?
„Was ist?“, frage ich.
„Du, Du hast mich Darius genannt.“ Er grinst mich an und ich muss bitter feststellen, dass mein Image als gefühlskalter Stein langsam zu bröckeln beginnen muss.
„Bild dir nichts drauf ein, Babsi.“ Ich verdrehe die Augen und gehe weiter.

Ich schalte das Licht ein und mache Darius Platz, sodass er eintreten kann.
„Du magst Musik oder?“ Nein, echt? Mögen ist die Untertreibung des Jahrhunderts.
Ich nicke trotzdem und setze mich auf die Couch.
„Siehst du, das ist doch schon mal etwas. Vielleicht findest du ja in der Musik dein Glück. Kannst du die ganzen Instrumente spielen?“ Ich nicke nur.
Er geht zu meiner Akustikgitarre und bringt sie zu mir.
Er setzt sich neben mich. „Magst du mir etwas vorspielen?“ Ich glaube ich sollte langsam eine Strichliste führen. Immer wenn er lächelt einen Strich. Oder noch besser, immer wenn er es nicht tut, dann wäre die Liste übersichtlicher.
Ich nehme die Gitarre entgegen. „Was möchtest du hören?“
„Überasch mich.“ Er sieht mich erwartungsvoll an und ich beginne einfach ein Lied zu spielen.
Während ich spiele schaut mich Darius lächelnd an. Irgendwie macht es auch Spaß ihm etwas vorzuspielen. Das habe ich lange nicht getan.
„Das ist I see Fire . Der Song ist gut.“, meint er als ich aufhöre zu spielen.
Da hat er Recht. Obwohl, der Song ist nicht nur gut, sondern verdammt gut.
„Ok, pass auf. Wir machen ein Quiz daraus. Ich spiele und du sagst mir welches Lied es ist , OK?“
Das habe ich am Anfang immer mir Stevie gemacht. Er war gut, aber ich bin besser.
Darius nickt und fordert mich auf das nächste Lied zu spielen.
Ich beginne wieder zu spielen.
„A Tout Le Monde - Megadeth“ Dabei schnippt er mit seiner rechten Hand und zeigt dann auf mich.Wow nicht schlecht. Es ist einfach der hammer, wie er sich freut. Ich muss loslachen, beginne dann aber mit dem nächsten Song. Etwas schwerer.
Nach einer Weile meint er dann. „Hammerfall – Glory to the Brave. Ganz einfach.“ Er zwinkert mir zu.
„Ok, selber Musikgeschmack wie Stevie. Aber du ähnelst ihm nicht nur in dieser Hinsicht.“, stell ich fest. „Das ist mir heute ziemlich aufgefallen. Ich habe mich gefühlt, als sitze ich neben einer älteren Ausgabe von ihm.“, fahre ich fort.
„Du verhältst dich wie Stevie damals als wir uns noch nicht lange kannten. Mit dir kann ich irgendwie lachen und ich kann dir alles erzählen. Du bist genauso offen wie Stevie, nur irgendwie hast du mehr im Hirn. Sag ihm das aber nicht, sonst ist er wieder 10 Jahre im angepisst-Modus des Todes.“ Und dann lacht Darius. Wieso verstehe ich nicht. Er lacht laut und melodisch und ich fühle mich hilflos. Ich hasse es ausgelacht zu werden, wenn ich mal nette Sachen zu Jemandem sage.
„Hey, wieso lachst du? Hör auf mich auszulachen.“, fauche ich.
Er stoppt abrupt und lächelt mich entschuldigend an. „Sorry, nur das war gerade total komisch und irgendwie süß, wie du ein offensichtliches Kompliment so in einem Satz einbauen kannst, dass man es glatt überhören könnte.“
Er scheint zu sehen wie es in meinem Kopf rattert.
„Ja du meintest, dass ich wie Steve bin. Eindeutig kein Kompliment. Dann das du mir alles erzählen kannst, das ich offen bin, ein eindeutiges Kompliment, und dann fängst du plötzlich davon an das Steve dumm ist und ich ihm ja nichts davon erzählen soll. Ich finde das irgendwie süß und deswegen musste ich lachen.“, meinte er grinsend. Süß, das Wort geht durch meinen Kopf und weckt das Monster in mir, dass bis jetzt jeden vergrault hat, der sich mir bis auf einen Meter genähert hat.
„Süß? Welpen sind süß, Mäuse sind süß, Babys sind süß, aber ich..“ Ich zeige bin dem Daumen auf mich und fahre ungewollt etwas lauter weiter. „....BIN NICHT Süß!“ Er zieht eine Augenbraue hoch.
„Meine Fresse, Babsi. Ich bin keins von den aufgezählten Dingen und...“
„Süß ist ein Kompliment weißt du? Warum bist du so garstig? Du hast doch keinen Grund dazu und wenn du meinst mich so vergraulen zu müssen, das klappt nicht.“, meint er gelassen.
Und obwohl ich ihn für nichts und wieder nichts so angefahren habe, sitzt er vor mir und lächelt mich an. Und obwohl dieser Umstand mich noch saurer hätte machen müssen, sitze ich jetzt vor ihm und beruhige mich wieder und verstehe die Welt nicht mehr. Was ist nur los?
„Tut mir Leid. Die Bezeichnung süß lässt mich nur schwach dastehen. Ich will nicht schwach sein.“, meine ich nachdem sich meine Wut wieder auf dem Nullpunkt befindet.
„Das hat doch nichts mit Schwäche zu tun. Du bist das stärkste Mädel das ich jemals getroffen habe und würde ich dich jetzt nicht etwas besser kennen, hätte ich Schiss vor dir.“ Den letzten Teil des Satzes schmunzelt er nur. "Jetzt ohne Scheiß, Luce." Ich schlage ihn auf den Arm, aber ich verspüre keine Wut in mir.
„Danke das bedeutet mir viel, wenn man das zu mir sagt.“ Und ohne es zu merken, umarme ich Darius einfach. Ich weiß selbst nicht genau wieso. Vielleicht liegt es an den Umständen, dass ich unwillkürlich an meine Mam denken muss, oder daran das ich Müde bin oder ich endlich wieder Jemanden gefunden habe, dem ich mich anvertrauen kann. Ich weiß es nicht. Es ist mir auch schlichtweg einfach egal.
Der letzte Mensch, der irgendwann mal in der Vergangenheit sagte, dass ich stark sei, war eben meine Mum.



Hi :)
Würde mich sehr über Kritik und andere Kommentare freuen :>





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