Dark Paradise - Teil 2

Autor: Euphoria
veröffentlicht am: 13.02.2013


Er
Ich wusste nicht ob ich erleichtert oder misstrauisch sein sollte, weil sie sich nicht wehrte. Sowieso konnte ich nicht viel denken. Ich fühlte mich wie in Trance. Von einer fremden Stimme geleitet, während man selbst daneben steht. Im verglasten Penthouse schob ich ihr einen Sessel ein brandneues Designerstück, allerdings keines der Originale, sondern eine billige Serienkopie. Doch wenigstens wich ich so der Situation aus, in der wir uns ein Sofa teilen müssten. Fast musste ich schmunzeln darüber, wie sie sich neugierig mehrmals um die eigene Achse drehte und staunend den ersten Blick auf unsere Welt warf. Es war überaus klug von mir gewesen, diesen Platz zu wählen. Das Krankenhaus überragte die Mehrheit der anderen Gebäude und bot so den besten Ausblick und Überblick über unser Territorium. Stolz gab sich zu spüren, als sie interessiert die außergewöhnliche Architektur unserer Zentralkirche begutachtete: „Die fehlenden Ecken, Winkel und gerade Wände stehen für die Unendlichkeit und die Offenheit in alle Richtungen, dafür dass es immer weiter geht, man niemals aneckt. Drinnen unter der Kuppel fühlt man sich wie in einer Kugel, mit der man mit rollt oder auch wie in einer Höhle.“ Sie zog anerkennend die Brauen hoch, ohne aber die Miene zu verzerren. Dann sank sie langsam von der Überwältigung in den Sessel, ohne den Blick von draußen abzuwenden. „Wo genau ist das hier?“ Sie schaffte es nicht, Staunen und Interesse aus ihrer Stimme zu verbannen. Mein Grinsen musste wohl etwas zu verschmitzt wirken, was sie wohl eher nicht so witzig fand, denn sie hob arrogant das Kinn und zog die Lippen kraus. Das ließ mich kurz schlucken. „Vor dir liegt unsere Hauptstadt „Paradise Center“. Dort hinten kannst du aber auch schon den Beginn vom „Adams Wood“ sehen.“ Ich zeigte mit dem Finger dorthin, wo der Abstand der Bäume immer weniger wurde. Sie hypnotisierte die Stelle fast und wanderte mit dem Blick bald weiter zum Horizont. Ich sah ihren vor Trockenheit roten Lippen beim Wörterformen zu. „ Nordeuropa, Kanada oder Australien?“ Dass sie so genau nachfragte, hätte ich nicht erwartet. Leider durfte ich ihr keine Antwort geben. „Genaueres darf ich dir nicht sagen, aber deine Geographiekenntnisse sind nicht schlecht.“ Sie schien jetzt nicht den Sinn für Humor zu haben und als die Fragen wie „, Wer…, wo…, was …, warum…???“ nur so aus ihr heraussprudelten, konnte ich zunehmende Verwirrtheit und Hilfslosigkeit heraushören. Vielleicht hatte ich es doch etwas übertrieben, in jedem Fall war sie überfordert. Das machte mir wiederum bewusst, dass ICH sie verändert hatte. Ich beschloss mich kurz zu fassen. Sie war noch lange nicht so weit. Ich durfte es nicht übertreiben. Ich hatte mir schon öfters Worte für so eine Situation zurechtgelegt, aber in diesem Moment erschienen auch die mir nicht mehr angemessen und ich brauchte einen Augenblick bis ich passende fand. „Das was ich dir jetzt sagen werde, ist nicht viel. Später wirst du alles was du wissen willst erfahren, das verspreche ich dir. Fürs Erste aber werden ein paar wichtige Sätze genügen. Zuerst einmal das allerwichtigste: Du brauchst niemals Angst davor haben, dass die etwas Schlimmes geschieht! Das schwöre ich bei meinem Leben! Alle werden dich mit größter Umsicht umsorgen. Du bist nicht hier, weil wir dir etwas Schlechtes wollen. Im Gegenteil: Hiermit möchten wir dir ein großes Geschenk machen. Dir helfen und dich glücklich machen. Alles ist zu deinem Besten!