Schreibwettbewerb - Geschichten - Teil 3

Autor: WettbewerbFun
veröffentlicht am: 27.10.2012


Kayla

Steckbrief:

Name: Kayla Blair

Alter: 19

Aussehen:
- kurze, dunkelbraune Haare
- braune Augen
- Sommersprossen
- schmales Gesicht
- volle Lippen
- 1,67 m groß
- sportliche, nicht sehr weibliche Figur

Fähigkeiten:
- sehr sportlich
- wirkt selbstbewusst, aber eigentlich zurückhaltend

Vorgeschichte:

Kayla Blair lebt allein mit ihrem Vater, einem Karatelehrer, und ihrem zwei Jahre älteren Bruder John zusammen, da ihre Mutter kurz nach ihrer Geburt gestorben ist. Sie hat mehr männliche Charaktereigenschaften als weibliche, was aber einfach daran liegt, dass sie immer mehr mit Männern/Jungs zu tun hatte. Sie hat einen besten Freund, Scott, den sie seit der Grundschule kennt und eine beste Freundin, Fiona, die sie seit der weiterführenden Schule kennt. Sie liebt die beiden sehr, fühlt sich aber in der Freundschaft vernachlässigt, da die zwei sich sehr gut verstehen und sie sich oft wie das fünfte Rad am Wagen vorkommt.

Rasse: Mensch

Sonstiges: /


Ihre Schritte hallten auf dem leeren Schulflur. Sie hörte ihren keuchenden Atem, versuchte, Luft in ihre Lunge zu pumpen. Doch sie war zu weit gerannt, selbst für ihre Verhältnisse.
Vor der Sporthalle blieb sie stehen und versuchte, sich ein wenig zu beruhigen, bevor sie die schwere Tür aufstieß und einen Schritt in den großen, müffelnden Raum trat.
„Hallo? Scott?“
Sie hörte ihr eigenes Echo, sonst blieb es still.
Flink zog sie ihr Handy hervor und warf einen Blick auf die letzte Nachricht, die sie bekommen hatte.

Scott, ihr bester Freund, hatte ihr geschrieben. Der Text klang panisch und sagte aus, dass er nicht alleine hier wäre und Hilfe bräuchte.
Aber sie hörte keinen Mucks in dieser Halle. Lediglich ein regelmäßiges Tropfen war zu hören.
Sie hielt inne.
Moment.
Woher kam das? Es regnete doch gar nicht?
Okay, es machte keinen Sinn, hier im Halbdunklen herumzuirren. Also tastete sie die Wand nach dem Lichtschalter ab und betätigte ihn schließlich. Die Neonröhren flackerten kurz und tauchten dann alles in ein kaltes Licht.
Kaylas Blick fiel auf die Turnringe. An ihnen hing, je einen Arm in einem Ring, eine menschliche Gestalt. Sie schnaubte. Da hatte sich Scott anscheinend mit der Theatergruppe einen kleinen Streich mit ihr erlaubt. Gut, dass sie nicht schreckhaft war. Kayla ging näher heran. Das Blut sah wirklich täuschend echt aus!
Leicht berührte sie das Bein der Puppe, was sie dazu brachte, sich leicht zu bewegen. Sie legte den Kopf in den Nacken und sah hinauf. Doch als sie das Gesicht erkannte, hielt sie den Atem an.

Scott.


Mit einem Schrei fuhr sie hoch. Sie zitterte am ganzen Körper, ihr Schlafshirt war schweißdurchtränkt. Hastig griff sie nach ihrem Handy und wählte Scotts Nummer. Danach hielt sie sich es ans Ohr und lauschte dem Freizeichen.
„Kayla?“, hörte sie schließlich Scotts verschlafene Stimme. „Ist was passiert?“
„Geht es dir gut?“, flüsterte sie heiser. „Bitte, sag, dass es dir gut geht.“
„Ja, klar. Rufst du deshalb mitten in der Nacht an?“
Er gähnte.
Sie warf einen Blick auf ihren Wecker. Es war halb fünf in der Früh. Ein Seufzer entwich ihr.
„Tut mir leid, Scott. Ich hab was Schreckliches geträumt. Schlaf weiter.“
„Du auch.“
Er legte auf. Kayla dachte allerdings gar nicht daran, sich wieder hinzulegen. Noch so einen Traum würde sie nicht überleben! Stattdessen stand sie also auf, zog sich eine Jogginghose und ein weites T-Shirt an und außerdem auch noch ihre Laufschuhe. Fing sie heute halt mal früher mit dem Training an.

Sie griff nach ihrem Schlüssel und schlich sich dann aus dem Haus. Nicht, dass ihr Vater noch wach wurde! Normalerweise stand sie um halb sechs auf, selbst das fand er übertrieben. Sowieso, dass sie vor der Schule immer laufen ging, passte ihm nicht in den Kram. Aber er konnte nichts dagegen tun, Kayla war schließlich alt genug und solange ihre Noten gut waren, war er machtlos.

