Farben der Liebe - Teil 11

Autor: Janine
veröffentlicht am: 08.01.2013


...Magie und Lebensfreude
Bis spät abends war Adrian da und machte sich dann auch auf den Heimweg. Jacqueline war währenddessen bei meiner Schwester und kam auch erst zur Schlafenszeit ins Zimmer.
„Heute erzähle ich euch den letzten Teil der Geschichte. Es sind die beiden Farben Violett und Gelb. Violett, weil sie für die Magie und Gelb, weil sie für die Lebensfreude steht.
Ich lebte seit zwei Monaten bei Tante Maya und war die ganze Zeit über richtig traurig, aber es ging mir nicht nur so schlecht, sondern ich fühlte mich krank. Jeden Morgen war mir übel, ich hatte manchmal schwarze Punkte vor den Augen und auch hatte ich ganz viel Hunger, sodass ich vieles durcheinander aß,…

„So jetzt reicht es aber, Ranya! Du gehst zum Arzt und wenn ich dich persönlich bei den Ohren hin schleifen muss!“, zog Maya einen Schlussstrich. Sie hatte sich das nun lange genug angesehen.
„Aber warum, mir geht es doch gut!“, protestierte ich, doch es half nichts, denn sofort kam ihre Erwiderung: „Du ist ein Nutella-Brot mit Essiggurken und dass ist nur eines von deinen besonderen Ess-Mixen sagt dir das irgendetwas? Das ist doch nicht normal! Noch dazu ist dir jeden Morgen so schlecht, dass du dich übergibst. Ich würde auf schwanger tippen, aber dazu müsstest du überfällig sein.“
Ich senkte den Blick. Ihr war es aufgefallen. „Ich… Ich bin überfällig. Voriges Monat bekam ich meine Tage nicht und dieses blieben sie auch aus.“
„Du gehst zum Frauenarzt, sofort!“, fuhr mich meine Schwester an und ich wurde klein in meinem Sessel.
„Begleitest du mich?“, fragte ich zögernd und sah sie vorsichtig an. Plötzlich änderte sich ihre wütende Miene zu sanft, und antwortete: „Natürlich, kleine Schwester.“
„Danke“, sagte ich leise.
Tja, und so kam es dazu, dass ich nun vor der Frauenärztin neben meiner Schwester saß und gespannt dem Ergebnis lauschte: „Ich kann ihnen gratulieren, Frau Nerlos, Sie tragen die Magie des Lebens in sich. Und dass sogar in doppelter Ausführung. Sie erwarten Zwillinge.“
Ich wurde leichenblass und starrte die Ärztin vor mir mit großen Augen an.
„Schwanger? Zwillinge? Oh mein Gott!“, flüsterte ich, stand auf und rannte auf die Toilette. Mit einem Mal war mir so schlecht, sodass ich mir wortwörtlich die Seele aus dem Leib kotzte. Tränen rannen mir über die Wangen, und nur im Hintergrund nahm ich wahr, wie Maya mir die Haare zurückhielt und mir irgendetwas sagte.
„Ist das wahr?“, fragte ich sie und sie nickte.
„Willst du sie behalten?“, stellte sie die Frage, die ich mir bereits selbst gestellt hatte.
Ich drückte den Knopf am Spülkasten und wusch mir anschließend den Mund mit klarem Leitungswasser aus, bevor ich mir mit den Papierhandtüchern über die Lippen wischte und ihr antwortete: „Ich weiß es nicht.“
„Fahren wir erst einmal in meine Wohnung. Alex und Jacqueline warten bestimmt schon auf uns“, sagte sie dann und strich mir fürsorglich über den Rücken.
„Ja, ich glaube du hast Recht, Maya“, flüsterte ich. Zu mehr war ich nicht mehr fähig.
In der Wohnung angekommen, wurden wir bereits von Mayas Mann und ihrer kleinen Tochter erwartet. Sofort fragte die Kleine: „Tante Ran? Tante Ran? Tante Ran?“
„Ja, Herzchen, was möchtest du denn?“, fragte ich und sehnte mich danach mich in meinem Zimmer zu verkriechen und irgendwelche deprimierenden Lieder zu hören.
„Was hast du denn, das du beim Arzt warst? Geht es dir jetzt wieder gut?“
„Ja, mir geht es wieder gut. Es ist nichts schlimmes, aber ich bin jetzt müde und werde mich schlafen legen. Später spiele ich dann wieder mit dir, in Ordnung?“
„Ist gut, Tante Ran. Schlaf gut“, sagte sie und war auch schon wieder weg.
