Vielleicht war es nur Zufall oder doch das Schicksal?

Autor: lovestruck
veröffentlicht am: 11.05.2013


“Papa, pass auf!”, warnte ich meinem Vater, der fast meinen Umzugskarton fallen gelassen hat. Zum Glück reagierte mein Bruder rechtzeitig und hielt den Karton an der anderen Kartonecke fest. Puh, das war aber knapp! Schließlich befanden sich in dem Karton meine Deko-Vasen und andere Dekorationsstücke, die für meine neue Wohnung gedacht waren. Wir befanden uns mitten im Umzug.

Mein neues Zuhause wartete schon seit einigen Wochen auf mich, jedoch hatte ich bisher noch nicht die Gelegenheit gehabt, um endlich dort einzuziehen. Ich hatte viel um die Ohren gehabt und musste mich zunächst einmal um meine Uni kümmern. Da ich nun einen ganzen Monat Semesterferien hatte, schnappte ich mir die Gelegenheit und kümmerte mich um meine eigene Wohnung. Der Gedanke, die Wohnung mit einer anderen Mitbewohnerin zu teilen, war mir unangenehm. Ich bestand auf meine Privatsphäre, deshalb entschloss ich alleine zu wohnen. Die letzten drei Wochenenden verbrachte ich damit meine Wohnung anzustreichen, zu tapezieren und zu dekorieren.

Letzte Woche bekam ich von meiner Freundin Cemre, die mit mir die Uni besuchte, mit, dass ihr Vater einen neuen Kellner in seiner kleinen Bar brauchte. Da meine Wohnung zu kostspielig war, wollte ich meinen Eltern mit einem kleinen Nebenjob unterstützten, schließlich konnte ich nicht immer mich finanziell auf sie stützen, jedoch waren sie absolut dagegen. Ich beschloss die Bar, ohne dass es meine Eltern Bescheid zu geben, zu besuchen und unterhielt mich mit Cemre’s Vater, ich kam ihm sofort sympathisch vor, stellte mich sofort ein und erklärte mir, dass ich erst in zwei Wochen mit der Arbeit anfangen könnte, also genauer gesagt nur noch in einer Woche. Mein Vater war von dieser Entscheidung nicht allzu sehr beeindruckt, „Kizim, wie willst du arbeiten und studieren gleichzeitig? Reicht dir dein Geld was wir dir zur Verfügung stellen nicht aus?“, fragte mich mein Vater mit einer wütender Stimme, „Vater, außer mich gibt es noch Gamze und Berk. Ihr habt schon so vieles für mich getan, lasst mich doch, so dass ich euch zumindest etwas entlaste.“ „Asli! Du bist keine Last für uns, wir sind deine Eltern und es ist unsere Pflicht, dich zu unterstützen!“


Nach einer langen Diskussion gab er endgültig auf, denn er konnte sich nicht gegen mich durchsetzen. Er wusste, dass er damit mich unglücklich machen würde, und dass sowohl auch hieß, dass er auch unglücklich sein würde und dass wollte er nicht. Dafür war ich ihm viel zu viel wichtig.

Ich bin die Älteste unter meinen zwei Geschwistern, mein Bruder Berk ist 13, sieben Jahre jünger als ich und meine zickige Schwester Gamze wurde letztens 15. Da ich die Älteste bin, habe ich meistens die volle Verantwortung und bin der Liebling von meinem Vater.

Seit genau sechs Monaten besuche ich die Kölner Universität, davor hatte ich mein Abitur absolviert und bevor ich die Wohnung gefunden hatte, war ich jeden Tag mit dem Zug unterwegs, bis mein Vater mir meinen Traumauto BMW 1er im letzten Monat zum Geburtstag geschenkt hatte. Die Zugfahrt wurde ein Teil zu meinem Leben, aber zum Glück wurde dies nun zur Vergangenheit. Ab heute muss ich nicht mehr jeden verdammten Tag drei Stunden in dem Zug verbringen, sondern kann ganz ruhig mit der Metro oder mit meinem Auto in die wirtschaftliche Fakultät fahren.

