Erinnerungen am Wasserfall - Teil 8

Autor: dreamy
veröffentlicht am: 01.07.2014


Mit schlürfenden Schritten machte ich mich auf dem Weg zur Bushaltestelle. Mittlerweile war es wärmer geworden und die Sonne schien. Im Bushäuschen setzte ich mich hin und schaute auf mein Handydisplay. Es war bereits kurz nach 14 Uhr. Dann empfang ich plötzlich eine Nachricht.
„Sorry, wird doch später. Muss noch mein Zimmer aufräumen. Fahr du vor, ich komm dann nach. Kuss Elli.“
Na toll. Zeit zum aufregen hatte ich dann aber nicht mehr, da schon der Bus kam. Also stieg ich ein. Auf der Fahrt sah ich mir die Landschaft an, die blühte und sprießte. Hoffentlich bleibt das Wetter die nächste Zeit so. Dann erreichte der Bus die vorletzte Haltestelle und ich stieg aus. Auf den Weg machte ich mir doch Sorgen, ob sie wirklich da waren. Zwar hatte Tine mir versichert, die ganze Woche da zu sein, aber man kann ja nie wissen. An der Tür klingelte ich. Nach einem kurzen Moment des nervösen Wartens, machte jemand die Haustüre auf. Neben einem Lächeln versuchte Timo Shacky in Schach zu halten. Dann ließ er ihn aber los und der Hund sprang an mir hoch. Ich streichelte ihm übers Fell und blickte dann zu Timo.
„Hey, schön, dass du vorbeischaust.“
„Hallo, ja.. ehm, Elli kommt noch nach, sie hatte noch was zu erledigen.“
Timo schob eine Augenbraue hoch und wirkte ein wenig überrascht.
„Achso, geht es um den Ausflug?“
„Ja, genau. Solange du noch Lust darauf hast.“
Er lächelte mich an und schickte seinen Hund wieder rein.
„Klar, hab ich noch Lust. Ist mal Abwechslung in der freien Zeit. Komm doch erst mal rein.“
Ich folgte ihm und setzte mich im Wohnzimmer auf die Couch. Währendessen ging er in die Küche und holte uns was zum trinken.
„Sind deine Eltern nicht zuhause?“
„Meine Mum ist in der Waschküche und mein Dad unterwegs.“
Er stellte drei Gläser auf den Tisch und goss in zwei Mineralwasser ein.
„Danke“, sagte ich und nahm mir eins.
„Was meintest du vorhin mit freier Zeit? Ich weiß eigentlich gar nicht, was du im Moment machst.“
Timo setzte mich neben mich.
„Momentan mache ich ein Praktikum bei einem Verein, der Jugendreisen organisiert. Aber das ist nur übergangsweise. Später möchte ich ins Ausland und jetzt hab ich eine Weile frei.“
Das weckte mein Interesse. Es war mir plötzlich klar, dass ich so viel von seinem Leben nicht wusste.
Er blickte mich an.
„Und was machst du?“
„Irgendwann ins Ausland reisen und arbeiten. Nur mache ich momentan nichts…“
Diese Frage machte mich verlegen. Als ich hätte ich kein Plan.
„Dann haben wir ja beide dieselben Ziele.“, meinte Timo.
Ich lächelte und stimmte ihm zu. Dann hörte ich Schritte. Kurz danach kam Tine ins Wohnzimmer.
„Ach, hallo Selina. Ich wusste doch, dass ich jemanden klingeln gehört habe.“
Ich begrüßte sie ebenfalls, doch dann wurden wir durch erneutes Klingeln gestört. Das musste Elli sein.
Tine machte ihr auf.
„Ellischätzchen. Hab ich dich schon lange nicht mehr gesehen. Lass dich mal drücken.“
Dann kamen beide zu uns.
„Freut mich, dass ihr uns besuchen kommt. Selina, wie geht’s denn deiner Mutter?“
„Gut, sie lässt euch alle grüßen.“
„Das freut mich, danke.“
Sie erkundigte sich auch bei Elli und bot ihr gleich das Wasser, das auf dem Tisch stand, an.
„Danke, ich nehm mir gleich was. Und Timo, dich hab ich noch nicht gegrüßt.“
Dieser stand sogleich auf und umarte Elli. Das alles kam mir vor, wie ein Klassentreffen.
Tine holte noch ein paar Snacks und wir entschlossen uns in den Garten zu gehen. Nachdem wir uns auf ein paar Liegen setzten und ein wenig plauderten, fingen wir mit dem eigentlichen Thema an.
„Also wir hätten schon mal ein Zelt. Wie sieht es bei euch aus?“, fragte Elli.
„Ich hätte auch eins.“, antwortete Timo.
„Gut, dann hätten wir das schon mal geklärt. Es sei denn, du hast kein Bock mit meinem Bruder in einem Zelt zu schlafen?“ Erwartungsvoll schaute sie Timo an.