Sie trat aus der Tür und schloss erst einmal die Augen, während sie tief einatmete. Die frische, kühle Luft am Morgen mochte sie sehr gerne. Vermischt mit dem Duft des nahe gelegenen Waldes war es für sie jedes Mal ein Gefühl der Freiheit. Genüsslich dehnte sie sich, bevor sie loslief.

Die ersten Schritte waren befreiend und mit jedem weiterem, den sie lief, schüttelte sie den Schrecken des Albtraumes ein wenig mehr ab.

Weshalb hatte sie überhaupt so reagiert? Okay, die Antwort fand sie schnell: Sie liebte Scott. Sie liebte Scott so sehr, dass es wehtat. Aber er wollte nicht mehr als Freundschaft von ihr, da war sie sich sicher. Ihn darauf ansprechen? Nie im Leben!

Sie waren schon so lange befreundet. Im dritten Schuljahr hatten sie sich kennengelernt und seit dem hatte es keinen Tag mehr gegeben, an dem sie sich nicht sahen. Sie hatte ihn sogar dazu überreden können, mit ihr gemeinsam zum Karate-Unterricht bei ihrem Vater zu gehen! Als sie auf die weiterführende Schule wechselten, kam noch jemand Drittes in den Freundeskreis – Fiona.
Kayla mochte sie. Wirklich! Aber sie war doch ziemlich eifersüchtig auf sie.
Fiona war hübsch, sehr hübsch. Sie hatte lange, dunkelblonde Haare, tiefblaue Augen, ein schönes Gesicht. Und ihre Figur war einfach perfekt! Da konnte Kayla nicht mithalten, mit ihren schlammfarbenden Augen, den dunklen, kurzen Haaren und der eher drahtigen Figur. Gut, Fiona war nicht sportlich, da konnte Kayla auftrumpfen, aber dennoch sahen die meisten Jungs in ihr nicht mehr, als einen Kumpel.

Aber das war egal, sie wollte schließlich nicht irgendeinen Jungen, sie wollte Scott. Der sie nicht wollte. Zumindest nicht, dass sie wüsste. Doch er hatte auch noch nie etwas in diese Richtung angedeutet.

Energisch schüttelte sie den Kopf. Sie wollte jetzt nicht nachdenken, sie wollte jetzt einfach laufen! Ihre Füße schlugen von allein die Route durch den Wald ein. Es war eine lange Strecke, die sie normalerweise nur in den Ferien lief. Aber sie hatte ja Zeit bis um halb sieben, bevor sie wieder daheim sein musste.

Es war sogar erst viertel nach, als sie ankam. Ihr Vater warf ihr einen bösen Blick zu, welchen sie mit einem Grinsen quittierte. Schnell lief sie hoch und ins Bad, bevor ihr Bruder John aufstand und alles blockierte. Dieser Idiot. Er war der Meinung, dass er unwiderstehlich war mit seinen siebzehn Jahren, denn er sah, seiner Meinung nach, einfach nur unglaublich gut aus. Kayla konnte nur lachen, wenn sie das hörte.
Ihre Klamotten flogen weg und kurz darauf ließ sie das warme Wasser der Dusche auf sich herabrieseln. Sie spürte, wie sich ihre Schultern entspannten und seufzte leise. Wie gut das doch tat! Jeden Morgen erfreute sie ihre Dusche erneut.

Eine Stunde später saß sie in ihrem Auto und fuhr zur Schule. Auch, wenn sie es nie zugeben würde, freute sie sich auf den Unterricht – denn heute stand ausschließlich Sport auf dem Stundenplan! Jedes Jahr gab es einen Hungerlauf an ihrer Schule. Die Schüler wurden dazu aufgefordert, Sponsoren zu suchen, die ihnen pro Runde, die sie liefen, schwammen oder mit den Inlinern fuhren, einen bestimmten Betrag auszahlten. Kayla hatte das erst Schwierigkeiten bereitet, da sie in der Umgebung schon für ihre sportlichen Leistungen bekannt war. Doch schließlich hatte sie einen Sponsor in Scotts Vater gefunden, der mal bei einem Glücksspiel gewonnen hatte – und das, obwohl er normalerweise eher ein Pechvogel war.
Wie auch immer.
Er ließ eine hübsche Summe springen. Auch Scott sponserte er, aber dieser war nicht sonderlich sportlich. Nach drei, vier Runden ging ihm schon die Puste aus.

Sie parkte und verschloss ihr Auto, nachdem sie ausgestiegen war. Dann lief sie zu dem Ort, an dem sie sich jeden Morgen mit Fiona und Scott traf – und erstarrte.
Die beiden waren schon da. Und sie waren in einem innigen Kuss vertieft. Scotts Hände lagen an Fionas Hüfte, ihre Arme um seinen Hals und zwischen die beiden hätte kein Blatt mehr gepasst.

Kayla war, als würde die Welt aufhören sich zu drehen. Ihr Herz schien mit dem Schlagen aufzuhören und in eine tiefe Schlucht zu fallen, tiefer und tiefer, ohne irgendwo aufzukommen. Urplötzlich war ihr schlecht und ihr Körper wurde von einem starken Zittern überrollt.

