Erinnerungen am Wasserfall - Teil 13

Autor: dreamy
veröffentlicht am: 18.08.2014


Das ist dann der letzte Teil. :)

Dann kam der Morgen, an dem ich anders aufstand als sonst. Normalerweise ging ich die Sache gemütlich an, doch heute war ja die Abschlussfeier. Auch wenn sie erst abends war, so traf man gleich am Morgen einige Vorbereitungen. Ich checkte meine Kleidung, untersuchte mein Gesicht und ging dann nach unten. Selbstverständlich für meine Mutter war das aufwendige Frühstück. Ich wollte den ganzen Tag keine Hektik haben, es reichte schon, dass die Organisatoren dieser Feier genug zu tun hatten. Nach dem Frühstück ging ich wieder in mein Zimmer. Irgendwann wollte ich dennoch nach unten, man hatte komischerweise die Zeit davor nicht viel zu tun, wenn etwas anstand, abgesehen von den üblichen Sachen. Meine Mutter war mit ihren eigenen Sachen beschäftigt, wollte mir dann aber etwas sagen.
„Hast du dich schon um alles gekümmert?“
Ich beobachtete das Geschehen um mich und antwortete gelassen.
„Ja, viel muss man nicht machen.“
„Achso. Übrigens hab ich erfahren, dass Timo ganz schön beschäftigt ist in letzter Zeit. So viel freie Zeit wie du hat wohl nicht jeder. Wie wärs, wenn ich mich mal umhöre, ob sich ein paar Gelegenheiten anbieten, bei denen du mitmachen könntest?“
Ich fragte mich echt, wo sie so etwas mitbekam. Aber ich hatte kein Interesse daran, mich noch irgendwo anzumelden.
„Nein danke, ich hab schon einiges vor.“
„Wie du meinst. Willst du heute noch weggehen?“
Wollte ich nicht.
„Nein, ich verkriech mich wieder, du kannst mich ja rufen, wenn wir gehen.“
Sie lächelte und widmete sich wieder ihrer Arbeit.
Als erstes ging mein Griff zum Telefon, das schon klingelte.
„Hallo.“
„Hey, ich bins.“
Ich erkannte gleich ihre Stimme.
„Hey Elli, was gibs?“
„Ich muss dir was erzählen. Ich hab einen Nebenjob ergattert.“
Das kam unerwartet.
„Glückwunsch, wie kams dazu?“
„Ein Bekannter hat mich gefragt und ich hab mich so gefreut. Das war so eine Chance für mich.“
Ich freute mich ebenso für sie. Doch dann fiel mir etwas ein.
„Sag mal, was wird dann aus unseren Reisen?“
Ich hatte schon befürchtet, sie hätte mich ganz aus der Sache rausgehalten.
„Ich weiß, ich werde versuchen, mir Zeit für dich zu nehmen, du wirst mich nicht so schnell los.“
Ich gab mich also geschlagen und schließlich hatte ich Vertrauen zu ihr. Ich legte dann auf und der Abend kam auch irgendwann.
Nachdem wir gemeinsam zum Veranstaltungsort fuhren, machte ich mich auf die Suche nach einem Plätzchen, an dem ich mich aufhalten konnte. Ich trug ein hautfarbenes Kleid, das trägerlos und dezent war. Dazu ein passendes Jäckchen und Schuhe. Meine Haare hatte ich locker zusammengebunden und ein paar Löckchen eingedreht. Ich lief dann in Richtung meine Familie. Alle hatten sich rausgeputzt, meine Mutter, mein Vater. Und Elli, die neben ihnen stand, sah genauso gut aus.
„Ist echt gut gefüllt hier. Bestimmt fangen sie bald an.“
„Ja, am Büfett ist auch schon was los.“
Sie drehte sich gleich um und machte ein besorgtes Gesicht.
„Dann hol ich mir gleich mal was.“
Ich ging dann zu meinen Eltern und wartete, bis jemand anfing. Jedoch hielt ich es nicht lange aus und wollte ein wenig frische Luft holen. Draußen war der Platz leer. Das nutzte ich aus und setzte mich auf die Stufen. Es war gar nicht mal so kalt. Man hörte die Musik von drinnen und einige Gespräche. Ich wusste selbst nicht, warum ich diese kurze Pause brauchte, das alles machte mich so nervös. Ich war einfach unzufrieden damit, dass ich über die Stimmung nicht lachen konnte. Wahrscheinlich war da noch irgendetwas anderes. Ich wollte bei meiner Familie und meinen Freunden sein und die Veranstaltung als etwas positives ansehen. Dann nahm ich etwas in meinem Blickwinkel wahr und nahm meinen Kopf hoch. Zuerst reagierte ich nicht darauf. Erst als die Person näher kam.
