Farben der Liebe - Teil 3

Autor: Janine
veröffentlicht am: 02.01.2013


Ich habe mich da total vertan, als ich diesen Teil hochgeladen habe, denn er ist nun in Das Licht meiner Nacht als Teil 13, dennoch stelle ich ihn in dieser Geschicht nochmal hoch, hoffe ich verwirre euch jetzt nicht,...
Lg Janine

…die Härte
„Devin, pass auf dass du dich nicht schmutzig machst! Wir müssen später noch zu deiner Oma und deinem Opa!“, rief ich, als ich sah, wie er in eine weitere Pfütze sprang. Das Wasser spritzte hoch und machte seine Gummistiefel nass.
Er hatte mich anscheinend nicht gehört, sodass ich mit einem Augenverdrehen meine Schritte beschleunigte. Meine Umhängetasche drohte mir von der Schulter zu gleiten und die Einkaufstasche mit den Lebensmitteln schlug mir leicht gegen die Seite.
„Devin!“, rief ich nochmals und brachte meinen Sohn dazu sich umzudrehen.
Fragend hatte er die Stirn gerunzelt und bedachte mich mit einem Blick, welcher mich so sehr an seinen Vater erinnerte, dass ich kurz innehielt.
„Was Mami?“
Ich riss mich wieder zusammen und seufzte: „Ich sagte, dass du dich nicht schmutzig machen sollst. Wir fahren heute deine Oma und deinen Opa besuchen, um deine Schwester abzuholen.“
„Ist gut, Mami“, damit ging er auf mich zu und nahm die Hand, welche ich ihm entgegenhielt. Gemeinsam gingen wir weiter zum Auto in welchem ich den Einkauf verstaute, Devin in seinen Kindersitz setzte und schließlich selbst einstieg um loszufahren.
Man fuhr von mir bis zu meinem Geburtsdorf ungefähr zwei Stunden. Devin in seinem Sitz blieb die ganze Fahrzeit ungewöhnlich still, sodass ich ihm durch den Rückspiegel mehrmals hindurch anblickte, um zu sehen, ob es ihm gut ging. Immer wieder fielen ihm die kleinen Augen zu, bis er schließlich mit einem kleinen Lächeln auf seinen Lippen seelenruhig einschlief. Ich richtete meinen Blick wieder auf die Straße und so verlief die restliche Fahrzeit. Schließlich nahm ich die Ausfahrt um von der Autobahn herunter zu kommen und fuhr auf einer Landstraße weiter. Kaum das ich zehn Minuten auf der Landstraße gefahren war, konnte ich bereits die Ortstafel erkennen, welche ankündigte, dass ich mich nun am Anfang des Dorfes befand.
Je näher ich meinem Geburtsdorf kam, desto fester drückte diese Kralle, welche mein Herz umfangen hatte, zu. Ich zwang mich ruhig und tief durchzuatmen, doch es half nichts. So hieß es für mich nur noch Zähne zusammenbeißen, auch wenn sich zu diesem Druck auch noch ein schlechtes Gefühl in meinem Bauch gesellte. Irgendetwas würde heute passieren. Etwas, dass nicht gut sein konnte.
Ich schüttelte das Gefühl so gut ich konnte ab, bog in die Seitenstraße ein und parkte vor dem blau gestrichenen Haus. Sobald ich ausgestiegen war, wurde auch schon die Haustüre geöffnet und meine kleine Tochter lugte heraus. Mit einem Grinsen, weckte ich meinen Sohn: „Aufwachen. Wir sind da.“
Er gähnte einmal und rieb sich verschlafen über die Augen. Ich schnallte ihn ab und ließ ihn aus dem Auto herausklettern. Mit einem kleinen Knall schloss ich die Autotür und mit einem Knopfdruck schloss ich es ab, dann folgte ich meinem Sohn zum Haus meiner Eltern. Sobald ich das Gartentor geöffnet hatte, stürmte Diara auf mich zu und rief freudig: „Mamaaa!“
Ich fing sie auf und schloss sie in die Arme. Ich gab ihr einen Kuss auf den Scheitel und fragte: „Und was hast du mit deiner Cousine alles angestellt?“
„Wir waren ganz brav, Mami. Wir waren am Spielplatz, haben mit Oma Kekse gemacht und mit Opa gespielt“, plapperte sie begeistert drauf los, nachdem ich sie losgelassen hatte, wurde aber unterbrochen, als Jacqueline, ihre Cousine, rief: „Diara, wo bist du?“
„Ich komme schon, Jacqui“, rief sie zurück und schon war sie weg. Ich kicherte leise und sagte zu Devin, welcher noch etwas desorientiert wirkte: „Na los, geh schon zu den beiden Mädchen.“
Er grinste mich an und schon war auch er verschwunden. Meine Kinder waren wirklich kleine Wirbelwinde.
