Secret Destiny - Teil 5

Autor: Noa
veröffentlicht am: 15.10.2012


Wenn euch etwas an dem Café nicht gefällt, sagt es mir bitte ^^. Ich glaube das Vorstellungsgespräch habe ich doch etwas zu unseriös wirken lassen ;D
Viel Spaß beim Lesen und ich bin schon total gespannt auf eure Meinungen (:

Noa

Kapitel 5 – Café Louis Surprise

Am nächsten Morgen verliefen die ersten zwei Stunden ruhig. Das Radio sang, Liana schmatzte vor sich hin und meine Mutter trank ihren Kaffee. Mein Vater war schon früh auf den Beinen und musste arbeiten, sowohl in der Stadt als auch in der Pension.
Irgendwie wollte ich einen Ferienjob. Auf den Gedanken kam ich nur wegen unseres gemeinsamen Frühstücks. Jeder hatte plötzlich Zeit und ich furchtbare Langweile. Wenn ich bloß für die restlichen sechs Wochen eine Beschäftigung hätte. Ob es in der Stadt etwas für mich geben würde?
Ich lächelte und nippte genüsslich an meinem Kakao.
„Was grinst du so?“, fragte Tanja und zog misstrauisch eine Augenbraue in die Höhe.
„Ich überlege in der Stadt einen Ferienjob anzunehmen. Aber ich möchte nicht in einem Blumenladen oder Ähnlicherem arbeiten, sondern etwas viel Interessanteres machen. Aber dazu müsste ich mich erst umsehen.“, sagte ich und schluckte den letzten Tropfen Kakao nach unten.
„Das klingt gut. Du wirst sowieso noch nicht viel anstellen können in der Gegend. Wir haben noch kein Internetkabel, geschweige denn einen anständigen Satelliten. Unser aktueller stammte aus der Steinzeit und bringt ein furchtbar schlechtes Signal. Aber Papa kümmert sich schon darum. Deshalb habe ich mir heute frei genommen – mein Chef ist so furchtbar nett-“, erzählte sie und wechselte zwischen ihren eigenen Wörtern ständig das Thema. Die Wörter sprudelten wie ein Wasserfall aus ihrem Mund und ich hörte ihr teilweise nicht mehr ganz zu. Es war schön sie lächeln zu sehen und zu wissen, das alles in ihrem Leben ohne Probleme verlief.
„Warum arbeitest du nicht wie in Berlin nebenberuflich als Kellnerin? Oder in einem Supermarkt?“, schlug Liana vor und winkelte ihre Füße auf dem Stuhl an.
„Ja, das könnte ich. Mal schauen was es so für Geschäfte gibt.“, bestätigte ich und stand auf. „Ich werde mich jetzt fertig machen und in die Stadt gehen. Dann frage ich bei einem interessanten Unternehmen mal nach, ob sie jemand wie mich gebrauchen könnten.“
„Mach das, Süße. Falls du dir Sorgen machst, warum dein Vater und ich ab zwei Uhr nicht mehr daheim sind, wir sind außerhalb der Stadt. Es gibt noch ein paar wichtige Erledigungen zu machen. Die Gäste sind auch schon da, also wundere dich nicht. Und wir stellen bald einen Angestellten an, der die Nachtschichten an der Rezeption übernimmt.“
„Ok.“, sagte ich und stand auf. „Dann bis später.“
Mit diesen letzten Worten verschwand ich in mein Zimmer, zog mich um und rannte nach draußen.
Es dauerte keine zehn Minuten da betrat ich schon die Pflastersteine. Am heutigen Tag war es richtig ruhig und ich konnte mir daher in Ruhe die Geschäfte anschauen. An einer Straßenecke war ein kleines Café, das eine sehr gemütliche Atmosphäre ausstrahlte. Die Sitze waren aus Leder und sahen aus wie ein Sofa. Im hinteren Bereich gab es auch dunkle Holzstühle mit einem gleichfarbigen runden Tisch in der Mitte. Die Wände waren beige und die Fußleiste aus Eiche. Die Theke war groß und lang. Es hatte beinahe über zwölf Stunden geöffnet, bis auf den Sonntag. Dort waren die Öffnungszeiten knappe sechs Stunden. Ob das bei jedem Café so war? Über dem Geschäft stand groß: Café Louis Surprise
Louis war bestimmt der Unternehmensgründer.