„Nein ist kein Problem.“
Darüber war ich erleichtert, denn ich selber hatte keins.
„Und Werkzeug und alles drum und dran? Wie hat ihr euch das vorgestellt, wisst ihr schon einen Platz?“, wollte dann Timo wissen.
„Ich denke, für jeden würde ein Taschenmesser reichen und dann schauen wir mal was wir sonst noch finden. Und wegen dem Platz, haben wir uns gedacht, in einem kleinen Wäldchen hier irgendwo in der Nähe zu campen.“
Ich hoffte, dass er einen Werkzeugkoffer besaß, denn erstens hatte ich keinen Plan davon und zweitens, konnte ich ohne die Einwilligung meines Vaters nichts aus dem Keller holen, dass in seinem Besitz stand.
„Ja, da lässt sich bestimmt noch was finden. Und in den kleinen Wäldchen gibt es auch Campingplätze. Also ist die Gefahr, von einem Bären attackiert zu werden, nicht so groß.“
Timo amüsierte sich köstlich, während Elli die Augen verdrehte.
„Ja sehr lustig, dich will ich mal erleben, wenn undefinierbare Gestalten sich deinem Zelt nähern.“, erwähnte ich.
„Ist schon gut. Jetzt noch wegen Essen, wenn auch frisch nicht geht, müssen wir ja trotzdem nicht zu Konserven greifen. Ich könnte Grillzeug mitnehmen.“
Die Idee fanden wir gut. Nach dem wir noch einige andere Sachen klärten und auch schon das ungefähre Datum, gingen wir noch ins Haus und aßen eine Kleinigkeit. Dann gegen 16 Uhr verabschiedeten wir uns. Am Tor erkundigte sich Timo noch nach Paul.
„Der hat ja noch Schule und nicht so viel Zeit, nachmittags hierher zu kommen.“, gab ihm Elli zu Antwort.
Danach liefen wir zur Bushaltestelle.
Dieser Nachmittag war wenigstens etwas informativ und die nächsten Tage schrieben wir noch hin und her um alles abzuklären. Dann war es endlich so weit. An einem bewölkten Vormittag machte ich mich mit Reisegepäck nach draußen. Meine Mutter begleitete mich noch zum Tor und verabschiedete sich dann. Mir wurde etwas mulmig, so ganz ohne Eltern im Wald zu nächtigen, deswegen konnte ich meine Mutter verstehen. Auf dem Gehweg sah ich schon Elli mir entgegen kommen und mein ungutes Gefühl verschwand und Vorfreude kam auf. Sie trug wie ich einen Rucksack bei sich und außerdem die Zelttasche. Kurz darauf erschien ihr Bruder Paul mit einer Kühltasche. Ich grüßte beide und schaute dann auf die Uhr. Timo müsste gleich mit dem Bus ankommen. Er konnte noch Werkzeug auftreiben, jeder ein wenig Proviant einpacken und um einen Zeltplatz hatten wir uns auch gekümmert. Das Wetter schien auch gut zu werden. Dann erschien auch endlich der letzte. Ein wenig müde rückte Timo seinen Rucksack nochmals zurecht und brachte ein kurzes „Hi“ heraus. Der Arme musste bei den Renovierungsarbeiten helfen und jetzt noch den Stress mit dem Zelten auf sich nehmen.
„Also dann können wir ja losfahren oder?“, meinte Elli.
„Ja gehen wir.“, gab ich zur Antwort.
Wir fuhren mit dem Bus etwas auswärts, wo der nahegelegene Wald anfängt. Von dort aus konnten wir bequem zum Zeltplatz gehen. Im Wald war es etwas kühler, was uns gerade gelegen kam. Timo ging schon zur Anmeldestelle, während ich mich umschaute. Weit hinein konnte man nicht sehen. Da muss man sich gut auskennen, wenn man sich dort zurechtfinden möchte. Nach einer Plauderei mit der Dame an der Anmeldestelle kam Timo wieder zu uns. Er hatte eine Karte und die Platzordnung dabei.
„Unsere Stelle ist ein wenig am Rand.“, meinte er.
Dann machten wir uns also auf dem Weg. Anfangs dachte ich es würde ungefähr 10 Minuten dauern, aber der Weg dorthin wurde zu einer kleinen Wanderung. Da ich das nicht mitgeplant habe, wurde ich ungemüdlich. Ein wenig mehr Info hätte echt nicht geschadet. Die anderen liefen währenddessen unbeirrt weiter. Dann endlich, kamen wir an einer Lichtung an. Der Platz war hell und ruhig und meine Laune besserte sich. Ich konnte endlich meinen Rucksack abstellen und mich ins Gras setzen. Elli machte sich schon ans Zelt aufbauen.