„Ranya, schön dich wiederzusehen“, sagte Maya meine Schwester, sobald auch ich das Haus betreten, mich im Vorzimmer der Jacke und der Schuhe entledigt und mich ins Wohnzimmer begeben hatte.
Das Haus strotzte nur so von den Bildern meiner Eltern. Sie waren Künstler, genauso wie ich es geworden war. Nebenbei jobbte ich aber halbtags in einem Lokal, da man, wenn man den Durchbruch noch nicht geschafft hatte, nur sehr wenig verdiente.
„Finde ich auch, Schwesterherz“, antwortete ich und umarmte sie. Als wir uns wieder gelöst hatten, musterte ich sie von unten bis oben. Sie war die einzige Frau in unserer Familie, welche blonde und nicht rote Haare besaß. Sie hatte dieselben stechenden grünen Augen wie ich, genauso wie die groß gewachsene Gestalt und die schmale Figur. Noch dazu hatten wir beiden dieses störrische Kinn gemeinsam.
„Noemi, Liebes, endlich besuchst du uns mal wieder!“, rief meine Mutter sobald sie mich gesehen hatte und gab mir einen Kuss auf die Wange, nachdem sie mich fast zerquetscht hatte.
„Rita, zerdrück unseren Wildfang nicht. Ihre Kinder brauchen sie noch!“, lachte hinter ihr mein Vater Harald und schloss mich ebenfalls in die Arme.
Meine Mutter empörte sich mit einem blitzenden Blick in seine Richtung lächelte aber schließlich auch.
„War Diara brav?“, fragte ich schließlich, als wir uns wieder gelöst hatten.
„Sie ist auf jeden Fall braver, als du es jemals warst, Ran!“, meinte meine Mutter und setzte sich auf die Couch.
Ich lächelte leicht und ließ mich neben ihr nieder.
Ich musterte meinen Vater und meine Mutter und musste sagen, dass das Alter nun auch sie einholte. Vaters blonde Haare waren nun grau und einzelne Strähnen von Mutters roten Haaren ebenso. Leichte Falten hatten sich in ihre Gesichter geschlichen und doch wirkten sie genauso Lebenslustig sowie zu den Zeiten meiner Kindheit. Wie auf ein Kommando verließen meine Schwester und mein Vater das Zimmer, mit der Ausrede etwas zu trinken und eine Mehlspeise zu holen. Vermutlich wollte meine Mutter mit mir alleine reden.
Und dann begann sie auch schon: „Du bist nicht glücklich.“
Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit so etwas. So sah ich sie total aus der Bahn geworfen und verwirrt an.
„Wie soll ich das jetzt verstehen? Mutter, ich bin glücklich! Ich habe eine gute Arbeit, wunderbare Kinder und ein schönes Leben. Mir fehlt es an nichts“, plapperte ich schon darauf los. So wie ich es immer tat, wenn man mich in eine Situation drängte in der ich nicht sein wollte oder ich nervös war.
„Ach Kind“, seufzte sie nur und wechselte dann das Thema: „Magst du nicht diese Nacht hierbleiben? Wir sehen dich so selten und hätten dich und unsere Enkel gerne öfter um uns herum. Maya und ihre Tochter bleiben auch.“
Mit einem unterdrückten Seufzen stimmte ich zu und machte mich auf den Weg zu den Kindern ins Zimmer. Dort blieb ich in der Tür stehen und beobachtete wie Jacqueline die beiden Zwillinge auf Trab hielt. Gerade spielten sie Memory. Ich setzte mich zu ihnen am Boden und fragte an Jacqueline gewandt: „Ich dachte du findest kleinere anstrengend?“
„Ja, die anderen kleinen Kinder, aber doch nicht meine Cousine und meinen Cousin! Das ist doch was ganz anderes! Deine Kinder sind so lieb!“, erklärte sie und grinste.