Mein Blick ruhte schon eine ganze Weile vor der riesigen Fensterscheibe und einige Leute, die drinnen gemütlich aßen fühlten sich etwa beobachtet oder fragten sich, warum ich da stand und nicht hineinkam. Aber der Gedanke, in solch einem Café zu arbeiten, wäre gar keine schlechte Idee. Mit Kunden konnte ich gut umgehen und damals kellnerte ich auch in einem Restaurant für eine gewisse Zeit lang. Außerdem hatte ich nun keine andere Wahl. Der Supermarkt war geschlossen und mit Tieren wollte ich nicht zusammenarbeiten. Dieser Job war mir dafür zu gefühlvoll.
Als meine Augen sich auf den Eingang richteten, den ich eigentlich gerade betreten wollte, spazierte ein Mädchen aus dem Café und schaute mich verwirrt an.
„Sag mal, du stehst schon eine Weile da und starrst zu uns hinein. Suchst du etwas oder traust du dich nicht hinein zu kommen?“, fragte sie und hob dabei eine Augenbraue hoch. Das war mir nun etwas unangenehm. Durch meine langen Überlegungen waren mindestens schon drei Minuten vergangen und natürlich wirkte es etwas seltsam, wenn ich dann auch noch an der Scheibe vor zwei Gästen stand. Die Schamesröte breitete sich in meinem Gesicht aus und das Mädchen wartete noch immer auf meine Antwort.
„Ich suche Arbeit.“, stammelte ich. Der verwunderte Ausdruck des Mädchens wich nicht aus ihrem Gesicht.
„Da musst du mit Louis sprechen, unserem Chef. Komm mal mit hinein und dann führe ich dich zu ihm.“, sagte sie und hielt die Glastür geöffnet. Ich lächelte beschämend und lief hinein. Der helle Holzboden unter meinen Füßen begann zu knirschen.
Das Mädchen folgte mir und blieb an der Theke stehen. Die blonden, kinnlangen, glatten Haare hatte sie vorne mit einem Spängchen zurückgeklappt. Dadurch lag ihr komplettes blasses Gesicht offen und ihre hellblauen Augen kamen deutlich zur Geltung. Ihre Wimpern waren getuscht und sie benutzte einen blauen Lidschatten. Sie war wirklich ein hübsches Mädchen. Über ihrer normalen Kleidung, einer hellblauen Jeans, einem roten T-Shirt und schwarzen Sportschuhen lag eine weiße Schürze mit der Aufschrift Café Louis Surprise, zusätzlich mit einem Namensschild. Anscheinend hieß sie Liv.
„Mädels, ich bin gleich wieder da.“, rief sie zu den beiden Mädchen an der Theke. Die eine hatte langes, gelocktes, dunkelbraunes und die andere hellbraunes, glattes Haar.
„Alles klar!“, rief die eine.
Liv lief mit mir in die Küche und anschließend durch eine weitere Tür. Auf der rechten Seite des Flures befand sich nochmals ein Durchgang, jedoch klopfte sie an. Eine dumpfe Stimme drang aus dem Raum und Liv öffnete die Tür. Sie schob mich in das Zimmer hinein.
„Das Mädchen sucht Arbeit.“, sagte sie und verließ den Raum. Meine Muskeln spannten sich an. Sie konnte mich doch nicht einfach allein lassen.
In einem unordentlichen kleinen Zimmer mit einigen Metallregalen und in der Mitte mit einem Schreibtisch saß ein molliger, älterer Mann auf einem Stuhl und starrte mich an. Auf meiner Stirn bildeten sich Schweißperlen und dauernd rieben sich meine Hände an der Hose.
„Du suchst Arbeit? Ich könnte tatsächlich noch eine weitere Hilfskraft gebrauchen. Du könntest morgen schon anfangen. Wie lange überhaupt?“, ratterte er die Sätze hinunter.
Er fragte nicht einmal nach meinem Namen, geschweige denn nannte seinen eigenen. Auf irgendeine Weise war mir der Mann unsympathisch.
„Wie heißt du?“, fragte er. In der Situation versuchte ich ein wenig ruhig zu bleiben und so gelassen, wie Liv vorhin, zu reagieren.
„Jule. Jule Kostan und ich möchte für die restlichen Sommerferien arbeiten.“, antwortete ich.