„Je schneller wir das hinter uns haben, desto eher können wir essen.“
Nicht mal einen Ausflug haben wir gemacht und schon jetzt mussten wir ans essen denken. Elli kam ziemlich schnell voran und ihr Bruder half ihr beim Platz außenrum. Timo war auch schon fast fertig. Ich kam nach einer Weile Entspannung zu dem Entschluss ein wenig die Gegend zu erkunden. Als ich schon auf dem Weg war, kam noch Elli nach.
„Ich denke, du solltest nicht alleine gehen.“
Also liefen wir zu zweit ein wenig den Wald hinunter. Bis auf ein paar Kleintiere haben wir nichts weiter beobachtet und nachdem wir enttäuschender Weise keine Beeren gefunden haben, gingen wir wieder zurück. Von weitem konnten wir schon Essen riechen.
„Da sind die Damen ja wieder.“, meinte Paul.
Ich war verblüfft über die Motivation von den Jungs, wenn jetzt schon das Abendessen auf dem Tisch stand. Oder auf dem Pappteller.
„Und habt ihr irgendwas entdecken können?“, wollte er weiter wissen.
„Ne du, bis jetzt alles ruhig.“ gab ihm seine Schwester zur Antwort.
„Was sollen wir denn heute Abend machen?“, fragte Timo.
Guter Einwand. Ein kleiner Ausflug wäre genau das richtige.
„Ich denke, Nachtwanderung ist ein bisschen früh, wir kennen die Gegend noch nicht gut.“
„Wir können ja einfach hier in der Nähe uns ein Plätzchen suchen und eine Weile rumhängen. Für irgendetwas Großes bin ich noch zu müde.“, gab ich zur Antwort.
„Du hast doch noch nicht viel gemacht.“ Timo grinste mich an.
Ich blickte zu Elli.
„Also ich will auch nicht wandern gehen. Vielleicht morgen.“
Paul legte sich auf dem Rücken und seufzte.
„Ich dachte, das soll mal was anderes werden.“
Die ruhige Gegend ließ uns zu dem Entschluss kommen, erst mal auf zu essen und zu entspannen. Etwas später rollte ich meinen Schlafsack aus und kramte in meiner Tasche. Vielleicht hätten wir uns doch mehr Gedanken über das alles machen sollen. Jetzt so spontan kommt dann doch nichts zustande. Mit einer Knabberstangentüte kam ich wieder aus dem Zelt.
„Also sollen wir ein wenig rumlaufen?“
Timo schaute mich ein wenig schief an, während er seitlich neben einem Stein lag. Paul kam hinter dem Zelt hervor und war mehr begeistert.
„Aber schnell, bevor ich hier einpenne.“
Elli hakte sich bei mir ein und auch Timo konnte sich dazu bewegen uns zu folgen.
Außer uns schien niemand mehr im Wald zu sein. Ich wusste nicht, ob das was gutes war. Nach etwa einer halben Stunde, entdeckten wir eine Blumenwiese. Sowas kannte ich noch nicht, die Blumen waren viel größer und der Duft war köstlich. Sofort setzte ich mich hin und deutlich zu machen, dass dieser Platz für meine Laune genau richtig war. Elli setzte sich neben mich und fand diesen Ort auch sichtlich schön. Timo setzte sich uns gegenüber.
„Also erzählt mal. Was habt ihr die letzten Jahre so gemacht?“
Ich war verblüfft.
„Was willst du denn wissen?“
„Ich weiß nicht, wie waren eure Ferien sonst so?“
Schon wieder kam mir die Situation so komisch vor. Wir haben uns so lange nicht mehr gesehen.
„Entweder waren wir im Urlaub oder Städtereisen. Willst du alles genau wissen?“
Ich hatte echt keine Ahnung, was ich ihm erzählen sollte. Viel mehr wollte ich wissen, was er in letzter Zeit so getrieben hat.
Timo lehnte sich zurück.
„Na gut, wir können auch über etwas anderes reden.“
„Ich möchte jetzt viel lieber wissen, was wir heute essen.“, sagte Elli.
Ich lehnte mich an ihr an.
„Das sehen wir ja dann, jetzt entspann dich doch.“
Sie stand auf und lief zu ihrem Bruder. Dieser saß auf einem Baumstumpf. Nach ein paar Metern rumlaufen begutachtete sie eine dunkelrote Blume, die es ihr anscheinend angetan hat.
Plötzlich merkte ich, wie es langsam dunkel wurde.
„Hey, hast du mal was anderes gemacht, außer Fußball?“
Nachdem Timo merkte, dass ich ihn meinte setzte er sich aufrecht hin.
„Ne, war auch ehrlich gesagt keine Zeit dafür. Ich war so mit der Schule beschäftigt und Fußball hat mich genug begeistert.“
Ich dachte über meine Sportstunden in der Schule nach. Ballspiele und allgemein alles dort, hat mir gefallen. Umso mehr überrascht es mich, dass ich jetzt so unfähig bin, mich zu bewegen. Also stand ich auf.
„Gehen wir wieder zurück.“






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