„Hey.“
Ich sah ihn an und ärgerte mich wieder über meine wortkarge Person.
„Was, du bist hier?“
Er lachte und ich beobachtete seinen gut geschnittenen Anzug mit edler Krawatte.
„Das lass ich mir doch nicht entgehen. Warum sitzt du eigentlich hier so alleine?“
Erst jetzt merkte ich, dass ich schon eine Weile weg war.
„Ich wollte ein wenig nach draußen, aber jetzt sollte ich doch lieber zurück gehen.“
Ich stand auf und wollte die Tür öffnen.
„Da begleite ich dich aber.“
Drinnen hatte ich Schwierigkeiten meine Eltern zu finden. Bestimmt saßen sie an einem der Tische. Mittlerweile fing auch der Direktor mit seiner Rede an. Ich blieb einfach vor der Bühne stehen und wartete ab. Nachdem er einige Themen aus dem Schuljahr ansprach, überließ er den Auftritt den anderen. Sogleich wurde die Musik wieder eingeschaltet und alle applaudierten. Ich verlor den Überblick und war froh, dass wenigstens Timo bei mir war.
„Sind deine Eltern auch da?“
Obwohl wir ein paar Schwierigkeiten beim Sprechen hatten, blieb in dem Moment nichts anderes übrig.
„Ja, sie müssen irgendwo da hinten sein.“
Ich suchte mit meinen Blicken nach meiner besten Freundin, die ich auch schon seit einer Weile vermisste. Die anderen waren in guter Feierlaune.
„Darf ich um diesen Tanz bitten?“
Sofort widmete ich meine Aufmerksamkeit dem, der einfach so hier auftauchte und vermutlich mir so eine große Freude bereitete, dass ich es nicht erahnen hätte können.
„Klar.“
Timo nahm gekonnt seinen Arm um mich und machte ein paar zur Musik passende Schritte.
„Wie kommst du eigentlich auf solche Ideen?“
Er lächelte mich einfach nur an.
„Was, auf das Tanzen oder dass ich überhaupt deine Gesellschaft bin?“
Ich wollte nicht, dass er sich schlecht fühlen sollte.
„Das Tanzen natürlich. Mein doch nicht, dass ich dich nicht bei mir haben will.“
Ich versuchte erst, mich auf das Tanzen zu konzentrieren, aber dann ließ ich es einfach.
„Muss das denn merkwürdig sein? Ich meine, alle tanzen doch hier. Und es schmeichelt mir, dass du meine Anwesenheit genießt.“
Jetzt leistete er sich aber viel. Aber ich brauchte es gar nicht leugnen, es war auch nichts schlimmes. Er brauchte es gar nicht ins Lächerliche zu ziehen.
„Achso, und du machst dir solche Mühe, nur weil es gut für das Image ist.“
Er ließ sich nicht aus der Fassung bringen.
„Nein, ich beschere dir einen wunderschönen Abend.“
Das war zu viel für mich. Er war auf einmal auf einem ganz anderen Kurs, wie bisher. Ich war nach den letzten Begegnungen vorbereitet. Ich genoss diesen Tanz und er schien mir so lang. Meine Füße taten fast automatisch, das was sie tun sollten. Ich spürte die Wärme, die von Timo ausging und ich wollte nicht, dass er mich losließ. Nach all dem, wollte ich diesen Moment auskosten. Dann kam er näher und flüsterte mir etwas zu. Ich versuchte es zu verstehen.
„Wie wärs, wenn wir ein bisschen abseits gehen?“
Obwohl ich die anderen kaum wahrnahm, wollte ich mit ihm allein sein.
„Ja.“
Er führte mich ein wenig außerhalb, ließ aber nicht vom tanzen ab.
„Gefällts dir hier?“
Er schaute sich ein wenig um.
„Ja, ist schön hier.“
„Du bist ein guter Tänzer.“
Er schaute nun ernster.
„Wollen wir übers tanzen reden?“
Ich fühlte mich überrannt, vom von seinem Ausdruck.
„Nein.“
„Gut, ich hatte in letzter Zeit nicht viel Zeit. Du bist eine entscheidende Rolle bei etwas geworden. Du hast mich mit deiner Lebensweise fasziniert und ich wollte mir mehr Zeit für wichtigere Dinge nehmen.“
Ich hörte ihm zu und hatte auch nicht das Bedürfnis ihn zu unterbrechen.
Doch er verstummte. Er streichelte irgendwann über den Rücken. Ich spürte den leichten Druck und ich hätte mich am liebsten bedankt. Für alles, dass er da ist, dass er mich aufmuntert.