„Okay. Also pass auf. Du scheinst nicht von hier zu sein, ansonsten würde ich dich kennen. Zur Information, hier arbeiten Liv, die übrigens meine Vertretung ist, falls ich an einem Tag ausfalle. Dann hat sie das Sagen. Da gäbe es noch Kimberly und Janina, die Zwillingsschwestern. Normalerweise sollten nur Frauen hier arbeiten, aber da Liv einen Bruder hatte, konnte ich ihr die Bitte, ihn hier arbeiten zu lassen, nicht abschlagen. Sein Name ist Janis.“
All meine Muskeln spannten sich an. Am liebsten wäre ich kreischend davon gerannt und hätte mir einen anderen Arbeitsplatz ausgesucht. Wieso musste ausgerechnet der Typ hier arbeiten? War denn das Café der einzige Ort an dem man gute Arbeit bekam? Seitdem ich hier war, hatte ich auch nur Pech. Warum wollte denn ein Junge in einem Café arbeiten, wobei man doch sowieso nur die Leute bedient und Kaffeestückchen backte. Wieso sollte ein Junge daran Interesse haben? Diese Stadt war einfach zu klein. Außerdem wunderte es mich, dass es Janis sein musste.
„Gut. Soll ich dann morgen wieder vorbeischauen?“, fragte sie zögernd.
„Ja. Morgen um sieben Uhr beginnt die Arbeit und um halb vier ist Feierabend. Um zwölf Uhr hast du eine halbe Stunde Pause. Alles andere wird dir Liv erklären. Bring außerdem einen Lebenslauf und Bewerbungsunterlagen mit wie ein Zeugnis oder Ähnliches.“
Ich nickte.
„Tja, dann, Frau Kostan, sehen wir uns wohl morgen. Bis dann!“, sagte er und ich verabschiedete mich ebenfalls. Seltsamer Typ. Noch nie hatte ich solch ein schnelles und einfaches, sogar unseriöses Vorstellungsgespräch. Und der will ein Café betreiben? Das war wirklich zum Lachen.
Jedenfalls wollte ich gerade aus dem Café gehen, als Liv mich aufhielt.
„Wie ist es gelaufen?“, rief sie von der Theke aus.
„Ich fange morgen an.“, antwortete ich.
Sie setzte ein erleichtertes Lächeln auf. „Super. Dann bis morgen!“
Ich grinste zurück und verließ das Café. Unglaublich. Dieses Stadt schien so klein zu sein, das es den Anschein hatte von der Außenwelt abgeschnitten zu sein. Es gab kein Geschäft, das ihr, aus ihrer alten Stadt, schon bekannt wäre. Alles war anders und anscheinend hatte jeder seine eignen Regeln.
Eigentlich konnte ich froh sein, dass Janis dort arbeitete, allein der Gedanke, dass es Cailan hätte sein können, ließ ein Schaudern über meinen Rücken laufen. Dann musste ich mich eben mit einem nervigen, seltsamen Typen im Café abfinden. Aber heute schien er nicht auf der Arbeit zu sein. Vielleicht kam er nur zwei oder drei Mal die Woche.
Aber ich freute mich auf meine morgige Beschäftigung. Mal ehrlich, was sollte ich denn die ganzen sechs Wochen lang tun? In Berlin wäre ich mit meiner Klasse ins Schwimmbad gefahren, da ich mich mit allen gut verstand. Wir hätten Pyjama-Partys gemacht, wären abends in einer Diskothek verschwunden oder Ähnlicherem. Womöglich hätten die sechs Wochen dafür nicht einmal ausgereicht. In dieser Stadt ersehnte ich die Schule so sehr, dass mein Verhalten beängstigend wirkte. Welcher normale Mensch ging schon gerne zur Schule? Das waren nur Leute, die sich in ihrem Umfeld am Unwohlsten fühlten. Meine kleine Schwester hatte es noch schlimmer getroffen. Sie durfte nicht einmal arbeiten gehen, von meiner Mutter aus, und all ihre Freundinnen waren ebenfalls in Berlin. Dieser Umzug hätte auch am letzten Tag der Ferien beginnen können. Am liebsten wäre ich zum Bahnhof gelaufen, der sich in einer anderen Stadt befand und wäre zurückgefahren. Dann hätte ich die restlichen fünf Wochen bei Kelly, meiner ehemaligen besten Freundin übernachtet. Bei diesem Gedanken bekam ich ein wohlbefindendes Gefühl im Magen und vor allen Dingen hatte ich eine unglaublich schmerzhafte Sehnsucht. Es tat weh Freunde zu verlieren. Auch wenn ich eigentlich viele Monate davor versucht hatte mich damit abzufinden.