Ich grinste: „Wenn das so ist, dann hast du die beiden sogar noch einen weiteren Tag zum Spielen.“
Ihre blauen Augen leuchteten fröhlich als ich das sagte und nun hatte ich auch die Aufmerksamkeit meiner beiden Kleinen.
„Mami, bleiben wir über Nacht bei Oma und Opa?“, fragte Diara nochmal nach. Wobei Devin noch hinzufügte: „Bleibst du auch da?“
„Ja, wir schlafen heute bei Oma und Opa und ich bleibe auch.“
„Jaaa, Mami bleibt bei Omi und Opi“, riefen die beiden und liefen aufgeregt aus den Zimmer um die Nachricht meiner Schwester und meinen Eltern zu bringen.
Ein Kichern neben mir ließ mich den Blick von der Tür nehmen, durch welche meine Kinder davongehuscht waren.
„Ich will auch einmal so liebe Kinder haben!“, meinte Jacqueline schmunzelnd und strich sich ihre blonden Locken über die Schulter.
„Die wirst du sicher haben, aber warte zuerst bis du den Richtigen Mann hast“, sagte ich bestimmt.
Die Dreizehnjährige vor mir seufzte: „Mach ich Tante, Ran. Weißt du meine Mama sagt das auch immer. Genauso wie Papa.“
„Da haben sie aber auch Recht.“
„Na komm, schauen wir wo deine Schützlinge stecken!“, grinste ich schließlich und erhob mich.
Sie stand auch auf und gemeinsam schlenderten wir zu der restlichen Familie zurück.
So verging der halbe Nachmittag, den wir Erwachsenen redend und die Kinder spielend und tobend verbrachten.
„Ich werde mir den Ort mal anschauen gehen. Immerhin war ich lange genug nicht mehr hier“, meinte ich schließlich und trug meine leeres Glas in die Küche, wo ich es in den Geschirrspüler räumte. Kurz darauf folgte mir meine zehn Jahre ältere Schwester und fragte: „Darf ich dich begleiten? Dann können wir in Ruhe reden.“
Zur Antwort nickte ich nur und ging ins Vorzimmer, um mich anzukleiden. Meine Schwester war mir wie ein Schatten gefolgt und gleichzeitig mit mir fertig geworden, sodass ich ohne warten losgehen konnte.
Nun schlenderten wir schweigend nebeneinander durch die Gegend und landeten irgendwann am Spielplatz. Wir setzten uns nebeneinander auf die Schaukeln und plötzlich begann Maya zu reden: „Er hat letztens wieder gefragt wie es dir geht und was du so machst.“
Mein Herz begann auf der Stelle zu holpern und ich versteifte mich, als ich mit gepresster Stimme antwortete: „Schön und?“
Ich hörte ihr Schnauben und wandte ihr meinen Kopf zu. „Hör auf dich so kindisch zu benehmen, Ran. Denk an deine Kinder!“
„Was haben verdammt noch mal meine Kinder damit zum Tun? Ich habe damit abgeschlossen okay?“, fauchte ich und holte mehr Schwung.
Auf beide Fragen antwortete sie mir nicht, sondern meinte mit einer Mischung aus Bedauern und Wut: „Du bist nicht glücklich und wenn du weiterhin so stur bleibst, dann wirst du es auch nicht mehr werden.“
Danach ließ sie mich einfach so sitzen und machte sich auf den Rückweg. Ich blickte ihrer immer kleiner werdenden Gestalt so lange nach, bis sie aus meinem Gesichtsfeld verschwand und fragte schließlich laut: „Warum sagt das jeder?“
Ich bekam einen halben Herzinfarkt, als sich neben mir eine belustigte Stimme vernahm, die ich nie wieder hören wollte: „Du hast es dir nach all den Jahren immer noch nicht abgewöhnt! Führst wohl immer noch Selbstgespräche was?“
„Ich wüsste nicht, was es dich angeht, Adrian!“, gab ich kühl zurück und versuchte mein Herz zu ignorieren, welches wild in meiner Brust pochte.
„Genauso frech wie damals“, kommentierte er mit einem Lächeln, welches mir einen warmkalten Schauer über den Rücken laufen ließ.
