Let It Snow - A Christmas Story - Teil 3

Autor: Caro
veröffentlicht am: 09.11.2012


"ICH MUSS MICH FERTIG MACHEN“, rief ich und rannte wie ein aufgescheuchtes Huhn durch mein Zimmer. Amy saß auf meinem Bett und blätterte in einer GQ. Ich drehte mich um und schaute sie vorwurfsvoll an.
„Du bist nicht hilfreich“, sagte ich durch meine zusammen gepressten Zähne hindurch.
„Sorry, aber hast du den Artikel über den neuen Laden an der Upper Westside gelesen? Das sind 15 Minuten von hier aus, aber er ist sündhaft teuer“, seufzte sie, legte das Heft weg und ließ sich zurück in meine ca. tausend geblümten Kissen fallen.
Ich hatte ein großes Doppelbett, auf das ich ganz besonders stolz war. Die Beschreibung „Ein typisches Mädchenzimmer“, passte für mein Zimmer har genau. Es war lavendelfarbend gestrichen mit einer komplett weißen Wand, die die Trennwand zwischen meinem Schlafzimmer und meinem Bad darstellte. Ein Glasschreibtisch stand an der gegenüberliegenden Wand. Dazwischen stand mein Bett. Auch an einer Wand versteht sich.
Auf dem Schreibtisch thronte ein 27'' Apple iMac, den ich, wie schon erwähnt, von meinem Vater zu einem der unzähligen Weihnachtsfeste bekommen hatte. Der Computer war angeschaltet und ein Mediaplayer ließ laut The Fray durchs Zimmer schallen, meine Lieblingsband. Zurück zu mir. Das einzige, was ich trug war ein Handtuch, und ich war auf vergeblicher Suchmission nach meinem Schlüpfer und meinem BH. Amy beobachtete alles. „Nimm doch einfach irgendeinen. Du wirst doch eh nicht mit ihm im Bett landen, also ist es doch eh egal, oder nicht?“, fragte sie. Als ich so darüber nachdachte, wurde mir klar, dass sie Recht hatte. Ich wollte nicht mit ihm im Bett landen. Er war zu nett, so krank es auch klingen mag.
„Du hast Recht“, sagte ich nachgebend, griff in meine Schublade und holte einen grau-weiß gepunkteten BH und einen grauen Schlüpfer raus. Für drüber entschied ich mich für eine graue Jeans und ein süßes Top mit Rüschen. Darüber wiederum, kam meine dunkel braune Lederjacke. „Ready to go“, sagte ich und schaute auf die Uhr. Halb 8. Ich brauchte 5 Minuten bis zum Dinner, ergo ich hatte noch 25 Minuten Zeit.
„Soll ich dir Locken machen?“, fragte Amy und betrachtete mein glattes Haar.
„Ja, das wäre spitze“, sagte ich überzeugt und setzte mich auf meinen Schreibtischstuhl.
20 Minuten später vielen meine Haare in langen Locken über meine Schultern.
„Perfekt“, sagte ich und biss mir auf die Lippe. Amy grinste nur.
„So, und jetzt los. Des Soldaten Pünktlichkeit ist 5 Minuten vor der Zeit!“, sagte sie und zeigte zur Uhr.
„Schön“, dass du mich mit einem Soldaten vergleichst“, sagte ich raunend. Amy lachte und öffnete mir die Haustüre und verließ mit mir das Haus. Ich atmete einmal tief durch, verabschiedete mich von Amy und lief die Straße entlang. Es war schon dunkel. Der hellgraue Asphalt würde von verschnörkelten schwarzen Straßenlaternen erleuchtet. Die Bäume waren kahl, die einzigen Sträucher die noch standen, hatten ebenfalls keine Blätter mehr und es war verdammt kalt geworden. Ich umklammerte mich, in der Hoffnung nicht zu erfrieren. Ich hasste den Winter, ich hasste dieses Wetter und ich hasste- da sah ich es. Die ersten Häuser, geschmückt mit tausend Lampen, einem Weihnachtsmann auf dem Dach und ein paar Rentieren. Weihnachten, ich hasste Weihnachten. Ehe ich mich versah stand ich vor dem Dinner und zwei Minuten später kam Ben. Ich musste ernsthaft grinsen, als ich ihn sah. Er naja, sah aus wie ich. Er trug eine graue Hose und eine dunkel braune Lederjacke. Als er das ebenfalls bemerkte, fing er an zu lachen und begrüßte mich mit einer Umarmung. „Wie hoch sind die Chancen?“, fragte ich lachend.
„Ich weiß nicht“, lachte er und öffnete mir die Tür zum Dinner. Ich dankte mich einem Lächeln und er fragte nach dem reservierten Tisch, woraufhin wir zu einem Tisch am Fenster geleitet worden. Wir bestellten uns was zu trinken und studierten die Speisekarte. Er bestellte sich Spaghetti Bolognese und ich bestellte mir einen Spinat, Rigatoni Auflauf.
Das Essen wurde super schnell geliefert und wir hatten kaum Zeit uns zu unterhalten, jedoch schaffte es Ben mich zwischen jeder Gabel Ladung irgendwie auszufragen. Die Stimmung war locker, wovon ich nicht ausgegangen war. Ich habe mit dem schlimmsten gerechnet, Schweigen. Doch Ben war keines Wegs der Typ. Mit ihm konnte man super locker reden und es viel mir echt leicht mich normal zu verhalten, was nicht immer der Fall war, wenn mir ein Typ gegenüber saß.