Ich verließ die kleinen Straßengassen und lief auf den Marktplatz zu, als eine Hand meine Schulter erneut berührte.
„Hey Jule!“, rief mir eine sehr bekannte Stimme.
Cailan.
Mit Janis letzten Worten in meinem Kopf, einem flauen Gefühl im Magen, sodass mir beinahe schlecht wurde und mit der Angst im Nacken, wäre ich am liebsten einfach weitergelaufen. Aber ich durfte ihn nicht einfach ignorieren, das würde viel zu sehr auffallen. Wenn ich so tat, als wüsste ich von nichts, dann ließe er mich nach wenigen Minuten vielleicht schon in Ruhe.
Langsam drehte sich mein Körper zu ihm. Seine strahlend kastanienbraunen Augen funkelten mich an.
„Versuchst wohl den Tag herumzubekommen, was?“, fragte er mit einem zuckersüßen Lächeln im Gesicht. Beinahe schon zu süß, was mir eher Angst bereitete.
„Ja, ich wollte gerade wieder nach Hause gehen. Bin ein bisschen in der Stadt herumgegangen.“, log ich und er durfte nichts von meiner zukünftigen Arbeit im Café erfahren, sonst bekäme ich noch tägliche Besuche von ihm.
„Naja,...“, murmelte er, als ob er mich gleich wieder in sein Haus einladen wollte. „Drüben auf dem Engel & Hard-Sportplatz wollten ein paar Freunde und ich Fußball spielen. Magst du vielleicht mitkommen?“
Oh Gott! Noch mehr perverse Typen von ihm? War das nicht lebensgefährlich? Was sollte ich bloß sagen? Ich hatte keine Ausrede mehr parat. Meine Eltern waren nicht da und Liana würde mir bestimmt nicht mehr weiterhelfen. Was sollte ich tun? Verdammt, mir wurde richtig heiß bei dieser Bedrängung und Nervosität.
„Auf dem Sportplatz neben der Schule?“, fragte ich weiter, um etwas Zeit zu schinden. Die Möglichkeit abzulehnen, bestand immer noch. Aber die Zeit drängte, lange konnte ich ihn nicht mehr aufhalten. Was wäre wohl die perfekte Ausrede? Am besten wäre ihm zu sagen, dass ich nun arbeiten gehen müsste, aber dann tauchte die weitere Frage auf; wo. Anschließend hätte er meinen Arbeitsplatz erfahren und es wären sechs harte Wochen gewesen. Janis zu meiner Rechten und Cailan zu meiner Linken.
„Ja, genau. Wir halten uns meistens dort auf. Da stört uns niemand und wir können tun und lassen was wir wollen.“
Ein Schauer glitt meinen Rücken hinab. Betonung lag auf; Da stört uns niemand und wir können tun und lassen was wir wollen. Allein die Vorstellung was gemeint seien könnte, ließ mich beinahe in Ekel ausbrechen. Meine Hand war schon scharf darauf auf seiner Wange zu kleben, aber ich musste mich beherrschen. Wie es aussah, hatte ich keine Chance als einzustimmen. Welche Ausrede wäre schon perfekt genug für einen Rückzug? Außerdem durfte ich nicht jedes Mal ablehnen. Das fiele zu sehr auf.
„Also, was ist jetzt? Kommst du mit?“, fragte er und das Stottern ging bei mir los. Es müsste ein Wunder geschehen um das Schlimmste zu verhindern. Meine Hände verkrampften sich an meinem Hosenbein und ein Kloß steckte in meinem Hals.
„I-Ich...“, drang aus meiner verstopften Kehle. Aber durch mein langes Zögern, erhob sich seine Augenbraue in die Höhe. Komm schon! Ich musste es nun ausspucken.
Cailans Augen weiteten sich und seine Pupillen rollten über meine Schulter.
„Ah, da bist du ja. Danke, dass du gewartet hast.“, sprach eine sanfte Stimme hinter mir und ein Arm umschlag meine Schulter.






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