Nichts ist für immer. - Teil 2

Autor: IkonowImtrouble
veröffentlicht am: 02.05.2013


Er wacht auf und ich streichel durch seine Haare. „Gut geschlafen?“ „Nirgends besser als hier bei dir, das weißt du. Ich nickte. Er wirkte im Gegensatz zu mir so lebensfroh, so voller Energie, wie es in unserem Alter ja eigentlich normal ist. Aber nicht wenn er mit mir redete. Dann war er liebevoll. Liebevoll und ernst. Ich hatte noch nie so viel für einen Menschen gefühlt wie für ihn. Er nimmt mich auf den Arm und ich lege meinen Kopf auf seine Schulter. „Ich liebe dich.“ , flüstere ich in sein Ohr. Ich finde ich darf das sagen, weil zu wem, wenn nicht zu ihm und wer weiß wie lange ich ihn noch habe. „Ich will dich nie mehr verlieren.“ , sagt er und schaut mich mit seinen großen braunen Augen, umrahmt von den längsten Wimpern die ich je gesehen habe, an. So ruhig, so durchdringlich wie streng aber auch liebevoll, dass mir eine große Träne über die Wange rollt. „Dann stehen die Chancen schlecht!“, erwidere ich und versuche so auszusehen und zu klingen als würde ich lachen. Es gelingt mir nicht, glaube ich. Er lacht nicht. Packt mich an den Schultern, bestimmt aber nicht grob und kommt meinem Gesicht näher. So nah, dass sich unsere Nasen fast berühren. Mindestens fünf Minuten liegen wir so da. Ich genieße seinen Atem auf meinem Gesicht und die Wärme seines Körpers prickelt durch mich hindurch. Mich durchfließt ein starker Strom, als würde ich ein negativer und er ein positiver Magnet sein. Dann küsst er mich. Wieder verstreichen mindestens fünf Minuten bis er sein Gesicht hebt und mir wieder in die Augen sieht. „Lohnt es sich nicht zu leben?“ Ich zeige keinerlei Emotionen und drehe mich weg. Er soll nicht wieder damit anfangen. „Ich werde mich nicht operieren lassen.“ „Aber es ist deine einzige Chance!“, schreit er jetzt fast. „Hat eigentlich jemals einer von euch darüber nachgedacht das ich sterben will?“, gifte ich ihn an. „Ich will nicht mit Medikamenten vollgepumt werden. Ich will nicht mein halbes „Leben“ im Krankenhaus verbringen. Ich will leben und zwar ganz normal. Mit dir. Und wenn es vorbei ist ok! Dann akzeptiere ich das. Dann werde ich sterben, zu Hause. Anders als hier im Krankenhaus. Ich werde gelebt haben! Ich war dann endlich einmal glücklich! Es ist nicht euer Leben, es ist meins.“ Er schluckte. Nahm seine Sachen, drückte mir einen Kuss auf die Stirn und ging. Ohne ein einziges Wort.
Ich brach zusammen, soetwas passiert mir in letzter Zeit viel zu häufig. Ich überlegte zu wenig, bevor ich etwas sagte. Diese extremen Gefühlsausbrüche immer. Sie waren bestimmt eine der Nebenwirkungen von irgendeinem Medkament was ich zur Zeit wieder eingeflößt bekam. Und dann, ganz plötzlich schlief ich ein. Wieder so ein Ausbruch.
Als ich aufwachte saß er schonwieder neben mir. Aber diesmal schlief er zur Abwechslung nicht. Er lächelte mich an. Verdammt, schon wieder so verständnisvoll!“Du schon wieder!“ „Ich hab dir Kafee mitgebracht!“ „Lass mich in Ruhe.“ Ein Wortwechsel, bei dem wir wieder völlig aneinander vorbei redeten. Ich wolte ihn loswerden aber er blieb. Und ich blieb stur. Ich wollte niemanden eingestehen, dass ich Hilfe brauchte oder gar davon abhängig bin. Ich wollte mein Leben selbst in die Hand nehmen.
Er drängte sich nicht auf. Er saß nur am Fenster, trank Kafee und sah nach draußen. Er war doch auch erst 15, wie konnte er schon Kafee trinken? Ich denke er hat nur wegen mir damit angefangen. Damit er länger wach bleiben kann, wenn er bei mir ist, ihm das Warten nicht allzu lang vorkommt, wenn mal wieder etwas mit mir nicht in Ordnung ist, oder um einfach den Kummer herunter zu spülen und zu ertränken. Naja so gesehen ist es ja ein Glück, dass er nur Kafee trinkt.
Mir wurde eigentlich erst jetzt bewusst, was er alles für mich aufgegeben hatte. Er hatte gerade noch genug Zeit für die Schule. Seine Freunde hat er aufgegeben, seine Familie versteht ihn nicht, weil er immer bei mir ist. Ich finde ich sollte mit ihm reden. Obwohl wir ja eigentlich nichts anderes tun als reden. Ich kann ja nicht. Aber ich meine nicht über soetwas belangloses reden, sondern über ihn. Warum er hier bei mir bleibt, wie es ihm eigentlich dabei geht, ob ihm alles zu viel wird. Aber würde ich mich trauen?

Ich traute mich. Es sprudelte einfach so alles aus mir heraus und ich sah ihn fragend an. Er erzählte mir, dass es ihm genauso gegangen ist. Wie sagt man im Französischen? „Un coup de foudre“- Liebe auf den ersten Blick! Er hat sich in mich verliebt, als wir uns zum ersten Mal gesehen haben. Ja das war einer der wenigen Tage an denen ich aus dem Krankenhaus raus durfte. Ich war mit meiner Zwillingsschwester shoppen. Ich liebe sie. Sie hat lange, braune Haare und so viele Sommersprossen wie ich selbst. Sie steht mir immer bei, auch wenn ich verrückte Dinge mache. Sie ist die einzige, die meine Selbstständigkeit respektiert. Wir saßen anschließend in einem Kafee, taten so, als wären wir etwa schon erwachsen und bestellten uns doch nur einen Kakao. Und dann sah ich ihn. Meine Schwester fand ihn auch süß. Er kam zu uns rüber, meine Herz landete sovort in meiner Hose und am liebsten wäre ich einfach weggerannt. Was er gesagt hat ist unwichtig. Der Sinn ist bedeutend. Er fand mich auf den ersten Blick sympatisch- Ja mich! Nicht meine Schwester, die sovile hübscher war als ich. Und dann war er wieder weg. Ich war fassungslos. Meine Schwester sagt, dass er jedes mal einen Glanz in den Augen trägt, wenn er mich sieht. Sie leuchten dann wie zwei Sterne.
Er hat mir auch gesagt, dass das alles sehr schwer für ihn ist. Nicht etwa die genze Zeit bie mir zu sein, sondern zu akzeptieren, dass ich früher sterben werde als er. Dass er mit dem Gedanken nicht klarkommt, dass er eine Hoffnung gibt, ich aber nicht hoffen will. Und er sagte auch, dass wahre Liebe weit über den Tod hinaus geht.





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