“ Ich holte tief Luft. Mir fiel nichts Weiteres zu sagen ein. Ich wusste nicht, wie ich ihre Reaktion deuten sollte. Ihre Augen wirkten vernebelt, während sie mich musterte. Vielleicht konnte ich ein winziges Kopfschütteln sehen. Ich konnte ihre äußere Unsicherheit keineswegs mit ihrer klaren Stimme in Verbindung bringen. „So sind Menschen nicht. Menschen handeln niemals vollkommen selbstlos. Sie verfolgen immer ein Ziel.“
Ich fühlte wie eine unheimliche Hitze in mir hochkroch und während ich sprach, fühlte dich mein Hals an, als würde er brennen. „Wir verfolgen das Ziel dich und andere Menschen glücklich zu machen und sie vom Guten und Richtigen zu überzeugen.“ Sie sprach weiter, ohne eine Regung zu zeigen. Es war ein bisschen gruselig. „KEIN MENSCH tut etwas, wovon ER SELBST keinen Nutzen hat. Wenn ihr nur Gutes für andere wollt, warum lasst ihr sie dann nicht frei?“ „Sie sind frei!“ „Ich nicht!“ DAS überforderte MICH!!! Mir wurde übel und ich wünschte mich überall anders hin, nur nicht hierhin. Es war viel zu früh für sie es zu erfahren und ich war auch noch nicht bereit dazu! Aber sie brauchte eine Antwort, erst dann könnten wir für heute abschließen. „Du…bist...eine Ausnahme.“ Sie starrte mich mit großen Augen an. Dann sprang sie urplötzlich vom Sessel auf, ich erschrak fürchterlich. „Aha! ICH GERADE bin also eine Ausnahme!!!“ Das letzte Wort spuckte sie mir förmlich vor die Füße. „Warum IMMER ICH???“ Sie schrie es. Ich schloss die Augen. Ich hätte es mir so leicht machen können, aber ich wollte es wie immer perfekt, absolut richtig machen. Doch bei diesem Weg gab es keine Garantie am Ziel anzukommen. Plötzlich hatte ich einfach nur panische Angst, es könnte nicht klappen. Jetzt könnte ich Tom gebrauchen. Ich holte noch einmal tief Luft und versuchte mich die letzten Minuten noch einmal zu konzentrieren. Dann sagte ich hoffentlich überzeugend: „Das bedeutet nicht unbedingt negatives für dich. Habe bitte etwas Geduld und warte ab. Und habe einfach keine Angst. Du wirst glücklich werden, glücklicher als alle anderen. Schon morgen fahren wir an einen schöneren Ort, raus aus diesem Krankenhaus.“ Sie murmelte etwas Unverständliches und blickte in die Leere. Ihre Augen sahen glasig aus. Plötzlich schien sie mir sehr zerbrechlich. So zerbrechlich wie mein Plan. Ich hatte sie geradeaus angelogen. Es gab überhaupt gar keine Garantie für ihr Glück. Und sie konnte mir noch nicht einmal vertrauen, weil sich eine egoistische Idee in meinem Kopf, in meinem Herzen festgesetzt hatte. Ich war keineswegs verlässlich, ich war sogar verdammt gefährlich für sie. Ich selbst war nicht mehr wirklich in der Lage mich kontrollieren zu können und er Einzige, der das tun würde ist Tom. Es war nicht in Worte zu fassen, wie viel er mir –und auch wie viel er für IHR Leben bedeutete. Aber trotz allem war es MEINE „Mission“ und ich darf niemals zulassen, ganz die Kontrolle zu verlieren. Ich darf niemals die Seite von ihr aus vergessen. Sie war ein Opfer einer Entführung, ihr wurde die Kontrolle über ihr Leben entrissen. Für sie gab es auch noch eine andere Welt. Deshalb zerriss es mir das Herz, sie wieder mit allem alleine in ihrem Zimmer zu lassen. Nichts wollte ich mehr als bei ihrem wahren Ich zu sein.






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