Nun hielt mich niemand mehr auf und so igelte ich mich in meinem Zimmer in meine Trostlosigkeit ein. Ich schaltete meine Musikanlage ein und schon begann, von meiner Lieblingsband seit Kindertagen, ein passendes Lied.
-I never knew so many bad times. Could follow me so mercilessly. It's almost surreal all the pain that I feel. The future ain't what it used to be-
(-Ich hätte nie gedacht dass so viele schlechte Zeiten mich so gnadenlos verfolgen könnten. Es ist immer noch surrealistisch, all der Schmerz den ich fühle. Die Zukunft ist nicht das was sie sein sollte-)
Ich konnte doch keine Kinder bekommen! Ich war verdammt noch mal erst siebzehn! Ich hatte nichts was ich ihnen bieten konnte! Noch nicht einmal ihren Vater könnte ich ihnen geben!
-It doesn't matter what they're thinking. It doesn't matter what they're thinking of me. It's always so cold and I'm to young to be old. The future ain't what it used to be-
(-Es zählt nicht was sie denken. Es zählt nicht was sie von mir denken. Es ist immer so kalt und ich bin zu jung um alt zu sein. Die Zukunft ist nicht das was sie sein sollte-)
„Wie geht es dir, kleine Schwester?“, fragte Maya, welche sich unbemerkt neben mich gesetzt hatte.
Ich blickte sie aus verheulten Augen an und lachte hohl auf: „Wie soll es mir schon gehen? Beschissen!“
„Willst du die Kinder abtreiben lassen?“, fragte sie mich nun zum zweiten Mal an diesem Tag und aus einem Instinkt heraus schlang ich meine Arme beschützend um meinen Bauch.
Sie lächelte schwach, als sie sagte: „Das ist dann wohl ein eindeutiges nein.“
-Were there ever any stars in the sky? And did the sun ever shine so bright? Do you have any dreams I could borrow. Just to get me through the lonely nights?-
(-Waren da jemals irgendwelche Sterne im Himmel? Und hat die Sonne jemals so hell geschienen? Hast du irgendwelche Träume, die ich mir leihen könnte nur um mich durch die einsamen Nächte zu bringen?-)
„Ich will die Kinder bekommen, aber auch nicht. Ich bin zu jung, verdammt ich bin doch erst siebzehn! Und abtreiben will ich sie nicht. Das wäre Mord!“
„Musst du auch nicht, kleine Schwester. Wir alle stehen hinter dir und unterstützen dich. Sieh es mal so, ich habe Jacqueline auch mit neunzehn bekommen“, redete sie mir Mut zu.
„Aber bei dir war das anders! Dein Mann hat dich unterstützt und zieht sie mit dir auf und du konntest immer schon gut mit kleinen Kindern umgehen, aber ich bin doch ein totaler Neuling auf dem Gebiet. Das ist so, als würdest du einem Fisch das Wasser nehmen und ihm anschaffen: Beginn Luft zu schnappen und lerne gehen!“
- Is there anything left to hold on to. When the rivers wash it all away? Is there anyone left to hold on to? Is there anything left I can say?-
(-Ist da irgendetwas übrig geblieben zum Festhalten? Wenn die Flüsse alles weggewaschen haben? Ist da jemand übrig geblieben zum Festhalten? Ist da etwas übrig geblieben was ich sagen könnte?-)
„Woher hast du denn diesen Schwachsinn? Sicher kannst du mit Kindern umgehen. Und wenn nicht, dann hilft dir dein Mutterinstinkt weiter. Du wirst bestimmt eine tolle Mutter, Ranya“, munterte sie mich weiter auf und räumte langsam alle meine Zweifel beiseite.
„Aber ich kann ihnen doch noch gar nichts bieten. Ich bin noch nicht ausgelernt und einen Vater würden sie auch nicht haben! Nur eine Mutter“, fielen mir die nächsten Probleme ein.
- Say a prayer for the falling angels. Stem the tide of the rising waters. Toll a bell for the broken hearted. Burn a torch for your sons and daughters-
(-Sprich ein Gebet für die gefallenen Engel. Stemme dich gegen die Flut der sich erhebenden Wasser. Läute eine Glocke für die gebrochenen Herzen. Brenne eine Fackel für deine Söhne und Töchter ab-)
„Nächstes Jahr bist du fertig mit der Lehre und für was brauchen sie einen Vater, wenn sie Tante, Oma, Opa und allen voran eine nette Mutter haben?“, wiedersprach mir Maya und streichelte mir über den Rücken.
