What we used to be - Teil 6

Autor: Ai
veröffentlicht am: 09.08.2012


Sophie:
So ein perverses Schwein! Beobachtet mich im Garten am helllichten Tag! Am Vorabend habe ich ihn im Halbdunkeln gar nicht so richtig gesehen, aber jetzt im Hellen war es eindeutig! Dieser Motorrad-Macho hat mich die ganze Zeit beobachtet. Und was noch viel wichtiger ist, er scheint in diesem Haus nebenan eingezogen zu sein.
Das kann ich beim besten Willen nicht auf mir sitzen lassen, obwohl er ohne Hemd echt gut ausgesehen hat, aber darum geht es nicht! Schnell ein Shirt und eine Shorts übergestreift und auf zu diesem perversen Spanner. Na der würde was zu hören bekommen. Nur wie hieß er? Okay, ich wusste wo seine Wohnung lag, deshalb konnte ich die Klingeln etwas eingrenzen. Nur blöd, dass überall nur die Nachnamen standen, wie sollte ich da wissen, ob ein Mann oder eine Frau dort wohnte. Mir blieb gar nichts anderes übrig, als mich durch zu läuten.
„Hallo?“ fragte eine Frauenstimme. Na ja, vielleicht hatte er ja eine Freundin.
„Entschuldigung, ich habe nur eine Frage. Sind sie erst kürzlich hier eingezogen?“
„Nein, ich wohn hier schon seit zwei Jahren“, meinte die Frau etwas biestig. Okay, weiter zur nächsten.
„Ja?“ fragte ein Mann etwas verschlafen.
„Hallo, entschuldigen Sie, aber sind sie erst kürzlich eingezogen?“
„Nein, tut mir leid, ich wohne seit einem halben Jahr hier.“
„Okay, danke trotzdem.“
Dritter Versuch.
„Hallo?“ Diese Stimme kam mir bekannt vor.
„Hallo, sind sie erst kürzlich eingezogen?“ keine freundlichen Floskeln mehr, ich wusste genau, dass ich richtig war.
„Äh ja, gestern. Wieso?“
„Können Sie mich rein lassen?“ fragte ich frech. Warum auch nicht, immerhin hatte er mich den ganzen Abend und heute auch noch beobachtet.
„Was?“
„Ob Sie so freundlich wären, die Tür zu öffnen!“ sagte ich genervt, dann ertönte das Summen, ich drückte mich gegen die Tür und sie ging auf. Ich wusste, dass seine Wohnung im zweiten Stock lag, also ging ich schnurstracks die Treppen hinauf. Seine Wohnungstür stand offen und er lehnte, nur mit Shorts bekleidet, im Türrahmen. Ach du meine Güte! Ich musste mich zusammenreisen um nicht gleich rücklings die Stiegen wieder hinunter zu fallen.
Fragend sah er mich an. „Also ich weiß ja nicht, was sie sich dabei gedacht haben, aber junge Mädchen im Garten zu bespitzeln ist echt nicht die feine englische Art!“ schoss es aus mir heraus.
„Was?“ er zog die Augenbrauen hoch.
„Tun sie nicht so, ich weiß genau dass Sie das gestern waren, da am Balkon. Und gerade eben habe ich Sie auch gesehen!“
„Ach jetzt darf man nicht einmal mehr auf seinem Balkon sitzen und schauen.“
„Doch, aber nicht in meinen Garten!“
„Tut mir leid, aber von meinem Balkon aus gibt es leider nicht besonders viel zusehen, außer Ihren Garten.“
„Ha, dass sagen Sie jetzt nur so!“ Ich war total in Fahrt.
„Sie können gerne hereinkommen und sich selbst davon überzeugen“, sagte er und trat einen Schritt beiseite, sodass ich hinein konnte. Das hatte ich zwar nicht erwartet, aber ich war so wütend, dass ich schnurstracks durch sein Wohnzimmer zu der Balkontür ging und hinaustrat. So ein Mist! Er hatte recht. Auf der einen Seite waren nur Bäume und auf der anderen lag unser Garten. Da war es doch irgendwie logisch, dass er sich eher den Garten ansah, wo sich ein bisschen was tat, als die faden Bäume. Nicht einmal ein Vogel saß auf einem Ast. Ich musste zugeben, sogar ich hätte mir den Garten lieber als die Bäume angesehen.

Richard:
„Ach was, die Bäume sind doch auch ganz hübsch!“ blafft sie rotzfrech, während sie auf meinem Balkon steht.
„Ach ja“, ich stehe hinter ihr in der Tür und habe die Arme vor der Brust verschränkt. Diese Frau macht mich noch wahnsinnig. Erst behauptet sie, ich hätte Schuld gehabt an unserem beinahe Unfall, dann geht sie mir nicht mehr aus dem Kopf und jetzt steht sie auf meinem Balkon und behauptet ernsthaft, sie würde sich lieber Bäume, als einen schönen Garten, ansehen. So eine Lügnerin!
„Ja, Bäume sind immer noch besser als anderen Leuten nachzuspionieren!“
„Und das habe ich gemacht?“
„Ja, natürlich!“ Sie sieht echt wütend aus, aber trotzdem irgendwie süß.
„Hm, und ich dachte immer, dazu sollte man wenigstens ein Fernglas besitzen“, ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen.
„Das ist nicht witzig!“ Ihr Gesicht wird immer roter.
„Okay, nehmen Sie zur Entschuldigung eine Tasse Kaffee an?“ Was tue ich denn da? Warum lade ich diese Zicke, die mir für Alles die Schuld gibt, auch noch zu einem Kaffee ein? Bin ich denn vollkommen bescheuert?
„Okay, na gut. Aber nur wenn der Kaffee gut schmeckt“, langsam weicht die Wut aus ihrem Gesicht und die roten Wangen, die vorher aus Wut rot waren, sin jetzt rot, weil sie sich doch ein bisschen schämt. Vielleicht ist sie doch nicht so eine große Zicke, wie ich gedacht habe. Moment mal, fange ich grade an, sie zu mögen?
Ich streife mir erst einmal ein Hemd über. So viele Manieren habe ich zu mindestens, dass ich mich nicht mit nacktem Oberkörper in die Küche stelle und anderen Leuten so Kaffee machen. Obwohl mir schon irgendwie gefällt, wie sie mich mustert. Ihr gefällt auf jeden Fall, was sie sieht und das gefällt mir. Obwohl ich zugeben muss, das ich auch nicht abgetan bin von dem, was ich sehe. Selbst mit diesen abgetragenen Labberklamotten sieht sie immer noch hammer aus.
Okay Ric, jetzt reiß dich aber mal wieder zusammen. Als ich ihr die Tasse reiche, sieht sie sich fragend um. Ja richtig, ich besitze noch keine richtigen Sitzgelegenheiten.
„Tut mir echt leid …“
„Sophie“, vervollständigt sie meinen Satz. „Ich bin Sophie.“
„Okay“, ich reiche ihr die Hand und sie ergreift sie. Wie klein und zerbrechlich sie doch aussieht, neben meiner Hand. „Ich bin Richard, also eigentlich nur Ric.“
„Okay nur Ric“, sie lächelt das süßeste Lächeln, dass ich je gesehen habe. „Stört es dich, wenn wir uns duzen?“
„Nein, gar nicht.“ Was für eine Scheiße passiert hier nur?





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