Ich konnte nicht mehr. Seine Gegenwart machte mich vollkommen kirre. So stand ich auf und wollte einfach gehen, doch eine warme Hand umfing die Meine und hielt mich so auf. Nun standen wir uns Auge in Auge gegenüber.
„Du bist es. Du bist es wirklich!“, haucht er beinahe und zog mich mit einem Ruck an seinen Körper. Zwei starke Arme umfingen mich und ließen mich schmelzen.
Meine Alarmglocken schellten laut und ließen mich klar werden. So schnell ich konnte machte ich mich von ihm los und trat einige Schritte von ihm weg. Seine Blicke verbrannten mich regelrecht und ich fühlte mich so überfordert mit meinen Gefühlen wie an jenem Tag, an welchen ich entdeckt hatte, dass ich mich in ihn, meinem besten Freund verliebt hatte. Seine schulterlangen, braunen Haare trug er nicht mehr offen, sondern hielt sie mit einem Gummiband im Nacken zusammen. Die stahlgrauen Augen musterten mich von oben bis unten. Seine Lippen zierten ein kleines Lächeln und seine Gestalt wirkte noch genauso imposant auf mich, wie sie es bereits vor vier Jahren tat. Doch nun war etwas anders. Er wirkte erwachsener, reifer.
Innerlich schüttelte ich meinen Kopf und versuchte meine Gefühle ihm gegenüber abzuschalten.
Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als ich spürte, wie er mein Gesicht in seine Richtung drehte, da ich mich weigerte ihn weiter anzusehen.
„Ranya“, sprach er leise: „Emi.“
Als ich den Spitznamen hörte, welchen er mir einst gab, zuckte ich zusammen, als hätte man mir eine Ohrfeige gegeben. Ich spürte wie sich meine Augen mit Tränen füllen wollten, doch ich blinzelte sie zurück. Ich wich einen weiteren Schritt vor ihm zurück, auch wenn er sich mir kein Bisschen näherte. Seine Stirn gerunzelt, eine Augenbraue hochgezogen und einen fragenden Blick in den Augen, genau so sah er mich an und sah seinem Sohn dabei so ähnlich. Ich schüttelte bloß den Kopf und sagte mit brüchiger Stimme das was mir durch den Kopf schoss: „Lass mich bitte in Ruhe. Lass uns in Ruhe!“
„Vier Jahre habe ich nichts mehr von dir gehört. Vier Jahre habe ich dich nicht mehr gesehen, also wie soll ich dich da in Ruhe lassen?“
„Es ist mir so was von egal wie du das machst, aber lass mich einfach nur in Ruhe!“
„Ich wollte dich vergessen, Emi, ich versuchte es wirklich, aber es ging einfach nicht. Ich konnte nicht. Bist du denn gar nicht froh mich wieder zu sehen?“, fragte er und schritt auf mich zu.
Nun schluchzte ich wirklich: „Sag nichts mehr. Bitte. Du machst alles nur noch schlimmer!“
„Emi“, flüsterte er beinahe und wollte mir eine Träne von der Wange streichen, so wie er es immer getan hatte, doch ich trat aus seiner Reichweite, wandte mich um und eilte wie blind den Weg zurück zum Haus meiner Eltern.
Einzig und alleine der Wind folgte mir und wehte mir den Titel des Liedes mit welchem alles begann oder eher eine Frage entgegen:
-What about love?-
(-Wie wäre es mit Liebe?)
Es fühlte sich an wie ein Schlag in den Magen, als ich endlich verstand.
Verstand warum ich ihn nicht vergessen konnte.
Verstand warum ich diese verdammte Kette, welche ich um meinen Hals trug, nicht wegwerfen konnte.
Verstand warum ich so heftig reagierte.
Ich liebte ich nach all der Zeit und all dem Geschehenen immer noch.
Um weitere Schluchzer zu unterdrücken biss ich mir auf die Unterlippe und versuchte die Tränen, welche immer noch aus meinen Augen quollen zurückzudrängen.
Ich musste ihm gegenüber hart werden. Er durfte mir nicht noch einmal das Herz brechen, immerhin trug ich jetzt die Verantwortung über zwei Kinder. Unsere… Meine zwei Kinder.
Mit geschwollenen Augen kam ich schließlich an und wurde von meiner besorgten Familie in die Arme geschlossen.





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