Mit jeder weiteren Sekunde wurden meine Tränen weniger, bis sie endlich versiegten.
„Würde ich es überhaupt schaffen sie anzulügen und ihrem Vater zu verschweigen, dass er Zwillinge gezeugt hatte?“, stellte ich schließlich die letzte Frage, welche mir auf der Seele lag.
„Du kannst ihm erzählen, dass du Schwanger von ihm bist. Hier hast du mein Handy, seine Nummer ist eingespeichert, dann müsstest du ihm nichts verschweigen. Ich geh uns mal Tee machen“, sagte sie und ließ mich wieder alleine.
-The endless night has got a hold of me. Dark days are pulling me forward. And all these tears are washing over me. And I'm crying - I'm lost forever. In a future that ain't what it used to be. A future that ain't what it used to be. A future that ain't what it used to be no more...-
(-Die endlose Nacht hat einen Einfluss auf mich. Dunkle Tage treiben mich voran. Und all diese Tränen werden über mich gespült. Und ich weine. Ich bin für immer verloren. In einer Zukunft die nicht ist was sie sein sollte. Eine Zukunft die nicht das ist was sie sein sollte. Eine Zukunft die nicht das ist was sie sein sollte, niemals-)
Nun saß ich da und hielt ihr Handy in der Hand. Einen Knopfdruck von Joshuas Stimme entfernt. Doch noch bevor ich mich richtig entschieden hatte, begann es zu vibrieren und auf dem Bildschirm erschien Joshs Bild. Er rief an.
Ich nahm nach einem Schlucken ab und hörte auch schon seine Stimme: „Man Maya verdammt, sag mir bitte wie es… Weinst du etwa?“
Ich hatte unabsichtlich aufgeschluchzt und flüsterte beinahe: „Ich bin es Josh.“
„Emi? Warum weinst du?“, fragte er sofort mit sorgenvoller Stimme.
-It's like a storm that's never ending. It's like a shadow on the land and the sea. There's nothing so sad as a tomorrow gone bad. The future ain't what it used to be, now-
(-Es wie ein Sturm der niemals endet. Es ist wie ein Schatten auf dem Land und dem Meer. Da gibt es nichts was so traurig ist wie ein Morgen der schief geht. Die Zukunft ist nicht das was sie sein sollte-)
„Das ist nicht so wichtig“, antwortete ich nur und fragte nach einem Räuspern, damit meine Stimme etwas fester wurde: „Was wolltest du von meiner Schwester?“
„Ich wollte, dass sie mir sagt wo du bist, wir müssen reden“, antwortete er und ich hörte die Unsicherheit in seiner Stimme.
„Gut, dann reden wir jetzt gleich. Also was wolltest du?“, meine Stimme klang selbst in meinen Ohren abwesend.
„Dich fragen ob du wieder zurückkommst und mich entschuldigen, dass ich so dumm war.“
Ein trauriges Lächeln bildete sich um meine Lippen während mir eine Träne nach der anderen über die Wange rann.
- Some days I feel so numb and empty. And those would be the good days for me. Nothing gets to me now unless I'm thinking of how. The future ain't what it used to be-
(-Manche Tage fühle ich mich so taub und leer. Und das würden die guten Tage für mich sein. Nichts kann mich erreichen während ich daran denke. Die Zukunft ist nicht das was sie sein sollte-)
„Ich habe dir schon längst verziehen, Joshi, aber ich werde nicht zurückkommen. Ich kann das nicht.“
„Ich vermisse dich, Honey. Werden wir uns wieder sehen oder willst du nichts mehr mit mir zum Tun haben?“, harkte er nach und die Reue, welche er empfand, schrie förmlich aus ihm heraus.