\"Asli, komm her und hilf mit, statt wie ein Statue dort zu stehen, schließlich ist es deine Wohnung und nicht meine!\", rief mein Vater mit einer gereizten Stimme und schon befand ich mich wieder in der Realität. Ich lief zurück zum Auto und nahm einen der leichteren, letzten Kartons in die Hand und schleppte diesen mühsam ins Appartement. Das Appartement war riesig -zumindest in meinen Augen. Es hatte sieben Etagen und in der vierten Etage sollte ich nun wohnen, in diesen 55m² würde ich meine nächsten Jahre verbringen. Ob ich mich freute? Und wie! Immerhin stand eine neue Zukunft vor mir... Und das ohne meine Eltern. Nun müsste ich allein auf meinen eigenen Beinen stehen. Nun bin ich reifer geworden. Nun ist endlich die Zeit gekommen für ein neues Leben. Mit diesen Gedanken stieg ich die Treppen hoch und legte den Karton in meinem zukünftigen Zimmer ab.

\"So, das wäre der letzte Karton\", stellte mein Bruder zufrieden und erschöpft fest.

Nachdem ich mir die Wohnung noch mal genau angeschaut hatte, stellte ich selber fest, dass nun meine sieben Kartons in der Wohnung waren.

Wenn man in meine Wohnung eintrat, befand sich auf der rechten Seite das Wohnzimmer, welches schlicht und modern möbliert war. Obwohl ich alleine in der Wohnung wohnen sollte, hatte ich mir einen dreier Sofa und einen Sessel aus Ikea in grau gekauft, die passend zu meinen hellgrünen Tapeten waren. Gegenüber vom Wohnzimmer befand sich meine Küche. Meine Mutter bestand darauf, eine Küche mit den ganzen Aufbewahrungsschränken zu kaufen, obwohl sie wusste, dass ich nicht gut kochen konnte und jedes Mal etwas schief ging, wie zum Beispiel, als sie mir letztens befahl, das Fleisch in der Pfanne aufzubraten, aber ich es vergaß und als ich nach einigen Minuten erst ein Geruch wahrnahm, welches nach etwas verbranntem roch. Natürlich, das Fleisch war verbrannt, dank mir. Mich sollte man keineswegs alleine in der Küche lassen, deshalb hat meine sorgevolle Mutter an allen Türen der Wohnung einen kleinen Notizzettel mit: „Ist der Herd aus?“ hingeklebt.

Durch die Küche konnte man auf den Balkon gelangen, von dort aus, hatte ich einen unbeschreiblichen schönen Ausblick zum Rhein. Das einzige was mich störte war, dass direkt neben meinem Balkon, der Balkon von meinem Nachbar stand, auch wenn man einen Abstand von 0,5m hatte, war mir da zu unwohl, man könnte jederzeit mit einem Sprung in die andere Wohnung gelangen.

Neben der Küche befand sich ein kleines Badezimmer. Okay, so klein war es wiederum auch nicht, denn es war schließlich so groß, sodass ich mir ein Schaumbad gönnen konnte und zusätzlich eine Dusche beinhaltete. Allein der Gedanke ein Schaumbad zu genießen, entspannte mich gerade. Das einzige Zimmer, was übrig blieb, war mein Schlafzimmer. Das Zimmer lag direkt neben dem Wohnzimmer und gegenüber dem Bad. Es war schlicht in Pastell Farben dekoriert und einige weiße Möbel standen in dem Zimmer. Direkt, wenn man in das Zimmer eintrat befand sich auf der rechten Seite mein riesiges Kleiderschrank und mein weiches Bett neben dem Schrank. Allein der Anblick auf mein Bett brachte mich zum Gähnen. Sogar mein Bett wollte, dass ich endlich da drin lag! An der linken Wandseite, hatten wir meinen süßen Schminktisch hingestellt, dabei stand mein Arbeitstisch mit einem kleinen Abstand daneben.


Ich war erstens von der langen Autofahrt und zweitens durch das ganze Treppensteigen erschöpft. Ich wollte nur noch ins Bett, aber in erster Linie stand Essen an, denn mein Magen knurrte schon die ganze Zeit. Mein Bruder lief die Treppen runter und ich folgte ihm, vielleicht gab es noch Kleinigkeiten im Auto, die wir hochzutragen hatten.