Sie sah nichts mehr außer dieses Paar.
Scott und Fiona, ihre besten Freunde.
Scott, den sie schon seit Jahren kannte, mit dem sie so gut wie jedes Geheimnis austauschte!
Er hatte ihr nicht erzählt, dass er etwas für Fiona empfand!
Fiona!
Fiona wusste, was sie für Scott empfand!
Warum tat sie ihr das an?

Hastig wendete sie sich ab, aus Angst, dass der Kuss beendet würde und Scott in ihre Richtung sah – und die Tränen bemerkte, die über ihre Wangen strömten. Sie rannte los in Richtung Sporthalle, hoffte, dass sie schon längst auf der Laufbahn war, ehe Fiona zum Umziehen in die Umkleidekabine kam. Denn wenn sie diese Blondine jetzt sehen müsste, würde sie für nichts garantieren.

Eine Viertelstunde später stand sie auf dem Platz und dehnte sich zum zweiten Mal an diesem Tag. Ob heute Morgen so weit zu laufen intelligent gewesen war? Sie wollte unbedingt viel Geld erlaufen, denn dieses würde in die Krebsforschung einfließen – eine Sache, die ihr sehr am Herzen lag, denn ihre Mutter war an dieser Krankheit gestorben, als Kayla gerade mal zweieinhalb Jahre alt gewesen war. Gerade wollte sie tiefer in ihren Gedanken versinken, als sie dabei unterbrochen wurde.

„Kayla? Wieso warst du nicht an unserem Treffpunkt?“
Himmel tat es weh, seine Stimme zu hören. Diese Stimme, die ihr sonst eine wunderschöne Gänsehaut bescherte, traf sie jetzt direkt ins Herz, wo sie sich wie ein Giftpfeil hinein bohrte.
„Ich war da“, erwiderte sie mit leiser, kalter Stimme. „Aber ihr wart zu beschäftigt, um mich zu bemerken.“
„Oh, sorry!“
Er sah zu ihr herunter.
„Du bist sauer auf mich, nicht wahr?“
„Ich bin auch euch beide sauer.“
„Weil wir dir nicht gesagt haben, dass wir uns mögen?“
Sie hob ihren Blick und funkelte ihn wütend an.
„Ja! Ich dachte, wir wären Freunde Scott. Ich dachte auch, dass Fiona meine Freundin ist, aber da habe ich mich wohl geirrt. Für euch war ich doch immer nur das fünfte Rad am Wagen! Ihr wärt doch immer lieber nur zu zweit unterwegs gewesen. Denkt ihr, das hätte ich nicht gemerkt? Pah! Natürlich habe ich! Weißt du, Scott, wenn ich mit einem von euch alleine war, hatte ich Spaß, wirklich. Aber nie, nie, nie, wenn ich mit euch beiden unterwegs war! Ihr habt ständig die Köpfe zusammengesteckt und getuschelt und gelacht und wenn ich gefragt habe, was los ist, habt ihr euch angeguckt, lauter gelacht und den Kopf geschüttelt und „Nicht wichtig, Kayla!“ gesagt! Ihr habt mich ständig in allem ausgeschlossen! Wenn wir in einen Club sind, wart ihr es, die zusammen auf der Tanzfläche verschwunden sind, während ich die Getränke hüten durfte. Wenn wir im Kino waren, habt ihr immer nebeneinander gesessen und während des Filmes miteinander geflüstert, während ich außen saß und kein Wort von eurem Gespräch verstanden habe. Wenn wir zusammen gelernt haben, habt ihr euch gegenseitig in den Heften und auf den Blöcken herum gemalt, euch gegenseitig eure Fragen beantwortet, während ihr für mich meistens nur ein genervtes Seufzen übrig hattet, wenn ich mal wieder in Mathe etwas nicht verstanden hatte. Jedes Mal, wirklich jedes Mal, wenn wir uns gesehen haben, dachte ich, dass ich vermutlich nackt vor euch her rennen könnte, ohne, dass ihr mich auch nur in eurem Unterbewusstsein registriert!“

Er sah sie finster an.
„Wenn es dir so auf den Sack gegangen ist, mit uns unterwegs zu sein, weshalb hast du es nicht einfach gelassen?“
„Gott, Scott, weil ich bei DIR sein wollte! Weil ich immer nur... mit dir unterwegs sein wollte.“
Sie sah auf den Boden.
„Weil ich in dich verliebt bin, Scott. Seit der dritten Klasse.“
„Das... das wusste ich nicht.“
„Aber Fiona wusste es. Fiona wusste es!“

Kayla wandte sich ab, als der Startschuss ertönte, ließ Scott, der gerade etwas erwidern wollte, stehen und begann loszulaufen.
Das Laufen war ihr einziger, wahrer Freund, schon immer gewesen und würde es immer bleiben. Nur mit dem Laufen konnte sie sich frei fühlen. Ihr Körper liebte es, ihr Herz liebte es und das beste – es konnte sie nicht verletzen.
Klar, sie konnte fallen und sich ein Bein brechen. Oder den Arm. Oder das Genick. Irgendwas.
Aber es konnte ihr nicht das Herz brechen, so wie ihre besten Freunde es getan hatten.

Scott und Fiona konnten sie mal sonst wo lecken.





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