Gestern, heute, morgen - Eine Liebe für die Ewigkeit - Teil 4

Autor: Raindrop
veröffentlicht am: 10.11.2012


Kapitel 4

Die unerwartete Begegnung mit Sean vor meiner Haustür, beschäftigte mich mehr, als es mir lieb war und so schweiften meine Gedanken auf dem Weg zum Einkaufszentrum, das nur wenige Kilometer von unserer Nachbarschaft entfernt war, ab.
Sean wohnte jetzt in der Nachbarschaft, an diesen Gedanken verzweifelte ich. Es war doch schwer genug, ihn jeden Tag in der Schule sehen zu müssen, seine Anwesenheit zu spüren, seinen Duft wahrzunehmen, in seine grauen -so vertrauten- Augen zu sehen und dabei zu wissen, dass ich ihn nicht nah sein durfte, nicht küssen, nicht berühren.
Mein Entschlossenheit bröckelte wie ein marodes Mauerwerk.
Wie konnte man seiner Liebe aus dem Weg gehen und noch schlimmer, diese ignorieren und sich in Vergessenheit hüllen.
“Er scheint aber nett zu sein.” - hörte ich Mila sagen und sah sie perplex an. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, von wem sie gesprochen hat.
“Wer?” - wollte ich dann wissen.
“Von wem haben wir denn gesprochen?” - sie schien empört. “Na Sean.” - sagte sie dann, als ich immer noch ganz verwirrt dreinblickte. “Hast du mir wieder nicht zugehört?” - beschwerte sie sich und sah mich dabei missgünstig an.
“Natürlich habe ich dir zugehört.” - trotzte ich und merkte, wie mein Gesicht zu glühen begann. Das geschah immer, wenn ich in Verlegenheit gebracht wurde.
“Nein, hast du nicht.” - wiederholte sie. “Aber Sean ist ganz nett.”
“Er hat doch kaum ein Wort gesagt.” - machte ich ihr klar. “Er kam ja auch nicht dazu.” - stichelte ich und sah meine beste Freundin vielsagend an.
“Willst du damit sagen, dass ich zu viel gequatscht habe?” - eine Spur von Unsicherheit legte sich über ihr Gesicht.
“Ja.” - ich nickte.
“Habe ich nicht.” - stritt sie ab und biss sich auf die Unterlippe. “Oder habe ich doch. Ich bin aber wirklich viel zu verquatscht. Ich hoffe, er hält mich jetzt nicht für eine Quasselstrippe.”
“Tut er sicherlich.” - machte ich ihre Hoffnung zunichte und musste über Milas entrüsteten Gesichtsausdruck lächeln. “Aber du bist die liebenswerteste Quasselstrippe auf der ganzen Welt.” - meinte ich dazu und legte meinen Arm um ihre Schulter.
“Warum hast du nichts gesagt? Du weißt doch, wenn ich einmal mit dem Sprechen angefangen habe, dann finde ich kein Ende.” - rügte sie mich und warf beleidigt meinen Arm ab.
“Ich kam ja gar nicht dazu.”
“Du bist mir eine Freundin.” - beschwerte sie sich und beschleunigte ihren Gang.
“Warum ist es dir so wichtig, was Sean über dich denkt?” - ich holte Mila ein. “Wir kennen ihn kaum.”
“Ich finde ihn halt nett.” - sie versuchte gleichgültig mit den Schultern zu zucken.
“Nur nett?” - wollte ich wissen und sah sie von der Seite an.
“Ja, er ist nett.” - Mila sah verlegen auf den Boden. “Und sexy, geheimnisvoll und sehr … nett.” - fügte sie hinzu und lief jetzt noch einen Stück schneller.
Ich sah ihr nach und ein komisches Gefühl bildete sich in meiner Magengrube. War meine beste Freundin etwas dabei, sich in Sean zu verlieben? In meinen Sean? Ich wusste noch nicht, wie ich es finden sollte. Natürlich wollte ich mich von Sean fernhalten, aber wollte ich, dass eine andere mit ihm zusammen war? Besonders, wenn diese andere, meine beste Freundin war, die ich wie eine Schwester liebte? Es war ein undefinierbares Gefühl, was mich beschlich.
“Abby!” - hörte ich Milas Stimme. Sie war schon einige Meter vorangegangen.
“Also stehst du auf Sean?” - wollte ich genauer wissen, als wir wieder nebeneinander liefen,
“So würde ich es nicht nennen, wir kennen uns kaum. Aber der erste Eindruck ist sehr positiv.” - teilte sie mir mit.
“Was ist denn mit Henry?” - hackte ich weiter nach.
“Seien wir mal realistisch. Ein Junge wie Henry wird nie etwas von einen Mädchen wie mir wollen.” - sie klang sehr enttäuscht.
“Warum nicht? Du bist hübsch, witzig, intelligent …” - zählte ich auf. Ich fand Mila mit ihrem kastanienbraunen Haar, den vollen Lippen und den grünen Augen wunderschön.
“Aber leider bin ich nicht blond, vollbusig und mit Jungs erfahren.” - fügte sie meiner Liste bei. “Und er weiß ja auch gar nicht, dass es mich gibt.” - sagte sie dann und sah auf ihre Schuhspitzen runter.
