WTC- Wenn der Tod uns scheidet - Teil 2

Autor: Engelchen
veröffentlicht am: 27.02.2013


Nach langer Zeit eine Fortsetzung :D Ich hoffe sie gefällt euch und danke für die lieben Kommis :)
Wir würden uns wieder riesig über Kommis freuen...
Lg Engelchen & Euphoria





SIE

Am nächsten Morgen stehe ich voller Elan auf. Diese Nacht war die erste Nacht an der ich nicht den Traum hatte. Schnell mache ich mir einen Kaffee und gehe duschen. Über pünktlich erscheine ich beim Besichtigungstermin. Der Makler ist noch nicht da also entscheide ich mich schon alleine ein bisschen umzugucken. Aber leider komme ich nicht weit, denn schon nach ca. 3min. kommt ein gut aussehender Mann auf mich zu, der sich als Makler entpuppt. ,,Hi ich bin Taylor Smith. Aber bitte nenne mich Taylor und du musst Mrs. Davis sein“, lächelt er mich keck an.,,Ja die bin ich! Aber du kannst mich Mel nennen“, gebe ich zurück. Taylor zieht einen Schlüsselbund aus der Tasche und schließt die Tür des Wohnblocks auf. Ich lasse ihm den Vortritt, denn erstens kenne ich mich hier nicht aus und zweitens kann ich ihn dann besser mustern : Er hat schoko-braune Haare und Augen. Seine Haare sind lässig zur Seite gestylt und sein Körper ist ziemlich muskulös gebaut, nicht übertrieben muskulös... aber trotzdem muskulös. Als er meine Blicke bemerkt fängt er an zu grinsen.,, Mel, du kannst eintreten“, sagt er und zeigt auf die orange Tür, die er höflich aufhält. Ohne etwas zu erwidern trete ich ein und schaue mich um. Die Wohnung ist perfekt! Aber das sage ich Taylor natürlich nicht gleich, da es echt Spaß macht sich von ihm durch die Räume führen zulassen und er mich schnell auf andere Gedanken bringt. Wir lachen und albern sehr viel rum. Erst als ich auf die Uhr gucke bemerke ich, dass die Führung schon fast 3 Stunden dauert. Auch Taylor blickt auf die Uhr und meint dann traurig:,,Hat echt viel Spaß gemacht dich rum zuführen! Leider habe ich in einer halben Stunde noch einen Termin. Du kannst mir ja dann morgen Bescheid sagen, ob die Wohnung was für dich ist. Achso und du solltest mir unbedingt deine Nummer geben, falls ich dir etwas Wichtiges mitteilen muss. Weil ich hab deine Nummer nach unserem Telefonat gestern leider verlegt.“ Mit einem Lächeln im Gesicht schreibe ich schnell meine Nummer auf seinen Block. Grinsend verabschiedet er sich von mir. ,,Was für ein Typ“, denke ich. Zu Hause angekommen packe ich alle Sachen zusammen mit Ausnahme von denen, die ich morgen noch benötige. Denn eins steht fest: Ich fange morgen mein neues Leben an. Fröhlich stapfe ich zu meinem Stammitaliener an der Ecke. Doch auf dem Weg dorthin läuft vor mir ...JAKE?! Nein das kann nicht sein Jake ist Tod und außerdem hat Jake keine so lange, strubbeligen, Haare. Schnell schlage ich mir diesen Gedanken aus dem Kopf...aber trotzdem ist meine Stimmung für den Rest des Abends im Keller. Was auch der Grund ist warum ich schon um neun schlafen gehe. Doch erst nach guten vierzig Minuten döse ich ein.


>>Ich sitze in einem kleinen Ruderboot. Die Wellen werden immer höher. Ich fange an zu schreien, aber niemand hört mich. Neben dem Boot ragt eine Hand aus dem Wasser. Neben ihr taucht Jakes Kopf aus dem Wasser . Als ich ihm meine Hand reiche zieht er mich ins Wasser. Wieder schreie ich und versuche mich über Wasser zu halten, aber Jake zieht mich immer wieder und auch immer weiter unter Wasser. Plötzlich greift Taylors Hand nach mir. ,,Lass ihn los Mel! Er reißt dich in den Tod! Mel hörst du?“, ruft er verzweifelt.,,Nein das kann ich nicht!“, schreie ich. ,,Bitte. Mel tu es für dich! Er ist nicht der richtige wenn er dir kein Glück gönnt! Du musst ihn loslassen! In deinem Inneren ist er immer bei dir. Mach dich nicht unglücklich! Du bist noch jung. Irgendwann trefft ihr euch wieder. Aber das muss nicht jetzt sein. Genieße die Zeit auf der Erde, denn sie ist nicht unendlich.“ ,,Tschüss Jake“,flüstere ich und lasse seine Hand los.Taylor zieht mich in das Boot und mir laufen Tränen über die Wangen.<<