„Ich würde mir mein eigenes Grab schaufeln, Joshi, so versuch doch zu verstehen“, schluchzte ich ins Handy und sofort versuchte er mich zu trösten: „So weine doch nicht, Emi. Wir werden eine Lösung finden. Irgendwie werden wir…“
-Were there ever any stars in the sky? And did the sun ever shine so bright? Do you have any dreams I could borrow. Just to get me through the lonely nights?-
(-Waren da jemals irgendwelche Sterne im Himmel? Und hat die Sonne jemals so hell geschienen? Hast du irgendwelche Träume, die ich mir leihen könnte nur um mich durch die einsamen Nächte zu bringen?-)
„Nein!“, unterbrach ich ihn: „Es gibt keine Lösung dafür! Du liebst mich nicht, ich dich aber! Wie sollten wir da jemals wieder beste Freunde sein können. Noch dazu steht unsere Nacht dazwischen. Jede Sekunde die ich mit dir verbringen würde, würde ich daran denken, dass du mir nicht gehörst. Jede weitere, dass du mich nicht liebst.“
-Is there anything left to hold on to. When the rivers wash it all away? Is there anyone left to hold on to? Is there anything left I can say?-
(-Ist da irgendetwas übrig geblieben zum Festhalten? Wenn die Flüsse alles weggewaschen haben? Ist da jemand übrig geblieben zum Festhalten? Ist da etwas übrig geblieben was ich sagen könnte?-)
„Es tut mir leid, Emi, aber ich kann dir nicht mehr sagen, außer dass ich mich zu dir hingezogen fühle. Aber ob dies nun Liebe ist oder nur körperliche Anziehung weiß ich nicht!“
„Leb wohl, Joshi, und danke, dass du so ehrlich zu mir bist“, damit wollte ich auflegen, doch seine Stimme rief mich noch einmal zurück: „Ich könnte dich nie anlügen, Honey.“
Dann legte ich auf und starrte das Handy an. Ich konnte mich nicht dazu überwinden es ihm zu sagen.
-Say a prayer for the falling angels. Stem the tide of the rising waters. Toll a bell for the broken hearted. Burn a torch for your sons and daughters-
(-Sprich ein Gebet für die gefallenen Engel. Stemme dich gegen die Flut der sich erhebenden Wasser. Läute eine Glocke für die gebrochenen Herzen. Brenne eine Fackel für deine Sohne und Töchter ab-)
„Hast du es ihm gesagt?“, kam nach einigen Minuten meine Schwester.
„Ich konnte es nicht. Es ging nicht“, meinte ich nur und nahm dankbar den Tee entgegen.
„Egal was kommt, wir werden das schaffen. Gemeinsam. Wie gesagt, du bist nicht alleine“, lächelte sie und wie aufs Kommando kamen Jacqueline und Alex ins Zimmer.
- And all these tears are washing over me. And I'm crying - I'm lost forever. In a future that ain't what it used to be. A future that ain't what it used to be. A future that ain't what it used to be no more. No more…-
(-Die endlose Nacht hat einen Einfluss auf mich. Dunkle Tage treiben mich voran. Und all diese Tränen werden über mich gespült. Und ich weine. Ich bin für immer verloren. In einer Zukunft die nicht ist was sie sein sollte. Eine Zukunft die nicht das ist was sie sein sollte. Eine Zukunft die nicht das ist was sie sein sollte, niemals…-)
„Tante Ran, was hast du?“, fragte sie sofort und blickte mich besorgt an.
Doch ich faste nun einen Beschluss. Ich würde die Kinder bekommen. Komme was da wolle. Auch wenn die Zukunft nicht allzu rosig aussehen würde, und ich mir wünschte, dass die Zeit sich zurückdrehen würde, würde ich das heranwachsende Leben niemals weg machen lassen. Immerhin hatte ich die Unterstützung meiner Familie.
„Ich bin glücklich, mein Herz. Und willst du auch wissen warum?“
Darauf nickte sie nur und ich lächelte schwach, meine Lebensfreude wurden durch meine kleinen ungeborenen Kinder wieder entfacht: „Du bekommst einen kleinen Cousin und eine kleine Cousine.“
-I wish it wouldn't come. I wish it wouldn't come. I wish it wouldn't come but it always does...-
(-Ich wünschte sie würde nicht kommen. Ich wünschte sie würde nicht kommen. Ich wünschte sie würde nicht kommen, aber sie tut es immer…-)

„Und sieben Monate später kamt ihr auf die Welt. Es war der glücklichste Tag meines Lebens“, lächelte ich.
Und gleichzeitig auch der Traurigste.
„Wisst ihr, eure Namen haben eine besondere Bedeutung für mich“, erklärte ich und erntete verwirrte Blicke.
„Nun ja, Diara und auch Devin haben die Bedeutung Geschenk. Und dies seid ihr auch für mich. Ich habe euch so lieb“, sagte ich und zog beide in eine Umarmung.
„Wir dich auch, Mami“, lachten beide und schließlich lösten wir uns wieder.
„So, aber jetzt wird geschlafen, einverstanden?“
„Ja, Mama“, sagten meine Kinder und kuschelten sich unter ihre Decken.
Nach einem letzten Gute Nacht, verließ ich wie immer das Zimmer und ging in mein eigenes, um mich ebenfalls schlafen zu legen.





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