“Vielleicht ist Sean ja auch so ein ignoranter Idiot.” - sagte ich dazu und Mila lächelte.
“Das glaube ich nicht.” - meinte sie und ich sah sie fragend an. “Ich weiß nicht warum, aber ich glaube, dass er eigentlich ganz schüchtern und freundlich ist, obwohl er nach außen so hart aussehen und klingen mag.” - sie sah mich an.
Ich bewunderte Mila um ihre Menschenkenntnis. Genauso war Sean.
“Vielleicht sollte ich mich lieber in ihn verlieben.” - schwärmte sie und lachte laut auf.
“Du bist echt verrückt.” - sagte ich dazu.
“Nur manchmal, die meiste Zeit bin ich eigentlich sehr gescheit.” - entgegnete sie und ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. “Was ist denn eigentlich mit dir?”
“Was ist mit mir?” - fragte ich ahnungslos und Milas Augenbrauen fuhren in die Höhe.
“Du und Tony?”
“Auch nichts.” - antwortete ich.
“Immerhin bist du schon seit unzähligen Jahren in ihn verliebt.” - sagte sie und ich kratzte mir an der Nase.
Seans Eintritt in mein Leben brachte auch meine ganze Gefühlswelt durcheinander. Seit einigen Jahren war ich tatsächlich in meinen Mitschüler Tony verliebt und traute mich einfach nicht, ihn anzusprechen und ins Kino einzuladen. Doch jetzt, wo mein Seelenverwandter auf der Bildfläche erschienen war, vergaß ich es komplett.
`Aber vielleicht sollte ich es mir wieder in Erinnerung rufen?`, kam mir der Gedanke, so simpel und doch so genial.
“Abby, bist du noch da?” - Mila wedelte mit der Handfläche vor meinem Gesicht. Ich blinzelte schnell und freute mich über meinen großartigen Einfall.
“Ja, bin ich.” - antwortete ich dann. “Weißt du was?” - sie sah mich fragend an. “Wenn ich das nächste Mal auf Tony treffe, lade ich ihn einfach zu einem Date ein.” - versprach ich ihr und sie schlug sich die Hände vor den Mund.
“Echt?” - Bewunderung zeichnete sich in ihrem Gesicht ab. Ich bestätigte mit einem energischem Kopfnicken. “Du bist echt mutig.”- sagte sie anerkennend. “Ich würde mich so was nie trauen.” - gestand Mila, als wie die große Tür des Einkaufszentrums durchquerten. “Heute scheint ja dein Glückstag zu sein.” - sagte sie plötzlich und ich folgte ihrem Blick.
In dem Cafe, nicht weit von uns entfernt saß eine Gruppe Jugendlicher, auch Tony unter ihnen. Sofort rutschte mir das Herz in der Hose.
“Soll ich wirklich?” - jetzt wurde ich von meiner Unsicherheit mit ganzer Kraft gepackt und richtig geschüttelt, sodass mir schlecht wurde.
“Aber sicher. Du bist doch mutig.” -stärkte mir Mila den Rücken. “Du schafft es. Mehr als Nein, kann er ja nicht sagen.” - ich sah sie böse an. “War nicht so gemeint.”
Ich drehte mich zu der Clique und holte tief Luft. Meine Hände wurden ganz schwitzig.
Auf halben Wege drehte ich mich zu meiner Freundin um, die mich mit zweit Daumendrücken anfeuerte.
Meine Beine fühlten sich wie Wackelpudding an, doch ich zwang mich weiterzugehen.
“Hallo Tony.” - meine Stimme hörte sich total piepsig an und ich räusperte mich. “Hallo Tony.” - versuchte ich es noch mal und jetzt zitterte die Stimme zwar noch, aber war schon etwas sicherer.
“Hallo Abby.” - grüßte er zurück und schenkte mir sein strahlendes Lächeln. “Was geht?” - wollte er wissen. Die vier Jungen, die ihn begleiteten, sahen mich aufmerksam an mit einer gewissen Häme in den Gesichtern. Wie ein Affe im Zoo, fühlte ich mich.
“Tony, kann ich dich unter vier Augen sprechen?” - bat ich ihn und einer der Jungen, der ganz sicher unserer Schule begann pfiff dann anerkennend, die anderen Beiden brachen im Gelächter aus. Ich spürte langsam, wie meine Wangen zu glühen anfingen.
“Ja sicher.” - meinte Tony nur dazu und ignorierte die Anspielungen seiner Begleiter vollkommen. Er stand von seinem Stuhl auf und gab dem Jungen, der gepfiffen hatte, im Vorbeigehen einen Klaps auf den Hinterkopf.
Als wir außer Hörweite waren, blieb ich stehen und drehte mich zu Tony um.
“Was gibt`s?” - wollte Tony dann lässig wissen.
Ich schluckte wieder nervös und atmete tief durch.
Mein Schicksal wollte mit mir ein Spiel spielen, also spielte ich mit, aber nach meinen Regeln.






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