„Es ist schon in Ordnung, wenn man sich für seine Arbeit anstrengt. Man kann sich nicht immer auf die faule Haut legen.“
„Ich muss dir noch etwas erklären. Aber das hat noch Zeit.“
Ich mochte den Klang seiner Stimme. Ich schaute ihn direkt an, in seine Augen. Sofort breitete sich ein Gefühl aus, welches mich verweilen ließ. Er lächelte. Dann kam er näher und mein Herz pochte wild. In mir löste sich einiges und kribbelte. Als ich seinen Atem spürte, schloss ich die Augen. Dann berührten seine Lippen endlich meine. Ich fühlte mich am Ziel, als hätte sich alles von selbst gelöst. Er behielt seinen Mund auf meinen, begann dann ihn zu öffnen und mich zu küssen. Ich wusste zwar nicht, wie ich es tat, aber ich erwiderte es. Irgendwann wurde er schneller, aber es war nicht stürmisch. Ich war ihm so nah, so verbunden mit ihm. Seine Hände hielten mich fest und ich wollte nicht, dass sie mich losließen. Er ließ aber dann seine Lippen von meinen ab und schaute mich wieder an. Ich war ihm immer noch so nah und brauchte einen Moment um wieder richtig sprechen zu können. Und dann lachte er. Einfach so, ich erkannte ihn nicht wieder.
„Mit dir möchte ich noch einiges erleben. Ich hab noch nie so etwas wie bei dir gefühlt.“
Ich schloss mich ihm an.
„Egal was, ich bin auf jeden Fall dabei.“
Wir waren noch ziemlich lange am Reden. Ich brauchte die Zeit mit ihm. Irgendwann sind wir dann wieder reingegangen. Ich erblickte gleich meine Eltern und ging mit Timo gemeinsam zu ihnen. Sie grüßten sich und mein Vater wandte sich zu mir.
„Hast du einen guten Abend?“
Es war eigentlich viel besser, als ich es eigentlich kannte.
„Ja, es ist alles gut.“
Auch Elli wollte mit mir reden. Sie nahm mich zur Seite.
„Ich hätte nicht erwartet, dass Timo auch kommt. Was habt ihr denn gemacht?“
„Ich erklär dir alles später.“
Sie lächelte und ließ mich dann wieder zu meinen Eltern. Mit ihnen wollte ich auch noch etwas bereden.
„Ich wollte noch etwas loswerden.“
Meine Mutter nahm mich in den Arm.
„Was ist denn?“
„Timo und ich haben vorhin etwas ausgemacht.“
Sie schaute etwas komisch.
„Achso, erzähl mal.“
Ich wusste, dass ich jetzt ich alles anpacken sollte, was ich mir vornahm. Meine Mutter hatte mir so oft geholfen und ich musste langsam mehr Verantwortung übernehmen.
„Du weißt, ich wollte ins Ausland. Ich wollte schon sehr bald anfangen das zu konkretisieren. Timo hat ähnliche Pläne und da kam er auf die Idee, dass wir gemeinsam fahren könnten. Das würde vieles einfacher machen, ich wäre nicht alleine. Vor allem habe ich gemerkt, das ich so weit bin.“
Meine Mutter behandelte mich immer noch so fürsorglich. Es kam zwar etwas schnell, aber mit ihr konnte man reden.
„Ich bin mir sicher, dass du weißt, was du tust. Und Timo ist ein prima Junge. Wenn du mir verspricht, dich oft zu melden, hab ich nichts dagegen.“
Ich hatte keine Bedenken mehr, was ich mit meiner Zeit anfangen sollte. Und im Ausland erwartet mich so viel, da möchte ich nicht darauf verzichten. Meine Eltern wollten mich immer unterstützen und das können sie auch immer noch. Ich wusste, dass etwas anfing, was vieles verändern würde. Timo stand an meiner Seite und ich freute mich schon auf die Zeit mit ihm. Es ist bestimmt nicht leicht, wenn Eltern ihre Tochter einem Jungen anvertrauen. Aber sie kannten sich schon so lange und das erleichterte einiges. Ich hielt mich noch abwechselnd mit Elli und meinen Eltern auf. Mit Timo verbrachte ich so ziemlich die Feier. Wir machten wir noch bei einigen Programmpunkten mit und hatten sichtlich Freude. Einige würden mir wahrscheinlich fehlen, aber so ist das bei Abschieden. Ich würde bestimmt oft ein paar Tage zuhause verbringen. Aber ich war einfach überglücklich. Die letzten Tage, die Abschlussfeier. Man sollte sich nicht so leicht herunterziehen lassen, das habe ich begriffen. Wir blieben noch lange und ich war froh, Menschen um mich zu haben, die ich meine Familie nannte.






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