Schatten des Mondes - Teil 18

Autor: Ai
veröffentlicht am: 16.11.2012



Die Nacht war dunkel, kein Stern erhellte den Himmel. Der Wind fegte durch den Wald. Es war nichts zu sehen, bis auf ein Licht. Einsam flackerte es in der Ferne. Es war ein Feuer. Mitten im Wald war ein Feuer ausgebrochen. Es gab keinen Grund dafür, kein Gewitter, kein Blitz, der irgendwo eingeschlagen war. Jemand hatte das Feuer gelegt.
Dunkle Gestalten huschten zwischen den Bäumen hindurch auf die Flammen zu. Ich konnte ihre Gesichter nicht erkennen und sie konnten mich nicht sehen. Das Feuer breitete sich immer weiter aus, es geriet außer Kontrolle. Ein Baum nach dem anderen wurde von der heißen Glut eingenommen und schließlich stand der ganze Walt in Flammen.
Ich war gefangen. Es gab keinen Ausweg mehr. Es war so heiß und der dunkle Rauch schnürte mir die Kehle zu. Hustend ging ich zu Boden.
„Vio!“ jemand rief meinen Namen. „Vio! Mach die Augen auf! Nicht einschlafen!“ Die Stimme wurde immer leiser und schließlich schreckte ich aus diesem furchtbaren Albtraum auf.
Es war Sonntagmorgen, drei Uhr und ich lag schweißgebadet schwer atmend in meinem Bett und versuchte mich wieder zu beruhigen. Ich wusste gar nicht, dass der Brand mich so mitgenommen hatte.
Ich holte mir ein Glas Wasser aus dem Bad und wollte mich gerade wieder ins Bett legen, als ich Paku durchs Fenster wegfliegen sah. Warum schickte meine Mutter ihn um diese Uhrzeit weg?
Normalerweise wäre es mir egal gewesen. Normalerweise hätte ich mich einfach wieder in mein Bett gelegt und wäre wieder eingeschlafen. Aber jetzt, nach allem, was passiert war, konnte ich einfach nicht mehr schlafen gehen. Die Geister, das Feuer, Eric. Irgendwas stimmte hier nicht und ich war mir ziemlich sicher, dass ich mehr erfahren würde, wenn ich Paku folgen würde.
Und genau das tat ich auch. Ich schnappte mir meinen Besen und legte einen Glanzstart hin. Ich war schnell genug, um ihn noch sehen zu können. Er flog in Richtung Wald. Ich war bemüht nicht in die hohen Baumwipfel zu krachen und gleichzeitig Paku nicht aus den Augen zu verlieren, was gar nicht so einfach war, denn er als Vogel war natürlich ein viel besserer Flieger als ich, als absolute Niete.
Aber ich schaffte es ihm unbemerkt bis zu einer kleinen Hütte zu folgen. Was machte er hier bloß? Ich wusste bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal, dass diese Hütte hier überhaupt existierte. Ich landete, so galant wie ich konnte, in einer Fichte, von wo ich einen guten Blick auf die kleine Lichtung hatte, wo Paku gerade auf einem der Fensterbretter landete. Unsicher klammerte ich mich an den Stamm des Baumes und sah zu, wie er mit dem Schnabel an die Fensterscheibe klopfte. Erst jetzt bemerkte ich, dass er einen kleinen Zettel um sein rechtes Beinchen gebunden hatte. Einen Moment später wurde das Fenster geöffnet und Paku hüpfte hinein.
Ich krallte meine Hände in die Rinde. Was sollte das Alles? Wer wohnte in dieser Hütte und warum schieckte meine Mutter ihm Paku mir irgendeiner Nachricht oder was auch immer? In mir kam der Verdacht auf, dass das Alles etwas mit dem Brand zu tun haben musste. Mein Traum. Es brannte im Wald. Es war ein dichter Wald mit vielen Nadelbäumen, genau wie hier.
Plötzlich hörte ich einen Knall. Die Fenster der Hütte zersprangen, Paku sauste heraus, dicht gefolgt von einer Druckwelle aus Flammen und Rauch. Eine Explosion. Ach du scheiße!
Ich blieb wie angewurzelt auf dem Fichtenast an den Stamm gekrallt stehen. Was war denn jetzt passiert? Erschüttert sah ich zu, wie die Hütte von den Flammen zerfressen wurde. Wie in meinem Traum griff das Feuer über auf die umliegenden Bäume.
Plötzlich kamen drei Gestalten aus dem Wald auf die Lichtung zugerannt. Eine dieser Gestalten öffnete die brennende Tür – scheinbar ohne jegliche Schmerzen – und noch eine Gestalt trat aus der brennenden Hütte hervor. Die vier Gestalten redeten über irgendetwas. Ich konnte sie weder genau erkennen, noch konnte ich hören, was sie sagten.
Was passierte hier nur?
Das Feuer breitete sich immer weiter im Wald aus. Langsam wurde es heiß. Der Rauch stieg zu mir hoch und benebelte meine Sinne. Es war wohl höchste Zeit zu verschwinden. Und höchste Zeit endlich herauszufinden, was zum Teufel hier eigentlich los war.
Ich packte meinen Besen, setzte mich drauf und flog, mit einem unsanften Schlenker nach unten, davon. Weg von den Flammen. Einfach nur weg von den Flammen! Doch der Rauch wurde immer dichter, ich konnte nichts mehr sehen. Ich wollte höher fliegen, aus dem Qualm hinaus. Doch bevor ich die richtige Höhe erreichen konnte, fing mein Besen Feuer. Der Rauch war einfach zu heiß, die Borsten hatten Feuer gefangen. Somit war die Magie zerstört und es ging für mich abwärts.
Zuerst nur langsam, doch dann immer schneller kamen die Bäume und die Flammen auf mich zu. Der Rauch verengte mir die Atemwege. Ich konnte nicht einmal mehr husten. Als ich in den Ästen der Bäume hängen blieb und von den scharfen Nadeln der Fichten zerkratzt wurde, spürte ich langsam, wie mein Bewusstsein abglitt.
Das letzte, was ich noch wahrnahm war mein Name. Jemand rief meinen Namen, wie in meinem Traum. Es war alles wie in meinem Traum. Was war hier nur los?






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