Dring,Driiiing... Das Klingeln der Wohnungstür lässt mich wieder aufwachen. Müde gehe ich dran und sehe in das Gesicht meiner besorgten Nachbarin. ,,Ist alles in Ordnung? Ich habe Schreie gehört und da..... oh Kind du weinst ja. Was ist passiert“, fängt diese sofort an zu reden. ,,Tut mir Leid...wenn ich sie gestört habe. Ich habe nur so einen furchtbar traurigen und grusligen Film gesehen. Das war wohl nicht so schlau... naja also nichts sonderlich weltbewegendes...“,wimmle ich sie schnell ab , da sie meine Probleme nichts angehen. Und fünf Minuten später bin ich wieder alleine. Dieses Mal versuche ich nicht zu schlafen, sondern ich packe alle Sachen die mich an Jake erinnern entweder in den Müll oder in einen separaten Karton. ,,Ich muss loslassen“, murmle ich immer wieder. Und als ich dann fertig bin, schlafe ich doch ein. Doch dieses Mal ohne Traum.


ER
Ich gehe langsam den Weg zu meiner Wohnung, als ich auf einmal das Gefühl habe, beobachtet zu werden. Ich drehe mich um und- sehe aber niemanden hinter mir. „Mhmm, muss wohl Einbildung gewesen sein.“ Und schon weichen meine Gedanken wieder ab. Endlich bin ich wieder zu hause. Ich schließe die Tür auf und begebe mich sofort ins Bett, denn morgen habe ich einen anstrengenden Tag vor mir.


Am nächsten Morgen beschließe ich mal wieder seit längerer Zeit einen Café außerhalb zu trinken. Der Kellner bringt mir wie immer einen starken Cappuccino und kann sich dabei eine Bemerkung nicht verkneifen: „Heute mal allein hier?“ Ich habe das Gefühl, vom Blitz getroffen zu werden und hätte am liebsten die Flucht ergriffen. In der Mittagspause hatte ich mich normalerweise immer mit ihr hier getroffen. „Ähm jaa!“ „Aber es ist doch noch alles in Ordnung zwischen Ihnen und ihrer Freundin?“ „Nein, wir sind nicht mehr zusammen!“ Ich versuche kalt zu klingen und das überraschte Gesicht des Kellners zu ignorieren. Er murmelt noch irgendeinen schlauen Spruch und verschwindet dann schnell. Mich schockiert meine Aussage irgendwie selbst. Wie soll man nur mit dem Tod eines so geliebten Menschen umgehen? Sie war mein zweites Ich! Das ist unmöglich! In Filmen ist das oft ein Thema, aber diese Darstellung entspricht niemals der Realität. In der Realität ist alles viel schlimmer. Es ist, als hätte man dir ein Stück deines Lebens herausgeschnitten oder das halbe Herz. Und doch muss man damit klarkommen! Ich schüttele den Kopf. So komme ich nicht weiter. Es kommt mir gerade passend gelegen, dass ich heute diesen Termin mit Dr. Sunshine habe. Ich lege das Geld auf den Tisch und mache mich auf den Weg durch die Stadt zu seinem Büro. Dabei versuche ich möglichst an andere Dinge zu denken, als an sie. An meinen ersten Arbeitstag zum Beispiel. Ich bin froh, dass ich in der neuen Firma mir meine Arbeitszeiten grundlegend selbst einteilen kann. So kann ich mir heute Zeit für das Gespräch nehmen. Sowieso sieht es so aus, als würde mir der Job sehr viel Selbstständigkeit und Einzelarbeit versprechen. Es klingt also vielversprechend für mich. Ich habe einfach keine Lust auf andere Menschen. Vielleicht ist dieser Gedanke nicht richtig, vielleicht sollte ich mal wieder in das Leben da draußen eintauchen, aber dazu finde ich es noch zu früh und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich meine Ansicht dazu jemals ändern wird. Ein Teil von mir ist verloren gegangen. Ich muss lernen, ohne diesen Teil zu leben. Aber ich kann nicht so weiter machen als zuvor. Es hat mich einfach verändert. Wie in Trance reiße ich die Tür zum Treppenhaus des Büros auf. Während ich die Stufen erklimme, denke ich darüber danach, was ich mir eigentlich von diesem Termin erhoffe. Beim Lesen der Anzeige, dachte ich einfach nur: Psychologen sind dazu da zu helfen. Und du hast Hilfe nötig. Ist das so? Habe ich Hilfe nötig? Komme ich damit nicht allein zurecht? Ja so ist es, sagt eine Stimme in mir. Also überwinde ich mein Ego und öffne die Tür. Ein Versuch ist es wert.