„Was hältst du eigentlich von Weihnachten?“, fragte Ben und drehte einen neuen Löffel Nudeln auf. Toll, Zeit sich unbeliebt zu machen.
„Ich hasse Weihnachten“, sagte ich ehrlich und stocherte in meinem Auflauf.
„Bitte was?“, fragte er geschockt und ließ seinen Löffel fallen.
„Kein Grund direkt auszurasten“, sagte ich geschockt.
„Doch! Weihnachten ist die tollste Zeit des Jahres. Magie liegt in der Luft, Schnee, das Leuchten der Kinder Augen, das Fest der Liebe, Weihnachtsmärkte, gebrannte Mandeln, heißes Crepes mit Schokoladencreme, freundliche Menschen überall, beleuchtete Häuser, Weihnachtsmusik, was kann man daran nicht mögen?“, fragte er entrüstet.
„Alles“, sagte ich trocken und nahm eine weite Gabel.
„Du hast nen Schuss“, sagte er völlig ernst und schaute genervt weg.
„Wenn du meinst“, sagte ich und es herrschte einen Moment Stille.
„Sag mal, was machst du eigentlich ber-“, „Sorry, aber ich komme immer noch nicht drauf klar, dass du kein Weihnachten magst“, unterbrach er mich und schaute mich enttäuscht an. Ich zog die Augenbrauen hoch und beobachtete sein fest bleibendes Gesicht.
„Ich-“, „Ne, das geht nicht, weißt du was?“, fragte er.
„Was?“, fragte ich.
„Lass mich dir beweisen, wie toll Weihnachten, die Adventszeit und das Gefühl von Weihnachten ist“, sagte er und schaute mich erwartend an und streckte mir eine Hand entgegen.
„Bitte, kannst es gerne versuchen, schaffst du aber eh nicht. Aber ich bin dabei“, sagte ich und nahm seine Hand entgegen.
„Gut!“, sagte er.
„Wann geht es los?“, fragte ich. Er grinste nur. Fragend zog ich meine Augenbrauen zusammen und kratzte den Käse von der Innenseite der Auflaufform.
„Lass dich überraschen“, sagte er und zwinkerte mir zu. Manchmal etwas komisch dieser Typ. Wir aßen zusammen, und grade, als ich meinen Geldbeutel zum Zahlen rausholte, kam er mir zuvor und bezahlte mit ordentlich Trinkgeld. Ich lächelte nur peinlich berührt, stand auf und ließ mir von ihm beim Jacke anziehen helfen. Gemeinsam gingen wir raus und er führte mich zu seinem Auto.
„Ich kann auch laufen, Ben“, sagte ich ihm zum 3. Mal.
„Nein, nach 9 lasse ich kein Mädchen mehr alleine nach hause laufen“, sagte er und warf den Motor an. Toll, er war auch noch ein Gentleman. Traf sich gut, bei dem Aussehen und dem Charme.
„Ok, danke“, sagte ich und blieb still auf dem Beifahrersitz sitzen. Wir bogen um die zwei Ecken und standen drei Minuten später vor meiner Haustür.
„Es war eine atemberaubende Fahrt“, sagte ich und versuchte ernst zu bleiben.
„Hoffe ich doch“, sagte er und entriegelte das Auto.
„Gut, dann meldest du dich bei mir, um mir zu zeigen, wie toll Weihnachten ist?“, fragte ich.
„Ja, werde ich, keine Sorge“, sagte er und lehnte sich umständlich zu mir rüber um mich zu umarmen. Ich tat ihm den Gefallen und tat es ihm gleich. Er war so herzlich.
Dann stieg ich aus, schenkte ihm noch mal ein Lächeln, ging hoch zur Haustüre. Er stand so lange vor der Tür, bis ich drinnen war, dann hörte ich dem Motor.
Zum Ausklang des Tages legte ich mich mit Tee ins Bett und schaute meine Lieblingsserie. Es war ein wirklich schöner Abend und Ben war ein toller Typ. Eine Frage ließ mich jedoch nicht los, wie wollte er mich davon überzeugen, dass Weihnachten toll ist? Hoffentlich nicht Rudolf oder so gucken und mich dann begeistert anschauen und fragen „Und? Wie fandest du ihn? Toll oder?“. Ich seufzte und nahm noch einen Schluck Tee. Die nächste College Woche würde ganz entspannt werden. Es standen keine Prüfungen bevor und alles war locker. Irgendwann fielen mir die Augen fast zu und ich entschied mich dazu schlafen zu gehen.

Am 1. Dezember wachte ich Morgens auf und holte mich schlaftrunken einen Kaffee und sollte, nach Anweisung meiner Mutter, die Post holen. Die kalten Stufen brachten meine Füße fast zum Absterben, also entschied ich mich die Treppen runter zu sprinten, jedoch vergas ich den Kaffee in meiner Hand, welchen ich dann überall im Flur verteilte.
„Verdammt“, rief ich.
„Alles ok Schätzchen?“, fragte meine Mutter von oben.
„Ja, natürlich“, raunte ich und kletterte um die monströse Kaffeepfütze herum und hüpfte zum Briefkasten. Ich zog einen Stapel Umschläge für meine Mutter raus und einen blutroten mit einer Schneeflocke drauf geklebt, auf der mein Name stand. Neben der Schneeflocke war eine große 1 gemalt. Von wem zur Hölle war der Brief?





Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5 Teil 6 Teil 7 Teil 8 Teil 9 Teil 10 Teil 11 Teil 12 Teil 13 Teil 14 Teil 15 Teil 16 Teil 17


© rockundliebe.de - Impressum Datenschutz