„Wir haben alles hochgetragen“, teilte mir meine Mutter mit.

„Okay, dann lasst uns was essen!“, sagte meine Schwester Gamze mit einem großen Lächeln im Gesicht, „Ja! Lasst uns Döner bestellen!“, schlug mein Bruder Berk vor, „Nein Berk! Ich habe ‚Sarma‘ mitgebracht!“, entgegnete meine Mutter.

Der Gesichtsausdruck von meinem Bruder änderte sich abrupt und mein Vater wuschelte ihm die Haare auf dem Kopf „Tu was deine Mutter sagt Berk, sonst bekommst du gar nichts zum Essen!“, sagte er mit einem mürrischem Lachen.

Mein Onkel, der die ganze Zeit beim Karton tragen mitgeholfen hatte, parkte schnell den mittelgroßen Mietwagen auf den Parkplatz, welcher neben dem Apartment befand, ein, und wir liefen alle zusammen hoch in die Wohnung.

Nachdem Essen gesellten sich alle ins Wohnzimmer und ich schlenderte kurz in die Küche, um etwas Trinken zu holen. „Und wie findet ihr meine Wohnung?“, fragte ich meine Eltern, als ich wieder zurück ins Wohnzimmer lief.

Wir unterhielten uns und als es allmählich dunkel draußen wurde, stand meine Familie auf und machten sich langsam auf den Weg nach Hause. Ich begleitete sie mit nach unten und lief mit denen auf den Parkplatz, dort angelangt, verabschiedete ich mich von jedem Familienmitglied, aber mein Vater ließ mich nicht los.
„Asli, du wirst mich jederzeit sofort anrufen, falls etwas nicht gut laufen sollte! Unsere Tür wird für immer dich offen bleiben, egal um welcher Uhrzeit oder Tag, 24 Stunden offen. Und vergiss nicht immer deinen Pfefferspray mitzunehmen, man weiß nie, was für ungeheuerliche Gestalten sich in den Gegenden auftreiben“, wiederholte mein Vater zum zigsten Mal an meinem Ohr.

„Ja, Papa, ich weiß! Nimm das nächste Mal auf, dann musst du dich nicht allzu sehr anstrengen“, sagte ich leicht provozierend und grinste meinen Vater an, „Asli! Ich meine es ernst!“, dabei drückte er mit seiner rechten Hand meine Schulter. „Tamam Mehmet, rahat birak kizi artik“ (Ok Mehmet, lass das Mädchen nun in Ruhe), mischte sich meine Mutter in die Unterhaltung ein. Danke Mama!, sagte ich erleichtert in den Gedanken. Mein Vater lockerte seinen Griff an meiner Schulter und umarmte mich zuletzt einmal ganz fest.

Sie veranstalten sich so, als ob es eine Tragödie sei, aus dem Elternhaus auszuziehen!

Letztendlich stieg meine Familie in unser Mercedes ein und mein Onkel in den Mietwagen, mit denen wir die Kartons und die Möbeln transportiert hatten, ein und fuhren los.

Ich winkte denen zu und es bildeten sich plötzlich einige Tränen in den Augen.

Asli, rief ich zu mir, die sind nicht für immer weg! Schnell wischte ich mir die Tränen mit meinem Handrücken weg und machte ich mich auf den Weg zur meiner Wohnung.

Vor der Haustür blieb ich stehen und kramte nach den Schlüsseln. Falls ich sie irgendwann mal verlieren sollte, hatten meine Eltern die Ersatzschlüsseln und vielleicht sollte ich sie auch für alle Fälle meiner Freundin Cemre geben.

Ich steckte den Schlüssel ins Schlüsselloch, bis die Tür von einem fremden Jungen geöffnet wurde. „Äh – danke“, brachte ich nur heraus und trat ins Treppenhaus ein. Von ihm bekam ich nichts zu hören, was für ein arroganter Kerl, dachte ich mir und lief die Treppen hoch. Nicht mal ein Lächeln zeigte er, was für ein unhöflicher Kerl.








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