Hinter der Anmeldung sitzt eine zierliche, junge Frau, deren lateinamerikanischen Wurzeln unverkennbar sind. Ihre dunklen Augen wirken unheimlich tief und ihr herzhaftes Lachen wirkt tatsächlich echt. „Hey wie kann ich Ihnen helfen?“, fragt sie kaugummikauend. „Ich habe einen Termin bei Dr. Sunshine.“ „Einen Augenblick bitte. Wie ist ihr Name?“ „Brown. Jake.“ Ich muss mich selbst für diese tolle Vorstellung loben. Und blicke auf das Schildchen, dass sie an ihrem Blazer trägt. Leila Garcia. Sie blinzelt mich lächelnd an und überprüft meine Daten. „Richtig. Mister Sunshine erwartet sie. Sein Zimmer ist geradeaus rechts.“ Wieder zwinkert sie mir zu und ich bedanke mich mit einem Lächeln auf den Lippen. Schweren Schrittes begebe ich mich in die beschriebene Richtung und klopfe an. „Herein!“ Ich trete langsam in den Raum. Er ist neutral gehalten. Gelborange Wände, spärliches, aber dafür Designermobiliar und ein paar langweilige Bilder an den Wänden. Dr. Sunshine ist mittleren Alters und man sieht ihm auf den ersten Blick an, dass er noch gut in Form ist. Er hat etwas Aufgeschlossenes und optimistisches in seiner Ausstrahlung, die sofort Besitz an einem ergreift. Nur habe ich das unangenehme Gefühl, dass er mich sehr gründlich beobachtet. Ich lasse mich auf einen Stuhl vor dem großen, filigranen Schreibtisch nieder und Dr. Sunshine meint, während er einen flüchtigen Blick auf seinen Terminkalender wirft: „Schön, Mister Brown, dass sie den Weg zu mir gefunden haben. Was führt sie hierher, wenn ich fragen darf?“ Ich räuspere mich. „Ähm also, meine Freundin ist bei dem Anschlag auf das World Trade Center umgekommen…“ Dr. Sunshines Miene verdüstert sich augenblicklich und er nickt ernst. „Mein aufrichtiges Beileid, Mistern Brown. Dieses verdammte Schicksal immer, hm? Obwohl ob man hier über Schicksal sprechen kann, ist sicher fraglich! Es ist ganz sicher nicht schön, jemanden geliebtes durch so etwas zu verlieren, nicht wahr?“ „Es macht einen wütend!“ „Ja ganz bestimmt! Wissen Sie, es geht so vielen Leuten wie Ihnen! Ich alleine habe schon sehr viele Patienten deshalb. Manchmal denke ich darüber nach, ob eine Gruppentherapie nicht sinnvoller wäre….!“ Wie ich diesen Satz „Es geht so vielen Leuten wie Ihnen“ hasse! Wenn jemand durch eine Massenkatastrophe ums Leben kommt, dann wird das gerne verallgemeinert und vergessen, dass das alles individuelle Menschen waren und jeder sein eigenes Schicksal hatte, so wie er auch ein einzigartiger Mensch war. Ich hasse es, wenn das alles zusammengefasst wird. Nur weil die Todesursache dieselbe ist, sind die jeweiligen Situationen doch nicht dieselbe. Ich wurde, glaube ich ein wenig aufgebracht. „Ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee ist, Dr. Sunshine. Alle Opfer und ihre Angehörigen haben doch ihre eigene Geschichte und sind somit sehr verschieden!“ Er nickt wieder so wissend und das regt mich leicht auf. „Nennen sie mich, Jerry, Mr. Brown. Nehmen sie mich als Freund, nicht als Arzt, ich bevorzuge dieses Verhältnis zu meinen Patienten. Ich kann ihren Standpunkt nachvollziehen. Aber in solchen Situationen ist es einfach unglaublich wichtig, dass man den Kontakt zur Außenwelt, zum Leben nicht verliert, glauben sie mir. Eine gewisse Trauerphase ist in Ordnung, aber man darf es nicht übertreiben.“ „Aber man kann auch nicht so tun, als wäre nichts passiert.“ Ich hatte keine Lust, ihm ebenfalls anzubieten, mich beim Vornamen zu nennen. „Das verlangt niemand von Ihnen. Ohnehin hat sich in ihrem Leben jetzt sehr viel verändert, dann dürfen auch sie einige Veränderungen daran vornehmen. Wie wäre es mit einem Umzug? Einem neuen Job? Einer neuen Stadt?“ „Einen neuen Job habe ich längst, den alten habe ich ja verloren, durch diesen scheiß Anschlag!“, murre ich und denke mir, dass ich ihm wohl möglich eine reinhauen würde, wenn er jetzt nicken würde. „Und was machen sie?“ „Bauingenieur, dasselbe wie zuvor!“ „Aha. Vielleicht sollten sie etwas ganz anderes ausprobieren. Etwas was ihr volles Engagement, ihren vollen Einsatz erfordert!“ „Mein Job erfordert genug Einsatz. Ich habe nicht die Kraft, noch einmal ganz von vorne anzufangen!“ „Das müssen sie ohnehin, Mr. Brown!“ „Ja, ich muss! Aber interessiert es irgendjemanden ob ich kann?“, schreie ich. „Naja, wen sollte es auch interessieren? Auf Wiedersehen, Jerry, ich habe zu tun!“ Mit diesen Worten verlasse ich stürmisch die Praxis und eile an der verdutzten Leila Garcia vorbei. Ich höre noch Jerrys Worte hinter mir: „Mister, warten sie doch! Machen sie eine Reise, Jake!“ Doch ich gehe raus in unsere Stadt, in Mels und meine. Wahrscheinlich wollte ich gar kein neues Leben, ich wollte sie gar nicht vergessen, sie wird für immer ein Teil von mir bleiben! Warum kann sie nicht mehr bei mir sein?








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